güNef
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Servus,
ich zeige hier mal wieder ein Messer, dessen Klingengeometrie und Schliff ich sehr spannend finde. Das Messer ist von Mathias Ekmann, einem schwedischen Messermacher, der seine Messer mit Akribie und liebe zum Detail fertigt. Er macht das nicht hauptberuflich, vielleicht mit ein Grund warum er ohne Druck und um faire Preise so schöne Messer fertigt.
Es ist ja kein Geheimnis das ich besondere Geometrien mag, die ein Messer leichter schneiden lassen, egal ob der Effekt durch eine verbesserte Gleitfähigkeit, weniger Haftreibung oder besonders Oberflächengestaltung/Schliff erreicht wird. Das war immer und ist auch heute noch mein Hauptinteresse an einem Kochmesser. Alle anderen Eigenschaften sind für mich sekundär, da ich echte, belastbare Werkzeuge in der Küche nur selten benötige und da habe ich dann die nötigen Messer parat, die das abkönnen. Deshalb ist dieser Bericht in erster Linie an jene gerichtet, denen es so geht wie mir. Das ist eine Eigenschaftsbeschreibung der Schneidfähigkeit und nicht eine vollständige Bestandsaufnahme, was das gesamte Messer unter Dauerbelastung leisten kann. Fit und Finish erklärt sich über die Bilder von selbst. AEB-L ist so verbreitet und zigfach kommentiert und abgehandelt, da ist jedes weitere Wort an Stahlbeschreibung überflüssig. Das Profil eines Messers ist je nach Schnitttechnik eine Eigenschaft, die über eine Vorliebe bestimmt wird und daher nicht wirklich ein objektiv zu beurteilendes Kriterium. Ob dem geneigten Leser dieses Beitrages das Profil zu flach oder zu rund ist, lässt sich auch fein über die Bilder ablesen.
Ich habe das Messer gebraucht erworben, eben aufmerksam durch einen Link auf seine IG-Seite, wo Ekmann den Schliff beschreibt. Nach der ersten kalten Test-Möhre ist mir gleich die Kinnlade runtergeklappt und ungläubig habe ich alles an Möhren aus dem Kühlschrank geräumt und zusammengeschnitten, ich konnte nicht aufhören. Was für ein faszinierender Schnitt war das denn???
Die Klinge ist links konvex und rechts konkav geschliffen, mit einer wirklich haudünnen Wate, die schon beim Auflegen auf dem Daumennagel durch das Eigengewicht buckelt. AEB-L mit Längsfinish, recht schwer mit 230gr, Schwerpunkt 4 cm weit in der Klinge und das schneidet extrem leicht ohne unangenehm anzupappen und das bei glatten und glänzenden Flanken.
Tja, dass schneidet echt so herausragend, dass ich es immer noch kaum glaube. Nach so viel Erfahrung mir fein ausgeschliffenen Klingen, überrascht es mich tatsächlich immer wieder, das feine Nuancen innerhalb von nur 3,2 mm Material solch eine Wirkung haben können. Wir Messerfreaks lernen einfach nie aus und immer nur dazu und deshalb sollten wir keine verfestigte Meinung haben, sondern offen für alles sein. Eigentlich war ja alles schon da, Roman Landes und einige andere haben viel probiert, aber anscheinend wird das nicht oft genug von jungen Machern gelesen und umgesetzt.
Nur die Spitze, also 15-20mm davor ist stabiler geschliffen, dass könnte durchaus Absicht sein um mit dem Ding sorglos und risikofrei schwungvoll wiegen zu können. Für mich als Zugschneider bedarf das eine Umstellung, da dieses Messer bis kurz vor die Spitze ultraleicht schneidet, aber die eigentliches Spitze eben nicht und ich bin es durch extrem getaperte Klingen gerade umgekehrt gewohnt. Also bedeutet das mehr wiegen und lockeres choppen um die stabile Spitze zu umgehen. Zwiebel mit der Spitze slicen können einige meiner anderen Messer besser. Das Profil und vor allem der Grind ist gelungen und hat einen überraschend langen Sweetspot ohne den geringsten Anflug eines Overgrind's und das ist wahrlich nicht selbstverständlich.
Materialien sind AEB-L als Stahl und Messing als Zwingenmaterial, dazwischen eine Lage Birkenrinde und als Griffholz ist, sagen wir mal elegant, getoastete Eiche.
Achtet auf die Flanken:
Auch hier bitte ein genauer Blick:
Messing bildet mir der Zeit eine Patina aus, was ich sehr mag, die geröstete Eiche ist langzeitstabil, nur die Birkenrinde als Zwischenlage empfiehlt sich weniger, da sie als Naturmaterial dazu neigt, sich abzunützen. Feine Risse und ab und an ein Brösel Rinde, dass sich verabschiedet. Da ich meine Griffe nicht umspüle, sondern nur mit einem feuchten Tuch und auch nur wenn nötig abwische, sollte das schon passen. In einer Profiküche, wo ein Messer auch mal nass abgebürstet wird, eher nicht zu empfehlen.
