Alter, Hersteller, Feststellmechanismus?

ulli

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Habe Fragen zu einem meiner Taschenmesser. Es handelt sich um ein 350 g schweres und 12 cm langes Messer mit Beinschalen mit 4 Funktionen: Messer, Ahle, Korkenzieher und Säge.

http://de.myalbum.com/GroteFoto-TKTA6FRT.jpg

http://de.myalbum.com/GroteFoto-4HHO4IN8.jpg

Das Taschenmesser ist schwer und sehr robust gefertigt. Ich kann allerdings das Alter schlecht einschätzen. Zudem kann ich den Hersteller nicht identifizieren, kann da jemand helfen?

http://de.myalbum.com/GroteFoto-F4DW748D.jpg

Die Säge sowie das Messer sind felststellbar, sie rasten ein wenn man sie ganz öffnet. Ich habe allerdings keine Ahnung, wie ich sie dann wieder schliessen kann, verstehe den Mechanismus nicht. Weiss da jemand Bescheid?

http://de.myalbum.com/GroteFoto-XAUIQB34.jpg

http://de.myalbum.com/GroteFoto-FOP3CN7H.jpg

Bin für Hinweise sehr dankbar!
 
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Hallo Ulli,

bei manchen Messern musste man ein Teil (die Säge) 90 Grad öffnen. Danach konnte man die grosse Klinge schliessen.

Vielleicht klappt's ja ;)

Gruss kirchi
 
Ich hätte drauf getippt, an der Stelle mit leichtem Druck zu probieren:
grotefoto4hho4in8.jpg
 
Besten Dank für die Hinweise. Also die Tipps von ingoweimar und Eckhard bewirken keine Entriegelung.

Wenn man das Messer um 90 Grad öffnet gelingt es tatsächlich die Säge zu zu bekommen, umgekehrt jedoch nicht. Vielleicht war das ursprünglich so gedacht, dass es sowohl für das Messer wie auch die Säge geht. Der Druck der auf die Feder erzeugt wird ist jedoch unterschiedlich gross. Das Taschenmesser besitzt ja nur eine Feder für alle 4 Funktionen.

Wie kann man das Alter bestimmen?
 
Ist nur ein ganz dünner Tip zur Altersbestimmung:

Auf dem Bild mit den Fragmenten des Herstellerstempels kann man ziemlich gut "in die Klinge", also in die Struktur reinsehen, vllt. hilft das, den Herstellungszeitraum oder die Stahlgewinnung grob einzugrenzen...

Nachdem, was die Experten über alten Stahl und seine Herstellung im Forum schon geschrieben haben, *könnte* man möglicherweise aus der offenliegenden Struktur Rückschlüsse ziehen, die ist ja fast wie für mikroskopische Untersuchung vorbereitet, nur dass es ohne Mikroskop sichtbar ist.

Gruß Andreas
 
Besten Dank für den Tip.

Könnte es sich um Raffinierstahl handeln? Die Struktur wirkt ziemlich porös. Das könnte aufs Mittelalter hindeuten. Taschenmesser wurden zu diesem Zeitpunkt mit Sicherheit hergestellt, obwohl hauptsächlich nur noch Schwerter/Säbel etc. aus diesem Zeitraum existieren. Auf dem letzten Bild sieht man zwischen Messer/Säge eine Zwischenplatine aus Messing was mich skeptisch stimmt, ob das Messer tatsächlich so alt ist. Bei alten Taschenmessern sind meistens die gesamten Bestandteile aus Stahl hergestellt.
 
Also die These Mittelalter halte ich für gewagt, aufgrund dessen das sich ein Korkenzieher am Messer befindet. Korkenzieher kamen meines Erachtens erst Mitte/Ende des 18. Jahrhundert auf.
Mein ältestes Taschenmesser ist ein Laguiole Besset Jeune, vermutlich um 1900 rum hergestellt. Das hat aber keinen Korkenzieher dran.
Bei dem abgebildeten Messer würde ich auch auf einen Herstellungszeitraum um ca. 1900 tippen.

