Einfache WB Sägeblattstahl (verchromt)

Erka

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Hallo,

ich habe nochmal einige Fragen an die Stahlexperten. Die Fragen gehen auf meine Anfrage "Anfängerfrage Stahl [selbsthärtend V2A/V4A] zurück, haben sich aber doch etwas von der ursprünglichen Fragestellung entfernt, dass ich mir erlaube hierzu nochmal ein eigenes Thema aufzumachen.

Ich habe mir 2 mm starke verchromte Gattersägeblätter (für Holz) besorgen können. Eines davon ist lt. Hersteller aus 1.2235 (80CrV2) und ich gehe einfach mal davon aus dass auch das andere Sägeblatt aus demselben oder einem zumindest sehr ähnlichen Material ist.

Der Stahl ist durchgehend so hart, dass ich ihn sowohl mit guten als auch billigen Baumarktfeilen noch bearbeiten kann (gibt aber schon kräftige Oberarme). Bohren mit HSS-G Bohrern war grenzwertig, ein Loch ging gut, bei 2 Löchern ging zwischendurch mal nix mehr, bevor sich der Bohrer dann doch durchgefressen hat. An Stellen, wo ich den Stahl beim Flexen sehr stark erwärmt habe, ist er deutlich härter (Feile greift nicht mehr).

Meine ursprünglichen Fragen bezogen sich nur auf den Bau einer Machete, aber wenn ich schon mal das Blech organisiert habe, werde ich natürlich auch versuchen andere Messer mit entsprechend dünner Kline draus zu machen (Küchenmesser, kleine Messer...).

1. Sehe ich das richtig, dass der Stahl sicher schon irgendeine Art der Vergütung / Wärmebehandlung erfahren hat, also härter ist als er nach Weichglühen wäre?

2. Nur teilweise härten: Ulrich Gerfin hatte vorgeschlagen, dass ich die Klinge vor allem im Schneidenbereich auf Härtetemperatur bringe und dann im Öl abkühle. Würde ich den Stahl in den nicht so stark erhitzen anderen Bereichen dann nicht eher auf Weichglüh-Temperatur bringen und somit die guten Eigenschaften des Materials im jetzigen Zustand (Elastizität, Zähigkeit) verlieren? Oder wird das üblicherweise so gemacht?

3. Wie ist das denn generell, wenn man nur die Möglichkeit hat ein einfaches Grillfeuer zu benutzen und keine Erfahrung hat. Bei mir sähe das wohl so aus, dass ich die Klinge zum schon roten Glühen zu bringen versuche, was mir sicher nicht sehr gleichmäßig über die gesamte Länge gelingt, und ob es jetzt 750 oder 850 °C sind sehe ich wohl auch nicht. Lange eine konstante Temperatur kann ich sicher am Grill auch nicht halten, so dass ich die Klinge dann rasch ins (Luftwarme) Ölbad werfen würde (Spitze voran, Schneide voran, egal ?). Dann noch 2 x 1-2h in den auf 200°C vorgeheizten Backofen, und jeweils nach 1-2h rausholen und an der Luft abkühlen lassen.
Ist eine schlechte WB besser als keine, oder soll man dann lieber die Finger ganz davon lassen?

3. Leidet die Chromschicht beim Härten am Holzkohlen-Grillfeuer? Ist Sonstiges zu beachten? Die üblichen Anlassfarben für Stähle gelten vermutlich bei verchromten Flächen auch nicht mehr ganz?

5. Speziell für die Anfertigung einer Machete:
Soll ich hier überhaupt eine laienhafte WB versuchen, wenn der Stahl schon "etwas" gehärtet ist (s. 1. Frage)? Denn was gut genug ist, um unzählige Baumstämme in Scheibchen zu sägen, sollte doch auch für ein Haumesser ausreichen ?
Beim Anlassen würde ich laut Datenblatt von Bestar bei 200°C auf eine Härte von 60 HRC kommen, bei 250°C (max. heimischer Backofen) auf etwa 57 HRC. Um auf 50 HRC runterzugehen (sinnvoller Wert für die Machete?) bräuchte ich schon 400°C und das schaffe ich ja nicht im Backofen.

