Böker Arbolito Esculta mit Ebenholz Griffen - Ersteindruck

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Zugang, Herstellerbeschreibung, Daten und Fakten

Gebrauchsmesser wie Feldmesser und Pfadfindermesser versprechen Praxisqualitäten für eng definierte Ansprüche, darunter finden sich eher selten verkünstelte Designstücke, zumindest wenn sie für den Gebrauch gekauft werden. Das Böker Arbolito mit der Pfadfinder Bezeichnung Esculta legt in meinen Augen die Betonung auf Bowie Messer, die breite Klinge und die gemusterte Scheide mit dem interessanten Unterbau (Flexibilität der Aufhängung) machen es zu einem Hingucker, der Griff fällt aus dem Rahmen, die Dimensionen an Klingenstärke mögen zu einem sehr großen Bowie passen, doch das Esculta legt nur knapp 15 cm Klingenlänge vor. :cool: Der konturierte Griff mit der optisch sichtbaren Erl Verjüngung wirkt dünn in Relation zur Klingenbreite. Was für ein Zwitter ist das mit dem Anspruch Pfadfindern den Weg zu ebnen ... einige Eckpunkte möchte ich liefern.



Böker vertreibt das Esculta mit drei Griffmaterialien, Hirschhorn, Ebenholz und neuerdings in Micarta. Das Esculta ist offiziell am größeren El Gigante orientiert, Link zu Böker El Gigante in Ebenholz.

  • "Die kompaktere Version des El Gigante ist zweifelsohne immer noch ein großes Messer, und bestens geeignet für Outdoor und Jagd. Die gleiche, griffig gefräste Beschalung aus Guayacan-Ebenholz verleiht dem Esculta eine ebenso ausgeprägte Griffsicherheit und ein optimales Handling wie dem El Gigante."
Aus der Beschreibung des El Gigante:

  • "Das El Gigante hat Größe in jeder Beziehung, und das nicht nur im Hinblick auf die beeindruckenden Abmessungen. Die massive Klinge aus Böhler N695-Stahl läuft komplett durch den Griff und verjüngt sich zum Griffabschluss. Der sog. tapered tang verleiht dem Messer eine besondere optische Note und balanciert es optimal aus. Der ausladende und kräftige Handschutz aus gebürstetem Edelstahl verspricht hohe Arbeitssicherheit und trägt zum edlen Erscheinungsbild bei. Die Beschalung aus Guayacan-Ebenholz ist mit roten Fiberunterlagen versehen, was einen schönen Kontrast zur Maserung des Holzes bietet. Die rauhe und griffige Struktur erinnert an das Horn einer Oryx-Antilope. Das ideale Messer für Outdoor und Survival."
Materialangaben vom Hersteller (Ausführung Ebenholz), Messdaten von meinem Exemplar.

  • Klingenmaterial: Böhler N695
  • Flachschliff mit einem minimalsten Recurce
  • Griffmaterial: Ebenholz, gerundete Vertiefungen, dünner roter Liner, zwei Höcker bis zur oberen Schraube, mittig zum Parierelement (4,5 mm stark, 6,4 cm hoch)
  • Lederscheide, genäht mit Böker Arbolito Prägung, Messingknopf innen gepolstert, rückseitig geprägte Druckknöpfe
  • zwei Trageweisen: Oberkante Scheide mit ~50 mm Gürtelbreite, im abnehmbaren Dangler ~45 mm Gürtelbreite
  • 346 g Gewicht (statt 374 g laut Böker), 460 g Gewicht inkl. Scheide und abnehmbarem Dangler (24 g), Steckscheide solo somit 114 g
  • 29,8 cm Länge Messer (statt 29,3 laut Böker), 31,5 cm Gesamtlänge der Scheide mit gestecktem Messer
  • 16,5 cm Klingenlänge, Schliff startet 2,1 cm ab Parierelement > 14,7 cm diagonal bis Spitze, 15,1 cm Klingenlinie
  • 6 mm Klingenstärke, in der Mitte 5 mm, 2 cm vor Klingenspitze noch 3,5 mm (Stärke des Erl im Griffende noch 4,5 mm)
  • 3,9 cm (max.) Klingenbreite
  • 12,7 cm Grifflänge bis zum Parierelement
  • 28 mm Griffhöhe durchgehend
  • 24 mm Griffbreite maximal an den "Höckern", 18,5 mm an der dünnsten Stelle auf Höhe der hinteren Schraube
  • Materialbreite vor und nach dem Parierelement: 27,5 mm versus 31,5 mm, Unterschied von 4 mm, auf jeder Seite 2 mm
  • UVP 180 Euro
Zur Scheide

