ausgeschliffene Stempelung wieder sichtbar machen ?

luftauge

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Hat schon mal jemand erfolgreich versucht, einen relativ feinen Herstellerstempel auf einem Ricasso wieder sichtbar zu machen, nachdem er zur Verschleierung/Unkenntlichmachung ausgeschliffen wurde ?

Wie tief wird das Gefüge erfahrungsgemäß durch eine industrielle Stempelung sichtbar manipuliert/gestört ?
Ricasso ca. 3mm, Stempel ca. 2-3/10mm, dünn und grob überschliffen, vermutlich niedrig legierter Werkzeugstahl (~ C75Cr1), wenn überhaupt.

Ich weis, ist eine seltsame Frage, aber vllt. hat es schon jemand hier gemacht.

Gruß Andreas
 
Ich würde ihn höchstens Gravieren aber das wäre dann nicht mehr Orginal das beste wäre beim Hersteller anfragen ob er den Stempel nochmal nachschlagen kann

Cornelius
 
Ich glaube bei Fahrzeugnummern wird das durch Ätzen wieder sichtbar gemacht. Keine Ahnung ob es in deinem Fall auch funktioniert oder ratsam ist.
 
Üblicherweise wird sowas (z.B. in Polizeilabors) mittels Anätzen nach Feinschliff+Politur gemacht - mit genau den Säuren, die unsere Forums-Metallurgen wie z.B. der Roman Landes zur Sichtbarmachung des Gefüges verwenden - den würd ich also mal direkt anschreiben, aber ich denke, er wird die Pikrinsäureätzung vorschlagen, wenn es sich um Stahl handelt.

Und ja, man kann auch noch Stempelungen sichtbar oder erkennbar machen, wenn nicht nur die Stempelung, sondern auch noch ein paar Zehntel mehr weggeschliffen wurden, nur wirds mit zunehmender Schlifftiefe natürlich unschärfer und schwieriger zu erkennen, aber meist wird ja beim Entfernen einer Stempelung (z.B. an Schusswaffen) zur Unkenntlichmachung von den Tätern, Hehlern oder so gerade so viel weggenommen, dass es nicht mehr "einfach so" erkennbar ist, aber die Nutzbarkeit noch nicht beeinträchtigt wird, und so ist halt auch die Chance oft recht hoch, die verschleierte Information wiederherzustellen.

-ZiLi-
 
Zuletzt bearbeitet:
@ZiLi:
genau an dieses Verfahren habe ich auch gedacht.
Das Problem an diesem Stempel ist leider, dass er Original schon recht dünn ist, wie das eben bei alten kleinen Taschenmessern üblich ist - ich habe aber auch schon recht grobe Stempel an alten Messern gesehen, also "fein und dünn" ist/war keinesfalls Standard.

Er war zwei oder dreizeilig, evtl. mit Firmenlogo, und es ist nur noch die unterste Zeile erkenn- und lesbar.
Keine Sorge, es ist definitiv keine Hehlerware und ich habe auch kein Hobby-Kriminallabor :D , es handelt sich um ein altes WKII-Militärklappmesser, auf das ich sehr gespannt gewartet hatte, nun ist die Spannung noch größer, obwohl "die Pointe" weggeschliffen worden ist, unter dem Zeit-/Altersaspekt könnte das Ausschleifen auch zur "Sterilisierung" gedient haben, der Überschliff hat bereits Patina angesetzt, ist somit ebenfalls alt.

Was ist "Pikrinsäureätzung" ?
Diesen Namen habe ich noch nie gehört, ist das eine besonders feine Säure, oder für diesen Zweck eine spezielle Mischung aus herkömmlichen Säuren ?
Oder bezeichnet man damit ein "komplettes Verfahren" ?

@painless Potter:
Beides, vllt. Restauration, aber zuerst Information, wenn das Anätzen zum "Ausgraben des Namens" eine reelle Chance bietet, werde ich das probieren, solche Arbeiten rund ums Finish mache ich gern :steirer:

Gruß Andreas
 
Zuletzt bearbeitet:
Das mit dem Anätzen könnte funktionieren.
Da jedoch meist vor der Wärmebehandlung gestempelt wird, wird die Information wohl (größtenteils) verloren sein. Ist bei Messern also etwas anders, als bei Fahrgestellen. Vielleicht hast du aber auch Glück: Da an den Kanten des Relief die Kaltverformung besonders stark war, ist das Gefüge hier besonders verspannt. Bei einer Rekristallisation, wir die Kornneubildung hier früh starten. Evtl. kann man das dann erkennen.

