Abu
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Werte Messerfreunde,
"Die Tugend des Messers ist die Schärfe."
Auf diesen einfachen Nenner brachte der weise Aristoteles vor gut 2.300 Jahren das Wesen eines Messers. Dem könnten wir vermutlich heute noch zustimmen, wenngleich ich als Freund schöner und/oder nützlicher Messer zu einem "Aber" neige. Ok, Materialien oder Design mögen als Sekundärtugenden durchgehen, aber pure Schärfe als Selbstzweck??? Das reizte mich zum Feldversuch, ein geeignetes Messer war natürlich schnell zur Hand.
Ich hab vor wenigen Wochen von einem Forumskollegen ein schönes (sicher aber nützliches) Messer erwerben können, handgemacht von Gerhard Wieland, dem Schmied. Mit dem Prädikat "prima User" hatte es mein Vorbesitzer bereits einmal in der Galerie gezeigt.
Zunächst die Daten:
Gesamtlänge 195 mm, Klinge 90 mm, schlanke 2 mm Klingenrücken, Griff: stabilisierte Mehlbeere, Bronzezwinge und -pin, 82 Gramm ohne Scheide, Ledersteckscheide ohne Gürtelschlaufe, passt perfekt in die Hosentasche. Den Stahl kann ich nur von einem Parallel-Modell ableiten: 1.1545, differentiell gehärtet.
Das Messer kam recht scharf bei mir an, ich zog es noch kurz über's Leder, aber Rasierschärfe hatte es noch nicht. Wozu auch? Spielend glitt die schneidfreudige Klinge durch das Gemüse, die Zutaten für ein "Grünes Couscous" zerfielen mundgerecht. Auch ohne maximale Schärfe war die erste Aufgabe gemeistert.
(Bilder: Vor dem Schnibbeln und fünfzehn Minuten und eine schöne Patina weiter.)
Sicher, das hätte mein Santoku stilvoller und evtl. etwas schneller geschafft. Aber hätte ich das auch für die nächste Übung "im Busch" eingesetzt, bei unbestreitbar bester Schärfe? Wohl kaum, die zweitbeste, dafür nützliche Gebrauchsschärfe sprach eindeutig für Meister Wielands User!
Bei einer winterlichen Wanderung hatten die Licht-und-Schatten-Zonen an den Waldrändern und Lichtungen meine erhöhte Aufmerksamkeit. Hier, "kühler Fuß, warmer Kopf" gedeiht das Geißblatt, schlängelt sich an Ästen und jungen Bäumen empor und hinterlässt über die Jahre oft tiefnarbige Spuren im Holz. Selten hatte ich soviel Auswahl wie an jenem Tag und Standort! Und ebenso selten war mein Fundstück, eine schön vom "Schmarotzer" gezeichnete Wildkirsche. Meine mitgeführte Klappsäge erledigte zunächst das Grobe.
Mit Schnitzen vor Ort war leider nichts, bei Schneeregen und wenigen Plusgraden hätte ich mir die Finger abgefroren. „Meister Wieland“ blieb der Kellerarbeit vorbehalten. Die wurde zum Vergnügen, das Messer zog nur so durch Rinde und Bast, die Späne des Splintholzes flogen. Mit der Spitze ließen sich feine Kurven schneiden; selbst bei seitlichem Druck machte ich mir bei dem Stahl keine Gedanken um Klingenausbrüche. Nur zum Freilegen der tief eingewachsenen Triebe nutzte ich ein Hohlbeitel, das schafft kein Messer.
Mein "Stenz" war fertig, das Wieland-Messer zeigte immer noch eine ordentliche Gebrauchsschärfe, es scheint mir für derartige Holzschnibbeleien prädestiniert. Für die dritte Übung kitzelte ich die Schneide dann jedoch auf Rasierschärfe hoch, auf "maximale Tugend", sozusagen.
Gartenarbeit: Der milde Winter ließ die jungen Triebe des Zebragra' schon kräftig wachsen, das trockene Altgras musste weg. Wer schon mal exotische Gräser gekappt hat, der weiß, wie zäh die Dinger sein können, selbst wenn es kein Bambus ist. Kein Problem für "Wieland", mit der puren Schärfe wurde der Beschnitt sogar mal zum Spaß!
Das Gras lag darnieder - und mit ihm die philosophische Betrachtung des Aristoteles? Zumindest erscheint sie mir nach meiner (nicht ganz ernst gemeinten) empirischen Studie ergänzungswürdig:
"Die Tugend des Messers ist die Schärfe."
"Die Tugend des Nutzers ist das Wissen um die richtige Gebrauchsschärfe."
In diesem Sinn wünsche ich allzeit Tugendhaftigkeit!
Abu
PS: Ach ja, das Wieland-Messer ist echt ein prima User! Dank an Enzio, der es mir überlassen hast.