Was mich etwas verwundert, weil selten gesehen ist der Bohrer am Messer, könnte das auf eine handwerklichen Zweck hinweisen. Gern würde ich auch mal ein Bild der Säge wegen der Form sehen.
Gruß Ingo
 
Hallo Ulli,

laut Horst A. Brunner "Klappmesser aus zwei Jahrtausenden" wurde der Korkenzieher am Messer um 1720 eingeführt.
Was das Alter angeht, dieses Messer hat zwei sehr ungewöhnliche Besonderheiten.
Insbesondere die einteilige Rückenfeder ist sehr ungewöhnlich.
Weitere Beonderheit sind die sehr schweren, einteilig mit den Backen gefertigten Platinen.
Was den von ingoweimar angesprochen Bohrer angeht, diese sind durchaus bekannt und wurden schon um 1800 bis ins 20 Jh. verwendet.
Das genaue Alter und die Herkunft zu bestimmen, ist bei diesem Messer nicht einfach.
Ich würde aber vermuten, dass das Messer aus Frankreich oder Belgien, eventuell Deutschland oder Tschechien stammt.
Für ein Messer aus der Zeit um 1900 ist es meines Erachten zu massiv und zu schwer und damit zu teuer gebaut.
In dieser Zeit waren Messingplatinen mit aufgesetzten Backen weit verbreitet.
Die Verrigelung der Klinge und der Säge weiderum schließt nach meiner Ansicht eine zu frühe Fertigung aus.
Ich könnte mir vorstellen, dass das Messer aus der ersten Hälfte des 19
. Jh. stammt, ist aber nur eine Vermutung aufgrund von Indizien.

Gruß, Helge
 
Für ein Messer aus der Zeit um 1900 ist es meines Erachten zu massiv und zu schwer und damit zu teuer gebaut.
In dieser Zeit waren Messingplatinen mit aufgesetzten Backen weit verbreitet.

Helge, ich habe für den Zeitraum um 1900 plädiert, weil Ulli weiter oben schrieb:
Besten Dank für den Tip.
Auf dem letzten Bild sieht man zwischen Messer/Säge eine Zwischenplatine aus Messing was mich skeptisch stimmt, ob das Messer tatsächlich so alt ist.

Ab wann wurden denn Messingplatinen ungefähr verwendet? Mir ist da leider nichts bekannt.Und Fachliteratur besitze ich nicht.

Könnte der Schriftzug eventuell "COUTELLERIE" heissen? Glaube mal von einem franz. Hersteller dieses Namens gelesen zu haben.

Gruß Ingo
 
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...
Könnte es sich um Raffinierstahl handeln? Die Struktur wirkt ziemlich porös.
Ich weis es nicht, aber die Struktur ist nicht nur porös, sondern auch deutlich erkennbar streifig - darum die Folgerung, dass man evtl. über die "Krücke" Struktur auf den groben Herstellungszeitraum kommen könnte.

...
Könnte der Schriftzug eventuell "COUTELLERIE" heissen? Glaube mal von einem franz. Hersteller dieses Namens gelesen zu haben.
Naja, das bedeutet schlicht und einfach "Messerschmiede", "Messermacherei", "Messermanufaktur" im weitesten Sinne - da fehlt der Name der speziellen "Coutellerie" ;)
Ich habe auch schon wegen der Stempelfagmente gerätselt, auf Coutellerie wäre ich so schnell nicht gekommen. Damit könnte man die Suche schon mal auf eine französisch sprechende Region oder Frankreich eingrenzen.

Gruß Andreas
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Ingo,

Ab wann wurden denn Messingplatinen ungefähr verwendet? Mir ist da leider nichts bekannt.Und Fachliteratur besitze ich nicht

