Antwort der GdP

siebenstern

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Hier die Antwort, die Fragen waren die von ( wer war es noch gliech) im Forum ( Fragekatalog, Luftauge???)

Die Antwort ist zwar nicht der Sechser im Lotto, aber trotzdem aufbauend!

Sehr geehrter Herr Maresch,

vielen Dank für Ihre Mail mit den Fragen zur Bundesratsinitiatve des Landes Berlin zum Verbot des Führens bestimmter Messerarten. Gerne beantworte ich Ihnen Ihre Fragen wie folgt:

Zu 1.) Selbstverständlich ist uns der Gesetzentwurf bekannt.

Zu 2.) Ob eine Gesetzesinitiative tauglich ist oder nicht, ist stets eine Prognose, also niemals eine Tatsachenfeststellung. Man kann allerdings aufgrund bisheriger Erfahrungen mehr oder minder große Erwartungen bzw. Ablehnungen daran knüpfen. Tatsache ist, dass der kriminelle Gebrauch von Messern unterschiedlichster Art (einschließlich Taschenmessern - siehe Attentat anläßlich der Einweihung des Berliner Hauptbahnhofs) keine Erscheinung ist, der man tatenlos zusehen dürfte. Wahr ist auch, dass das mit weitem Abstand häufigste Tatmittel bei Tötungs- und Körperverletzungsdelikten das einfache Küchenmesser ist, das in der Auflistung des Gesetzentwurfs allerdings fehlt. Das mit gutem Grund: es wird fast ausschließlich bei häuslichen Auseinandersetzungen benutzt, spielt also für den öffentlichen Raum kaum eine Rolle. Ihre Feststellung, dass das Verbot von Butterfly- bzw. Springmessern mit dem Waffengesetz vom 2003 nichts gebracht hätte, ist schlicht falsch. Die jetzige Rechtslage bietet der Polizei bereits bei bloßem Besitz verbotener Gegenstände eine Eingriffsgrundlage - man muss nicht erst bis zur kriminellen Benutzung warten. Dass sich eine Reihe junger Menschen vonn einem Verbot nicht beeindruckln lassen, ist nicht nur beim Verbot bestimmter Messer so, das ist eine uralte Erfahrung, die aber nicht dazu verleiten sollte, Nichtachtung von Verboten wiederum als Anlass zur Legalisierung zu nutzen. Unser Strafrecht enthält jede Menge Verbote, die missachtet werden - wollen Sie deshalb das Strafrecht aufheben?

Zu 3.) Eine Diskussion, die immer mit dem Finger auf den anderen zeigt, der etwas tun sollte, ist typisch deutsch - und wenig erfolgreich. Natürlich lösen neue Gesetze Kriminalitätsprobleme nicht allein, aber es geht gelegentlich auch nicht ohne rechtliche Stützen. Die Frage ist also nicht nach dem Entweder/oder, sondern nach dem Sowohl/Alsauch. Was mir fehlt, ist eine genaue Analyse des zu lösenden Kriminalitätsproblems und eine an praktischen Möglichkeiten ausgerichtete Bekämpfungsstrategie - wozu auch im Zweifelsfall gesetzgeberische Maßnahmen gehören (können). Das grundsätzliche Ansinnen der Berliner Initiative ist nachvollziehbar: welchen Grund gibt es, zum Kino-Besuch oder zum Disco-Abend ein Messer zu führen? Ein Führungsverbot würde keineswegs etliche Millionen Bürger treffen, weil die gar nicht auf die Idee kommen, mit einem Messer bewaffnet ihre Freizeit in einer Stadt zu verbringen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Ihr Metier einen erheblichen Umsatzeinbruch erleiden würde, weil diese Argumentation ja bedeuten würde, dass der Großteil der verkauften Messer auch tatsächlich stets geführt würde. Ich kenne persönlich eine Reihe von Messersammlern, die nie auf den Gedanken kämen, ihre kostbaren Stücke in der Öffentlichkeit spazieren zu tragen. Die Nachfrage nach guten Messern ist also keineswegs unmittelbar mit der Möglichkeit verbunden, diese auch stets in der Öffentlichkeit tragen zu dürfen.

Etwas anderes sind Freizeitaktivitäten in der Natur, wozu auch Camping gehört, und das im öffentlichen Raum, etwa an einem See (z.B. Wannsee Berlin). Wie das von Berlin vorgeschlagene Führungsverbot dann praktikabel sein soll, erweckt bei mir Zweifel, denn dann wäre bereits Kartoffelschälen vor dem Zelt ein strafbewehrtes Handeln. Für derlei Tätigkeiten wiederum, wie teilweise vorgesehen, ein behördliches Verfahren für eine Erlaubnis einzuführen, erscheint mir reichlich naiv, weil dies schon aus praktischen Erwägungen (Millionenfache Anträge, überforderte Behörden usw.) kaum durchführbar sein wird.

Der Berliner Vorstoß verrät, dass das Problem durchaus erkannt wurde. Wenn man sich nämlich auf Differenzierungen einlassen würde, die dem "richtigen Leben" gerecht würden und deshalb ungeheuer schwierig zu finden sind, wäre das gesamte Vorhaben in Frage gestellt. So wurde ein Totalverbot vorgeschlagen, das wiederum Durchführungsprobleme bis hin zur Undurchführbarkeit mit sich bringt. Denn eines ist richtig: eine Anlass-freie Durchsuchung von Personen ist nicht zulässig, ganz abgesehen davon, dass die Polizei überhaupt nicht das Personal hat, um derlei Aufwand betreiben zun können.

Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Gesetzesinitiative unverändert den Bundesrat passieren wird. Dann müsste auch Bayern zustimmen, wo es bekanntlich zur Tracht gehört, ein Messer in der Außentasche der Lederhose zu führen.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Dicke
Gewerkschaft der Polizei
Beauftragter für Waffentechnik
und Waffenrecht

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meine Lieblingspassage habe ich rot hervorgehoben, der gefällt mir der Mann.
 
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