Biegeversuch bis 90°- wozu?

Dimm

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Hallo
Ich habe schon viel Mal gelesen: Biegeversuch bis 90°.
Was ich aber nicht verstehen kann, wozu man so was braucht. Warum ist das wichtig?
Man könnte nur Schneide härten lasen (selektiv härten) oder ein bisschen mehr (z.B. 3 bis 5mm weiter in die Richtung von Klingenrücken).
So eine Klinge würde sich wunderbar biegen lassen. Aber nach ca. 10 Mal Schleifen sollte man die wegschmeißen.
Oder sehe ich das falsch?
 
Die Geschichte mit dem Biegeversuch bei Messerklingen macht imho nur in Kombination mit anderen Tests Sinn. Also in etwa die Art Tests, die die ABS kombiniert (Seile "abschlagen", 2"x4" Holz-Balken zerhacken, Rasierprobe, Biegetest).
Dadurch kann überprüft werden, ob die Geometrie der Klinge sowie die Auswahl und die Wärmebehandlung des Stahls "gut" sind. Stimmt die Kombination der einzelnen Parameter nicht, wird das Messer in der "Test-Kombination" scheitern, bzw. die Möglichkeit des Scheiterns ist recht hoch. Bei den 3-5mm die Du als gehärteten Bereich angibst, dürfte der Biegetest funktionieren, was von der Schneide beim "Hack-Test" übrig bleibt, ich weiß es nicht. Ist die Härte zu hoch -> Ausbrüche in der Schneide beim Hacken, Rasiertest dürfte dann schwer werden. .....
 
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Hallo!
Habe schon hie und da von den Messertests gehört. Ich kann mir aber nicht so recht vorstellen das solche Tests bei allen Messertypen anwendbar sind. Ein grobes Messer muß doch normalerweise nicht rasieren und ein feinschneidendes braucht nicht "hacktauglich" zu sein. Gibt es denn angepasste Testvarianten? Auf jeden Fall möchte ich mich darüber informiern. Da ich sehr großen Wert auf gute Arbeitstauglichkeit meiner Messer lege bin ich natürlich auch an effektiven Testmethoden interessiert. Einige Prüfungen müssen meine Messer in der Fertigung schon über sich ergehen lassen, allerdings habe ich Lust einige fertige Exemplare etwas mehr zu scheuchen.
MfG Lars
 
Vielleicht noch als kurze Ergänzung:
Im Blade Magazin war mal ein Bericht über den Sinn dess Journeyman-Tests der ABS. Es geht nicht darum, nur noch solche Messer zu bauen, die diesen Test bestehen könnten. Es geht vielmehr um die Überprüfung der Fähigkeiten des Messerschmieds, ein Messer so zu bauen (Auswahl des Stahls, Schmieden der Klinge, Geomemetrie der Klinge, Wärmebehandlung), das diesen Test bestehen kann. Er also "sein Handwerk" versteht und alle einzelnen Fertigungsprozesse "perfekt" durchführen kann. Ob später je nach Aufgabe des Messers eine andere Kombination der Bedingungen gewählt wird, ist natürlich jedem selbst überlassen. Und sicherlich wird diese Kombination der Tests mit kleinen Messern (z.B. Klingenlänge < 8cm) nicht machbar sein. Aber der Journeyman der ABS hat eben durch den Test nachgewiesen, dass er in der Lage ist, "das Beste" aus dem Stahl "herauszuholen" und in einem Messer umzusetzen.
 
Hallo an alle,

Meinereiner, der sich selbst nicht unbedingt als Messermacher sieht, hatte letztes Jahr zusammen mit Cyrus, Uli Hennike und Achim W. auf dem Hammer-in bei Markus Balbach ja mal an so eine Art "Bladesmithtest"
teilgenommen. Damals hatten alle den Test, den Bedingungen nach, bestanden.

Ich für meinen Teil hatte aber in erster Linie wegen der "Gaudi" mitgemacht, wobei ich aber vermute das daß nicht nur bei mir so war.