Mein Exemplar ist farblich heller als auf dem Böker Foto, wirkt daher freundlicher, die Form folgt dem Messer mit einem "Bowie" Stil wenn man so möchte, die Scheide hat eine Stärke von 1 cm, die dickste Stelle liegt am Messingknopf zum Verschließen mit dem Lederband. Letzteres ist 3 mm stark, flexibel genug, der Einschnitt für den Knopf ist eher streng, die ich nenne sie mal blumenförmige Prägung findet Anklang. Die Größe dieser "Blume" ist kleiner als das Böker Arbolito Logo, beim Anfassen des Lederbandes zum Öffnen stechen die 2,9 cm Breite hervor: groß genug um auch mit dünnen Handschuhen untergreifen zu können. Die umlaufenden Vertiefungen im Band nach hinten sind m.E. gelungen, das Messer läßt sich gesteckt sehr gut greifen, bis zum Parierelement, das Lederband wirkt wie ein Handschutz. Klasse.



Negativ die Bewegungen des Messer im vorderen Klingenbereich, sitzt das Messer oben noch einigermaßen fest, ist unten deutlich Spiel, kaum hochkant, sondern quer, es hört sich an als ob die Klinge innen auf dem Leder rutscht. Für den Blick von der Seite belanglos, doch die Flucht von oben fehlt, vermutlich drücken die Lederrundungen von hinten die Klinge zu sehr noch vorn.



Die Scheide steht oben leicht bauchig auf. Das Einstecken klappt prima, das Lederband ist nicht im Weg (eine Geschichte der Benutzung und zunehmender Weichheit). Kopfüber fällt das Messer heraus, nur gesteckt wackelt es in richtiger Orientierung seitlich. Das Einstecken wird erst auf die letzten ~2 cm gebremst, zu wenig Reibung bzw. Widerstand somit vorhanden.

Der Messingknopf ist von innen mit einer Art rundem Kletttextil abgedeckt, ergo kein abrasiver Kontakt zur Klinge. Die schwarze Farbe sieht man nur beim Untersuchen, da drin ist es dunkel. ;)

Das untere Leder für die Gürtelhalterung ist innen auf selber Höhe wie der Messingknopf vernietet, an einer Stelle, die Stärke des Leders in der Biegung resultiert in einer Verdickung oben an der Scheide, das erzeugt Abstand zur Nietstelle, das Messer gleitet über das Leder. Platzsparend gelöst, gut gemacht.

Die Druckknöpfe kann man drehen, damit der Böker Baum immer Kopf steht. Die Knöpfe sind groß dimensioniert, streng, da die Scheide wenig Widerstand bietet gelang mir das Schließen nur mit viel Druck, mit gestecktem Messer wie beim Öffnen kein Problem.

Mit Dangler gibt es zwei Trageweisen, die Differenz zwischen hoch und tief liegt bei 9 cm, gemessen an der Durchführungsmitte. Das ist ein guter Abstand, gesteckt steht das Griffende nur ~5 cm über den Dangler hinaus. Der Dangler kann auch dranbleiben, der Messingbügel ist 3 mm stark und fügt sich bei Nutzung der tiefen Trageweise in die Rundung des Leders ein, verdickt jedoch um 1 cm unter dem Gürtel, deshalb besser abnehmen. Er kann auch unten zwischen Leder-Querband und Druckknöpfen eingefädelt werden mit der Option, damit einen Gurt um den Oberschenkel zu befestigen, blöd nur, dass das Messer dann zwar "tief" hängt und der denkbare Gurt dann statt ins Bein in die Leiste einschneidet. Also doch ein zu kurzes Messer. Jedenfalls, wird der Dangler unten eingefädelt bleiben die Maße gewahrt, nichts steht über, hochgeklappt böte der Dangler eine Gürtelführung auf selber Höhe wie die tiefe Anbringung, quasi für eine Doppelgürtel-Aufhängung.

Größenvergleiche

Vergleiche mögen helfen bei Orientierung, bei mir sind es Modelle, über die schon geschrieben habe, das FKMD AMK liegt mir logischerweise besser in der Hand, ein gerader Griff lässt sich leichter in der Hand drehen, ein Parierelement kann störend sein, doch auch helfen, wo etwa eine Lanyard Schur fehlt. Das Voyager hat sich für´s Foto extra zusammengerissen, um kürzer zu bleiben ... half nix, 30,5 sind mehr.