Gruß, Jan.
 
Luftauge, ich schließe mich da ZiLi und jafi an. Probier das mal, oder besser: lass es probieren.
Pikrinsäure wirst Du nämlich nicht bekommen, da es ein wunderbarer Sprengstoff ist.
Sauerstoffbilanz: -76 %
847 l/kg Explosionsgas
Ist schon nicht schlecht. Als pdf die Struktur- und Summenformel (sorry, etwas schlampig gezeichnet)
 

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  • pikrinsäure.pdf
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Jo, Danke erstmal für die Informationen.
Ich habe das Ricasso gerade mit einem Haarlineal kontrolliert, und festgestellt, dass es wirklich nur ganz minimal abgeschliffen wurde, die Stempelung wurde vermutlich nur "verwischt". Dann werde ich vorsichtig finishen und verschiedene Haushaltsmittel ausprobieren - ich will das Teil schließlich nicht sprengen :glgl:

Ich denke auch nicht, dass die WB allzu sorgfältig gewesen sein wird, weil es eben ein Industrieprodukt ist, beim Dorn/Prikker/Marlspieker habe ich äusserliche Hinweise darauf finden können, das zumindest der Bereich um das Gelenk (die Stauchung) recht grob in der WB bearbeitet wurde.

Gruß Andreas
 
Dann werde ich vorsichtig finishen und verschiedene Haushaltsmittel ausprobieren

Wichtig ist, dass du die Stelle wirklich gut polierst. Dann kannst du mit verd. Schwefelsäure oder Nital (3% Salpetersäure in Ethanol) kurz anätzen.
Allerdings wirst du die Gefügeveränderung, die der Stempel im günstigsten Falle hinterlassen hat, wohl nicht mit bloßem Auge sehen. Ich schätze, ohne Auflichtmikroskop wird das nix...

Allerdings: Wenn der Stempel wirklich nur "verschmiert" ist, könntest du versuchen, ob du das Logo nicht noch durchreiben kannst: Stabiles, aber dünnes Papier (Pergamentpapier o.ä.) auflegen und mit einem Bleistift kräfig 'drüberreiben. Es ist erstaunlich, was für Schwache Konturen man damit manchmal noch ganz gut abbilden kann.

Gruß, Jan.
 
Hallo Andreas,
versuchs mal bei z.B. FA. Bühler (http://www.buehler-met.de/). Entweder eine mail und das Problem schildern, oder beim zuständigen Aussendienstler anrufen. Normalerweise helfen die gerne. Mit ganz viel Glück hilft Dir sogar ein Anwendungstechniker......

Grüße
Chrsistoph
 
@ herbert
Pikrinsäure wirst Du nämlich nicht bekommen, da es ein wunderbarer Sprengstoff ist.
Das ist wohl wahr ! Sie ist sehr nah verwandt mit Tri-Nitro-Tuluol kurz TNT. Bei uns in der Firma hatten wir bis vor 3 Jahren noch einen Behälter mit 1,5 kg kristalliener Pikrinsäure. Als sich mal jemand das Sicherheitsdatenblatt besogt hatte war große Aufregung angesagt. Man hatte sich gewundert, dass noch nie was passiert war. Mittlerweile wird die kristalliene Pikrinsäure mit Alkohol benetzt, so dass nichts mehr explodieren kann. Denn nur im trockenen Zustand ist sie gefährlich.
Gibt allerdings sehr hartnäckige gelbe Flecken an den Fingern wenn man nicht aufpasst. :mad:

Gruß Klaus
 
OT:
Wenn ich auch nur ansatzweise geahnt hätte, dass diese harmlose Frage *auch* bei Sprengstoffen endet, hätte ich mich an den "Gefüge_sichtbar_machen_Ätz_thread" angehängt... :hmpf: :glgl:
Gut - Pikrinsäure ist nun geklärt, da braucht wohl niemand weitere Informationen, dazu muss auch nichts mehr gesagt werden, sonst müssen Beiträge gelöscht werden.

Wenn da nicht diese Wunschvorstellung von dem wäre, was ich da gern sichtbar machen möchte, wäre die Arbeit einfacher. Ich habe das jetzt anders begonnen:
Alle Schleifriefen so gut wie möglich und machbar der Länge nach glätten, regelmäßig vorsichtig drüber ätzen und zugleich polieren, d.h. mit Micromesh auf Halter in FeIIICl tauchen, und dann vorsichtig drüberziehen, und warten, ob etwas passiert.