Edit:
Vielleicht noch eine Ergänzung zu der Birkenrinde, die zwischen Holz und Messing eingesetzt ist:
Robin Dalman, der wohl international bekannteste schwedische Messermacher hat mich über diesen traditionellen Werkstoff aufgeklärt und verwendet das Material seit Anbeginn seines Schaffens als Zwischenlage, da dieses Material in Schweden traditionell als Dachunterlage auf Torfdächern und im Sockel von Holzhäusern zwischen Säulensteinen und Bodenstämmen verwendet wird und sehr widerstandsfähig und belastbar ist, ergo sollte das Material auch für hochbelastete Kochmesser gut genug sein. Nach seiner Aussage finden sich hunderte Jahre alte finnische Puukkos in Sümpfen, wo die Klingen verschwunden sind, aber gestapelte Rindengriffe noch intakt sind. Die feinen Risse und winzigen Löcher sollten eigentlich nicht sein und ein oder zwei Tropfen Superkleber sollte das dauerhaft abdichten. Warum bei meinem Messer diese Einlage aus Birkenrinde keine homogen geschlossene Oberfläche aufweist kann ich nicht beurteilen
Was die Geometrie/Schliff betrifft, so ist die fragile Wate, die natürlich singt und klingt, wenn sie in falschem Winkel am Brett aufschlägt, aber das ist eben die Basis für einen irre leichten Schnitt.
Es gibt auf beiden Seiten eine die Geometrie bestimmende Schlifflinie, die einen ähnlichen Effekt wie eine Shinogi-Linie nach sich zieht, halt nicht mit so einem ausgeprägt hoch angesetzem „Knick“ aber dennoch ist dieser Linie ihre Wirkung nicht abzusprechen, wenn man seine Aufmerksamkeit auf den Schnitt fokussiert. Es ist also kein klassisch konvexer Schliff links, der in der Flankenmitte die dickste Stelle aufweist, sondern ein Flachschliff bis zu der besagten, optisch fast imaginären Linie und ab diesem „Knick geht das auf fast Null bis zur Schneidenspitze und wird mit einer Mikrofacette abgeschlossen. Rechts im Grunde der selbe Basisschliff, nur hier hat Ekmann oberhalb vom „Knick“ einen sanft konkave verlaufenden Schliff gesetzt, dessen Ausprägung so abgeschwächt ist, dass das Längsfinish der Flanken den Schliff völlig maskiert und er nur mit aufgelegtem Lineal schwach zu sehen ist. Ich würde meinen, dass ist ein Versuch innerhalb einer gegeben Materialstärke etwas anderes auszuprobieren, als einen Flach-oder balligen Schliff. Vielleicht lässt sich die Wirkung mir etwas mehr Mut noch verbessern, dann wird man es aber an der Flanke auch optisch sofort ausmachen können, oder Ekmann wollte einfach, dass die Flanken eine konventionell geschliffenen Optik beibehalten und dennoch eine Besonderheit im Schliff aufweisen.
Mir persönlich gefällt das sowohl vom Schnitt wie auch vom optischen Auftritt und bietet aus meiner Sicht eine Alternative zu geometrischen sichtbaren Schliffen, wie eine HK z.B., wenn man eine solche Optik partout nicht haben will.
Es mag stabilere, wuchtigere und vor allem leistungsfähigere Messer geben, keine Frage, aber die sind nicht meine Ressort und nicht meine Spielwiese. Da gibt es wirkliche Experten, ( messeraffine Profiköche ) die eine harte und umfassende Tauglichkeit beurteilen können. Freaks wie ich, denen ein feiner Degen näher ist als ein wuchtiger Säbel, die können durchaus bei Ekmann mal anfragen und dieses Messer als Referenzschliff benennen.
Nur damit das klar ist, bei klebrigen und stärkehaltigen Lebensmittel, wie z.B. Kartoffel ist eine jede WH-Geo oder ein Hook-Grind überlegen, weil die abdrängen, dass kann dieser feine Schliff natürlich nicht.
Hier liegt die primäre Eigenschaft in einer wirklich dünngeschliffenen Wate und durch den eigenwilligen, wenn auch gering ausgeprägten Schliff, in einem leichten Schnitt, ohne den Nachteil einer nur flach/flach-ballig geschliffen Klinge. Die Asymmetrie der beiden Flanken bringen in Summe eine verbesserte Gleitfähigkeit mit, die man auf den ersten Blick nicht erwartet hätte.
