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Angeregt aus der Kaufberatung Entscheidungshilfe für "Hosentaschen-Neck-Knife" habe ich mir meine kurzen Messer hergenommen und will ein paar Eindrücke und Erfahrungswerte beisteuern. In meinen Hosentaschen ist mir alles über 10 cm, eher über 8 cm an Gesamtlänge, zu groß. Und wenn man es sowieso anders mit sich trägt bzw. befestigt, dann bitte eine gebrauchstüchtige Länge. Hier geht es um ein Neckie mit 16 cm Länge, das vor rund 3 Monaten dazugekommen ist.
Daten und Fakten
Bezugsquelle war ein Shop in den USA, das Beaver Tail (CS49HB) ist inzwischen aus der Mini Tac Serie von Cold Steel (Link zu Cold Steel) herausgenommen worden, wird nicht mehr produziert.
Materialangaben vom Hersteller, Messdaten von meinem Exemplar.
Die Scheide ist relativ schwer im Verhältnis zum Messer. Die mitgelieferte Kugelkette wiegt 16 Gramm und hat bei mir bereits nach kurzer Zeit die schwarz lackierten Ösen leicht abgeschliffen, Bewegung an diesen Stellen ist unvermeidlich, obwohl eng geführt an den untersten Ösen die Kugelkette blockiert wird, man kann sie einseitig fassen ohne dass die Scheide mit dem Messer durchrutscht.
Die maximale Stärke der Scheide ist 18 mm mit gestecktem Messer, aufgrund der Nachgiebigkeit nach einigem Gebrauch, ohne "Aufbiegen" des Materials durch Zusammendrücken resultiert eine Stärke von nur 14 mm. Somit ein knapper halber Zentimeter verschenkt.
Nach Tragen auf der Brust, unter dem Hemd, wie nach Ablegen und Umwickeln der Kette um die Scheide, hat meine Scheide noch keinerlei Abnutzung, Kratzer etc. Bei mir sitzt es dank der Länge der Kugelkette sehr angenehm auf dem Brustbein, verschwindet quasi zwischen Brustmuskulatur bzw. -fett.
Das Einstecken in die Scheide gelingt m.M nur mit gerader Führung, mit der Schneide unten anliegend klappt es immer, mit Winkel von oben verkantet und verklemmt das Messer. Bei meinem Exemplar gelingt das ganz langsame Einstecken wie auch das schnelle Einstecken mit Schmackes. Das gefällt mir und macht es für mich zu einem echten Neckie. Mit fester anpressenden Scheidenflügeln hätte das Messer jedoch mehr Halt. Es ist möglich das Messer - an der Scheide haltend - auszuschleudern. Das mag man als Nachteil oder Vorteil sehen, ich bevorzuge leichtes Ziehen und normalen Bedingungen, also hinreichende Festigkeit.
Konzept und Kontext beim Hersteller
Dazu zitiere ich vorab die Beschreibung von Cold Steel (Quelle), Hervorhebung von mir:
Die Klingenform trägt viel bei zur Wahrnehmung der Spannweite zwischen taktisch vs. sozialvertäglich. Das Beaver Tail war mir auf Anhieb optisch am sympathischsten.
Größenvergleiche
Gezeigte Messer (inkl. Gewicht) sind Böker Plus Tunnelrat (164/222 g), Böker Plus Titan Drop (116 g), ein Manly Comrade (124 g) sowie aus der Cold Steel Sippe das Rajah III (144 g) und Voyager (212 g). Der winzige, schmutzige Taschenfolder (108 g) war mal eine Gartenschere.
Das Titan Drop als ein sehr schlankes Klappmesser liegt gleichauf in der Griffsstärke (80mm), mit Clip bei 125 mm.
Handhabung, Eindrücke, Praxis- bzw. Schneidetests
Für ein kleines, erstaunlich leichtes (astonishingly) Messer sind 70 Gramm vertretbar, aber ultraleicht würde ich es nicht bezeichnen, full tang erfordert Gewichtskompromisse. Ich finde es dient mehr dem Konzept eine "stabileren" Kleinmessers. Man hätte Stahl unter dem Griff dennoch abnehmen und mehr Griffmaterial verwenden können und evtl. 5-10 Gramm sparen können. So dient die Fertigungsweise der Kostensenkung, vielleicht auch den Ansprüchen der Kunden mit Kaufkriterium hinsichtlich durchgehender Klingenstärke.