Wobei ich aber mit einem Messer herumgewurschtelt habe welches für die geforderten Arbeiten alles andere als optimal war. Das lag aber in erster Linie daran das ich einfach zu Faul war ein Messer extra dafür herzustellen. Diese Klinge hatte ich einfach nur noch in der Ecke rumliegen, also fix ein Griff dran und gut. Die Klinge war schmal, 6mm dick und das Messer war das leichteste in diesem Test.
Insbesonders der Hacktest durch die Holzbalken war für mich eine einzige Qual :glgl:
Beim Seilabhacken waren es in erster Linie auch die Nerven die getestet werden. Irgendwie verkrammft man sich wenn einem 60/70 Augenpaare argwöhnisch auf den Pelz schauen :D Zum besseren Verständnis. Ich hatte vorher schon mal mit dem Messer ein Handlaufseil ganz locker abgehackt......alleine....... in "meiner" Schmiede. Vor Puplikum hat das dann 2 Versuche gekostet bis das Seil dann endlich fiel.
Aber was solls ich bin durchgekommen und es hat allen Spaß gemacht mal zu sehen was so geht.

Im Prinzip ist das was Andreas in seinem letzten Beitrag geschrieben hat völlig richtig , aber ich will damit auch mal darauf hinweisen das man solche "Test´s" nicht zu ernst und verbissen sehen sollte. Ich hätte kein Problem damit wenn ich bei dem " Test" versagt hätte, weil dazu nehme ich solche Test´s auch nicht ernst genug.
 
Dimm schrieb:
... Biegeversuch bis 90°....

Was mich etwas stört, ist das Fehlen des Biegeradiuses:
Eine lange Klinge mit einem grossen Biegeradius um 90 Grad zu biegen ist einigermassen leicht.
Macht man den Biegeradius aber sehr klein, z. B. 10 oder 5 mm, dann wird vermutlich jede Klinge versagen. Wenn sie nicht so dünn ist wie eine Rasierklinge.
Mit anderen Worten: Die 90 Grad Biegung alleine sagt eigentlich noch nicht alles aus.
 
Und die Dicke. Ein unendlich dünnes Gebilde kann man beliebig biegen.
Die 90° haben wohl mehr damit zu tun, dass man "bequemes" und einsichtiges Mass braucht. Die Biegung soll eigentlich testen, wie die Klinge versagt: Durch Bruch oder ev. nur elastisch (lange, sehr dünne Klinge, eigentlich kein Versagen) oder durch plastische Verformung (auch kein Versagen) und durch Bruch nach plastischer Verformung (Versagen mit wenig Unfallgefahr).

Da hammers widder: In genormten Versuchen mit gleicher Geometrie (Zugproben, z.B.) ermittelt man die Tauglichkeit des WERKSTOFFS, also die Materialzusammensetzung und die Wärmebehandlung, um beim Messerstahl zu bleiben), und bei solchen Tests prüft man eine KOMBINATION aus den Werkstoffeigenschaften und den Bauteileigenschaften.
Aber im Sinne des ABS ist das schon ein interessanter Test, wie sich eine Klinge bei extremer Seitbelastung im Grenzbereich verhält.

Ich erinnere mich da auch an einen Test im Messermagazin, wo der Sissipuuko dank seiner Stahlauswahl und der differentiellen Härtung sowie dank seiner Geometrie sich im Test verbog, bleibend, aber nicht brach, während alle anderen brachen.
Das folgt dem Sicherheitsdenken "Verformung vor Bruch".

Man kann eine starre Klinge, deren Werkstoff nicht so duktil reagiert, natürlich dicker machen, dann verformt sich sie unter vernünftigen Lasten gar nicht weit genug, um zu brechen.

Biegt man eine Klinge mehrfach hin und zurück (außerhalb des elastischen Bereichs), so stellt man fest, wie schnell der Werkstoff bei der vorliegenden Geometrie ermüdet. Generell gilt, je höher legiert, umso schneller ermüdet, bei gleicher Geometrie natürlich.

