Abu
Premium Mitglied
- Beiträge
- 2.932
Werte Messerfreunde,
Attila kam (mit seinen Hunnen) bis in die Champagne, wurde dort auf den Katalaunischen Feldern geschlagen. So habe ich es noch in der Schule gelernt. Mein "Attila" hingegen hat den Sprung über den Kanal geschafft, war mein schnittiger Urlaubsbegleiter in England. Hat er, ebenso wie seinen Einzug in meinen Bestand schöner nützlicher Messer, seiner geringen Größe zu verdanken.
Bis rd. 75 mm Klinge, Slipjoint, dann ist in Britannien Schluss, keine Arretierung, keine Fixed - mit solchen Ausnahmen wollte ich mich gar nicht erst beschäftigen, die Briten wären möglicherweise "not amused"! Und im städtischen Bereich immer "EDC", was in diesem Fall Deep Carried heißen soll. Denn jeder Bobby könnte auch ein normales SAK gegen hohes Bußgeld konfiszieren. Kein Paradies für Messerfreunde - und trotzdem eine Reise mit den richtigen Messern wert.
Bis 75 mm also, das wäre das Reich der SAK's & Co. Will man aber die ganze Länge bei ordentlicher Klingenbreite nutzen, wird das Angebot dünn. Andererseits war das für mich ein überzeugendes Argument, mir von Attila Kovacs mal eines seiner hochgelobten Messer bauen zu lassen. Ausgestattet mit einigen Tipps von unserem kundigen Messerfreund in Monte Gordo (R'n'R: nochmals danke!) bestellte ich. Attila bedankte sich nett, war aber auch "not amused"; binnen drei Monaten wär es wohl nicht zu machen. Die Lösung brachte der Second-Hand-Markt, genau mein Maß 75 mm, 1.2442, Messingbacken, Mooreiche - das passte. So ging's auf die Reise, ergänzt um ein alt-ehrwürdiges Multifunktionsmesser von Gottlieb Hammesfahr, wegen der Säge.
Aber: Braucht man in England solche Messer? Ein Messerjockel ja, die Briten nein. Steaks werden mit merkwürdigen Wellenschliffmessern zerrissen, für Fish&Chips reicht jedes stumpfe Stanzteil ebenso, wie für die morgendlichen scrambled eggs. Alles andere wird gequetscht oder man tut's feste brechen, daher "Breakfast". Es gibt morgens durchaus schon oft frisches Obst, aber man kommt schneidtechnisch, zB für ein Müsli, nicht dran. Nach ersten rücksichtsvollen Quetschübungen hab ich ganz pragmatisch umgeschaltet: "Attila" kam mit auf den Tisch. Übrigens: Keine Reaktion der anderen Gäste, niemand floh - im Stillen werden Sie mich eher um mein Müsli beneidet haben!
So ermutigt, ging's zur nächsten Tat. "Wenn nicht hier, wo dann?", dachte ich mir im Gartencafe' von Agatha Christies Sommersitz. Wir wollten mal die typischen "five-o'-clock-tea" Scones probieren, festes Gebäck mit spezieller Cream und Marmelade. Man braucht dazu ein Messer, und was bekamen wir: Plastik! Ging gar nicht, weder stilistisch noch praktisch, alles zerbröselte. "Attila" hingegen zerteilte die Scones in schöne Abschnitte, strich Cream und Marmelade drauf. Ich triumphierte!!!
Mein Begleithund heißt übrigens "Sir Toby". Nein, soweit gehen meine Schnitzkünste denn doch nicht, den Kopf hab ich mal erworben, aber sein Unterleib als distinguierter Wanderstock ist natürlich von mir. So ein Stock war dort dermaßen nützlich, dass ich ihn bei der nächsten Wanderung an meine Frau verlor. "Dartmoor" war das Ziel, Gruselort unendlicher Krimis; und manchmal soll sich hier auch Prinz Charles auf seinen riesigen Ländereien herumtreiben.... Unweit des berüchtigten Dartmoor-Knastes liegt der Zauberwald "Whistmans Wood", zwischen dessen verwachsenen, gezwirbelten Eichen sich "Attila" sofort heimisch fühlte. Ob die Eichenstämme in einigen tausend Jahren als Mooreichen wohl auch treffliche Griffschalen abgeben werden?
Nur zu schnibbeln gab's dort nichts, Naturschutz. Andererseits brauchte ich nun endlich meinen eigenen Wanderstock. Wählerisch fand ich ihn in einem Strauch Liguster, eher ungewöhnliches Holz. Zur Bearbeitung hatte ich mir eine ganz besondere Stelle ausgesucht: Flüsschen mit Forellen, alte Steinbrücke, daneben ein Pub. Erst ein Pint süffigen Bieres geholt und dann am Ufer hockend geschnitzt.
Neugierige Besucher ließen nicht lange auf sich warten, schauten, fragten. Mit einem alten Ehepaar entspann sich eine lange Unterhaltung, von seiner British-Army-Zeit im Deutschland der 50er bis zum Brexit. Toll: Messer und Schitzerei als "Türöffner". Vielleicht lag's ja auch daran, dass sich zu "Attila" ein englisches Messerchen gesellt hatte. Auf einem Kunsthandwerkermarkt in Exeter entdeckt, kam ich an dem Eigendesign eines Holzschnitzers nicht vorbei: Stahl O1, Griff Eiche, Klingenschutz Nussbaum, sooo liebevoll gemacht! Für Kerbschnitte hervorragend, konnte ich ja gleich probieren.
Mein Pint war geleert, der Stock geschmückt, Zeit für ein Fazit: Ich hatte meinen Spaß mit "Attila & Co.", und offensichtlich waren die Passanten doch eher "amused" über den spleenigen German mit seinen Messern.