Hatte es bewusst und öfter in der Küche verwendet, mir gefällt sehr gut der hochgezogene Schneid-Bogen bis zu Spitze, die Spitze liegt leicht unterhalb der Linie in Verlängerung der beiden Griffbohrungen (hinten am Griff).
Für meine Hand ist das Beaver Tail ein 3,5 Finger Messer, der kleine Finger hat noch Kontakt auf die Griffschale. Greife ich mit Daumen oder Zeigefinger noch vorne auf den Klingenrücken liegt mein kleiner Finger in der hinteren Griffbohrung. Drehe ich um 180 Grad und gehe in die Eispickel Haltung liegt mein Zeigefinger in derselben Griffbohrung und der Daume umschließt von oben das Griffende. Erzeugt ein gutes, sicheres Gefühl.
In der Normalhaltung jedoch geht mir die tiefe Mulde zwischen Daumen und Zeigefinger zwei Ticken zu weit, für mehr Kontrolle lasse ich meine Hand nach hinten fallen und greife mit dem Daumen in die drei Einschliffe am beginnenden Klingenrücken. So ist das Greifen offensichtlich gedacht, Zeigefinger mit Zugkraft in die Fingermulde unten und Daumen gegen den Anstieg der breiter werdenen Klinge. Daraus resultiert eine - taktische wenn man möchte - "Stoßhaltung" bzw. eine Kontrollhaltung, um die Klingenspitze einzusetzen, Schnitte wie Drehbewegungen funktionieren damit sehr gut. In der Küche hingegen sehe ich das nachteilig, , weil es dazu eine lockeres wie flexibleres Festhalten braucht, schnelles Weglegen und Wiederaufnehmen des Messers werden durch diese Vorgaben unterlaufen.
Kurz gesagt: das Beaver Tail will festgehalten werden. Durch den schmalen Griff ist das Wiederaufnehmen erschwert, da nützen keine griffigen Materialien an der Seite, also horizontal. Der Griff ist so dünn, dass ich irgendwie versuche an den 8 Millimetern Halt zu finden, um das abgelegte Messer zu greifen.
Nun könnte man argumentieren, ein Neckie ist ein Neckie, das wird gesteckt. In die Scheide und dann wieder rausgezogen. Statt es flach auf eine ebene Fläche abzulegen. Ja, ich geb´s zu. Doch dazu sollte es zuverlässiger, mit höherer Trefferquote gesteckt werden können, was ich so nicht unterschreiben kann.
Zurück zu den Scheideigenschaften in der Küche, logischerweise macht eine 7 cm Klinge weder einem ausgewachsenen Küchenmesser Konkurrenz noch kann es gegenüber einem Schälmesser mit geringer Klingenhöhe punkten. Die Breite des Beaver Tail mit ihrem Flachschliff ist dennoch ein tolles Werkzeug für Schnippelarbeiten auf kleinem Raum bzw. kleinen Schneidbrettern. Dort kann ich es ablegen und hinten greifen. Wegen der Kürze bzw. dem Gewicht fällt es nicht runter, findet überall Platz wo eine Kante als Ab- wie Auflage vorhanden ist. Die Breite der Klinge verhindert auch ein Abrutschen beim schnellen Weglegen wie bei vielen Schälmessern, die noch dazu mit rundem Griff eher herumpoltern. Dieser Unterschied brachte mich zur Recherche, welche Küchenmesser am Griff beides bieten, flache wie runde Elemente, gute Ablageeigenschaften wie Vorteile beim Aufnehmen. Also bin ich meine eigenen Küchenmesser durchgegangen... doch das führt hier zu weit.
Das Beaver Tail läuft tendenziell eher spitz zu, trotzdem ist ein gutes Brot- und Buttermesser, doch m.E. sind konventionelle Messer mit gleichmäßig breiter Klinge effektiver - oder ist es die persönliche Gewohnheit ? Ein Glas leer zu machen gelingt (mir) besser mit einer vorne breiten Spitze, eine zu breite Klinge verteilt den Aufstrich über die ganze Klinge statt auf der Brotschnitte. Durch dickes Gemüse zu schneiden ist mir einer breiten Klinge sauberer hinzubekommen, doch kleine Drehungen beim Aussäubern sind erschwert, das hängt stark vom Schnittgut ab, ich merke, dass mir 2-3 cm breite Klingen mehr liegen, eine Verbreiterung vorne an der Klinge kann ich instinktiv leichter handhaben als ein Verbreiterung in der Mitte der Klinge.
