Aufbau der Klinge jap. Kochmesser

sammy

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Hi,

noch ne Frage an die Fachleute: Ich kappier den ganzen Aufbau der japanischen (deutschen auch?) Kochmesser nicht ganz.

Da gibt's die billigen aus weichem Monostahl. Klar.

Dann gibt's je nach zweiseitigem / einseitigem Schliff die 2 bzw. 3 lagigen Messer mit Stahl / Eisen bzw. Eisen / Stahl / Eisen (z.B. Sontuko). Aber was bringt das?
Eine Klinge ist an der Schneide doch nur noch den Bruchteil eines Millimeters dick - da bleibt doch z.B. bei einem Sontuko in der Mitte nach dem Schliff vom Eisen nix übrig, was den harten Stahl irgendwie einbetten und "stützen" würde. Warum dann nicht gleich eine reine Stahlklinge???

Damast kann ich mir wieder irgendwie vorstellen: der harte Stahl wird ja in sehr vielen Schichten sehr dünn mit Eisen verschmiedet - das gibt dann wohl ein Gefüge, bei dem der Stahl für den Schnitt sorgt und das Eisen für den Halt. Aber Sinn macht das ja wohl auch nicht wirklich, wenn's mit nur Stahl auch geht (siehe oben)...?

Und dann die letzte Frage (die vielleicht alle vorherigen erklären könnte): Warum sind gehärtete Monostahlmesser so unglaublich teuer??? Ich hab da kaum was unter 700 € gesehen, das kann ja wohl bitte nicht an den Stahkosten liegen, oder??

Ich hab schon einiges Im Forum darüber gelesen, aber kappiert hab ich's nicht.

Danke vorab

Stefan
 
Hallo Stefan,

die Klingen aus einem Material (Honyaki) sind wohl recht schwer zu verarbeiten.

Ich bin kein Messermacher oder Stahlspezialist, deshalb erkläre ich mit meinen Worten. Der Effekt ist der gleiche wie bei einer Verbundglasscheibe. Die Schlag- und Stoßfestigkeit wird deutlich erhöht. Es geht also nicht um die Schneide sondern um die ganze Klinge. Auch Monostahlklingen werden nicht komplett durchgehärtet, sie würden nichts aushalten. Die Alternative, Küchenmesserklingen zwei cm dick zu machen, ist wohl eher theoretisch.

Bei Damaststahl ist es wohl so, dass die Schichten nicht einfach aneinanderkleben, sondern dass im Grenzbereich der Schichten, laienhaft ausgedrückt, eine Art Verschmelzung eintritt. Damaszenerspezialisten und Metallurgen können das sicher technisch besser erklären.

Gruß Peter
 
Hi Sammy,

in Japan unterscheidet man:
Japanische Messer mit europäischer Form und japanische Messer mit typisch japanischer Form (z.B. Deba).

Japanische Messer mit europäischer Form sind meistens dreilagig konstruiert. Santoku gibt es nicht zweilagig, weil das Santoku eine beidseitige Klinge besitzt. Santoku-Messer ist ein Allzweckmesser für den Gebrauch in der Familie. Ein solches Messer benötigt keine Monostahlkonstruktion, weil man dreilagige Messer besonders gut selbst schleifen kann und durch die Außenlage aus Edelstahl gibt es kein Rostproblem. Die Mittellage ist sehr unterschiedliches Material, z.B. V10(karbonhaltiges Edelstahl), Gingami3, Karbonstoffstahl. Wenn das Santoku komplett aus Monostahlkonstruktion besteht, dann haben schleifunerfahrene Besitzer Probleme mit dem nachschleifen.
Warum stellt man dreilagige Messer her?
Weil Karbonstoffstahlkerne sehr scharf bleiben. Europäische Monostahlmesser aus Edelstahl werden schneller stumpf und sind ziemlich schwer zu schleifen. Dies ist vom Härtegrad unabhängig!!

