Beschichtungen

Black Eagle

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Hallo!

Mich interessiert, wie die diversen Beschichtungen für Messerklingen aufgebracht werden. Z.B. Teflon oder Titanium-Nitrid, wird es auf den ungehärteten Stahl aufgebracht oder erst nach dem härten? Was sind die spezifischen Eigenschaften der verschiedenen BEschichtungen? Gibt es in Deutschland oder Österreich jemanden, der ein "Beschichtungs-"Service für selbstgemachte Messer anbietet?

Black Eagle
 
Das ist eine komplexe Frage. Bleiben wir beim Titannitrid. Die Schicht selbst ist ja extrem hart und verschleißfest (und außerdem goldfarben, also sehr dekorativ). Und das Aufbringen geschieht meist im PVD (Physical Vapor Deposition)-Verfahren, und je nachdem, welchen Stahl man benutzt, geht das auch ohne Härteverlust ab. Aber die Klinge muß fertig sein, die Schneidkante also auch. Die Schichten sind meist einige Mikrometer dick, d.h. wenn sie verletzt sind, oder wenn man die Klinge nachschärfen will, ist die Schicht weg. Zu beachten ist, daß unter der harten Schicht der Grundwerkstoff meist zäh bleiben kann, die Schicht macht erhebliche Verformungen mit, bevor sie reißt oder ausbricht. Für die Tauglichkeit bei Messerklingen spielt jedoch der Gebrauchszweck eine große Rolle, ebenfalls der verwendete Stahl. Ein gutes Beispiel sind hochwertige TiN-Beschichtete Bohrer. Sobald die Schicht verletzt ist, wars das aber auch schon.
Es gibt viele , die solche Schichten aufbringen können. Frage ist immer nur, wie groß die Charge sein muß. Ich jedenfalls würde kein gutes Messer aus einem Klassestahl mit TiN beschichten.
Gruß
Herbert
 
Ach ja,
und bei Teflon: Warum? der blanke Stahl, gut poliert, ist doch eine Superoberfläche? Oder?
Herbert
 
Aber wenn Du unbedingt Beschichtungen haben willst, dann wende Dich doch mal an Werkzeughersteller (Fa. Hertel, macht Wendeschneidplatten usw., oder die Firma GPA in Leichlingen)
Herbert

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Tough and Hard = Steel
 
Außer TiN (Titannitrid, goldfarben) kann man z.B. auch TiCN verwenden (Titan-Carbon-Nitrid), graufarben, wenn die Klinge unauffälliger sein soll. Aber bei allen diesen Hart-Beschichtungen ist nur eine Chisel-ground-Klinge sinnvoll. Diese wird nur einseitig nachgeschliffen. Dadurch bleibt wie bei richtig nachgeschliffenen Werkzeugen an der Schneidkante immer die Beschichtung stehen.
Die Beschichtungen sind z.T. schon mit Temperaturen unter 200 Grad Celsius möglich.
Die Härtung der Klinge wird dann in keinem Fall beeinträchtigt.
Angeblich sollte man sogar ein Blatt Papier beschichten können, hab ich aber noch nicht ausprobiert.
cwm11.gif

Guenter
 
Für eine Teflonbeschichtung muß das Grundmaterial auf etwa 400°C erhitzt werden. Für viele Klingen ist damit schon zuviel Härteverlust verbunden. Über eventuell neuere Niedertemperaturverfahren bin ich nicht informiert.
 

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ok, das mit den Anlaßtemperaturen ist etwas theoretisch. Ich habe die Anlaßkurven für einige interessante Werkstoffe zusammengetragen (aus diversen Quellen, Werksangaben, Zeitschriften, aus Prospektmaterial usw, so daß ich keine Einzelquellen nennen kann). Zu beachten ist: das gilt für die angegebene Härtetemperatur und für 2 Stunden Anlassen sowie jeweils für die mittlere Analyse im Rahmen der Vorgaben. In der Praxis verschiebt sich das ein wenig, und man kann eine Menge aus dem Stahl herausholen, wenn man selbst Erfahrung hat im Härten/Anlassen. Jedenfalls findet man die Daten unter http://www1.my-files.de/jason9/oeffentlich/Messerstaehle/Anlasskurven_Messerstaehle.xls


