EDC 1.2442 und Flieder

Taperedtang

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Hallo,

nach meinem „Experiment“ mit 125 SC Stahl, schwenke ich nun mal um zum 1.2442 Stahl. Der 1.2442 ist ein wolframlegierter Kaltarbeitsstahl, der für das Erreichen hoher Härten, seine gute Zerspanbarkeit und geringe Maßänderungen bekannt ist. U. a. wird für seinen Verwendungszweck „Bleche für Metallsägen“ angegeben. Er eignet sich auch hervorragend für Messerklingen. Er ist ausreichend zäh, ist schnitthaltig und ist sehr hoch härtbar. Trotz seiner hohen Härte, ist das Schärfen kein Problem. Achim Wirtz hat mit dem 1.2442 einen Schnippeltest durchgeführt, der interessant zu lesen ist.

Zur Erinnerung nochmal die Zusammensetzung (in %):

C: 1,10 – 1,20 Cr: 0,15 – 0,25 Mn: 0,20 – 0,40 Si: 0,15 – 0,30 P: 0,035 S: o,o35 W: 1,80 – 2,10

Ich habe aus dem 1.2442 zwei Messer gebaut. Das Erste von den Beiden stelle ich heute vor. Es soll als EDC und Universalmesser einsetzbar sein. Zu den Daten:

Gesamtlänge: 16 cm

Klingenlänge scharf: 6,5 cm

Klingenstärke: 2,7 mm

Klingenform: Droppoint

Schneide: ballig auf 0 mit Microfase ca. 35° die Stärke oberhalb der Wate beträgt 0,3 mm

Stahl: 1.2442 (115W8) ca. 63 HRc

Griff: Fliederholz (wurde etliche Jahre gelagert und stammt aus dem Garten meines Vaters) Die Griffschalen sind mit 0,5 mm starkem, schwarzem Vulcanfiber unterlegt und mit zwei 4 mm Messingpins befestigt.

Es liegt noch nicht lange zurück, da habe ich mich mit xtorsten zum Thema Fehler beim Messerbauen ausgetauscht. Wie könnte es nicht anders sein, ist mir nach gutem Start des Projekts ein absoluter Anfängerfehler passiert. Einige Minuten unkonzentrierter Arbeit haben für die Produktion von zwei linken Griffschalen ausgereicht. Im Bild sieht man die beiden Griffschalen von denen eine schon wieder zum Verkleben des Vulcanfibers von mir vorbereitet wurde (somit beidseitig mit Vulcanfiber beklebt wurde). Glücklicherweise lässt sich Vulcanfiber leicht wieder abschleifen, nervig war es aber trotzdem.




Zur Bearbeitung der Materialien:

Der 1.2442 verhält sich bei der Bearbeitung ähnlich wie D2, er ist nicht ganz leicht zu bearbeiten. Weichgeglüht und mit gutem Werkzeug stellt er aber keine besondere Herausforderung dar. Nach dem Härten ist die Bearbeitung schwierig aber dennoch machbar. Der D2 ist gehärtet deutlich biestiger, obwohl der 1.2442 i. d. R. höher gehärtet ist. Das Finishen des 1.2442 ist nicht einfach. Bei der Herstellung einer gleichmäßigen Satinierung habe ich mich schwer getan.

Das Fliederholz ist wunderbar zu bearbeiten, der Fliederduft begleitet einen dabei die ganze Zeit. Schleifen und Bohren ist kein Problem. Ich hatte nur den Eindruck, dass das Holz obwohl es sehr trocken war sehr elastisch ist. Beim Bohren auf Nenndurchmesser der Pins, waren die Pins deutlich zu groß für das gebohrte Loch, da musste ich nachsteuern. Beim Arbeiten mit Fliederholz sollte man peinlich genau auf Sauberkeit achten (insbesondere bei den Schleifmitteln), sonst arbeitet man den Schmutz in das helle Holz. Die dunklen Verfärbungen im Holz lassen sich dann nicht mehr entfernen (da hilft nur noch abschleifen). Das Holz lässt sich sehr gut polieren. Es fühlt sich danach fast wie lackiert an.

Bilder zum Messer:












Die Tests:

Heute Morgen war mir nach einem kräftigen Frühstück auf der Terrasse, so gab es Eier mit Speck mit Butterbrot, Tomaten und Gurken. Wie es sich für ein EDC gehört, waren die damit verbundenen Aufgaben keine Herausforderung.





Gut gestärkt nach dem Frühstück, habe ich dann ca. 20 min an einem sehr trockenen Haselnussstecken herumgeschnitzt. Die Eindringtiefe in das harte und trockene Holz hat mich überrascht und beeindruckt, das Messer schneidet wie der Teufel. Nach der Schnitzarbeit rasierte das Messer ohne einen spürbaren Schärfeverlust. Für mich hat es sich hiermit bestätigt, dass eine ballig geschliffene Klinge mit ca. 0,3 mm oberhalb der Wate (entsprechender Stahl vorausgesetzt) eine für mich ideale Kombination bzgl. Stabilität der Schneide und Schneidverhalten darstellt.




Viele Grüße
Matthias
 
Klasse Messer, klasse Stahl (y)!!

"Nach der Schnitzarbeit rasierte das Messer ohne einen spürbaren Schärfeverlust. Für mich hat es sich hiermit bestätigt, dass eine ballig geschliffene Klinge mit ca. 0,3 mm oberhalb der Wate (entsprechender Stahl vorausgesetzt) eine für mich ideale Kombination bzgl. Stabilität der Schneide und Schneidverhalten darstellt."

Mein Reden ;) ...

R'n'R
 
Hallo Matthias,

sehr saubere Arbeit, tolles Messer und super Fotos - und interessante Infos dazu. Vielen Dank!