Gruß
Abu
Attila kam (mit seinen Hunnen) bis in die Champagne, wurde dort auf den Katalaunischen Feldern geschlagen. So habe ich es noch in der Schule gelernt. Mein "Attila" hingegen hat den Sprung über den Kanal geschafft, war mein schnittiger Urlaubsbegleiter in England. Hat er, ebenso wie seinen Einzug in meinen Bestand schöner nützlicher Messer, seiner geringen Größe zu verdanken.
Bis rd. 75 mm Klinge, Slipjoint, dann ist in Britannien Schluss, keine Arretierung, keine Fixed - mit solchen Ausnahmen wollte ich mich gar nicht erst beschäftigen, die Briten wären möglicherweise "not amused"! Und im städtischen Bereich immer "EDC", was in diesem Fall Deep Carried heißen soll. Denn jeder Bobby könnte auch ein normales SAK gegen hohes Bußgeld konfiszieren. Kein Paradies für Messerfreunde - und trotzdem eine Reise mit den richtigen Messern wert.
Bis 75 mm also, das wäre das Reich der SAK's & Co. Will man aber die ganze Länge bei ordentlicher Klingenbreite nutzen, wird das Angebot dünn. Andererseits war das für mich ein überzeugendes Argument, mir von Attila Kovacs mal eines seiner hochgelobten Messer bauen zu lassen. Ausgestattet mit einigen Tipps von unserem kundigen Messerfreund in Monte Gordo (R'n'R: nochmals danke!) bestellte ich. Attila bedankte sich nett, war aber auch "not amused"; binnen drei Monaten wär es wohl nicht zu machen. Die Lösung brachte der Second-Hand-Markt, genau mein Maß 75 mm, 1.2442, Messingbacken, Mooreiche - das passte. So ging's auf die Reise, ergänzt um ein alt-ehrwürdiges Multifunktionsmesser von Gottlieb Hammesfahr, wegen der Säge.
Aber: Braucht man in England solche Messer? Ein Messerjockel ja, die Briten nein. Steaks werden mit merkwürdigen Wellenschliffmessern zerrissen, für Fish&Chips reicht jedes stumpfe Stanzteil ebenso, wie für die morgendlichen scrambled eggs. Alles andere wird gequetscht oder man tut's feste brechen, daher "Breakfast". Es gibt morgens durchaus schon oft frisches Obst, aber man kommt schneidtechnisch, zB für ein Müsli, nicht dran. Nach ersten rücksichtsvollen Quetschübungen hab ich ganz pragmatisch umgeschaltet: "Attila" kam mit auf den Tisch. Übrigens: Keine Reaktion der anderen Gäste, niemand floh - im Stillen werden Sie mich eher um mein Müsli beneidet haben!
So ermutigt, ging's zur nächsten Tat. "Wenn nicht hier, wo dann?", dachte ich mir im Gartencafe' von Agatha Christies Sommersitz. Wir wollten mal die typischen "five-o'-clock-tea" Scones probieren, festes Gebäck mit spezieller Cream und Marmelade. Man braucht dazu ein Messer, und was bekamen wir: Plastik! Ging gar nicht, weder stilistisch noch praktisch, alles zerbröselte. "Attila" hingegen zerteilte die Scones in schöne Abschnitte, strich Cream und Marmelade drauf. Ich triumphierte!!!
Mein Begleithund heißt übrigens "Sir Toby". Nein, soweit gehen meine Schnitzkünste denn doch nicht, den Kopf hab ich mal erworben, aber sein Unterleib als distinguierter Wanderstock ist natürlich von mir. So ein Stock war dort dermaßen nützlich, dass ich ihn bei der nächsten Wanderung an meine Frau verlor. "Dartmoor" war das Ziel, Gruselort unendlicher Krimis; und manchmal soll sich hier auch Prinz Charles auf seinen riesigen Ländereien herumtreiben.... Unweit des berüchtigten Dartmoor-Knastes liegt der Zauberwald "Whistmans Wood", zwischen dessen verwachsenen, gezwirbelten Eichen sich "Attila" sofort heimisch fühlte. Ob die Eichenstämme in einigen tausend Jahren als Mooreichen wohl auch treffliche Griffschalen abgeben werden?
Nur zu schnibbeln gab's dort nichts, Naturschutz. Andererseits brauchte ich nun endlich meinen eigenen Wanderstock. Wählerisch fand ich ihn in einem Strauch Liguster, eher ungewöhnliches Holz. Zur Bearbeitung hatte ich mir eine ganz besondere Stelle ausgesucht: Flüsschen mit Forellen, alte Steinbrücke, daneben ein Pub. Erst ein Pint süffigen Bieres geholt und dann am Ufer hockend geschnitzt.
Neugierige Besucher ließen nicht lange auf sich warten, schauten, fragten. Mit einem alten Ehepaar entspann sich eine lange Unterhaltung, von seiner British-Army-Zeit im Deutschland der 50er bis zum Brexit. Toll: Messer und Schitzerei als "Türöffner". Vielleicht lag's ja auch daran, dass sich zu "Attila" ein englisches Messerchen gesellt hatte. Auf einem Kunsthandwerkermarkt in Exeter entdeckt, kam ich an dem Eigendesign eines Holzschnitzers nicht vorbei: Stahl O1, Griff Eiche, Klingenschutz Nussbaum, sooo liebevoll gemacht! Für Kerbschnitte hervorragend, konnte ich ja gleich probieren.
Mein Pint war geleert, der Stock geschmückt, Zeit für ein Fazit: Ich hatte meinen Spaß mit "Attila & Co.", und offensichtlich waren die Passanten doch eher "amused" über den spleenigen German mit seinen Messern.
Gruß
Abu
Zuletzt bearbeitet: