Abgrenzung zwischen Führen und Transport eines Victorinox-Einhandmessers

u7r

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Liebe Kenner des deutschen Waffenrechts,

leider ist mir die Abgrenzung zwischen Führen eines Einhandmessers (Victorinox bzw vergleichbar) und Transport des selbigen in einem verschlossenen Behältnis nicht klar.

Bitte, ist für folgende Fälle rechtssichere Aussage möglich?

1. Das Messer befindet sich unverpackt in einem Fach des mitgeführten und mit Zahlenschloß gesicherten Aktenkoffers oder Trolleys.

2. Das Messer befindet sich unverpackt in einem Fach der mitgeführten und mit Reißverschluß gesicherten Umhänge- oder Reisetasche.

Vielen Dank.

Freundliche Grüße

Udo
 
Hallo,

Ein Transport liegt nur dann vor, wenn das Messer "weggeschlossen" ist.
meines Wissens nach reicht die "Sicherung" allein durch einen Reißverschluss nicht!
Da muss laut Gesetz ein Schloss dran:mad:

Hinten im Rucksack verstaut gilt als Führen.
Kann das leider nicht belegen, bin mir aber ziemlich sicher.
Gruß
 
Der Begriff des "Führens" wird im WaffG nicht wörtlich spezifiziert. In der Rechtsprechung wird unter "Führen" aber normalerweise das "zugriffsbereite Mitführen" verstanden, mit Betonung auf dem "zugriffsbereit".

Und die Zugriffsbereitschaft ist zumindest für Schusswaffen im WaffG geregelt (Anlage 1 Unterabschnitt 2 Nr 13 WaffG):

..ist eine Schusswaffe zugriffsbereit, wenn sie unmittelbar in Anschlag gebracht werden kann; sie ist nicht zugriffsbereit, wenn sie in einem verschlossenen Behältnis mitgeführt wird.

Ich denke (jaja, kein Anwalt usw, kreuzigt mich), dass man das 1:1 auf Stichwaffen anwenden kann und ebenso 1:1 auf Messer ohne Waffeneigenschaft, die der Führungsbeschränkung unterliegen.

D.h., Reissverschluss ist kein verschlossenes Behältnis. Koffer mit Schloss wäre eines.

ich verweise dazu auch mal aufs Juraforum, Stichwort Aufbewahrung und Transport von Waffen (http://www.juraforum.de/lexikon/waffen-aufbewahrung). Da wird dieser Anhang so interpretiert:

Danach ist eine Waffe zugriffsbereit, wenn sie unmittelbar - also mit wenigen schnellen Handgriffen - in Anschlag gebracht werden kann. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 16/17717) wird dazu ausgeführt, dass eine Waffe zugriffsbereit ist, wenn sie mit weniger als drei Handgriffen in unter drei Sekunden in Anschlag gebracht werden kann. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Waffe am Körper in einem Holster getragen oder im PKW in unmittelbarer, leicht zugänglicher Reichweite des Fahrers ohne weitere Umhüllung in der Türablage oder im nur geschlossenen, aber nicht verschlossenen Handschuhfach mitgeführt wird. Beim Transport der Waffe verpackt in einem geschlossenen, nicht zwingend verschlossenen Futteral oder Behältnis (z.B. Aktenkoffer auf der Rückbank oder im Kofferraum des PKW) ist die Waffe hingegen grundsätzlich nicht zugriffsbereit.

Und wie gesagt: ich denke, dass man das auf die Führungsbeschränkung von messern verallgemeinern kann.

EDIT: Claus war schneller. :glgl: - Und auch das Bayerischen Staatsministeriums des Innern sagt scheinbar dasslbe. ;)

-Walter
 
1. Das Messer befindet sich unverpackt in einem Fach des mitgeführten und mit Zahlenschloß gesicherten Aktenkoffers oder Trolleys.​


Falls das Zahlenschloss geschlossen ist: Kein Führen

2. Das Messer befindet sich unverpackt in einem Fach der mitgeführten und mit Reißverschluß gesicherten Umhänge- oder Reisetasche.

Verschlossen meint verschlossen. Ein geschlossener Reißverschluss ist nicht verschlossen. Also Führen. Tendenziell. Falls das Messer in der Umhängetasche ganz unten liegt udn darüber 10kg schmutzge Wäsche liegen, könnte man darüber diskutieren. Falls die Definition des "Führens" allerdings 1:1 aus der bisherigen Rechtsprechung zum Thema "Führen von Waffen" übernommen wird (es gibt gute Gründe, das anzunehmen) dann braucht man nicht diskutieren. Was nicht abgeschlossen ist, ist zugriffsbereit, also Führen.