Versuch eines Fazits
Subhilt durch Weglassen ? Man könnte es annehmen, das Beaver Tail hat eine irgendwie komische Form, betrachtet man es als Einzelentwicklung und v.a auf dem Bild/Papier. Doch in der Serienbetrachtung gibt es weitere Variationen, die sich bei genauem Hinsehen erschließen, für mich eine Anpassung der Griffgestaltung und -dimensionen zur jeweils prägnanten Klingenform des Tanto bzw. Skinner. Diese sollen offensichtlich den Verwendungszweck für die optimale Handhaltung unterstützen.
Zwei Nummern größer in der Klingenlänge, ein entsprechend längerer Griff und ein kürzerer Subhilt "Dorn" dann wäre ein tolles Outdoor Kitchen Knife geboren.
Ich mag das Beaver Tail, noch kürzer in der Gesamtlänge habe ich keine Fixed, irgendwo (darunter) hört für mich das Messer auf und das Tool mit Schneidklinge fängt an. Ausgenommen Miniaturmesser, deren Sinn und Zweck ein anderer ist. Eines meiner Lieblings Fixed, ein Nicker (ohne Bild), hat knapp über 17 cm Gesamtlänge und ist als Brotzeitmesser wie Küchenhelfer untauglich, ein Neckie in dieser Art des vorgestellten kleinschwänzigen Bibers erinnert an das tierische Vorbild, ein weit unterschätzter Nager, der seine Kelle nicht nur mit sich trägt (nur wenige Reptilien können m.W. ihren Schwanz auf der Flucht abwerfen) sondern ihn taktisch einsetzt. Siehe Peitschenknaller im unten verlinkten Video.
Ein kleines, taktisches Messer zum um den Hals hängen darf weder zu schwer zu sein noch instabil, sollte eine einwandfreie Bedienbarkeit bei Mitnahme, Befestigung und Zugänglichkeit leisten. Das Beaver Tail ist schon mal schön schwarz. Es ist ein kleines, schmales, leichtgewichtiges Messer mit einem etwas hohen Gesamtgewicht. Per Kugelkette kann man das Messer durch die Griffbohrungen zusätzlich sichern, gar Gürtelbefestigungen über die insgesamt 7 Ösen in der Scheide konstruieren. Die Scheide ist gemessen am ehemaligen Verkaufspreis i.O., im Abverkauf der alten Lagerbestände wird das Gesamtpaket noch reizvoller. Schade wegen der Ausmusterung, gefragt sind offenbar stärker die ausdrucksstärkeren Klingenformen. Schade insbesondere bezüglich der Sozialverträglichkeit, die breite Klinge lässt das Beaver Tail eher wie ein Spielzeugmesser wirken bzw. man weiß nicht so recht was das ist, ist es kaputt am Griff, wie greift man das > was soll das.
Meine Erklärung deshalb am Namen orientiert: das ist ein bionisches Technikerlebnis für Freunde von Wasserbewohnern im Fachgebiet Hochwasserschutz. Einsetzbar sowohl an Gewässern, draussen im Holzwerkbau wie drinnen am Spülbecken. Es ist so klein, damit wirklich jeder Bauwerker es stets dabei hat.
Tough, rough, and ready for anything ... Zitat aus der Cold Steel Beschreibung ... mit einer Klinge, die per Daumendruck gebogen werden kann, ist dieser Anspruch überzogen. Eine interessante Interpretation von einem Schneidwerkzeug bleibt es, alltagstauglich ist es, sehr sicher festzuhalten dank Subhilt Element, im Gegensatz zu m.M. vielen anderen Klein(st)messern.
Nehme ich im Zweifel das weit stabilere Rajah III (Klingenstärke!) mit für unterwegs oder lieber das Beaver Tail unterm Hemd ? Bei solchen Zweifeln tendiere ich zu einem der vorhandenen, noch universelleren SAK in der passenden Größe zur Bekleidung. Bei der Radtour ist sowieso ein Tool wie das Swisstool dabei, auf der Tages-/Rucksacktour ein leichteres Leatherman, soll es ein Lagerfeuer geben irgendeines der Fixed ... das Beaver Tail fürchte ich wird als Käsemesser und Küchenhelfer sein Dasein fristen müssen. Oder ich verpasse ihm einen dickeren Griff, nur hinten an dem 4,5 cm heraustehnden Ende. Oder einer der Jungs aus der Verwandtschaft will es haben ...