So, ist doch wieder bisschen viel Text geworden. Hoffentlich interessiert das auch noch andere, und ich würde mich freuen paar Tipps und Antworten zu bekommen.

Grüße
Rainer
 
Du hast beim Feilen und Bohren selbst schon festgestellt, daß der Stahl recht fest ist und eine gute Elastizität hat er auch. Wenn die Dir angegebene Legierung stimmt, ist das ein ganz vorzüglicher , vielseitig verwendbarer stahl. Als Machete kannst Du ihn ohne weiteres so einsetzen, wie er ist, gegebenenfalls kannst Du auch, wie ich es schon vorgeschlagen habe, die Schneide überhämmern und so eine gewisse Kaltverfestigung erzielen, wie das beim Sensendengeln auch gemacht wird. Wenn Du Dein Grillfeuer mit dem Fön anbläst, wirst Du über die erreichbare Hitze erstaunt sein. Um das Ganze ohne großen Aufwand zu perfektionieren, mach einfach folgendes: Zwei Wälle aus lehmhaltiger Gartenerde werden im Abstand von 15-20 cm voneinander etwa 15 cm hoch aufgeworfen. Zwischen die Wälle kommt die Holzkohle. Durch einen der Wälle machst Du ein Loch und steckst ein passendes Rohrstück durch. Durch dieses Rohr bläst Du mit dem Fön oder einem Blasebalg oder womit auch immer Luft in das Feuer . Zur Not tut es auch ein guter Digeridoo- Spieler. Wenn Du die Klinge mit der Schneide nach unten durch das so angefachte sehr heiße Feuer ziehst, kommt die Schneide auf Härtetemperatur, ohne daß der Rücken die vorhandene Vergütung verliert.
Für kleinere Klingen würde ich ein Härten über die ganze Breite empfehlen. Eine Zähigkeitssteigerung über das normale Anlassen hinaus kann man dann durch höheres Anlassen am Rücken einstellen.
Bei dem relativ einfach legierten Stahl genügt eine kurze Haltezeit auf Härtetemperatur. Die richtige Temperatur ist durch die Magnetprobe festzustellen. Ich würde es einfach mal probieren. Es macht Spaß und ist viel einfacher, als man denkt. Die Perfektion wird allerdings erst nach einigem Üben, Nachdenken und Nachlesen kommen. Mit den drei Mitteln kann man aber eine ganze Menge erreichen.
MfG U. Gerfin
 
Es macht Spaß...

Stimmt, und ich werde es wieder tun!
Ich habe das am Wochenende gleich mal ausprobiert. Aus dem Stahl habe ich zusätzlich ein kleineres Messer angefertigt, und am Wochenende auf dem heimischen Grill gebraten, mit Rapsöl abgelöscht und dann noch 2 x 1 h bei 200° im Backofen ziehen lassen. Zusammen mit einem etwa 10 x 4 cm großen Versuchsstück.
Gelernt habe ich: Man braucht viel Kohle, und besser keine dieser (zum Grillen ja recht brauchbaren) Kohle-Presslinge/Briketts, da diese keine so feine Glut bilden. Ich hatte gewisse Schwierigkeiten, den Stahl konstant auf die (gut 10 cm kurze) Klingenlänge ausreichend heiß zu bekommen, trotz Föneinsatz. Aber letzendlich hats für den ersten Versuch ganz gut funktioniert.
Die Machete werde ich daher auch nicht härten, die Klinge ist mir dafür zu lang und das kriege ich sicher nicht gleichmäßig hin.

Den "Nagel-durchschlag-Test" hat das Teststück übrigens ganz gut überstanden, das Einspannen im Schraubstock und seitliches dagegenhämmern nicht, beim dritten nicht zu festen Schlag ist das Stück gebrochen. Ist wohl eher normal, oder?

Grüße Rainer
 
Zuletzt bearbeitet:
Machete fertig - Fotos

In die Galerie habe ich zwei Fotos des fertigen Stücks unter "Machete" gestellt.

Und das nächste Messer (ein Küchenmesser) wird schon zum Grillen vorbereitet...

Grüße Rainer
 
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