Besuch bei der Firma F. IIi Beltrame F&C snc

klingler

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Grundlage

Zu einer korrekten Urlaubsplanung gehört bekanntlich das Erkunden des Urlaubszieles im messertechnischen Sinne. So stellte sich die Frage: „Was findet sich in den Dolomiten bzw. drum herum?“ Richtig, ca. 100 km von Cortina d´Ampezzo entfernt liegt Maniago. Noch nie gehört? Ich bis dato auch nicht, aber immerhin sind dort die Firmen Lionsteel, Maserin, Fox (FKMD) und Beltrame ansässig.

Idee

Es ist doch schön, wenn das Urlaubsmesser etwas mit dem Urlaubsland gemein hat. Woran denkt man also bei Bella Italia? Design und Eleganz! Ganz auf dieser Linie liegen die Italo-Springer, die in den 50’er Jahren Kultstatus erlangten. Stilbildend für diese Zeit ist sicher der James Dean-Film „…denn sie wissen nicht was sie tun“. Und ganz ehrlich, so ein schlanker Zahnstocher hat schon was! Völlig untactical, kein Clip, keine Fangriemenöse, dunkles Horn, polierte Klinge und Design einer Schildpattbrille - das ist so schon wieder gigacool.

In Deutschland fiel dieser Messertyp ja lange Zeit der „20%-Klausel“ zum Opfer und war generell verboten. Nach dem Fall der Klausel sind diese Springer zumindest bis 8,5 cm Klingenlänge ja wieder zulässig.

Vorbereitung

Also eine Mail an Beltrame verschickt, ob man die Firma besuchen könne und vor Ort so ein schickes Messerchen erwerben. Die Antwort kam prompt: „Ja gerne, Besichtigung und Kauf möglich.“

Besuch bei Beltrame - Einkauf

100 Kilometer kurvenreiche Strecke von Cortina nach Maniago, Baustellen, ein zu 50% stimmiger Stadtplan von Google und schon hat man nach 2..3 Stunden die Via Dei Fabbri 15/B in Maniago erreicht, einen Flachbau, ca. 20 x 20 m, ein großer Zaun drum herum und außen dran eine Wechselsprechanlage. Ich klingle, versuche auf Englisch mein Anliegen näher zu bringen und schwenke die Mail mit der Anmeldung. Wenig später schaut Ivano Beltrame, groß und bärtig, aus der Tür. Er blickt auf die Mail: „Jaja, das hat hat meine Schwester Sara geschrieben.“ Also rein in die gute Stube. Ich gelange in einen Raum, wo Funktion und Qualität geprüft und die Messer verpackt werden. Die erste Frage von Ivano lautet: „Custom or business?“ Privatkunde, o.k., also erst mal zum Geschäft.

„Was soll es denn sein?“
„Ein Messer aus der Classic-Reihe“
„Für Deutschland?“
„Nee, Österreich!“
„18, 20, 21, 23, 28 oder 33 cm Gesamtlänge? Oder (wie beim Fleischer) darf’s auch ein bisschen mehr sein? 38 cm, 45 cm?“
„Ja, wie groß geht es denn?“
„Na bis 100 cm (!!!). Da mach ich aber nur 2..3 Stück im Jahr.“

33 cm Gesamtlänge empfinde ich als akzeptables Maß. Mit einer 15 cm Klinge kann man schon mal eine Semmel halbieren ohne nachsetzen zu müssen. Bei den größeren Modellen
gibt es dann einen Sprung in der Dimensionierung und die Modelle fallen recht massiv aus. Dabei ist so ein Klappschwert sicher beeindruckend…Ich schaue mir auch die anderen Modellreihen an: Ein Fixed, das fürs Militär gefertigt wird, den Kerambit-Springer (fettes Teil!), das extra für den deutschen Markt entworfene B-Stealth und und und. Dabei liegen die Messer immer dutzendweise in den Kisten. Da kann man endlich mal aus dem Vollen schöpfen!

Besuch bei Beltrame - Werkstatt

Jetzt aber auf in die Werkstatt, die Mittagszeit naht schließlich! Bohr-, Schleif-, Polier, Fräsmaschinen, Bandschleifer, Stanzen, Nietwerkzeuge, Montageplätze und eimerweise Klingen, Liner, Federn, Mechanik, Griffschalen in allen Größen, Farben und Materialien. Unglaublich, was so alles auf kleinem Raum untergebracht werden kann. Ivano zeigt uns, wie er die Griffschalen anpasst, wo die Messer montiert werden und führt uns ein wenig herum. In einer Ecke sitzt ein älterer Mann am Bandschleifer und arbeitet an Olivenholzschalen. „Das ist Papa. Der ist immer hier.“ Man spürt, dass hier mit viel Hingabe und Liebe zum Detail gearbeitet wird. Es ist keine High-Tech-Produktion sondern Handwerk. Ruhe und Gelassenheit dominieren die Atmosphäre.