Für mich eine interessante Erfahrung mit Kette um den Hals, das funktioniert tatsächlich ohne aufzutragen. Mini-Schussweste über dem Herzen. Die ausladende, leider schwarze Scheide ist zuviel des Guten, objektiv und sachdienlich okay, doch ästhetisch ein Graus, die Biber-Klingenform ist tauglich, doch in den Abmessungen für meine Zwecke nicht optimal. Es schneidet (sehr) gut, Auslieferschärfe war beachtlich, in der Hand ein sicheres Messer mit doch zu dünnem Griff (vielleicht eine Schicht unterlegen ...), das Beaver Tail würde gewinnen, doch den vom Hersteller angedachten Sinn verfehlen.
Es fällt mir schwer, ein Urteil abzugeben. Vielleicht braucht es noch mehr Umgang damit oder Tuning für meine Hand. Die positive Erkenntnis, es hat mich wirklich beschäftigt, vermutlich weil so ungewöhnlich im Aussehen, so "extrem" mit kurzer breiter Klinge und dazu ein Subhilt Griff, und diese Beschäftigung hat Spaß gemacht. Ein Schritt weiter in die Welt der Messervielfalt.
P.S. Zum Abschluß eine sehenswerte Videolektüre aus dem Lebensraum des Bibers: Biber - Baumeister am Fluss.
Daten und Fakten
Bezugsquelle war ein Shop in den USA, das Beaver Tail (CS49HB) ist inzwischen aus der Mini Tac Serie von Cold Steel (Link zu Cold Steel) herausgenommen worden, wird nicht mehr produziert.
Materialangaben vom Hersteller, Messdaten von meinem Exemplar.
- Klingenmaterial: AUS8
- Griffmaterial: G-10, ausgeprägte Kanten durch die Struktur ohne "scharf" zu wirken
- 70 g Gewicht, 126 g Gewicht inkl. Scheide
- 16,0 cm Länge, 17,5 cm Gesamtlänge der Scheide mit gestecktem Messer
- 7,3 cm Klingenlänge aus dem Griff herausstehend
- 2,5 mm Klingenstärke, ab Mitte nach vorne zulaufend
- 4,3 cm (max.) Klingenbreite
- 7,6 cm Grifflänge des G-10 Material
- 2,6 cm Griffhöhe hinten, 1,4 cm Griffhöhe vorne am niedrigsten Punkt (Fingermulde)
- 8 mm Griffbreite durchgehend
- Kaufpreis 19 Dollar zzgl. Importabgaben
Die Scheide ist relativ schwer im Verhältnis zum Messer. Die mitgelieferte Kugelkette wiegt 16 Gramm und hat bei mir bereits nach kurzer Zeit die schwarz lackierten Ösen leicht abgeschliffen, Bewegung an diesen Stellen ist unvermeidlich, obwohl eng geführt an den untersten Ösen die Kugelkette blockiert wird, man kann sie einseitig fassen ohne dass die Scheide mit dem Messer durchrutscht.
Die maximale Stärke der Scheide ist 18 mm mit gestecktem Messer, aufgrund der Nachgiebigkeit nach einigem Gebrauch, ohne "Aufbiegen" des Materials durch Zusammendrücken resultiert eine Stärke von nur 14 mm. Somit ein knapper halber Zentimeter verschenkt.
Nach Tragen auf der Brust, unter dem Hemd, wie nach Ablegen und Umwickeln der Kette um die Scheide, hat meine Scheide noch keinerlei Abnutzung, Kratzer etc. Bei mir sitzt es dank der Länge der Kugelkette sehr angenehm auf dem Brustbein, verschwindet quasi zwischen Brustmuskulatur bzw. -fett.
Das Einstecken in die Scheide gelingt m.M nur mit gerader Führung, mit der Schneide unten anliegend klappt es immer, mit Winkel von oben verkantet und verklemmt das Messer. Bei meinem Exemplar gelingt das ganz langsame Einstecken wie auch das schnelle Einstecken mit Schmackes. Das gefällt mir und macht es für mich zu einem echten Neckie. Mit fester anpressenden Scheidenflügeln hätte das Messer jedoch mehr Halt. Es ist möglich das Messer - an der Scheide haltend - auszuschleudern. Das mag man als Nachteil oder Vorteil sehen, ich bevorzuge leichtes Ziehen und normalen Bedingungen, also hinreichende Festigkeit.