Rechtsverbindlich gibts aber nicht, weil

1. IANAL und
2. Rechtsverbindlich mehr oder weniger nur das ist, für dass es ein rechtskräftiges Urteil gibt. Die Rechtsprechung zum Thema "Führen" hab ich aber sicher nicht vollumfänglich im Kopf.

Pitter​
 
Zuletzt bearbeitet:
ich hab erstmal googeln müssen was IANAL heißt.. (I am not a lawyer) :argw:

es reicht übrigens auch wenn du den Reissverschluss/Koffer o.ä. mit einem dünnen Kabelbinder verschließt, muss kein Schloss sein.
 
heisst also wenn ihr werten Nachbarn einen Einhandfixierer beim Händler um die Ecke kauft, dann müsst ihr für den Transport nach Hause ein Case mithaben wo das Ding reinpasst und es mit nem Schloss versehen ? Also kann eigentlich niemand so ein Messer "spontan" kaufen..die Händler müssten solche Boxen auf Pfand rausrücken ;)
 
Theoretisch ist das so, praktisch stellt sich für mich die Frage, ob der reine Transport vom Ort des Kaufs (belegbar durch Kassenbon) in die heimischen Gefilde nicht zwangsläufig unter "sozial anerkannter Zweck" fallen müsste (gilt ja z.B. auch für Küchenmesser ab 12 cm Klingenlänge, die Oma Pusemuckel vom Wochenmarkt nach Hause trägt).
 
Also erfahrungsgemäß und in Ermangelung eine klaren Normierung, kann man sich
zumindestens auf die zuvor genannte Parallelvorschrift berufen. Hilfsweise eben,
dass ein Messer nicht eben einfach aus der Hose gezogen werden kann.
Ein Schloß ist nicht zwingend nötig...(IMHO) :)

Verschlossen meint eben nicht nur "durch ein Schloß abgeschlossen" sondern
kann eben auch einfach nur meinen unzugänglich. Dazu kann eben auch, so
wie Pitter es bereits beschrieben hat, ein Rucksack zählen, wenn das Messer
ganz unten unter einigen Sachen liegt. Das ist mit Sicherheit nicht zugrissbereit
(meine Meinung!).
 
Verschlossen meint eben nicht nur "durch ein Schloß abgeschlossen" sondern
kann eben auch einfach nur meinen unzugänglich. Dazu kann eben auch, so
wie Pitter es bereits beschrieben hat, ein Rucksack zählen, wenn das Messer
ganz unten unter einigen Sachen liegt. Das ist mit Sicherheit nicht zugrissbereit
(meine Meinung!).

Verschlossen heißt verschlossen und nicht geschlossen. Das ist Absicht ;) In den Entwürfen zur Novellierung war noch von "geschlossen" die Rede. Im letztlich beschlossenen Gesetz steht dagegen "verschlossen". Und verschlossen ist abgeschlossen (Schloss, Kabelbinder, in Beton gegossen). Das ist mal der Gesetzestext.

Dann gibts ja noch den Willen des Gesetzgebers. Sichbar in Bundesdrucksache 16/7717 vom 11.01.2008 (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/077/1607717.pdf)

Und da steht (S.25):

Die neu aufgenommen Definitionen der Begriffe „schussbereit“ und „zugriffsbereit“ (Dreifachbuchstabe bbb) sollen bestehende Rechtsunsicherheiten in der Praxis, die sich beim Transport von Schusswaffen ergeben, ausräumen.
Insbesondere der Begriff „zugriffsbereit“ führt in der Praxis immer wieder zu Auslegungsschwierigkeiten. Nach der gewählten Definition ist eine Waffe zugriffsbereit, wenn sie unmittelbar – also mit wenigen schnellen Handgriffen – in Anschlag gebracht werden kann. Als Faustformel lässt sich sagen, dass eine Waffe zugriffsbereit ist, wenn sie mit weniger als drei Handgriffen in unter drei Sekunden in Anschlag gebracht werden kann. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Waffe am Körper in einem Holster getragen oder im PKW in unmittelbarer, leicht zugänglicher Reichweite des Fahrers ohne weitere Umhüllung in der Türablage oder im nur geschlossenen, aber nicht verschlossenen Handschuhfach mitgeführt wird. Beim Transport der Waffe, verpackt in einem geschlossenen, nicht zwingend verschlossenen Futteral oder Behältnis (z. B. Aktenkoffer auf der Rückbank oder im Kofferraum des PKW), ist die Waffe hingegen grundsätz- lich nicht zugriffsbereit.



