Dachbodenfund - was nun?

propaghandi

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Hallo werte Forengemeinde!

Als ich letztes Wochenende beim Räumen eines Dachbodens geholfen habe, fand ich diesen Beilkopf:

comp_S1055345.jpg

rechte Seite

comp_S1055348.jpg

linke Seite

comp_S1055347.jpg


comp_S1055350.jpg

abgebrochener Zinken

comp_S1055349.jpg

Schmiedemarke

Die Maße sind (in etwa):
Länge gesamt: 16,5 cm
Breite Auge: 5 cm
Länge Bart: 7 cm
Länge Schneide: 9,5 cm
Gewicht: nicht gemessen, nur geschätzt ~ 800 g

Von der Form her könnte es sich um ein Klauenbeil handeln, wobei ein Zinken der Klaue abgebrochen ist. Die Schmiedemarke zeigt eine Krone mit den Initialen C.H. (auf den Fotos leider schlecht zu erkennen) sowie der Jahreszahl(?) 1940 darunter. Laut meinen Recherchen handelt es sich bei dem Hersteller um Carl Helsper, Wuppertal-Küllenhahn.

Obwohl oder gerade weil das gute Stück ziemlich mitgenommen aussieht, würde würde ich es gerne wieder herrichten, also entrosten, neu schäften und eine neue Schneide anbringen. Allerdings möchte ich es nicht so machen, wie der berüchtigte Numismatiker, der die geerbten Goldmünzen erst einmal kräftig poliert, damit sie wieder schön glänzen. Hat jemand also einen Rat oder Tipps für mich, wie ich das Beil wieder aufbauen kann, ohne die historische Authentizität zu zerstören?

Vielen Dank im Voraus! :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Du darfst mich gleich steinigen, aber wenn du die Authentizität behalten möchtest (Gebrauchsgegenstand) was spräche gegen eine Behandlung mit einer Drahtbürste?
Rost entfernen mit der Drahtbürste, evtl. noch feines Schleifpapier, ein bißchen WD40 und fertig.

Dann sieht es nach einem Gebrauchsgegenstand aus der nicht gänzlich verrostet ist. Zumindest zu Hause haben wir es mit älteren Äxten immer mal wieder so gemacht.
 
Ich habe eine Axt vom gleichen Hersteller gefunden. Dort ist aber eine 800 eingeschlagen, kommt vom Gewicht her hin..komisch dass es hier anders ist.
Zum "aufarbeiten": du kannst ja auch erstmal die Drahtbürste weglassen, einfach nur WD40 drauf, bisschen ziehen lassen und mit einem groben Lappen abreiben, ich nehm für sowas immer alte Handtücher.. Dann dürfte die Oberfläche nicht mehr rostrot sondern eher dunkel/schwarz sein..
Alex
 
Hallo propaghandi,

ich empfehle dir Öl, Stahlwolle und Küchenschwamm.
Handwaschpaste dazu ist auch hilfreich, Scheuerpulver oder -milch gingen auch.
Drahtbürste brauchste meiner Meinung nach nicht.

Viel Vergnügen beim Aufmöbeln wünscht
flobuntu
 
Mh - naja, da seh ich zwei große Möglichkeiten mit unzähligen Zwischenvarianten.

Ich würde den Kopf ölen und Bürsten, Blatt wieder auf ballig am Stein nachschleifen, einen Eschenstiel ergänzen, keilen und gut ist's -
Falls Du aber einen polierten Wallhanger oder eine archäologisch-vorsichtige Originalerhaltung vorziehst, seh ich auch kein Problem, da das Beil noch keine solche Seltenheit ist.
Ich hab beides schon gemacht, erlaubt ist, was Spaß macht!

mfg
Tct
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank an Euch für die wertvollen Tipps! Auch wenn es ein wenig nach technischer Fummelei klingt, so gefällt mir die Rostentfernung per Elektrolyse bislang am besten, da sie anscheinend die schonenste Methode darstellt.

Mittlerweile habe ich auch eine Antwort von Herrn Helsper bezüglich des Beiles erhalten.
Er schätzt, dass es sich um das Modell "Amerikanisches Klauenbeil" handelt, welches eigentlich für den Export gedacht war. Angesicht der Schmiedemarke 1940, welches er für das Herstellungsjahr hält, kann es seiner Meinung aber auch als militärischer Ausrüstungsgegenstand produziert worden sein. Da das Modell eigentlich eine gerade Schneide hatte, ist dieses Exemplar wohl ausgiebigst benutzt und mehrfach nachgeschliffen worden. Als Stahl für den Beilkopf kam wohl C35 oder C45 zum Einsatz.

Was die Schäftung angeht, bin ich mir noch unsicher, was die Holzwahl angeht – zudem hat das Auge des Beils laut Herrn Helsper wohl ein Sondermaß. Anschließend bekommt das Beil eine neue ballige Schneide verpasst und soll mir dann als Campingbeil dienen.