Konzept und Kontext beim Hersteller
Dazu zitiere ich vorab die Beschreibung von Cold Steel (Quelle), Hervorhebung von mir:
- "Cold Steel's new generation of Mini Tac Neck Knives are astonishingly light at 3 ounces each. Because they're so lightweight, they can be comfortably worn practically 24 hours a day. With their sturdy bead chain lanyards and their rugged Secure Ex® sheaths (specially designed to snugly retain the knife while allowing a speedy draw stroke), they can be worn outside clothing and perform as a handy utility or rescue knife. They can also be carried more discreetly under a shirt or blouse, or inside a coat. They can even be used for camping or hiking as they can easily be tied or taped anywhere from a backpack to a fanny pack. Their versatility is virtually endless. Fashioned from AUS 8A stainless steel and reflecting state of the art heat treatment they are honed to a razor edge and exhibit incredible toughness for such a small knife, due in part to their full tang construction. Tough, rough, and ready for anything, they come equipped with thin high quality black G-10 Griv-Ex™ Style handle scales. This feature allows them to lie flat and close against the body and provide an aggressive gripping surface. Also when these scales are combined with integral sub hilt they give the fingers of the hand incredible purchase and allow a remarkably secure grip that resists rolling or twisting."
Die Klingenform trägt viel bei zur Wahrnehmung der Spannweite zwischen taktisch vs. sozialvertäglich. Das Beaver Tail war mir auf Anhieb optisch am sympathischsten.
Größenvergleiche
Gezeigte Messer (inkl. Gewicht) sind Böker Plus Tunnelrat (164/222 g), Böker Plus Titan Drop (116 g), ein Manly Comrade (124 g) sowie aus der Cold Steel Sippe das Rajah III (144 g) und Voyager (212 g). Der winzige, schmutzige Taschenfolder (108 g) war mal eine Gartenschere.
Das Titan Drop als ein sehr schlankes Klappmesser liegt gleichauf in der Griffsstärke (80mm), mit Clip bei 125 mm.
Handhabung, Eindrücke, Praxis- bzw. Schneidetests
Für ein kleines, erstaunlich leichtes (astonishingly) Messer sind 70 Gramm vertretbar, aber ultraleicht würde ich es nicht bezeichnen, full tang erfordert Gewichtskompromisse. Ich finde es dient mehr dem Konzept eine "stabileren" Kleinmessers. Man hätte Stahl unter dem Griff dennoch abnehmen und mehr Griffmaterial verwenden können und evtl. 5-10 Gramm sparen können. So dient die Fertigungsweise der Kostensenkung, vielleicht auch den Ansprüchen der Kunden mit Kaufkriterium hinsichtlich durchgehender Klingenstärke.
Hatte es bewusst und öfter in der Küche verwendet, mir gefällt sehr gut der hochgezogene Schneid-Bogen bis zu Spitze, die Spitze liegt leicht unterhalb der Linie in Verlängerung der beiden Griffbohrungen (hinten am Griff).
Für meine Hand ist das Beaver Tail ein 3,5 Finger Messer, der kleine Finger hat noch Kontakt auf die Griffschale. Greife ich mit Daumen oder Zeigefinger noch vorne auf den Klingenrücken liegt mein kleiner Finger in der hinteren Griffbohrung. Drehe ich um 180 Grad und gehe in die Eispickel Haltung liegt mein Zeigefinger in derselben Griffbohrung und der Daume umschließt von oben das Griffende. Erzeugt ein gutes, sicheres Gefühl.
In der Normalhaltung jedoch geht mir die tiefe Mulde zwischen Daumen und Zeigefinger zwei Ticken zu weit, für mehr Kontrolle lasse ich meine Hand nach hinten fallen und greife mit dem Daumen in die drei Einschliffe am beginnenden Klingenrücken. So ist das Greifen offensichtlich gedacht, Zeigefinger mit Zugkraft in die Fingermulde unten und Daumen gegen den Anstieg der breiter werdenen Klinge. Daraus resultiert eine - taktische wenn man möchte - "Stoßhaltung" bzw. eine Kontrollhaltung, um die Klingenspitze einzusetzen, Schnitte wie Drehbewegungen funktionieren damit sehr gut. In der Küche hingegen sehe ich das nachteilig, , weil es dazu eine lockeres wie flexibleres Festhalten braucht, schnelles Weglegen und Wiederaufnehmen des Messers werden durch diese Vorgaben unterlaufen.