Kleine Anekdote am Rande

Obwohl Vittorio Beltrame die Firma in die Hände von Sara und Ivano gelegt hat, ist er der Erste der am Morgen um 7:30 Uhr die Werkstatt betritt (Bitte, hier geht es um Italien!) und der Letzte, der um 19:30 Uhr die Werkstatt verlässt. Selbst am Sonntag Morgen ist er zwischen seinen Maschinen zu finden. Kein Wunder, wenn ihm seine Frau vorwirft, er liebe seine Messer mehr als seine Familie…

Zur Geschichte der Firma Beltrame

Gegründet wurde das Unternehmen Beltrame Vittorio & Figli (also zu gut deutsch Vittorio Beltrame und Söhne) von Vittorio Beltrame. Sein Sohn Ivano führte das Unternehmen bis zu seinem Tod 1969 fort. Danach übernahm dessen Sohn Vittorio die Firma, die er 1970 in F. IIi Beltrame F&C snc umbenannte. Als dieser 1956 mit 15 Jahren in die Fußstapfen von Vater und Großvater trat, wurden „Multipurpose and Seaknives“ (also ich schätze mal so eine Art Fahrten- und Matrosenmesser) für Italien und Deutschland hergestellt, die über die Firma „Coricama“ vertrieben wurden. In dieser Zeit begann auch die Produktion der Springmesser. 1996 trat die nunmehr 4. Generation der Beltrames in das Familienunternehmen ein, die Geschwister Sara und Ivano Beltrame, die heute die Firma leiten.

Die Messer von Beltrame

Erste Springmesser wurden in den 50’er Jahren gebaut. Die Mechanik der klassischen Springer wurde ab den 70’ern immer wieder überarbeitet und verbessert. 1982 gab es für die USA ein Patent für den sogenannten „Atlas kit“, wo die Feder separat verbaut werden konnte. 1990 wurde das Switch-Modell entwickelt, um den zunehmenden Fern-Ost-Produkten Paroli zu bieten. Die Idee ist, die erprobte Mechanik mit Kunststoffgriffschalen zu bestücken und damit Kosten zu sparen. Später ging man dazu über, die Messer im CAD zu entwerfen und Klingen sowie Federn auszulasern. 2004 entwickelte Ivano Beltrame das B-Stealth in der „8,5 cm Klasse“ speziell für den deutschen Markt. Dass die Entwicklung nicht stehen bleibt, sieht man an den „B-Reihen“. Die meisten der Beltrame-Messer gehen heute in die USA, nach Frankreich und nach Deutschland. Für Ideen und Kritik hat man bei Beltrame immer ein offenes Ohr. So war Sara Beltrame von der Idee etwas über ihre Firma hier im Messerforum zu schreiben sofort begeistert und hat viele Informationen geliefert.

Heutige Modellreihen


Classic – Klassischer Italo-Springer mit natürlichen Materialien von 18 bis 100!!! cm Gesamtlänge
Switch – Klassischer Italo-Springer mit Kunststoffgriffschalen, Gesamtlänge 21 bzw. 23 cm
Swinggard – ähnlich der Classic-Reihe aber mit, nunja, Swingard halt, 23 und 28 cm lang
Picklock – Edelversion der Classic-Reihe in limitierter Auflage
Gadget – Werkzeuge (Flaschenöffner, Schraubenzieher) im Springmesserdesign
B-Stealth – Springmesser für den deutschen Markt mit modernem Design und Alu-Griffschalen
B-RD – Kleines Einhandmesser
B-Naked – Einhandmesser in der Art der CRKT Kiss-Reihe
B-KBit – Kerambit-Springer in Hand füllender Größe, die mit ordentlich Schmackes öffnen
Front Opener – OTF halt

Zur Qualität der klassischen Springer

Ich empfand die Springer als ausgesprochen leicht. Der Springmechanismus kann in geschlossenem Zustand gesichert werden, damit einem nicht das Messer in der Hose aufgeht. Das funktioniert bei den großen Modellen ganz gut, bei den kleinen ist die Sicherung etwas fummelig. Entriegelt wird das Messer über das linke! Parierelement. Dieses mit dem Daumen nach hinten und hinunter drücken, dann klappt die Klinge ein, bis sie an der Feder ansitzt. D.h., in der Regel stoppt die Klinge bevor der Zeigefinger kommt. Bei den kleinen Modellen liegt die Feder im Griff, bei den großen Modellen schaut die Feder etwas heraus. Besagte Feder schnippt die Klinge nachdrücklich in die Endposition, wo der Verschluss zuverlässig verriegelt. Das ganze System hat konstruktionsbedingt etwas Spiel, da zur Verriegelung ein Dorn am Klingenrücken in die Bohrung der Verschlussplatte einrastet. Wären die Teile 100% passgenau, würden sie beim Bewegen klemmen. Die Griffschalen sind sauber angepasst und schön poliert. Insgesamt ist die Verarbeitung ganz gut aber sicher nicht perfekt. Dafür sind die Preise moderat. Größtes Manko ist vielleicht der 1.4034’er Stahl. Vielleicht, weil ich bei meinem Buck über den 420’er Stahl nichts Schlechtes sagen kann. Mal schauen wie es bei Beltrame ist. Nach dem Schleifen war das 33cm-Modell jedenfalls ordentlich scharf und ein wahrer Piekser. Es gibt auch Modelle mit Damast-Klinge.