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herbert

Tough and Hard = Steel
 
Die Sache mit den 400° beim Teflonisieren muß nicht kritisch sein. Wichtig ist, daß man den zu behandelnden Stahl genau kennt, am besten die Anlaßkurven. Die meisten Messerstähle (insbesondere z.B. 440C oder auch 1.4034) sind sog. Sekundärhärter, d.h. nach dem Härten fällt die Härte mit zunehmender Anlaßtemperatur zunächst ab, und bei einer charakteristischen Tempereratur steigt sie wieder an (Sekundärhärtemaximum) infolge der sich bildenden Sonderkarbide (Chromgehalt, Molybdän). Diese Teilchen machen den Stahl hart, und er gewinnt noch an Zähigkeit. Bei noch höheren Temperaturen lösen sich diese Karbide wieder auf (das geht dann sehr schnell). Aber: die typische Sekundärtemperatur liegt bei ca. 400-450°C (hängt natürlich vom Stahl ab), und sofern man beim Beschichtungs-Prozeß unter der Anlaßtemperatur bleibt, ist bei diesen Stählen kein nennenswerter Härteverlust zu befürchten (bei vernünftigen Haltezeiten, natürlich). Alternativ könnte man ja auch ein Messer härten und dann dem Beschichtungsprozeß unterziehen, dann könnte man den Anlaßvorgang sozusagen in einem Aufwasch erledigen. Dazu können aber Messermacher sicher mehr und kompetenter Stellung nehmen. Wolf Borger weiß da sicher Rat. Auf jeden Fall sollte man sich die Anlaßkurven für die Stähle besorgen.

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herbert

Tough and Hard = Steel
 

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Für diese Liste lege ich meine hand nicht in den Härteofen... z.B kriege ich bei 4034 immer mehr als 54 HRC und 4112 liegt auch besser...aber es ist doch auch eine nette überraschung, wenn sich der stahl nicht an die tabelle hält und härter wird, oder?

wolf
 
Hallo, Wolf!
Klar, die Liste gibt an, was eine normale Härterei aus dem Zeug machen kann. Du als Messermacher kannst natürlich mehr herausholen, denn Du wirst ja sicher die aktuelle Zusammensetzung kennen, und natürlich gibst Du Dir da mehr Mühe, als es der kommerzielle Härter als Lohnhärter machen kann. Wie gesagt, das sind Anhaltswerte, die von Stahlherstellern für mittlere Analysen angegeben werden. Ich würde also immer empfehlen, sich beim Härten in kundige Hände zu begeben (oh Poesie! Pardon).
High Tech entsteht nämlich nicht zuletzt durch höchste Sorgfalt und große Erfahrung. Ich weiß ja, daß das bei Dir der Fall ist.
Insofern gebe ich Dir Recht, leg also Deine Hand nicht in den Härteofen. Aber ich denke, die Liste ist als Vergleich nicht so übel.

Gruß
Herbert

[Dieser Beitrag wurde von herbert am 02.12.2000 editiert.]
 

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Hallo, Wolf,
noch eine Ergänzung: Die Anlaßkurven sind angegeben für
a) mittlere Zusammensetzungen im Rahmen der erlaubten Bandbreite
b)eine definierte Abschrecktemperatur
c) eine einheitliches Abschreckmedium für die Experimentalreihe
d) für eine festgelegte Anlaßdauer
d) für eine einheitliche Dicke (meist Stange 20 mm Durchmesser)
Und genau das trifft in der Praxis ja nicht alles zugleich zu.
Zwar sind diese Stähle (fast) alle so geartet, daß die Härteunterschiede vom Rand zum Kern klein sind, oder Null, aber die Geschwindigkeit der Abkühlung beim Abschrecken hat ja nicht nur Einfluß auf die erreichbare Abschreckhärte, sondern auch noch auf die Ausbildung des Gefüges und der Mikrostruktur des Werkstoffs (Feinheit, Restaustenitgehalte, etc.). Gerade bei den höher legierten Werkstoffen mit ihrer relativ schlechten Wärmeleitung kann das eine nicht unerheblich Rolle spielen. Und bei dünnen Messerklingen erreicht man durch den gesamten Werkstoff hindurch höhere Abkühlgeschwindigkeiten, das ist meist sehr hilfreich und dem Messer förderlich.
Idealerweise müßte man für definierte Werkstoffzusammensetzungen eines Messerstahls die Anlaßkurven für messerklingendicke Stücke separat bestimmen, das wäre doch was.
Aber das ist halt das Know-How des Härters.
(Merkt man mir mein Hobby, die Metallurgie und Stahlkunde, etwa an?)

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herbert

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