Kurz gesagt: das Beaver Tail will festgehalten werden. Durch den schmalen Griff ist das Wiederaufnehmen erschwert, da nützen keine griffigen Materialien an der Seite, also horizontal. Der Griff ist so dünn, dass ich irgendwie versuche an den 8 Millimetern Halt zu finden, um das abgelegte Messer zu greifen.
Nun könnte man argumentieren, ein Neckie ist ein Neckie, das wird gesteckt. In die Scheide und dann wieder rausgezogen. Statt es flach auf eine ebene Fläche abzulegen. Ja, ich geb´s zu. Doch dazu sollte es zuverlässiger, mit höherer Trefferquote gesteckt werden können, was ich so nicht unterschreiben kann.
Zurück zu den Scheideigenschaften in der Küche, logischerweise macht eine 7 cm Klinge weder einem ausgewachsenen Küchenmesser Konkurrenz noch kann es gegenüber einem Schälmesser mit geringer Klingenhöhe punkten. Die Breite des Beaver Tail mit ihrem Flachschliff ist dennoch ein tolles Werkzeug für Schnippelarbeiten auf kleinem Raum bzw. kleinen Schneidbrettern. Dort kann ich es ablegen und hinten greifen. Wegen der Kürze bzw. dem Gewicht fällt es nicht runter, findet überall Platz wo eine Kante als Ab- wie Auflage vorhanden ist. Die Breite der Klinge verhindert auch ein Abrutschen beim schnellen Weglegen wie bei vielen Schälmessern, die noch dazu mit rundem Griff eher herumpoltern. Dieser Unterschied brachte mich zur Recherche, welche Küchenmesser am Griff beides bieten, flache wie runde Elemente, gute Ablageeigenschaften wie Vorteile beim Aufnehmen. Also bin ich meine eigenen Küchenmesser durchgegangen... doch das führt hier zu weit.
Das Beaver Tail läuft tendenziell eher spitz zu, trotzdem ist ein gutes Brot- und Buttermesser, doch m.E. sind konventionelle Messer mit gleichmäßig breiter Klinge effektiver - oder ist es die persönliche Gewohnheit ? Ein Glas leer zu machen gelingt (mir) besser mit einer vorne breiten Spitze, eine zu breite Klinge verteilt den Aufstrich über die ganze Klinge statt auf der Brotschnitte. Durch dickes Gemüse zu schneiden ist mir einer breiten Klinge sauberer hinzubekommen, doch kleine Drehungen beim Aussäubern sind erschwert, das hängt stark vom Schnittgut ab, ich merke, dass mir 2-3 cm breite Klingen mehr liegen, eine Verbreiterung vorne an der Klinge kann ich instinktiv leichter handhaben als ein Verbreiterung in der Mitte der Klinge.
Versuch eines Fazits
Subhilt durch Weglassen ? Man könnte es annehmen, das Beaver Tail hat eine irgendwie komische Form, betrachtet man es als Einzelentwicklung und v.a auf dem Bild/Papier. Doch in der Serienbetrachtung gibt es weitere Variationen, die sich bei genauem Hinsehen erschließen, für mich eine Anpassung der Griffgestaltung und -dimensionen zur jeweils prägnanten Klingenform des Tanto bzw. Skinner. Diese sollen offensichtlich den Verwendungszweck für die optimale Handhaltung unterstützen.
Zwei Nummern größer in der Klingenlänge, ein entsprechend längerer Griff und ein kürzerer Subhilt "Dorn" dann wäre ein tolles Outdoor Kitchen Knife geboren.
Ich mag das Beaver Tail, noch kürzer in der Gesamtlänge habe ich keine Fixed, irgendwo (darunter) hört für mich das Messer auf und das Tool mit Schneidklinge fängt an. Ausgenommen Miniaturmesser, deren Sinn und Zweck ein anderer ist. Eines meiner Lieblings Fixed, ein Nicker (ohne Bild), hat knapp über 17 cm Gesamtlänge und ist als Brotzeitmesser wie Küchenhelfer untauglich, ein Neckie in dieser Art des vorgestellten kleinschwänzigen Bibers erinnert an das tierische Vorbild, ein weit unterschätzter Nager, der seine Kelle nicht nur mit sich trägt (nur wenige Reptilien können m.W. ihren Schwanz auf der Flucht abwerfen) sondern ihn taktisch einsetzt. Siehe Peitschenknaller im unten verlinkten Video.