Gefühlswelten und Fazit

Die große Kartonverpackung von Böker schien mir viel zu üppig, legt man nach dem Herausnehmen das Messer auf, bleibt kaum Luft. Das Esculta mit ~30 cm Länge ist kein führiges Pfadfinder Messerchen, obwohl der schmale Griff einen leichten Zugang gewährt. Unten am Griffende ist der Griff vergleichsweise schmal, oben mit 24 mm wird es noch lange kein Brummer, am Gürtel hängend bleibt das Esculta schlank genug, die Länge könnte eher stören.



Ein gewölbter Griff lässt den Handballen folgen, das Gewicht des Messer baut als Bezugspunkt das Parierelement auf, dessen Breite ist fast störend. Die Hand ruht zwar sicher hinter diesem oval geformten "Kreuzelement" (90 Grad, wuchtig, harte Kanten, ohne zu schneiden). Der Klingenrücken bis zur Mitte mit der Fehlschärfe ist ebenfalls kantig geformt, oben besser entgratet als unten am Ricasso zur Schneide hin. Übergreifen mit dem Zeigefinger (unten) findet in meinem Falle genügend Platz, ohne in die Schneide zu geraten, oben stösst der Daumen jedoch unweigerlich mittig in das Parierkreuz. Greif man mit dem rechten Zeigfinger oben über das Parierelement, für einen ziehenden Schnitt zum Körper, Daumen auf die Klinge, erhält man eine rutschfreie Haltung (man erinnere sich an die Jäger wie den youtube Reviewer virtuovice mit dessen typischer Kreiselbewegung). Es ist ein Kreuz, das Parierelement trägt viel bei zur Gesamterscheinung, von unten mit dem Daumen als Spannpunkt angefasst ist es zwei Ticken zu scharfkantig, dort werde ich nacharbeiten (müssen).

Der Griff selbst ist klasse, die rechte Mischung aus zu wenig und zu viel Haltevermögen, die Querrillen erinnern an ein Schnitzmesser, an einer Schalenseite gibt es eine Spalt zum Parierelement, im Gegenlicht kann man durchsehen. Mein Exemplar war preisreduziert und angesichts des Preisabschlages qualitativ sehr sauber gearbeitet. Die Schrauben sitzen tief genug, nur an einer Stelle spüre ich mit dem Fingernagel eine Erhöhung. Das Griffende ist glatt geschliffen, es reichen jeweils drei Vertiefungsbahnen an den Rand, dennoch ist ohne Schmerzen Druck von hinten zu geben, Einsatz als Bogenmesser zum Pfeile puhlen ist machbar, wenn auch die breite Klinge dagegen spricht, das Parierelement spricht dafür, einen Spalt öffnen wie rückwärts am Parierelement wieder rausziehen ist ein Vorteil.

Die Optik sagt mir sehr zu, die klassische Ausstrahlung war gewünscht, das Gewicht und die Länge ist ein klarer Aufschlag zu den kleineren Messern, das Esculta definiert sein Pfadfindertum für die Anwendung beyond the standards = weiter draussen, wo mehr Gewicht und Schlagkraft Sinn macht, das Arbeitswerkzeug robuster, sicherer durch ein breites Parierelement sein soll, der Griff auch mit dicken Handschuhen noch greifbar bleibt. Dann wäre eine Lanyard Öse aber Pflicht.

Die Schrauben mit ihrer Kreuzschlitzöffnung finde ich vertretbar, mir wäre eine unsichtbare Griffbefestigung lieber gewesen.

Den tapered tang hatte ich mir noch ausgeprägter vorgestellt, doch mehr Verjüngung wäre unangebracht. In der 350 Gramm Klasse werden Nehmerqualitäten erwartet, die Messer häufig zu Schlag- und Hackwerkzeugen umfunktioniert, den Beweis dafür werde ich (vorerst) schuldig bleiben.

Meine Erkenntnis wird gestärkt, Klingenstärken von 6 mm sind fast schon unverschämt :), im Sinne des Materialverbrauchs. Doch ich wollte die bauchige Erl Formung mit der Stärke in der Mitte und Ausfläufern nach vorne und hinten, dann noch hinreichend Materialstärke und optisch vorhandene Griffschalen, das resultiert fast zwangsläufig in viel Klingenstärke auf Höhe des Ricasso. Hm, das Parierelement mit weniger Stärke hätte die Relationen unterwandert, das gesamte Esculta (ein weiteres Mal) geschrumpft in Länge, Stärken und Gewicht könnte ich mir begrenzt vorstellen. Zumal der Griff für meine Hand lang, fast zu lang ist. Mit Nutzung des Parierelements und Umgreifen ist ein langer Griff eine Option, gerade wenn der Griffabschluß am Ende dünner ausfällt, Drehen erlaubt statt auf eine primäre Griffhaltung zu drängen.