Ist schon phänomenal, was man nach reiniger Zeit alles sieht, bzw. zu sehen und erkennen glaubt...
Da ich die Buchstabengröße der einzig lesbaren Zeile kenne, kann ich ungefähr die verborgenen Buchstaben größenmäßig abschätzen.
"CARZO" steht da eingeschlagen, deutet auf Italien hin, und bei einem weiteren Buchstaben bin ich mir schon recht sicher, ein "L" - wenn der nicht wieder regelmäßig seine Gestalt ändert...
Zeichen und Zahlen glaubte ich auch schon zu erkennen - ich brauche dringend eine bessere Leuchtlupe... :lach:
Aber mit einem unwuchtigen Schleifstift kann man manchmal ganz ungewollt seltsame Texturen erzeugen, das erschwert die Sache...

Gruß Andreas
 
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Mal eine Aktualisierung:
Bei Firma Buehler habe ich mit einem Labortechniker sprechen können, und es verlief im Resultat exakt so, wie Christoph oben erklärt hat :super:
Brauchte ich aber nicht in Anspruch nehmen, es hat auch so funktioniert.

Den ausgeschliffenen Teil der Stempelung kann ich jetzt soweit erkennen, dass der Name zu 90% lesbar ist. Jetzt muss ich nur noch eine Beleuchtungstechnik finden, mit der der Kontrast fototechnisch verwertbar ist, dann stelle ich ein Bild ein.

Was hat es mir gebracht ?
1. Ich weis jetzt, wie die Firma heist, leider waren keine Koordinaten zu einem Goldschatz enthalten - darum verstehe ich jetzt noch weniger, warum man den Namen entfernt hat -> neue Spekulationen... :hmpf:

2. Das Messer wurde tatsächlich in Italien hergestellt, von einer Firma VISCONTI, andere Möglichkeit wäre MSCONTI gewesen, halte ich aber für eher unsinnig.

3. Ich weis jetzt ziemlich sicher, wie diese Technik funktioniert.

4. eine Theorie darüber, warum und wieso diese Technik "wirkt", bzw, was im Stahl passiert, um diese Technik anwenden zu können, habe ich jetzt auch, ist zwar sehr dünn, aber wird der Sache wohl nahe kommen - der gestempelte Bereich hätte eigentlich dunkel erscheinen sollen, ist aber tatsächlich eher heller als die Umgebung, was lt. Labortechniker eigentlich typisch für austenitische Stähle ist.

5. Das ist eine Arbeit für Leute, die ihre... - aber gut, ohne die entsprechende Übung und Ausstattung muss man halt Zeit investieren...

Trotzdem noch die Frage:
Wie nennt man diese Technik ? Ich würde das gern nochmal nachlesen, aber der Name der Technik ist mir nicht bekannt
"Schliffbildätzung" passt nicht, ausserdem ist die Fläche nicht plan, sondern ausgehöhlt.

Gruß Andreas
 
Also das mit dem fotografisch festhalten solcher Details ist so ne Sache, aber heutzutage auch ohne grosses Equipment meist gut managebar, speziell im Zeitalter der digitalen Fotografie.

Erstens würde ich eine einzelne Lichtquelle wählen, möglichst an eine Punktlichtquelle angenähert. Dies erzeugt 'hartes' Licht, welches den Kontrast schon bei der Aufnahme erhöht. Zweitens würde ich in einem kompressionsarmen oder -freien Format aufnehmen (in vielen Kameras als "raw" bezeichnet). Drittens gegebenenfalls in ein allgemeines kompressionsfreies Format (wie z.B. Targa = TGA, notfalls auch BMP ohne Kompression) wandeln, wenn mans weitergeben will. Und viertens dann eben mit Software und Kontrastverstärkung (evtl. auch durch Falschfarbenkonversion) weiterarbeiten, um vorher vielleicht noch unsichtbare Details rauszuholen.

Und wie man diese Ätztechnik nun nennt, ist eigentlich ziemlich wurscht. Das von Dir genannte 'Schliffbildätzung' ist da sicherlich nicht schlecht gewählt, 'Strukturätzung' wäre ein anderer Begriff, der auch nicht richtiger oder falscher ist.

Achja: BIIIIILDER!!!11111

-ZiLi-
 
Bessere Bilder habe ich nicht hinbekommen, aber der Stempel ist ganz dünn zu erahnen, unter der Leuchtlupe sah es besser und deutlicher aus, unter Mikroskop ging gar nichts - naja, war ja auch mit Auge schon zu erkennen... :hmpf:
Vielleicht werde ich es in Ruhe nochmal mit der Digitalcamera und kürzerem Abstand mit Macro versuchen.

Gruß Andreas
 

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