dumme/gute Frage: einsatzstahl?!

Litle

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Warum nutzt man eigentlich keinen Einsatzstahl zum Messermachen?
Wäre doch genial einfach eine Feste Ausenschicht für die Schneide, und eine Zähe innenschicht für die Elastizität....
 
Hm, so wie ich mir das gerade vorstelle, ergibt das einen "Milchschnitte-Effekt" (grad mal so erfunden), d.h. außen isses schon gebrochen oder rissig, während das innere sich noch biegt, da find ich das klassische schon sinnvoller, hat sich ja auch jahrhundertelang bewährt, und das wohl nicht umsonst

Und dumme Gegenfrage, bin ja kein Metaller...was ist "Einsatzstahl"?
 
Hallo Litle
Keine dumme Frage !
Mit einen Einsatzstahl "harte Oberfläche - relativ zäher Kern" lassen sich mit Sicherheit sehr gute Messer herstellen. 64 HRc sind da ja absolut kein Problem.
Ich denke es scheitert daran, dass das Aufkohlen ein sehr kostenintensiver Prozess ist, und ein "normaler Messermacher" nicht über einen Mehrkammerofen für einige 100.000 Euro verfügt.
Und weshalb einen sehr aufwendigen Prozess durchführen, wenn man die guten Eigenschaften auch mit einem Werkzeugstahl und mit einem Ofen für vielleicht 1000 Euro oder gar mit dem Schmiedefeuer hinbekommt.
Ich denke auch, dass der zähe Kern des Einsatzstahls gar nicht so sehr beim Messer benötigt wird! Bei den üblichen Klingendicken wird die Aufkohlung fast die gesamte Dicke durchdringen.
Außerdem gibt es keine "rostfreien" Einsatzstähle.

Gruß Klaus
 
Und dumme Gegenfrage, bin ja kein Metaller...was ist "Einsatzstahl"?

Einsatzstähle sind Stähle mit einem niedrigen C-Gehalt, so zwischen 0,15-0,25%. Sie werden hauptsächlich für Getriebeteile wie Zahnräder u.s.w. verwendet. Durch Aufkohlen der Randschicht ca. 0,6-1,2mm auf ca. 0,8%C wird die Oberfläche richtig hart und verschleißarm. Der Kern bleibt relativ zäh und hat nach dem Härten so zwischen 1000-1400N/mm².

(16MnCr5, 20MnCr5, 15CrNi6, 20MoCr4, 25MoCr4, 17CrNiMo6 ... das sind übliche EInsatzstähle)

Gruß Klaus
 
Ahja, vielen dank :)

Ich glaub ich habe vorhin eher in Macheten/Schwertkategorien gedacht... *g* ein ziviles Messerchen muss natürlich nicht unbedingt Hebeln oder Hiebe abfangen können...
 
Randschicht 0,6-1,2mm. dann härten, dann Schneide anbringen, und schon hast du 0,6-1,2mm abgeschliffen.

Grüße Willy
 
Soetwas wurde meines Wissens schon gemacht seit dem der Aufkohlungsprozess bekannt war.
Es wurden Klingen in Leder eingewickelt und mit Lehm umschlossen und dann geglüht. -frühes Mittelalter, auch Feilen/Raspeln aus Eisen wurden so behandelt.
Im 19.Jh wurden auch Säbelklingen in großen Kohlekästen aufgekohlt. "Cementieren" nannte man das.
Zu einem einseitig unangenehmen Zwischenfall soll es in Ägypten gekommen sein: britische Truppen setzten Säbel gegen Einheimische ein die mit landesüblichen Säbeln ausgerüstet waren.
Die britischen Säbel bogen sich im Bereich des Gefässes -was no amusement.
In Unkenntnis das aufgekohlte Klingen geliefert wurden, hatten die insularen Gefässmacher beim Anbringen der Parierstangen das Mat bis zum weichen Kern abgetragen. Angeblich stammten die Klingen aus Solingen. Dumm gelaufen.
mfG. Hartzahn
 
und schon hast du 0,6-1,2mm abgeschliffen.
Nicht unbedingt WiCon. Du mußt ja die 0,6 -1,2mm von jeder Seite rechnen. Die unteren 10-15 mm der Schneide wären locker auf- bzw. durchgekohlt und somit hart.

Klaus
 
öhm, schleifst du wirklich im harten zustand noch 1 mm PRO SEITE weg?!

wenn das einsatzhärten zu tief geht, was bei minimalen einhärte tiefen von ~0,4 eigentlich noch nicht der fall sein sollte, dann wäre doch Gasnitrieren noch was, oder? (naja bissel überdimensionierter Aufwand :)) aber da werden nur bis max 0.2 mm hart, die dafür richtig...

ganz nebenbei, wofür braucht man da nen mehrkammer ofen? in dem Betrieb in dem ich gelernt hab haben die gaaaanz früher in nem ganz normalen härteofen mitnem kohlenkasten ghärtet....
 
Nicht unbedingt WiCon. Du mußt ja die 0,6 -1,2mm von jeder Seite rechnen. Die unteren 10-15 mm der Schneide wären locker auf- bzw. durchgekohlt und somit hart.

