Ich gehe davon aus, daß die jeweilige Legierung dem Fragesteller bekannt ist. Wenn nicht, kann sie nachgelesen werden.
Danach ergibt sich für die angesprochenen Eigenschaften, daß ein Unterschied allenfalls bei der Korrosionsbeständigkeit deutlich bemerkbar sein wird.
Bei den anderen Eigenschaften sind die Unterschiede eher marginal und könnten sich je nach Wärmebehandlung in Richtung des einen oder anderen Stahls verschieben.
Zur Begründung: Wenn in der Schnitthaltigkeit überhaupt fühlbare Unterschiede bestehen, so sollte sich ein leichter Vorteil für den D 2 ergeben. Das erscheint zunächst nicht ganz einleuchtend, da der S 30 V mit seinen 2 % Molybdän ein sonderkarbidbildendes Element enthält, das die Schnitthaltigkeit begünstigen sollte.
Der S 30 V wird aber sinnvollerweise so gehärtet, daß sein Potential der Korrosionsbeständigkeit genutzt wird, also so daß möglichst viel Karbid gelöst und für die Grundmasse freigesetzt wird (Zur Erinnerung: Korrosionsbeständigkeit setzt mindestens 12 % Chrom in der Grundmasse voraus, weichgeglüht rosten die korrosionsbeständigen martensitischen Stähle ebenso vor sich hin, wie die anderen).
Der D2, der ohnehin nur 12 % Chrom enthält, kann durch keine Wärmebehandlung wirklich korrosionsbeständig gemacht werden. Deshalb versucht man es erst gar nicht und härtet auf hohe Verschleißfestigkeit, also so, daß genug Karbide (in Wirklichkeit übergenug !) erhalten bleiben.
Wegen des nach dem Härten etwas geringeren Karbidgehalts könnte der S 30 V etwas leichter nachzuschärfen sein, daß man das wirklich spürt, glaube ich nicht. Mit ungeeigneten Mitteln, etwa zu feinen Steinen, ist es bei beiden kein Spaß.
Da die Karbidmenge in etwa gleich ist, ist die Bruchanfälligkeit bei beiden Stählen in etwa gleich. Kleine Variationen in der Wärmebehandlung werden sich hier stärker auswirken, als die Legierung.
Robust sind beide Stähle nicht.
Gelegentlich lasse ich durchblicken, daß ich kein besonderer Freund der ledeburitischen Stähle bin. Damit das nicht falsch verstanden wird: In ihrem Einsatzgebiet sind sie unübertroffen. Die Erzielung und Bewahrung feinster Schneiden gehört aber nicht zu ihren Stärken. Mit entsprechend derbem Schneidenwinkel sind sie äußerst verschleißfest und wenn man mit dem richtigen Schleifmittel dran geht, lassen sie sich auch schnell auf "Unterarmrasierschärfe" bringen.
MfG U. Gerfin