Abgesang

Letztlich dauert mein Besuch doch länger als erwartet, aber Ivano hat alles so gut und ausführlich erklärt, dass mir das Zeitgefühl einfach abhanden gekommen ist. Zur Mittagszeit verabschiede ich mich dann und laufe in die Stadt, eine Pizza fassen. Unterwegs kommen mir zwei Carabineri entgegen und starren mir auf die Hose. Ähh, da war doch noch was, mit Messern in Italien in der Stadt und so… Mit einem tourimäßigem „Bon Schorno“ passiere ich die Beiden freundlich lächelnd und verpacke an der nächsten Ecke mein EDC deutlich dezenter.

Dank

An dieser Stelle Besten Dank an Sara, Vittorio und Ivano Beltrame für die Zeit, die Informationen und die Geduld, die sie für mich aufgebracht haben.

Eine kleine Auswahl von Beltrame gibt es im Programm von Linder und Haller

Linder (Messer aus aller Welt => Klappmesser => Springmesser)

Haller (Sortiment => 1 Taschenmesser => Seite 17 und 18

Das volle Programm, zu mindest zum anschauen, gibt es bei Beltrame
 

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Hallo Klingler,

vielen Dank für den tollen Bericht! :) So ein 100 cm-Classic hätte schon was. :D Ich stelle es mir nur schwierig vor, nach Betätigung des Knopfes schnell genug in einen zweihändigen Griff umzugreifen, damit einem das Moment der Klinge nicht den Griff aus der Hand haut! :glgl:

Und ich mach mich glaub ich mal an die nächste Urlaubsplanung ... :ahaa:

Grüße

Clemens
 
ohhh, wie ich dich beneide:(
Das wäre jetzt also nicht nötig gewesen...:jammer:
Tolle Messer, optisch einfach ein Italo klassiker.
Ich hätte mir aber Swingguard genommen.

Hier in der Schweiz leider alles Verboten. Sch...!!!

Viel spass damit, klack,.....


Gruess René
 
...So ein 100 cm-Classic hätte schon was. :D Ich stelle es mir nur schwierig vor, nach Betätigung des Knopfes schnell genug in einen zweihändigen Griff umzugreifen, damit einem das Moment der Klinge nicht den Griff aus der Hand haut! :glgl:
...

Na einfach das Griffende zwischen die Knie klemmen, mit der rechten Hand nahe der Verriegelung zufassen und mit links die Action-Taste drücken. Oder Du gehst gleich in die Samurai-Stellung... :glgl: Ist ja sowieso ein Zweihänder :haemisch:
 
Sehr netter bericht und tolle Bilder
Hab auch noch so ein messer von meinem Großvater bekommen leider mit gebrochener Feder muss mal gucken obs da noch was zu retten gibt

mfg Felix
 
Hallo Messerfreunde,

ich hab außer das Puma Medici und das Guardian von Hubertus keine Messer mit Swinguard gefunden die man hier legal kaufen kann. Hat hier wer vielleicht eine Ahnung wo ich noch andere Messer mit Swinguard legal kaufen kann?

Besten Dank schon mal

Horus
 
Wenn die Frage in diesem Thread darauf abzielt, ob bei Beltrame D-legale Swinguards hergestellt werden, dann ist die Antwort negativ. Ich denke, dass die Klinge der 23-cm-Version (= kleinstes Swinguard-Modell) länger als 8,5cm ist.
 
muss kein Springer sein ich hab auch schon Verlängerungsmesser gesehn die das System haben und Messer die die Form der Beltrame Stilletos haben als Backlock, ist aber schon ewig her und ich weiß nicht mehr wo ichs gesehn hab und wo ich die kaufen kann.

MfG.

HOrus
 
Hallo,
muss es den unbedingt ein Swingguard von Beltrame sein?
Es gibt auch schöne Swingguards von SKM, AKC und Jndiana.
Schaut mal auf der Seite www.Knifeshop.com.
Kent jemand von euch die Springmesser von Rizzuto estilete Milano?
Würde ja ein Bild einfügen weiß aber nicht wie es geht.
Kann mir jemand erklären wie man es anstellt.
 
muss kein Springer sein ich hab auch schon Verlängerungsmesser gesehn die das System haben und Messer die die Form der Beltrame Stilletos haben als Backlock, ist aber schon ewig her und ich weiß nicht mehr wo ichs gesehn hab und wo ich die kaufen kann.

MfG.

HOrus

Hi,

da fällt mir spontan das Cheetah von W.R.Case ein. Case Messer führt
zum Beispiel Wolfster.

Grüße

Markus
 
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