Noah Gordon hat in dem Buch" Der Medicus" Zustände im alten England und in Persien in der Zeit kurz nach 1000 unserer Zeitrechnung beschrieben. Es ist ein ganz gutes Garn und zur Entspannung gut zu lesen. Als ernsthafte Quelle in historischer oder eben archaeometallurgischer Sicht sollte man es aber nicht ansehen. Aus dem Buch kann man lernen, wie sich ein Amerikaner des 20. Jahrhunderts das böse Mittelalter vorstellt. Es werden auch historische Daten und Namen der Herrscher der damaligen Zeit richtig angeführt. Sonst stimmt wenig.
Zum Stahl: Es wird beschrieben, wie der damalige Perserschah einen Einfall nach Indien macht, um Kriegselefanten und den berühmten indischen Stahl zu erbeuten und gleich noch einen genialen indischen Schmied mit zu entführen.
Der Inder stellt in Persien dann erst mal aus Holzkohle und Erz weiches Eisen her. Der Ofen wird (S. 512) ähnlich beschrieben, wie Achim seine Rennfeuer baut. Durch Einblasen von Luft mit Blasebälgen aus Ziegenhäuten wird das Feuer erhitzt und -wörtlich:"Im heißen Feuer wurde das Erz zu Tropfen einer Art metallischen Regens reduziert".Diese Tröpfchen setzen sich dann zu einem tropfsteinartigen Vorblock zusammen, der durch kräftiges Hämmern in weiches Schmiedeeisen verwandelt wurde. Da dieses Eisen für Waffen zu weich ist, muß es mit dem harten indischen Stahl verschweißt werden. Der Schmied "mischte das Metall, wie ein Töpfer den Ton oder eine Frau das Brot knetet".
Die daraus geschmiedete Klinge wird in "mit Zitronensäure befeuchtetem Ruß gehärtet, was eine säuregeätzte Klinge mit Wirbelmuster und bläulicher rauchgrauer Farbe ergab....Dieses Schwert hatte eine scharfe Schneide, die einen herabfallenden Faden in der Luft zerteilen konnte, und es war eine geschmeidige Waffe."
Hier sind einzelne teilweise zutreffende Beobachtungen zu einem recht unverdaulichen Brei zusammengekocht.
Den Reduziervorgang kann man zur Not so durchgehen lassen. Ein flüssiger Metallregen entsteht dabei nicht, die zusammengesinterte Luppe kann man aber meinetwegen mit einem Tropfstein (meint er Stalagtiten oder Stalagmiten ?) vergleichen. Die Verdichtung und Säuberung durch mehrfaches Überschmieden ist richtig geschildert.
Daß das Ergebnis notwendig weiches Eisen ist, stimmt allerdings nicht. Meist hat die Luppe einen durchaus beachtlichen C-Gehalt, der sie zur Verarbeitung für Werkzeuge geeignet macht, gelegentlich entsteht auch Guß-also Eisen mit 3-4 % C.
Der indische Stahl wird in quadratischen Barren geliefert, die geschmolzen werden und nach dem Verlöschen des Feuers äußerst spröde sind ( ???). Daraus kann man sich, wenn man die Beschreibung ernst nehmen wollte, nun gar keinen Reim machen. Wäre der"indische
Stahl" eine Art Wootz, so wäre er bei richtiger Behandlung eben nicht spröde, sondern äußerst zäh. Handelte es sich dagegen um Guß, so hätte man ihn nicht erst nochmal zu schmelzen brauchen.
Das dann beschriebene Verschweißen mit dem weichen Eisen würde für Wootz kaum Sinn machen, für Guß wäre die Vermischung mit möglichst kohlenstoffarmem Eisen dagegen sinnvoll. Das wurde auch in Tiegeln mit Gußpulver und Eisenfeilspänen gemacht, wobei der Guß, der ja schon bei unter 1200 Grad schmilzt, flüssig wurde, die Feilspäne umfloß und einen Teil seines C-Gehalts an diese abgab. Das wurde schon vor etwa 2000 Jahren in Merv- an der Seidenstraße- gemacht. Achim hat Kontakt zu der Archaeologin, die daran arbeitet und kann da genauere Informationen und Literaturhinweise geben. Eine Feuerschweißung von Eisen und Guß, wie sie hier beschrieben wird, ist nicht völlig unmöglich-aus Jux habe ich solche Sachen schon gemacht- sie ist aber in jeder Hinsicht problematisch. Bei der Schweißtemperatur des Eisens ist Guß schon flüssig und gibt bei den normalen Schweißtechniken eine erfrischende Dusche.
Die Krönung ist die Beschreibung des Härtevorgangs in mit Zitronensäure befeuchtetem Ruß. Hier wird wohl die Schwarzätzung der Krisklingen in "marangi" das auch Zitronensäure enthält, und die Härtung der Wootzklingen nur an der Schneide im kalten Luftstrahl durcheinandergemischt. Also wenn schon-dann ist der Harn des rothaarigen Knaben oder der Krötenschleim doch besser.
Vom Anlassen wird gar nichts berichtet.
Also nochmal- man kann das zur Unterhaltung lesen, ernst nehmen kann man es nicht.
Was Sanjuro geschrieben hat, betrifft japanische Stähle, die in verschiedenfarbiges Papier gewickelt werden, um sie leichter auseinanderhalten zu können. "Blaues Papier Stahl" wird also in blaues Papier gewickelt und unterscheidet sich vom "Weisses Papier Stahl" durch eine geringe Beimischung von Wolfram .Der Stahl selbst ist natürlich nicht blauer, als andere Stähle. Durch Anlassen kann man alle Stähle durch die sich bildende Oxydhaut blau färben. Das sieht hübsch aus, im Gegensatz zur teilweise noch verbreiteten Meinung zeigt es aber keinen günstigen Zustand des Stahls an- vergl. das auch schon erörterte Thema "Blausprödigkeit".
MfG. U. Gerfin