Aber (!): Die Formulierung wurde nicht in den Gesetzestext übernommen. Dort steht klipp und klar:

§12 WaffG

"(3) Einer Erlaubnis zum Führen von Waffen bedarf nicht, wer
...
2. diese nicht schussbereit und nicht zugriffsbereit von einem Ort zu einem anderen Ort befördert, sofern der Transport der Waffe zu einem von seinem Bedürfnis umfassten Zweck oder im Zusammenhang damit erfolgt;"


Führen ist - siehe Anlage 1 zum WaffG

"4.führt eine Waffe, wer die tatsächliche Gewalt darüber außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume, des eigenen befriedeten Besitztums oder einer Schießstätte ausübt"

Zugriffsbereit ist - siehe Anlage 1 zum WaffG

"ist eine Schusswaffe zugriffsbereit, wenn sie unmittelbar in Anschlag gebracht werden kann; sie ist nicht zugriffsbereit, wenn sie in einem verschlossenen Behältnis mitgeführt wird." (Hervorhebung von mir).

Das das WaffG nicht näher darauf eingeht, ob die Begriffsbestimmungen für Waffen auch für Messer gelten sollen, die keine Waffen sind, kann man mal davon ausgehen, dass sie gelten sollen.

Und damit ist eben nach dem Gesetzeswortlaut auch ein Messer in einem verschlossenen Behältnis zu transportieren, wenn es nicht geführt werden soll. Alles andere ist Spekulation.

Deine Meinung, was nicht mehr zugriffsbereit ist, dürfte sich mit der der meisten Deiner Kollegen decken. Die meinen aber idR auch, dass ein Fahrrad keine Dynamobeleeuchtung braucht und ich mit dem Mopped auf dem Gehweg parken darf, solange ich niemanden behindere. Nur entspricht das eben alles nicht der Rechtslage oder ist - im Falle des Führens - wenigstens Graubereich.

Pitter
 
Theoretisch ist das so, praktisch stellt sich für mich die Frage, ob der reine Transport vom Ort des Kaufs (belegbar durch Kassenbon) in die heimischen Gefilde nicht zwangsläufig unter "sozial anerkannter Zweck" fallen müsste (gilt ja z.B. auch für Küchenmesser ab 12 cm Klingenlänge, die Oma Pusemuckel vom Wochenmarkt nach Hause trägt).

Praktisch interessiert das alles kein Schwein. Theoretisch kannst Du Dich mit einem Richter drum streiten, ob der Transport zum anerkannten Zweck zählt. Die Diskussion hatten wir hier ja schon zigmal. Ohne Ergebnis, weils dazu eben keine Rechtsprechung gibt; zumindest kenne ich keine.

Wenn man sich aber über die Rechtslage unterhalten will, dann wird man sich über das unterhalten müssen, was aus dem Gesetzestext und der Rechtsprechung abzuleiten ist. Alles andere ist Spekulation.

Pitter
 
Peter,

danke für die ausführliche Beschreibung. ;)

Das der Unterschied zwischen abgeschlossen und verschlossen gewollt ist, wage ich zu bezweifeln.
Da die Normierung, also die Umsetzung, doch trotzdem auf dem von dir zitierten Gesetzesentwurf
beruht, zum einen. Zum anderen ist verschlossen in keinster Weise besser definierbar als abgeschlossen
(siehe Duden). Und da hier eben eine eindeutige Zuordnung nicht möglich ist, jedoch der Gesetzesentwurf
es besser ausführt, bleibt es eben Grauzone. Es steht nirgendwo, dass das Behältnis durch ein Schloss,
Kabelbinder oder durch einen Reißverschluss nicht zugänglich sein darf.

Es gibt keine normierte Grundlage die ein Schloß fordert...es hängt wie immer vom Gesamtumstand ab.
Vielleicht soll der das Messerführende nur verschlossen sein, introvertiert?? :D
 
Peter,


Das der Unterschied zwischen abgeschlossen und verschlossen gewollt ist, wage ich zu bezweifeln.
Da die Normierung, also die Umsetzung, doch trotzdem auf dem von dir zitierten Gesetzesentwurf
beruht, zum einen. Zum anderen ist verschlossen in keinster Weise besser definierbar als abgeschlossen
(siehe Duden).

Jura richtet sich aber nicht nach dem Duden.
In juristischer Sicht gibt es einen klaren Unterschied zwischen abgeschlossen und verschlossen. Abgeschlossen ist durch besondere Sicherungsmechanismen gekennzeichnet, z.B. durch ein Schloss welches nur mit einem bestimmten Schlüssen zu öffnen ist. Verschlossen ist eine normale, einfache Sicherung, sprich eine Box etc. die einem Dritten einen unmittelbaren Zugriff nicht ermöglicht, jedoch nicht zusätzlich gesichert ist.
 
Quelle?