Gruß, güNef
ich zeige hier mal wieder ein Messer, dessen Klingengeometrie und Schliff ich sehr spannend finde. Das Messer ist von Mathias Ekmann, einem schwedischen Messermacher, der seine Messer mit Akribie und liebe zum Detail fertigt. Er macht das nicht hauptberuflich, vielleicht mit ein Grund warum er ohne Druck und um faire Preise so schöne Messer fertigt.
Es ist ja kein Geheimnis das ich besondere Geometrien mag, die ein Messer leichter schneiden lassen, egal ob der Effekt durch eine verbesserte Gleitfähigkeit, weniger Haftreibung oder besonders Oberflächengestaltung/Schliff erreicht wird. Das war immer und ist auch heute noch mein Hauptinteresse an einem Kochmesser. Alle anderen Eigenschaften sind für mich sekundär, da ich echte, belastbare Werkzeuge in der Küche nur selten benötige und da habe ich dann die nötigen Messer parat, die das abkönnen. Deshalb ist dieser Bericht in erster Linie an jene gerichtet, denen es so geht wie mir. Das ist eine Eigenschaftsbeschreibung der Schneidfähigkeit und nicht eine vollständige Bestandsaufnahme, was das gesamte Messer unter Dauerbelastung leisten kann. Fit und Finish erklärt sich über die Bilder von selbst. AEB-L ist so verbreitet und zigfach kommentiert und abgehandelt, da ist jedes weitere Wort an Stahlbeschreibung überflüssig. Das Profil eines Messers ist je nach Schnitttechnik eine Eigenschaft, die über eine Vorliebe bestimmt wird und daher nicht wirklich ein objektiv zu beurteilendes Kriterium. Ob dem geneigten Leser dieses Beitrages das Profil zu flach oder zu rund ist, lässt sich auch fein über die Bilder ablesen.
Ich habe das Messer gebraucht erworben, eben aufmerksam durch einen Link auf seine IG-Seite, wo Ekmann den Schliff beschreibt. Nach der ersten kalten Test-Möhre ist mir gleich die Kinnlade runtergeklappt und ungläubig habe ich alles an Möhren aus dem Kühlschrank geräumt und zusammengeschnitten, ich konnte nicht aufhören. Was für ein faszinierender Schnitt war das denn???
Die Klinge ist links konvex und rechts konkav geschliffen, mit einer wirklich haudünnen Wate, die schon beim Auflegen auf dem Daumennagel durch das Eigengewicht buckelt. AEB-L mit Längsfinish, recht schwer mit 230gr, Schwerpunkt 4 cm weit in der Klinge und das schneidet extrem leicht ohne unangenehm anzupappen und das bei glatten und glänzenden Flanken.
Tja, dass schneidet echt so herausragend, dass ich es immer noch kaum glaube. Nach so viel Erfahrung mir fein ausgeschliffenen Klingen, überrascht es mich tatsächlich immer wieder, das feine Nuancen innerhalb von nur 3,2 mm Material solch eine Wirkung haben können. Wir Messerfreaks lernen einfach nie aus und immer nur dazu und deshalb sollten wir keine verfestigte Meinung haben, sondern offen für alles sein. Eigentlich war ja alles schon da, Roman Landes und einige andere haben viel probiert, aber anscheinend wird das nicht oft genug von jungen Machern gelesen und umgesetzt.
Nur die Spitze, also 15-20mm davor ist stabiler geschliffen, dass könnte durchaus Absicht sein um mit dem Ding sorglos und risikofrei schwungvoll wiegen zu können. Für mich als Zugschneider bedarf das eine Umstellung, da dieses Messer bis kurz vor die Spitze ultraleicht schneidet, aber die eigentliches Spitze eben nicht und ich bin es durch extrem getaperte Klingen gerade umgekehrt gewohnt. Also bedeutet das mehr wiegen und lockeres choppen um die stabile Spitze zu umgehen. Zwiebel mit der Spitze slicen können einige meiner anderen Messer besser. Das Profil und vor allem der Grind ist gelungen und hat einen überraschend langen Sweetspot ohne den geringsten Anflug eines Overgrind's und das ist wahrlich nicht selbstverständlich.
Materialien sind AEB-L als Stahl und Messing als Zwingenmaterial, dazwischen eine Lage Birkenrinde und als Griffholz ist, sagen wir mal elegant, getoastete Eiche.
Achtet auf die Flanken:
Auch hier bitte ein genauer Blick:
Messing bildet mir der Zeit eine Patina aus, was ich sehr mag, die geröstete Eiche ist langzeitstabil, nur die Birkenrinde als Zwischenlage empfiehlt sich weniger, da sie als Naturmaterial dazu neigt, sich abzunützen. Feine Risse und ab und an ein Brösel Rinde, dass sich verabschiedet. Da ich meine Griffe nicht umspüle, sondern nur mit einem feuchten Tuch und auch nur wenn nötig abwische, sollte das schon passen. In einer Profiküche, wo ein Messer auch mal nass abgebürstet wird, eher nicht zu empfehlen.