"Die Tugend des Messers ist die Schärfe."
Auf diesen einfachen Nenner brachte der weise Aristoteles vor gut 2.300 Jahren das Wesen eines Messers. Dem könnten wir vermutlich heute noch zustimmen, wenngleich ich als Freund schöner und/oder nützlicher Messer zu einem "Aber" neige. Ok, Materialien oder Design mögen als Sekundärtugenden durchgehen, aber pure Schärfe als Selbstzweck??? Das reizte mich zum Feldversuch, ein geeignetes Messer war natürlich schnell zur Hand.
Ich hab vor wenigen Wochen von einem Forumskollegen ein schönes (sicher aber nützliches) Messer erwerben können, handgemacht von Gerhard Wieland, dem Schmied. Mit dem Prädikat "prima User" hatte es mein Vorbesitzer bereits einmal in der Galerie gezeigt.
Zunächst die Daten:
Gesamtlänge 195 mm, Klinge 90 mm, schlanke 2 mm Klingenrücken, Griff: stabilisierte Mehlbeere, Bronzezwinge und -pin, 82 Gramm ohne Scheide, Ledersteckscheide ohne Gürtelschlaufe, passt perfekt in die Hosentasche. Den Stahl kann ich nur von einem Parallel-Modell ableiten: 1.1545, differentiell gehärtet.
Das Messer kam recht scharf bei mir an, ich zog es noch kurz über's Leder, aber Rasierschärfe hatte es noch nicht. Wozu auch? Spielend glitt die schneidfreudige Klinge durch das Gemüse, die Zutaten für ein "Grünes Couscous" zerfielen mundgerecht. Auch ohne maximale Schärfe war die erste Aufgabe gemeistert.
(Bilder: Vor dem Schnibbeln und fünfzehn Minuten und eine schöne Patina weiter.)
Sicher, das hätte mein Santoku stilvoller und evtl. etwas schneller geschafft. Aber hätte ich das auch für die nächste Übung "im Busch" eingesetzt, bei unbestreitbar bester Schärfe? Wohl kaum, die zweitbeste, dafür nützliche Gebrauchsschärfe sprach eindeutig für Meister Wielands User!
Bei einer winterlichen Wanderung hatten die Licht-und-Schatten-Zonen an den Waldrändern und Lichtungen meine erhöhte Aufmerksamkeit. Hier, "kühler Fuß, warmer Kopf" gedeiht das Geißblatt, schlängelt sich an Ästen und jungen Bäumen empor und hinterlässt über die Jahre oft tiefnarbige Spuren im Holz. Selten hatte ich soviel Auswahl wie an jenem Tag und Standort! Und ebenso selten war mein Fundstück, eine schön vom "Schmarotzer" gezeichnete Wildkirsche. Meine mitgeführte Klappsäge erledigte zunächst das Grobe.
Mit Schnitzen vor Ort war leider nichts, bei Schneeregen und wenigen Plusgraden hätte ich mir die Finger abgefroren. „Meister Wieland“ blieb der Kellerarbeit vorbehalten. Die wurde zum Vergnügen, das Messer zog nur so durch Rinde und Bast, die Späne des Splintholzes flogen. Mit der Spitze ließen sich feine Kurven schneiden; selbst bei seitlichem Druck machte ich mir bei dem Stahl keine Gedanken um Klingenausbrüche. Nur zum Freilegen der tief eingewachsenen Triebe nutzte ich ein Hohlbeitel, das schafft kein Messer.
Mein "Stenz" war fertig, das Wieland-Messer zeigte immer noch eine ordentliche Gebrauchsschärfe, es scheint mir für derartige Holzschnibbeleien prädestiniert. Für die dritte Übung kitzelte ich die Schneide dann jedoch auf Rasierschärfe hoch, auf "maximale Tugend", sozusagen.
Gartenarbeit: Der milde Winter ließ die jungen Triebe des Zebragra' schon kräftig wachsen, das trockene Altgras musste weg. Wer schon mal exotische Gräser gekappt hat, der weiß, wie zäh die Dinger sein können, selbst wenn es kein Bambus ist. Kein Problem für "Wieland", mit der puren Schärfe wurde der Beschnitt sogar mal zum Spaß!
Das Gras lag darnieder - und mit ihm die philosophische Betrachtung des Aristoteles? Zumindest erscheint sie mir nach meiner (nicht ganz ernst gemeinten) empirischen Studie ergänzungswürdig:
"Die Tugend des Messers ist die Schärfe."
"Die Tugend des Nutzers ist das Wissen um die richtige Gebrauchsschärfe."
In diesem Sinn wünsche ich allzeit Tugendhaftigkeit!
Abu
PS: Ach ja, das Wieland-Messer ist echt ein prima User! Dank an Enzio, der es mir überlassen hast.