Ein kleines, taktisches Messer zum um den Hals hängen darf weder zu schwer zu sein noch instabil, sollte eine einwandfreie Bedienbarkeit bei Mitnahme, Befestigung und Zugänglichkeit leisten. Das Beaver Tail ist schon mal schön schwarz. Es ist ein kleines, schmales, leichtgewichtiges Messer mit einem etwas hohen Gesamtgewicht. Per Kugelkette kann man das Messer durch die Griffbohrungen zusätzlich sichern, gar Gürtelbefestigungen über die insgesamt 7 Ösen in der Scheide konstruieren. Die Scheide ist gemessen am ehemaligen Verkaufspreis i.O., im Abverkauf der alten Lagerbestände wird das Gesamtpaket noch reizvoller. Schade wegen der Ausmusterung, gefragt sind offenbar stärker die ausdrucksstärkeren Klingenformen. Schade insbesondere bezüglich der Sozialverträglichkeit, die breite Klinge lässt das Beaver Tail eher wie ein Spielzeugmesser wirken bzw. man weiß nicht so recht was das ist, ist es kaputt am Griff, wie greift man das > was soll das.
Meine Erklärung deshalb am Namen orientiert: das ist ein bionisches Technikerlebnis für Freunde von Wasserbewohnern im Fachgebiet Hochwasserschutz. Einsetzbar sowohl an Gewässern, draussen im Holzwerkbau wie drinnen am Spülbecken. Es ist so klein, damit wirklich jeder Bauwerker es stets dabei hat.
Tough, rough, and ready for anything ... Zitat aus der Cold Steel Beschreibung ... mit einer Klinge, die per Daumendruck gebogen werden kann, ist dieser Anspruch überzogen. Eine interessante Interpretation von einem Schneidwerkzeug bleibt es, alltagstauglich ist es, sehr sicher festzuhalten dank Subhilt Element, im Gegensatz zu m.M. vielen anderen Klein(st)messern.
Nehme ich im Zweifel das weit stabilere Rajah III (Klingenstärke!) mit für unterwegs oder lieber das Beaver Tail unterm Hemd ? Bei solchen Zweifeln tendiere ich zu einem der vorhandenen, noch universelleren SAK in der passenden Größe zur Bekleidung. Bei der Radtour ist sowieso ein Tool wie das Swisstool dabei, auf der Tages-/Rucksacktour ein leichteres Leatherman, soll es ein Lagerfeuer geben irgendeines der Fixed ... das Beaver Tail fürchte ich wird als Käsemesser und Küchenhelfer sein Dasein fristen müssen. Oder ich verpasse ihm einen dickeren Griff, nur hinten an dem 4,5 cm heraustehnden Ende. Oder einer der Jungs aus der Verwandtschaft will es haben ...
Für mich eine interessante Erfahrung mit Kette um den Hals, das funktioniert tatsächlich ohne aufzutragen. Mini-Schussweste über dem Herzen. Die ausladende, leider schwarze Scheide ist zuviel des Guten, objektiv und sachdienlich okay, doch ästhetisch ein Graus, die Biber-Klingenform ist tauglich, doch in den Abmessungen für meine Zwecke nicht optimal. Es schneidet (sehr) gut, Auslieferschärfe war beachtlich, in der Hand ein sicheres Messer mit doch zu dünnem Griff (vielleicht eine Schicht unterlegen ...), das Beaver Tail würde gewinnen, doch den vom Hersteller angedachten Sinn verfehlen.
Es fällt mir schwer, ein Urteil abzugeben. Vielleicht braucht es noch mehr Umgang damit oder Tuning für meine Hand. Die positive Erkenntnis, es hat mich wirklich beschäftigt, vermutlich weil so ungewöhnlich im Aussehen, so "extrem" mit kurzer breiter Klinge und dazu ein Subhilt Griff, und diese Beschäftigung hat Spaß gemacht. Ein Schritt weiter in die Welt der Messervielfalt.
P.S. Zum Abschluß eine sehenswerte Videolektüre aus dem Lebensraum des Bibers: Biber - Baumeister am Fluss.