.....Flieder mag ich auch gut leiden. Du hast da ein gutes Stück gepflückt;)
Ich hab noch Holz aus dem Wuzelstock von vor vielen Jahren - und habe das auch als Erfahrung, dass es sehr gut poliert.
Ähnlich wie Buchsbaum. Ganz feine Poren und man bekommt einen schönen Glanz hin. Technisch eines der besten Hölzer, die man aus dem Garten hier bekommen kann.

Gruß,
Torsten
 
Servus Matthias
ein gelungenes Messer zeigst du da ! Das Problem mit den Griffschalen ist mir auch schon passiert, plötzlich hat man zwei wunderschöne Schalen für die rechte Seite.
Der 2442 Stahl ist klasse und das Fliederholz ist eine Augenweide, davon habe ich noch zwei Stammabschnitte hier liegen.
Saubere Arbeit!

Norbert vom Neckar
 
Liiiiieber Taperedtang

Machst du mir auch eines? Ganz grosses BITTTTEEEE!

Ich bin absolut schockverliebt in dieses Messer. Toll gemacht.

Ulli

 
Vielen Dank an alle, für die positiven Kommentare!

@xtorsten
Danke, Torsten! Kannst Du mir sagen, ob Fliederwurzelholz eine besondere Maserung hat oder ist es ähnlich gemasert wie das Stammholz?

@no bird
Dein Lob freut mich Norbert! Ich habe auch noch ein bisschen Fliederholz rumliegen. Habe aber den Fehler gemacht, einen Teil davon in zu dünne Brettchen zu schneiden. Ergebnis war, dass alle Brettchen beim Trocknen übel gerissen sind. Das passiert mir auch nicht nochmal.

@swifty58
Dass Du so begeistert von meinem Messer bist, freut mich sehr Ulli! Leider bin ich zur Zeit mit meinen Projekten und meinem Job ziemlich ausgelastet und meine Kinder liegen mir auch in den Ohren, dass sie noch weitere Messer von mir haben möchten. Ist zur Zeit also schwierig.

Gruß
Matthias
 
Ich gebe ja zu, Du hattest Recht, ich musste es trotzdem erst ausprobieren. :D
... und das Schöne ist, dass die Geometrie auch bei der Lebensmittelzubereitung ("Foodprep" :D) Spaß macht. Wenn man ehrlich ist, macht eine schlank-ballige Geometrie den Flachschliff mit V-Fase eigentlich obsolet ;)

Tolle schnörkellose Klinge, schönes Holz (mir gefällt die weniger gemaserte unaufgeregte Griffschale sogar noch einen Ticken besser). Danke für's Zeigen!
 
Matthias: so sieht ein Stück aus der Wurzel bzw. dem Wurzelstock aus:

IMG_20210905_205006.jpg

Oben 'natur' bis 2500 geschliffen (und man sieht das helle Splintholz noch, wie man es aus dem Stamm kennt).
In der Mitte dann geölt mit Hartwachsöl und unten Alcannawurzel in Terpentin plus Hartwachsöl.

Das Bild täuscht ein wenig und das Kunstlicht macht es nicht besser. Ganz so kräftig dunkel wie unten ist es nicht wirklich sondern etwas blasser, aber von der Struktur und den Riegeln passt es.
Es ist nicht einfach, ein für Messergriffe passendes Stück rauszuschneiden, da die Wurzel schon nicht groß ist und man hat immer auch irgendwo eine Fehlstelle, die man noch zugießen muss. Anders als beim Stamm, der viel homogener und geschlossen dicht ist.
....die Wurzel habe ich Mal vor über 20 Jahren als Abfall an einem See gefunden ;)

Gruß,
Torsten
 
Danke fürs Zeigen, Torsten. In "natur" gefällt es mir sehr gut aber auch das behandelte Holz sieht gut aus, die Maserung ist klasse. Es ist wie immer im Leben, man muss nur die Augen offen halten, dann kann man so manches "Schmuckstück" entdecken. 😁

Gruß
Matthias
 
Moin Matthias,

wunderbares, schlichtes und zugleich elegantes Messer. Genau so etwas stelle ich mir persönlich unter der Aussage "mehr braucht es nicht" vor.
Ein Messer, was mit den Jahren der Nutzung immer mehr an Charakter gewinnen wird.

Gruß,

Nick
 
Hallo Nick,
danke für deinen Kommentar. Ja, ich bin auch zufrieden mit dem Messer. Dieses Messer werde ich auch sicher nicht abgeben. Wenn ich es in die Hand nehme, sehe ich den Flieder im Garten meines Elternhauses vor mir, den ich schon vor vielen Jahren als Kind bewundert habe. Leider wurde er vor etlichen Jahren gefällt.

Gruß
Matthias
 
Hi Matthias,

einfach nur WOW!
Wunderschön geworden. Das Highlight an diesem Projekt ist für mich das Griffmaterial.
Nicht nur dass es natürlich einen persönlichen Hintergrund und damit einen hohen emotionalen Wert hat - es sieht einfach Klasse aus!
Wie sagte [Nick] weiter oben: "Schlicht und elegant" - das trifft es wirklich auf den Punkt.
Und natürlich tolle Fotos.

Viele Grüße
Timo
 
Nachdem der User 1.2442 seine Lederscheide bekommen hatte, war das Fliedermesser auch noch dran. Ich habe mir gedacht, dass zu dem hellen Fliedergriff, als Kontrast, schwarz ganz gut passt.

Walkleder 3mm, schwarz gefärbt, hangenäht und gefettet.





Gruß
Matthias
 
Sehr stimmig das Farbkonzept, gefällt mir ausgesprochen gut. Und die Verarbeitung ist tadellos. Einfach nur schön. Toll gemacht. Ganz grosses BRAVO.
 
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