Klaus

Hallo

Locker 10-15 mm würde ich zumindest für mich nicht sagen.
Wenn wer sehr sicher ist, das Finish betreffend okay.
Ich würde mir damit die Optionen einschränken, die Optik noch etwas anzupassen.
DAs meinte Willy wohl auch mit seinem Beitrag.

Stefan
 
@Litle
wofür braucht man da nen mehrkammer ofen?
Naja- Wenn man so etwas anfängt, dann macht man das natürlich auch von Anfang an richtig !:steirer: Mit C-pot Steuerung und allem PiPaPo.:)

Jetzt mußt Du mir aber noch erklären wo Du das Gasnitrieren drin machen würdest.

Gruß Klaus
 
Klaus hat auf den Kern des Problems hingewiesen: Warum soll man bei den fast unzähligen Möglichkeiten geeigneter Werkzeugstähle, bei denen man zwischen "fast unzerstörbar" bis "rasiermessergeeignet" wählen kann, noch aufkohlen, um ein Messer zu machen?
Technisch schwierig ist der Vorgang allerdings nicht. Er kostet nur etwas Zeit. Die klassische Technik, mit der man das Ausgangsmaterial für den gerade für Schneidwerkzeuge besonders geeigneten Raffinierstahl hergestellt hat, war das Aufkohlen in großen Kisten in Holzkohle. Dabei wurden große Mengen aufgekohlt und der Vorgang dauerte mit Hochheizen und Abkühlen bis zu drei Wochen.
Das Verfahren läßt sich beschleunigen, wenn der Holzkohle Stoffe beigemischt werden, die gewisse katalisatorische Wirkungen haben. Verkohltes Leder, verkohltes Horn u. ä. führen nicht nur Kohlenstoff, sondern in gewissem Maß auch Stickstoff zu und beschleunigen die C-Aufnahme.
Der berühmte Naturforscher Reaumur hat umfangreiche Versuche mit allen möglichen Mischungen der Aufkohlungsmittel gemacht. Das ist in dem Buch "Die Kunst des Messerschmieds" nachzulesen.
Heute sind bewährte Aufkohlungsmittel im Handel, bei denen sich die Aufkohlungstiefe und die Höhe des C-Gehalts recht gut einstellen läßt.
Zum Spielen braucht man aber gar nicht viel: Das klassische Einsatzpulver besteht aus Holzkohlengrus als C-Träger und Bariumcarbonat als Katalysator und wird im Verhältnis 90 zu 10 bis 60 zu 40 eingesetzt. Bei ca 950 Grad erreicht man eine Aufkohlungstiefe von etwa 1mm und ca 0,8-0,9 % C in 4 Stunden. Bei höheren Temperaturen wird die C-Aufnahme beschleunigt und der C-Gehalt kann in den Randzonen bis 1,8 % und mehr ansteigen.
Da beim Aufkohlen kaum sonstige Oberflächenreaktionen stattfinden, kann man eine Klinge aus Einsatzstahl fertig schleifen und dann aufkohlen. Begeisternd wird die Leistung aber dann auch noch nicht sein, weil durch die lange Erhitzung ohne Verformung sowohl das Matrix- wie auch das Karbidkorn grob ausfällt und die Karbide sich zusätzlich auf den Korngrenzen abgesetzt haben, also den für die mechanischen Eigenschaften ungünstigen Korngrenzenzementit gebildet haben. Das kann man wieder durch scharfes Normalisieren oder doppelt/dreifach Härten beseitigen und bekommt dann in der Tat eine schneidhaltige und äußerst bruchfeste Klinge- etwa so, als hätte man gleich C75 genommen.
Bei kleinen Gegenständen kann man auch die Reduktionszone eines guten Schmiedefeuers zum Aufkohlen nutzen. Ich mache das gern bei Pfeilspitzen, die ich aus Baustahl schmiede, die aber durch hohes Erhitzen eine beachtliche Randaufkohlung erfahren. Meine Beschußversuche mit 2,5 mm Eisenblech habe ich mit diesen Spitzen gemacht und sie überstanden sie ohne Beschädigung (Natürlich Bodkinspitzen und keine Broadheads).
MfG U. Gerfin
 
Hallo Ulrich
Das kann man wieder durch scharfes Normalisieren oder doppelt/dreifach Härten beseitigen und bekommt dann in der Tat eine schneidhaltige und äußerst bruchfeste Klinge- etwa so, als hätte man gleich C75 genommen.
:super:
Du hast es wieder mal genau auf den Punkt gebracht.

Gruß Klaus
 
naja, das gasnitrieren geht dann nichtmehr im durchschnits Ofen, ich muss zugeben dass ich nichtmal so gaaanz genau weis wie das funktioniert....
(warmmachen auf ca 500°C in Stickstoffatmosphäre oder? und soundso lange halten...)
Is ja auch wurscht.

Der Beitrag von U. Gerfin hat mir gesagt dass ich mal wieder übers ziel hinaus geschossen binn was die relation Nutzen/Aufwand angeht :))
Könnte daran liegen dass ich Berufsbedingt ne panische angst vor wegbrechenden harten Kernen habe (formenbau)
 
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