Nix ist einfach.
 
D.Kraft schrieb:
Im Prinzip ist das was Andreas in seinem letzten Beitrag geschrieben hat völlig richtig , aber ich will damit auch mal darauf hinweisen das man solche "Test´s" nicht zu ernst und verbissen sehen sollte. Ich hätte kein Problem damit wenn ich bei dem " Test" versagt hätte, weil dazu nehme ich solche Test´s auch nicht ernst genug.

Bloss wenn Du halt den ABS Masterdings haben willst, *musst* Du den Test bestehen. Bei sowas gehts dann nicht mehr um Fun, sondern um die Kohle, weil Deine Messer nach bestandenem Test und Jodeldiplom schwupsdiwupps teurer werden ;)
Zu dem Test: Ich sehs exakt wie Andreas. Es geht um die Fertigkeiten. Und der Test soll das möglichst breit widerspiegeln. Obs das jetzt im Detail tut, naja. Besser mit etwas Anfangen und kontinuierlich verbessern, als nur Tamtam und gar nichts machen.

Man sollte bei solchen Tests und Spielereien immer auch aufpassen, wer zuschaut ;) Wenn ich weiss, mein Stahl ist so und so und ich will halt einfach mal wissen, wanns bricht, und es bricht dann bei 90Grad, und ich habe damit gerechnet - dann ist das für die Informierten ein geglückter Versuch. Kunde steht daneben und denkt, wasn das für ein Mist :rolleyes:

Grüße
Pitter
 
@ Pitter

Du hast natürlich vollkommen recht das ein "Profi" solch einen Test mit ganz anderen Augen sehen muß als ein Amateur wie ich einer bin.

Wenn ich mein Lebensunterhalt damit verdienen wollte wäre ich mit Sicherheit da ganz anders drangegangen, schon klar.

Was das teuer werden von Messern nach einem bestandenen Test angeht hast Du leider auch recht. Obwohl, na ich weiß nicht so recht womit man so etwas begründen will. Die Messer werden ja schließlich nicht alle automatisch "besser" bloß weil jetzt einer den "Machmichfrohtest" der Gilde "SoundSo" bestanden hat.

Das einzige was hier dann wirklich als Aussage stehenbleiben kann, ist die Tatsache das der Macher für speziel diese Aufgaben ein Messer fertigen kann und er somit einen gewissen Befähigungsnachweiß erbracht hat. Aber was das angeht, so denke ich mal, sind wir hier wohl fast alle einer Meinung.

Im Prinzip sollte jeder der Messer herstellt schon daran interressiert sein herauszufinden was sein Produkt kann bzw. wo die Grenzen sind.
Es ist auch mit ziemlicher Sicherheit besser wenn der Macher erst mal im stillen Kämmerlein seine Test´s mit seinen Produkten durchführt, bevor er damit vor Puplikum eine Bauchlandung hinlegt. Ob ein 90 Grad Biegetest dazugehört.......na ich weiß so recht..aber das hatten wir ja schon ausreichend behandelt.
Wenn ein Benutzer das mit einem Messer in der Praxis versucht, hat derjenige ein grundsätzliches Problem mit Werkzeug bzw. was für welchen Zweck zu gebrauchen ist.
 
Bei einer ganzen Serie von Messern bei denen ich den Biegetest gemacht habe wurde mir erst so richtig bewußt, was alles falsch laufen kann. Es geht sogar ein Messer mit Klingenabmessungen von 70/25/3,5 mm zu machen das den Biegetest besteht und dennoch hart genug für den Alltagsgebrauch ist (mind. 62 RH). Das Hauptproblem ist der ganz sanfte Übergang vom elastischen (Schneide) zum plastischen Bereich (Klingenrücken). Einfach nur Schneide härten geht nicht. Jeder Stahl verhält sich etwas anders und es dauert bis die optimale Balance der vesrschiedenen Faktoren gefunden ist.

Gruß Hans-Peter
 
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