Legaldefinition? Herrschende Rechtsmeinung? Gewohnheitsrecht?
Analoganwendung? Urteil? Oder nur deine Interpretation?

Du könntst damit eine wirkliche große Last von uns nehmen...;)
 
Quelle?

Legaldefinition? Herrschende Rechtsmeinung? Gewohnheitsrecht?
Analoganwendung? Urteil? Oder nur deine Interpretation?

Du könntst damit eine wirkliche große Last von uns nehmen...;)

Er wird vermutlich die geltende Rechtsmeinung zu § 243 I S.2 Nr.2 StGB meinen, siehe z.B. hier:
http://www.paux.de/sentence/m/l/t/s...n-zugriff-von-aussenlgesichert-ist/references

Ob das so auch auf das Waffengesetz angewendet werden kann weiß ich nicht, immerhin war ein bereits ein Gericht da anderer Auffassung oder hat den Begriff zumindest extrem weit ausgelegt:
http://www.messerforum.net/showthread.php?88375-Gerichtsurteil-Rucksack-verschlossenes-Beh%E4ltnis

Gruß
El
 
Nur das Momo wahrscheinlich nicht wusste, wovon er redet. ;)

Aber du schon, der Link ist interessant. Wenn es keine andere Norm
gibt, kommt hier eine Analoganwenung sicher in Betracht.
 
Quelle?

Legaldefinition? Herrschende Rechtsmeinung? Gewohnheitsrecht?
Analoganwendung? Urteil? Oder nur deine Interpretation?

Du könntst damit eine wirkliche große Last von uns nehmen...;)

Ich denke, da sind sich weder die Verfolgungsbehörden, noch die Juristen sicher. Jeder interpretiert den Begriff des verschlossenen Behältnisses auf seine eigene Sichtweise.

Einige propagieren, dass der Transport nur in einem, mit einem Schloss (Zahlen- oder Vorhängeschloß) versehenen Behältnis transportiert werden darf. Allerdings bekam ich bisher jede Lieferung aus Onlineshops in einem simplen Pappkarton, der lediglich zugeklebt war. Beim Kauf im Fachgeschäft wird einem das Messer in der Faltschachtel und vielleicht einer Plastiktüte überreicht. Ist das nun eine Ordnungswidrigkeit, weil eben nicht im verschlossenen Behältnis?

Wir tappen also weiterhin im Dunkeln was nun tatsächlich als verschlossenes Behältnis zu gelten hat.

Gruß
Gerhard
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

ich muss das hier nochmal hochholen und möchte auf den Begriff verschlossen eingehen.

In dem Wort Reißverschluss ist der Verschluss doch bereits enthalten. Definitionsgemäß ist ein Verschluss eine Vorrichtung zum Verschließen, die in der Regel aus zwei zueinander gehörigen Teilen besteht, wie z.B. beim Reißverschluss und bei vielen anderen Verschlüssen ohne Schloss. Der Duden nennt folgende Synonyme für "Verschluss": "Abriegelung, Absperrvorrichtung, Beschlag, Deckel, Kappe, Lasche, Pfropfen, Riegel, Schieber, Schließe, Schloss, Schnalle, Sperre, Spund, Stöpsel, Verschlussvorrichtung, Zapfen."
Das Wort verschlossen ist das Partizip zu verschließen. Verschließen hat, wieder nach dem Duden, die folgenden Bedeutungen: "1. a. Durch zuschließen unzugänglich machen, b. machen, das etwas nach außen hin fest zu ist, c. wegschließen, in etwas einschließen." Hier sind zwar die Bedeutungen zu a.) und c.) im Sinne des zu- bzw. einschließens (mit Schloss) zu sehen, doch die Bedeutung zu b.) lässt die Möglichkeit offen, dass jeder Verschluss, der etwas "nach außen hin fest zu" macht, im Sinne des verschließens zu bewerten ist.

Damit kann ich mir nicht vorstellen, dass man nach der derzeitigen Formulierung des Gesetzestextes bei Gericht eine Niederlage erreichen würde, wenn man entsprechend der Wortbedeutungen argumentiert.

yaammoo
 
muss man da nicht noch das Wort "zugriffsbereit" beachten? :confused:
Hinter einem Reißverschluss ist ein Messer ja trotzdem zugriffsbereit :argw:

Den Verschlussgedanken kann ich aber nachvollziehen und finde die Argumentation stimmig - wer probierts vor Gericht aus?
 
Damit kann ich mir nicht vorstellen, dass man nach der derzeitigen Formulierung des Gesetzestextes bei Gericht eine Niederlage erreichen würde, wenn man entsprechend der Wortbedeutungen argumentiert.

Was sagt die Rechtsprechung zu Deiner Vorstellung?

Pitter
 
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