Profiköche benutzen natürlich Messer mit Monostahlkonstruktion, jedoch nicht Santoku, sondern eher Gyuto, Usuba (jap. Gemüsemesser) und Yanagiba (Sushimesser). In Japan sind die Kochmesser bzw. Messer je nach Einsatzzweck konstruiert.
Wenn man - wie Profiköche - seine Messer öfter schleift, verformt sich bei Monostahlmessern die Klinge nicht so einfach.
Warum sind japanische Messer aus reinem Monostahl so teuer?
Beim Herstellungsprozess wird so oft die Verformung korrigiert. Dies bedingt eine längere Herstellungszeit. Das bedeutet nicht, dass ein Monokonstruktion Gyuto (oft maschinell hergestellt) und ein rein handgeschmiedetes Honyaki (z.B. AOKI, Mizuno) genau den gleichen Herstellungsverlauf haben. Monostahlmesser (Honyaki) sind langlebiger und daher teuer. Preisspanne von 1000 bis 3000 Euro. Höhere Preise sind Preispolitik mancher Großhändler.

Japanische Messer aus zweilagigem Stahl besitzen eine einseitige Klinge (in der Regel für Rechtshänder) und sind leichter zu schleifen. Kaufpreise sind günstiger. Jedoch muss die Klinge öfter nachgeschliffen werden als bei Monostahlmessern. Hier in Deutschland gibt es nur Hersteller einlagiger Messer. Wenn Du selber Messer schleifst und benutzt, erkennst Du den Unterschied.

Damastmesser sind zu empfehlen, wenn Du auf die Optik großen Wert legst. Weitere Vorteile sind: geringere Verformung, leichter schleifbar. Nachteil: Nach Schleifarbeit verliert das Messer im unteren Bereich etwas das schöne Damastmuster. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf die Benutzbarkeit.

Die Messerwelt ist eine Wissenschaft für sich, das Schleifen ebenfalls::lechz:
Grüsse
Yuta1991
 
Profiköche benutzen natürlich Messer mit Monostahlkonstruktion
...
eher Gyuto, Usuba (jap. Gemüsemesser) und Yanagiba (Sushimesser)
Hallo Yuta,

im Prinzip stimme ich mit Dir überein, bis auf die Spitze mit der "Wissenschaft für sich", die ich nicht respektvoll finde. Interessanterweise hat mir Shinichi Watanabe auf Nachfrage die mitgeteilt, dass Honyaki seiner Ansicht nach für dünne Klingen ohne Belastung wie Usuba oder Fuguhiki sinnvoll ist. Ein Yanagi würde er wohl dazurechnen, jedoch gilt dies seiner Meinung nach nicht für Messer mit hoher Belastung, er nannte hier Gyuto und Deba (Fischmesser).

Peter
 
Hi Peterk,
Zu "Deba": Hier haben wir uns auf den Beitrag von Sammy konzentriert, um einmal deutlich zu machen, dass ein Deba ein japanisches Messer in typisch/tranditioneller japanischer Form ist. Deba-Messer sind zum Zerteilen und daher höherer Belastung ausgesetzt. Zweilagenstahl ist für ein Deba geeignet.
Jedoch durch die Schliffart (leichter runder Schliff "Hamaguri-Schliff") verträgt auch ein Deba-Honyaki höhere Belastung.
Gyuto gibt es in Monostahlkonstruktion, aber das hat mit Honyaki nichts zu tun. Honyaki sind für Profis gedacht.
Monostahlkonstruktion und handgemachte Honyaki sind unterschiedliche Themen.
Das haben wir mit "Wissenschaft für sich" gemeint, um deutlich zu machen, wie umfangreich das Thema ist, das war nicht kritisch gemeint.

Yuta1991
 
Hallo allerseits,

also erstmal Danke für die Versuche, mir die Unterschiede zu erklären. Wird schon besser :) So ganz blick ich immer noch nicht durch. Aber die Materie scheint ja auch komplex zu sein...
Dass eine mehrlagige Klinge mehr Belastung aufnehmen kann versteh ich insofern nicht, als das mMn die höchste Belastung eh an der Schneide auftritt...? Dass ein Verbund (a la Verbundglas) Mehr wegstecken kann: O.K: Aber ganz vorne hab ich doch keinen Verbund mehr...?