Schneiden in der Küche ist Spaltarbeit, alles Andere wäre Beschönigen. Die Auslieferungsschärfe war i.O., die Formung der Spitze verbesserungsfähig. Die Klingenstärke kurz vor Spitze ist ~2 mm, also nichts da mit zulaufend mit denkbaren Feinarbeiten in der Küche oder anderweitig. Verglichen habe ich direkt mit dem Böker Arbolito Drop Point, dessen Klingenspitze liegt im selben Bereich bei ~ 1 mm.

Legt man das Esculta ab auf eine glatte Oberfläche, liegt es auf den "Höckern" des Griffes nahe des Parierelement, so macht deren Design Sinn, sie funktionieren wie Ablagepunkte, mit dem Nebeneffekt, dem Daumen einen Übergang auf das Parierelement zu schaffen.

Was bleibt an zentralen Merkmalen stehen:
  • gut gemachte, durchdachte Lederscheide mit tiefer + hoher Anbringung
  • hohe Gesamtlänge für ein Messer mit 15 cm Klingenlänge, viel Hebel- und Kontrollpotential
  • dünner Griff mit interessanter Gestaltung, gleichmäßig breit aber in der Stärke konturiert
  • Standard Stahl von Böker - m.M. überaus passend zum Verwendungszweck
  • sehenswerte Detaillösungen wie der Messingknopf, das Parierelement, Griffschrauben, Böker Logos
  • stärkere Messerbewegungen in der Scheide (bis zum Klappern beim Schütteln)
  • kaum sichtbare (rote) Fiberunterlagen - da empfehle ich eine Kontrastfarbe oder Verzicht
Nun, möchte man wirklich dieser Antilope ans Horn fassen ? Der Griff des Esculta ist harmlos, die originalen Hörner sind Oryx = spitze Werkzeuge, das Esculta möchte ein kurzes Pfadfinder Messer sein, wo das El Gigante noch +45 Prozent Klingenlänge drauflegt, bei nur +30 Prozent mehr Gewicht.

Unbedingt ja. Das Esculta ist ein spannendes Messer, der Griff begeistert mich, die Scheide kann zur reinen Steckscheide umrüstet werden, die Dangler Aufhängung ist begrenzt seitenstabil, also nur wenig Herumflattern, eher zieht das Gewicht das Esculta nach unten. Messingknopf zentral bei einem Bowie Typ finde ich absolut sehenswert :super: Mir liegt das Esculta gut bis sehr gut in der Hand, Andrücken von unten gegen das breite Parierelement funktioniert wohl schmerzfrei erst mit Nachbearbeitung.

Kleine Mängel sind also vorhanden, die Griffschalen haben bei meinem Esculta unten am Griff leichten Unterstand, d.h. sind zu schmal, Fingernagel findet Halt, beim Greifen ohne Problem. Im direkten Vergleich mit einem Magnum Back Country Subhilt Micarta zeigt mir, die Fertigungsqualität beim Arbolito ist weit höher, der Mehrpreis gut investiert, das Ergebnis stimmiger + facettenreicher + zufriedenstellender.

Für mich ein guter Kauf, es darf mit raus auf´s Bogengelände (das wollen sie doch alle) - optisch eine Augenweide, in der Scheide werde ich versuchen etwas unterzufüttern, um die Messerbewegungen einzubremsen.

Pfadfinder Messer geben ein breites Spektrum an Formen, Längen, Materialien ... ein kurzes Bowie als solches zu titulieren ist schon gewagt. Mein Linder SuperEdge 2 hat gesteckt eine Gesamtlänge von ~24 cm, solche Längen entsprechen eher meinem Verständnis von "Pfadfindermessern" der Gegenwart, das Esculta steht m.E. für eine andere Zeit, doch vielleicht deshalb gefällt es und passt es zu meinem Naturerleben und Sporteln mit Pfeil und oben. Jetzt fehlt der passende historische Bogen zum Messer. Mit Oryx artigen Wurfarmen. :glgl:

P.S. Fotos nur mit Tageslicht aufgenommen, sind farblich (rote Unterlage) nach der Bildverbesserung leider inhomogen geworden, hoffe es stört nicht allzu sehr.
 
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