Soviel erstmal zur Theorie – ich bin gespannt, ob und wie sich dieses Projekt realisieren lässt.
Über weitere Schritte werde ich dann in meinem Blog berichten => KLICK
 
Falls Du Dir wegen der Stahlwolle Sorgen machst: beim Restaurieren meiner Rasiermesser benutze ich Messingbürsten (bei Rasiermessern auf dem Dremel, aber die gibts auch für die Bohrmaschine). Hitze entsteht dabei meiner Erfahrung nach nicht grossartig, aber sicherheitshalber habe ich eine Kupferhalterung für alle maschinenunterstützen Arbeiten. Das Messing ist deifinitiv weicher als der Stahl, entfernt aber den Rost ganz prima. Die Rostnarben bleiben, was den Charakter schön erhält.

Solltest Du einzelne Rostreste in tieferen Narben nicht erwischt haben, sind Glasfaserpinsel das Mittel der Wahl. Ist allerdings eine ziemliche Fummelei.

Viel Spass!
 
Auch vielen Dank an Euch für Eure Tipps - ich sammle gerade die Vorschläge, die hereinkommen. Was mich bei der mechanischen Rostentfernung stört, ist die Fummelei, den Rost auch aus der kleinsten Ecke rauszubekommen. Gerade da das Innere des Auges auch ziemlich verrostet ist, werde ich da mit dem Dremel wohl nicht weiterkommen :dispirited:
 
Moin,
wenn du es sehr gewissenhaft angehen willst,
kannst du das Objekt zunächst in destiliertem Wasser oder über Wasserdampf entsalzenden, dann den Rost mit EDTA (ein Komplexbildner, der häufig in der Restauration angewandt wird) entfernen und abschließen das Objekt in mikrokristalinem Paraffinwachs versiegeln.
Wenn du das Stück aber einfach nur erhalten und auch wieder nutzen willst, würde ich dir das gute alte Fertan empfehlen. Ein sehr schonender Rostumwandler auf Gerbstoffbasis, der den Rost in eine sogar etwas schützende Eisen/Tannin-Verbindung umwandelt.

Gruß,
Timm
 
Projektupdate

OK, dann mal hier ein Projektupdate:

Nach der Elektrolyse präsentiert sich der Dachbodenfund in gänzlich neuem Licht:

comp_S1055887.jpg


comp_S1055890.jpg


comp_S1055889.jpg


Weitere Infos und Fotos findet Ihr HIER.

Im nächsten Arbeitsschritt wird das Beil mit einem neuen Stiel aus Esche versehen.
An dieser Stelle schon mal vorab vielen Dank an JoGreis für sein sein freundliches Angebot :super:
Ich bin schon sehr gespannt, wie das Beil dann aussehen wird.

Viele Grüße
 
Hallo,

das ist ja ein geradezu super Ergebnis. In deinem blog verlinkst du ja zu der Elektrolyse- falls du aber die Muße hast, das hier mal konkret für dieses Beil zu beschreiben, wäre ich dir dankbar.

yaammoo
 
Und weiter gehts mit der Restaurierung:

Mittlerweile ziert nun ein neuer Stiel aus abgelagertem Eschenholz den Beilkopf.
Vielen, vielen Dank an JoGreis dafür :applouse:

comp_s1056336.jpg


comp_s1056341.jpg


Weitere Fotos & Infos gibts HIER :)
 
Bei der Elektrolyse hab ich mich (mehr oder weniger) an dieser Anleitung HIER orientiert. Und hat ja geklappt wie man sieht :)

Moin,

das ist eine interessante Quelle und Dein Ergebnis sieht klasse aus!
Mich würde interessieren, wie lange die Elektrolyse gedauert hat, bis es soweit war?
Reden wir hier von Minuten oder Wochen? ;)


Danke & feine Grüße,
Gunther
 
Hi Gunther!

Vielen Dank - freut mich, dass Dir mein Restaurierungsversuch gefällt :)
Ich habe den Beilkopf über Nacht (~8-10 Stunden) im Elektrolysebad gelassen.
Danach den Schmodder abgespült und mit Nylonbürste + Schleifpads drüber und dann sah das Ding so aus, wie oben gezeigt.

Bei einem größeren Werkstück oder noch stärkerem Rost wiederholt man das Prozedere eben so lange, bis man mit dem Ergebnis zufrieden ist.

Viele Grüße
 
Schickes Teil hast du da zusammenrestauriert. ;)

Allerdings ist der Verlauf der Jahresringe im Stiel ist nicht so optimal. Eigentlich sollte der um 90° gedreht sein, so dass die Ringe auf einer Ebene mit dem Blatt liegen. Es macht bei einem Beil vermutlich nicht soviel aus, aber wenn du mal eine Axt restaurierst würde ich versuchen drauf zu achten.


Ookami
 
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