Das mit dem Schleifen leuchtet irgendwie ein. Nicht einleuchtend finde ich, dass ein "Honyaki" Monstahl so viel teurer sein soll als eine Klinge, die mühsam aus verschiedenen Schichten feuerverschweißt wurde. Gut, Schleifen wird sicher zäher sein, aber sonst...?

Auf alle Fälle schon mal vielen Dank... es ist ja auch schön, wenn sich nciht alles nach 5 Minuten erklärt.

Btw: Das ist ein wirklich gutes Forum!

Stefan
 
Hallo Yuta1991,

prima. Ich dachte, es wäre eine Anspielung auf meinen Satz im Wartungs-Unterforum wenige Minuten vorher, dass Katanas eine Wissenschaft für sich seien, von der ich keine Ahnung habe, bezogen. Ich kenne Dich noch nicht und hatte es in den falschen Hals bekommen. Willkommen im Forum übrigens.

@Sammy, unabhängig von prinzipiellen Betrachtungen gefallen mir persönlich Messer sehr gut, die einen Kern aus hartem und leicht schleifbaren Karbonstahl und rostfreie Seiten haben. So hast Du die Vorteile beider Stähle in einem Messer vereint.

Peter
 
Dass ein Verbund (a la Verbundglas) Mehr wegstecken kann: O.K: Aber ganz vorne hab ich doch keinen Verbund mehr...?
Hallo Stefan,

in der Tat ist die eigentliche Schneide bei meinen harten Karbonstahlmessern recht spröde. Es kann tatsächlich etwas aus der Schneide herausbrechen, besondere Schliffarten wie die von Yuta1991 erwähnte können hier helfen, dies zu verhindern. Aber stell Dir mal vor, Du würdest eine Klinge ganz aus diesem Material quer auf eine Tischkante schlagen. Wäre sie spröde, würde sie brechen. Für die Aachener unter uns, ich habe schon früher Feldversuche mit Printen durchgeführt ;)

Dass eine dreilagige Klinge mehr Arbeit macht als eine einlagige, würde ich auch denken. Aber offenbar ist es nicht so.

Peter
 
Hi Sammy,
mehrlagiger Stahl wird teilweise vorher maschinell verschweißt in mehrlagigem Flachstahl und kann dann als "Rohling" der Schmiede bzw. dem Schmied weiter bearbeitet werden. Die meisten Hersteller verwenden Dreilagenstahlrohlinge.

Japanische Messerschmiede, welche dreilagiges Stahlmaterial, selbst herstellen sind weniger geworden.

Zweilagenstahl wird für Profimesser verwendet und heutzutage immer noch selbst geschweisst, d.h. es werden keine maschinell vorgefertigen "Rohlinge" verwendet.

Z.B. Rohlinge aus Aogami kosten z.B. 30,-- Euro. Ausgangsmaterialkosten für teure / billige Messer sind in etwa ähnlich. Entscheidend ist hier die Verarbeitung, Verarbeitungstemperatur, Ruhezeit z.B. in Asche. Bei teuren Produkten verwendet man in Japan Holzkohle zum Aufheizen/Weiterarbeiten, wassergekühlter Härtungsprozess. Je härter die Klinge - desto längerer Verarbeitungsprozeß - desto teurer das Produkt.
Um leichter den Stahl bearbeiten zu können, wird eine höhere Schweisstemperatur für den schnelleren Verarbeitungsprozess gewählt und der Verhärtungsprozess wird mit Öl gemacht. Das Stahlmolekül wird rauher und stumpfer. Produkte sind günstiger zu erwerben.

Z.B. Aoki-Schmiede (Meister Doi) versucht mit niedriger Temperatur zu arbeiten, um eine langanhaltende Schärfe zu gewährleisten. Zweilagige Meisterprodukte sind nicht unbedingt astronomisch teuer.
Folgende Stahlsorten mit Monokonstruktion sind auch leicht zu schleifen: Schwedischer Stahl, Inox (Produktserie Aoki-Schmiede) und japanischer Stahl.:)

Yuta1991
 
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