Aus 1.2067 mach 1.3505?

stone600

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Servus,

in ihrer Zusammensetzung sind beide Stahlsorten ja so gut wie identisch. Da der 1.2067 gut verfügbar und relativ günstig ist (im Gegensatz zum 1.3505), habe ich mir überlegt, ob man mit der geeigneten Wärmebehandlung annähernd die gleichen guten Eigenschaften wie beim 1.3505 erziehlen kann?
Ich hab mir auch schon ein Stück vom 1.2067 besorgt. Ein gehärtetes Probestück konnte ich nur mit viel Kraft zum Brechen überreden. Es zeigte ein feinkörniges Gefüge. Daraufhin hab ich mir ein Santoku daraus gemacht, mit dem ich recht zufrieden bin. Nachdem ich die Klinge geätzt hatte, konnte ich auch keine Strukturen erkennen, die auf Unregelmäßigkeiten deuten könnten. Dies geschah allerdings nicht in einem wissenschaftlichen Rahmen.
Wo liegen also die Schwächen beim 1.2067? Und kann man sie ihm, mit den richtigen Maßnahmen, austreiben?


Gruß Christian
 
In Romans Buch sind Gefügeaufnahmen beider Stähle einander gegenübergestellt (S. 167). Da erscheint der Unterschied geradezu erschreckend.
Während die Wälzlagerqualität gleichmäßig verteilte Karbide mit max. 2-3 my-meist kleiner- aufweist, sind bei der Werkzeugstahlvariante Karbidzeilen und ein "Wacker" von gut 25 my zu sehen. Auch die Form der Karbide unterscheidet sich etwas. Die des Wälzlagerstahls sind ziemlich einhetlich rundlich, die des Werkzeugstahls unregelmäßig länglich.

Die Unterschiede beruhen auf den unterschiedlichen Herstellungsverfahren. Wälzlagerstähle werden traditionell mit den feinsten Techniken hergestellt-hier vermutlich im Elektro-Schlacke-Umschmelzverfahren- um ein homogenes, feines Gefüge zu garantieren, während beim Werkzeugstahl auch kostengünstigere Herstellungsverfahren in Anwendung kommen.

Ganz ausgleichen kann man den Qualitätsunterschied nicht, da er- durch das Schmelzverfahren bedingt- auch auf einem geringeren Anteil an Fremdkörpern, wie etwa Oxyden, beruht.

Durch geeignete thermomechanische Behandlungen kann man aber den Unterschied so verwischen, daß für den Alltagsgebrauch keine Unterscheide mehr festzustellen sein werden.

Da der Stahl nicht ledeburitisch ist, also keine Karbide aufweist, die bei der Wärmebehandlung nicht aufgelöst werden können, kann er durch scharfes Normalisieren, gegebenenfalls auch Mehrfachhärten in der Struktur, insbesondere was die Verteilung und Größe der Karbide angeht, verbessert werden. Auch Überschmieden bei den richtigen Temperaturen ist hilfreich.

Was die Verfügbarkeit angeht, sehe ich die Lage gerade umgekehrt: Die Werkzeugstahlqualität muß man-nicht ganz billig- kaufen, die Wälzlagerqualität findet man auf Schrottplätzen als Wälzlagerringe (fast) umsonst.
Da Wälzlager zu mehr als 90 % aus den "einfachen" Wälzlagerstählen 1.3502-1.3505 gefertigt werden, braucht man auch keine Angst zu haben, an unbekanntes, exotisches Material zu geraten.
Das gibt es auch: sowohl der Schnellarbeitsstahl 1.3343 wie auch der martensitische, korrosionsbeständige Stahl 1.4125 werden in Wälzlagerqualität hergestellt. Auch diese Stähle würden- richtig behandelt- Messerklingen mit interessanten Eigenschaften abgeben, als Komponente für Damast wären sie aber grundsätzlich ungeeignet.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Ulrich, das letzte fette Lager, dass mir jemand auf der Arbeit anschleppte, war aus Cronidur30!! Sicher ein toller Stahl aber wenn man das erst mal für 1.3505 hält, wird man beim Versuch, das auszuschmieden, eine herbe Überraschung erleben. :D
 
In Romans Buch sind Gefügeaufnahmen beider Stähle einander gegenübergestellt (S. 167). Da erscheint der Unterschied geradezu erschreckend.
Während die Wälzlagerqualität gleichmäßig verteilte Karbide mit max. 2-3 my-meist kleiner- aufweist, sind bei der Werkzeugstahlvariante Karbidzeilen und ein "Wacker" von gut 25 my zu sehen. Auch die Form der Karbide unterscheidet sich etwas. Die des Wälzlagerstahls sind ziemlich einhetlich rundlich, die des Werkzeugstahls unregelmäßig länglich.

Könnte man das schon am Bruchbild erkennen?

Was die Verfügbarkeit angeht, sehe ich die Lage gerade umgekehrt: Die Werkzeugstahlqualität muß man-nicht ganz billig- kaufen, die Wälzlagerqualität findet man auf Schrottplätzen als Wälzlagerringe (fast) umsonst.
Da Wälzlager zu mehr als 90 % aus den "einfachen" Wälzlagerstählen 1.3502-1.3505 gefertigt werden, braucht man auch keine Angst zu haben, an unbekanntes, exotisches Material zu geraten.
Das gibt es auch: sowohl der Schnellarbeitsstahl 1.3343 wie auch der martensitische, korrosionsbeständige Stahl 1.4125 werden in Wälzlagerqualität hergestellt. Auch diese Stähle würden- richtig behandelt- Messerklingen mit interessanten Eigenschaften abgeben, als Komponente für Damast wären sie aber grundsätzlich ungeeignet.

Wieder ein Grund, mit dem Schmieden anzufangen! Als Nicht-Schmied ist man eben auf fertiges Flachmaterial angewiesen. 1.2510 oder 1.2842 ist noch überall zu bekommen. Bei anderen Legierungen wird es schon schwieriger. In einer Stärke für Küchenmesser ist es dann meist ganz aus.

Danke für die ausführliche Antwort.

Gruß Christian
 
Am Bruchbild wird man den Unterschied zwischen 1.2067 und 1.3505 wohl nicht erkennen können, da man nie wirklich vergleichbare Gefügezustände vor sich hat.
Ein Stahl wird je nach Behandlungszustand völlig unterschiedliche Bruchbilder zeigen: Grobes Gefüge nach schlechter Vorbehandlung, Weichglühgefüge, martensitisches Gefüge mit oder ohne Restaustenit, schließlich Mischgefüge nach nur teilweiser Härtung und die verschiedenen Anlaßzustände können das Bruchbild beeinflussen.
Für das mit bloßem Auge zu erkennende Gefügebild ist auch in erster Linie der Zustand der Matrix verantwortlich. Selbst Karbide von 25 my-wie hier im geätzten Anschliff zu sehen- sind mit bloßem Auge nicht erkennbar. 25/1000 mm schafft das menschliche Auge allenfalls, wenn starke Farbunterschiede vorlägen-wahrscheinlich auch dann nicht-soweit ich weiß, geht die Auflösungsfähigkeit des Auges bis auf ca. 1/20 mm.

Man kann also am Bruchbild erkennen, ob der Stahl vernünftig behandelt wurde, nicht aber ob es sich bei gleicher Legierung um Wälzlagerqualität oder Werkzeugstahlqualität handelt.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
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