Es gibt viele Möglichkeiten, die Wärmebehandlung und die Härte einer Klinge zu prüfen (zu machen ???).
Fangen wir beim einfachsten an und schreiten in Richtung high tech fort:
1. Die Klinge benutzen. Wenn sie sich gut schärfen läßt und kräftigen Einsatz klaglos übersteht, ist eigentlicH alles in Ordnung.
Der Vorteil bei dieser Vorgehensweise ist, daß sie nichts kostet und Platz für viele Illusionen läßt (mein Messer ist auf geheimnisvolle Weise auf mindestens 80 HRC gehärtet und ist einfach nicht stumpf und kaputt zu kriegen).
Diese Illusion verfliegt sehr schnell, wenn man das Messer aus der Hand gibt, am besten einem absoluten Laien oder-noch gefährlicher-einem "Fachmann".
2. Feilprobe
Mit einer neuen feinen Feile vorsichtig schräg über die Schneide fahren.
Greift die Feile leicht und ohne Druck, spricht vieles dafür, daß die Klinge zu weich ist. Greift sie mit Druck überhaupt nicht, ist sie entweder zu hart oder vorzüglich-das muß man dann ausprobieren.
Greift die Feile mit Druck noch so eben, liegt man bei ca 58-60 HRC und sollte zufrieden sein.
Es gibt spezielle Härteprüffeilen mit unterschiedlich harten Prüfkörpern zum Vergleich. Fachleute können damit den Härtebereich von 56-66 HRC einigermaßen genau erkennen.
3. Walk-Probe
Die Klinge wird mit der Schneide schräg über einen festen runden Körper gezogen. Sie soll dabei buckeln und wieder in die ursprüngliche Form zurückkehren.
Das funktioniert am besten bei dünn ausgeschliffenen Schneiden. Bei Schneidenwinkeln von 40 Grad plus funktioniert das wegen der zu großen Steifigkeit nicht mehr so richtig.
Knistert es dabei und es gibt kleine Ausbrüche, ist die Klinge in Relation zu ihrer Zähigkeit zu hart. Dieser unerfreuliche Zustand kann auch bei weichen, aber grobkörnigen Klingen vorkommen. Auch sehr harte, aber feinkörnige Klingen können diese Probe schadlos überstehen.
Bleibt der "Buckel" stehen, ist die Klinge definitiv zu weich.
4. HRC- oder Vickers-Messung
Diese Prüfung hat den Vorteil, klare meßbare Ergebnisse zu zeitigen.
Bei tiefen Reliefätzungen versagt sie, weil keine ebene Prüffläche vorhanden ist.
Die Aussagefähigkeit der Härteprüfung allein wird oft überschätzt:
Eine relativ weiche Klinge kann gleichwohl spröde, weil grobkörnig sein.
Eien sehr harte Klinge kann spröde oder aber gut sein-wenn sie eben feinkörnig genug ist.
Stimmt das Ergebnis der Prüfung Nr. 4 nicht mit den gemachten Erfahrungen überein-zurück zu Stufe 1 und alles nochmal testen.
Zum Nachhärten:
Ich möchte mal behaupten, wenn der Verkäufer/Macher der Klinge keine Angaben zu den verwendeten Werkstoffen macht oder machen kann, kann man von zweierlei Befunden ausgehen:
1. Es ist nichts besonderes in der Klinge verarbeitet, weil das mit Sicherheit hervorgehoben worden wäre.
2. Der C-Gehalt wird sich im mittleren bis oberen Federstahlbereich bis unteren Werkzeugstahlbereich bewegen.
Damit hat man einen Rahmen, der die Wärmebehandlung vorgibt: Kurze Erwärmung auf 800-820 Grad, ab in Öl, zweimal anlassen auf ca 200 Grad, überprüfen des Ergebnisses nach Lust und Laune nach Methoden 1-4.
Mit dem Nachhärten kann man natürlich nur Potential herausholen, das in dem Stahl vorhanden ist. Man kann auch davon ausgehen, daß der Hersteller, der immerhin Damast schmieden konnte, auch die Grundzüge der Wärmebehandlung verstanden hat. Ob man also durch Nachhärten etwas verbessert, kann zweifelhaft sein.
Freundliche Grüße
U. Gerfin