Mir ist die Mittelplatine aus Messing im letzten Bild von Ulli auch aufgefallen.
Messing ist eine sehr alte Legierung und wird bei Messern schon sehr lange verwendet, allerdings früher aufgrund seiner Farbe zumeist zu Schmuckzwecken.
Messingplatinen bei Klappmessern sind mir aus dem späten 18., frühen 19. Jh. bekannt.
Was ich mit meiner Äußerung gemeint habe, sind die massiven Seitenplatinen, die integral mit den Backen aus Eisen / Stahl gefertigt sind.
Dies kenne ich eigentlich von Messern, die bis ca. Mitte des 19. Jh. gefertigt wurden.
Ich gebe zu, dass sie vereinzelt noch bis zum frühen 20. Jh. in Europa angefertigt wurden, z.B. bei frühen korsischen Navajas, dann allerdings wesentlich dünner und im Bereich der Backen hohl ausgearbeitet.
Mitte des 19. Jh. konnte Zink direkt hergestellt werden, wodurch Messing preislich günstiger wurde.
In dieser Zeit wurde in England der Ausdruck "cheap and brassy" geprägt.
Ein Messer mit massiven, integral gefertigten Eisen- bzw. Stahlplatinen ist viel schwerer als ein Messer mit dünnen Platinen aus z.B. Messing und aufgesetzten Backen.
Weiterhin ist die Abstimmung einer Rückenfeder mit zwei bzw. vier Werkzeugen und Klingen wesentlich aufwendiger, als bei einer geteilten Rückenfeder, bei der ich jede Feder mit nur einem Werkzeug abstimmen muss.
Daher meine Vermutung, dass das Messer vergleichsweise früh für ein mehrklinges Taschenmesser mit Verriegelung sein muss.

Gruß, Helge
 
Besten Dank für alle Hinweise. Tönt sehr interessant.

Ich habe noch ein paar Bilder gemacht für die Details.

Der Bohrer bei diesem Messer (rechts) im Vergleich mit einem von Schönenberger (mitte) und D. Peres (links).

http://de.myalbum.com/GroteFoto-ONIGGFLY.jpg

Dann ein paar Bilder der Säge. Wie zu erkennen ist, ist der Sägenrücken ganz dünn.

http://de.myalbum.com/GroteFoto-HQPX8ZZH.jpg


http://de.myalbum.com/GroteFoto-AJHDHHLV.jpg


http://de.myalbum.com/GroteFoto-ZYV6XKL3.jpg


Der Korkenzieher ist sehr massiv. Hier ein Bild im Vergleich zu einem alten von Victorinox um 1900.

http://de.myalbum.com/GroteFoto-F4LBFYVC.jpg


Dazu stellt sich mir die Frage, ob das tatsächlich ein Korkenzieher für Weinflaschen ist? In der Literatur wird immer wieder bei Handwerks- und Bauernmesser erwähnt, dass diese keinen Korkenzieher aufweisen, da sie zum arbeiten gemacht waren. In der Vergangenheit war der Weinkonsum wohl eher feudalen Schichten vorbehalten, obwohl ich mir da auch nicht sicher bin. Wurden Korken nicht für andere Sachen als Weinflaschen verwendet? Könnte es nicht das Taschenmesser eines Böttchers/Küfers sein der eventuell auch Zapfen brauchte aus Holz oder Kork um z.B. Weinfässer zu verschliessen? Dann machen auch die anderen Funktionen Sinn, so der Bohrer (für Holz?) und die Säge.

Auf Coutellerie bin ich nicht gekommen, wäre aber interessant. Ich habe die erkennbaren Schriftstrukturen eingefärbt.

http://de.myalbum.com/GroteFoto-BOMSP4BO.jpg


Der Schluss der Messermarke könnte wirklich RIE sein, obwohl das R auch ein B sein könnte, das I ein L oder das E ein F. Das Wort besteht meines Erachtens sowieso aus vielen vertikalen Linien und oben einer horizontalen, dh. E oder F.
 
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Ich hab auf den Bildern keine Messingplatinen gesehen. Wo sollen die sein?

Übrigens gab es die schon bei Klappwerkzeugen der Römer (Hab ich im Stadtmuseum Bonn gesehen).
 
Die eine angesprochene Platine ist hier:
grotefotofop3cn7h.jpg

Ulli, die Frage nach dem Handwerk habe ich ja auch schon gestellt. Ist ja ein ganz schön massives Teil bei dem Gewicht.
Denke auch langsam, dass ich mit 1900 falsch lag, Anfang/Mitte 19. Jhrt. ist wahrscheinlich realistischer.
Gruß Ingo
 
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