Edit:
Vielleicht noch eine Ergänzung zu der Birkenrinde, die zwischen Holz und Messing eingesetzt ist:
Robin Dalman, der wohl international bekannteste schwedische Messermacher hat mich über diesen traditionellen Werkstoff aufgeklärt und verwendet das Material seit Anbeginn seines Schaffens als Zwischenlage, da dieses Material in Schweden traditionell als Dachunterlage auf Torfdächern und im Sockel von Holzhäusern zwischen Säulensteinen und Bodenstämmen verwendet wird und sehr widerstandsfähig und belastbar ist, ergo sollte das Material auch für hochbelastete Kochmesser gut genug sein. Nach seiner Aussage finden sich hunderte Jahre alte finnische Puukkos in Sümpfen, wo die Klingen verschwunden sind, aber gestapelte Rindengriffe noch intakt sind. Die feinen Risse und winzigen Löcher sollten eigentlich nicht sein und ein oder zwei Tropfen Superkleber sollte das dauerhaft abdichten. Warum bei meinem Messer diese Einlage aus Birkenrinde keine homogen geschlossene Oberfläche aufweist kann ich nicht beurteilen
Was die Geometrie/Schliff betrifft, so ist die fragile Wate, die natürlich singt und klingt, wenn sie in falschem Winkel am Brett aufschlägt, aber das ist eben die Basis für einen irre leichten Schnitt.
Es gibt auf beiden Seiten eine die Geometrie bestimmende Schlifflinie, die einen ähnlichen Effekt wie eine Shinogi-Linie nach sich zieht, halt nicht mit so einem ausgeprägt hoch angesetzem „Knick“ aber dennoch ist dieser Linie ihre Wirkung nicht abzusprechen, wenn man seine Aufmerksamkeit auf den Schnitt fokussiert. Es ist also kein klassisch konvexer Schliff links, der in der Flankenmitte die dickste Stelle aufweist, sondern ein Flachschliff bis zu der besagten, optisch fast imaginären Linie und ab diesem „Knick geht das auf fast Null bis zur Schneidenspitze und wird mit einer Mikrofacette abgeschlossen. Rechts im Grunde der selbe Basisschliff, nur hier hat Ekmann oberhalb vom „Knick“ einen sanft konkave verlaufenden Schliff gesetzt, dessen Ausprägung so abgeschwächt ist, dass das Längsfinish der Flanken den Schliff völlig maskiert und er nur mit aufgelegtem Lineal schwach zu sehen ist. Ich würde meinen, dass ist ein Versuch innerhalb einer gegeben Materialstärke etwas anderes auszuprobieren, als einen Flach-oder balligen Schliff. Vielleicht lässt sich die Wirkung mir etwas mehr Mut noch verbessern, dann wird man es aber an der Flanke auch optisch sofort ausmachen können, oder Ekmann wollte einfach, dass die Flanken eine konventionell geschliffenen Optik beibehalten und dennoch eine Besonderheit im Schliff aufweisen.
Mir persönlich gefällt das sowohl vom Schnitt wie auch vom optischen Auftritt und bietet aus meiner Sicht eine Alternative zu geometrischen sichtbaren Schliffen, wie eine HK z.B., wenn man eine solche Optik partout nicht haben will.
Es mag stabilere, wuchtigere und vor allem leistungsfähigere Messer geben, keine Frage, aber die sind nicht meine Ressort und nicht meine Spielwiese. Da gibt es wirkliche Experten, ( messeraffine Profiköche ) die eine harte und umfassende Tauglichkeit beurteilen können. Freaks wie ich, denen ein feiner Degen näher ist als ein wuchtiger Säbel, die können durchaus bei Ekmann mal anfragen und dieses Messer als Referenzschliff benennen.
Nur damit das klar ist, bei klebrigen und stärkehaltigen Lebensmittel, wie z.B. Kartoffel ist eine jede WH-Geo oder ein Hook-Grind überlegen, weil die abdrängen, dass kann dieser feine Schliff natürlich nicht.
Hier liegt die primäre Eigenschaft in einer wirklich dünngeschliffenen Wate und durch den eigenwilligen, wenn auch gering ausgeprägten Schliff, in einem leichten Schnitt, ohne den Nachteil einer nur flach/flach-ballig geschliffen Klinge. Die Asymmetrie der beiden Flanken bringen in Summe eine verbesserte Gleitfähigkeit mit, die man auf den ersten Blick nicht erwartet hätte.
Gruß, güNef
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