Einmal nicht nachgedacht und schon ist das Messer hin oder wie man den Erl abbricht

Lanfear

Mitglied
Beiträge
293
Muss mal meinen Frust über meine Dummheit loswerden.

Ich hatte mir eine schöne kleine Messerklinge aus einer Feile geschmiedet, geschliffen und gehärtet.

Und dann hab ich vorhin gesehen, dass der Erl nicht ganz in einer Linie mit dem Klingenrücken verlief.

Na klar! Gleich mal in den Schraubstock einspannen und richten (wie doof kann man sein). Schon beim zweiten mal Drücken war die Klinge auf den Boden gefallen und der Erl steckte noch im Schraubstock.
messer_feile_geschmiedet_zerbrochen_komplett.jpg


messer_feile_geschmiedet_zerbrochen_bruchstelle.jpg


Naja ich hab' mir dann ein Bier aufgemacht und rede mir seitdem ein, dass ich ja eigentlich nur mal das Stahlgefüge anschauen wollte.

Dann kam mir noch der Gedanke: Wenn das Messer "so schnell" zerbricht, dann wäre dies im fertigen Zustand früher oder später auch passiert.



Gruß

Heiko
 
Schade.
Aber das, was ich vom Gefüge bzw. von der Bruchfläche sehe, sieht gut aus, die Wärmebehandlung war wohl sehr gut. Keine Verarsche!
Aber Recht hast Du, hätte im Gebrauch auch passieren können. Hast Du die Klinge nicht differentiell gehärtet? Das bietet sich bei solchen Stählen ja geradezu an. Dann passiert sowas später nicht mehr.
Das mit dem Bier hast Du richtig gemacht.
Tim Wagendorp von der BKS hat mal gesagt, immer dann, wenn man noch eben was zuende bringen will beim Messermachen, dann sollte man sofort die Arbeit einstellen und ein Bier trinken.
Nun, das tröstet einen ja nicht, ich weiss. Aber shit happens.
Nimms leicht
 
Sehr ärgerlich, mir ist letztens sowas ähnliches passiert nur wars bei mir ein Maschinensägeblatt das im fertigen Griff gebrochen ist. :argw:


Aber kann man den Erl bei Deiner Klinge nicht wieder drannschweissen?
"Fleisch" wär doch noch genug da.
 
Also,
das Foto ist nicht die beste Grundlage für ein abschließendes Urteil, aber ich meine, wenn das Bruchgefüge darauf aussieht wie die Oberfläche einer Nagelfeile, dann ist die Wärmebeahndlung nicht optimal gelaufen.
Meiner Meinung nach ist das Gefüge ganz schön grob. Das Bruchgefüge eines Feilenstahl kann im Idealfall mit bloßem Auge betrachtet eine gleichmäßige graue Struktur haben, in der man einzelne Körner nicht mehr sehen kann.

Den Bruch hätte es vermutlich auch bei optimaler Behandlung gegeben, wie Herbert schon sagte, selektives Härten ist eine Abhilfe, dan kann man den Erl hinterher auch noch schön mit der Feile bearbeiten.

Norbert
 
ja, ich dachte zuerst auch, dass der Bruch eine kristalline Struktur hat. Liegt aber vielleicht auch am Photo.
Ich habe neulich eine Feile hart verarbeitet und das Ding natürlich vorher abgebrochen, um mir den Bruch anzuschauen. Das sah fein samtig aus.
O.K., ändert ja alles nix, aber wer weiß, wofür es gut war????

gruß,
torsten
 
Wenn das Gefüge real so aussschaut wie auf dem Foto, dann war das Gefüge nicht optimal eingestell.
Bei einem Feilenstahl sollte bei optimaler Wb eigentlich nahezu kein Korn mit bloßem auge erkennbar sein.
Es sollte so aussehen wie grauer Samt, bzw. ähnlich er Bruchfläche einer guten Keramik(tasse)

Grbrochen wäre das feine Gefüge aber evtl. auch beim Versuch nach dem Härten zu richten ohne anlassen, bzw. wenn die Klinge scon kalt war.

Und das eben mal noch fertig machen, ist Fatal, da hat Herbert recht.
Ich ertappe mich auch immer wieder bei dem Gedanken....so jetzt noch schnell.......
Da hilft wirklich nur alles hinlegen hinsetzen, ein Bier trinken und warten bis dieser Gedanke vorbei ist.
;)


Peter
 
Ja, ja...

das "einfach fertig machen"... kenn' ich zu gut :irre:
Ich schieb' die "resultate" dann einfach immer meinem Shop-Troll zu :)
(Ich sags euch... die mistviecher verstecken sich irgendwo in meinem Shop und warten darauf, dass ich mal 'nen moment nicht hinsehe,...)

Hab' auch vor längerem mal "aus zeitmangel" schnell gehärtet und das Temperaturmessgerät (inkl. controller) unsachgemäss montiert gehabt (der Temp.Fühler war noch halb in der Isolation des ofens)... tja... zu heiss und dann beim abschrecken dieser hässliche klang von brechendem Stahl...
Geflucht, bier getrunken, nach hause gegangen und am nächsten Tag nochmals geschmiedet, geschliffen und gehärtet...

Da kann ich herbert also nur zustimmen...


Was das Gefüge bterifft, kann ich auch nur sagen, dass es ziemlich "SUBOTIMAL" aussieht... zumindest auf dem Foto...
vielleicht kannst du uns noch ein paar details zum härtevorgang geben?

Gruss

Daniel
 
Ich habs wohl auf den Augen gehabt. Kannst Du bitte mal die Bruchfläche per Makroeinstellung herausfotografieren?
Angeregt durch die Kommentare meiner Vorredner hab ich noch mal genauer hingeblickt, aber ich sehe das Bild nicht sehr scharf.
 
Erl wieder anschweißen

Hi,

mir ist das neulich auch mal passiert. Allerdings bei einer Damastklinge, wo schon ziemlich viel Arbeit drin steckte. Man hab ich mich in den Hintern beißen können!
Ich hab das ganze dann wieder mittels WIG-Gerät verschweißt, auch wenn es nicht die feine Art ist. Als Zusatzdraht hab ich nen Federstahl genommen. Die Klinge mit einem feuchten Lappen umwickelt, damit sie die Härte nicht verliert (war natürlich auch schon geschliffen!) und dann mit wenig Ampere (40A) und leicht angekerbt wieder verbunden. Anschließend mit Bunsenbrenner nachgeglüht, damit das Gefüge wieder feinkörniger wird und den Rest des Erls schön hoch angelassen. Das ganze hält bis jetzt. Ist vielleicht nicht ganz so stabil wie vorher, aber es reicht halt. Vielleicht versuchst Du es auch...

Gruß
Onyx
 
Bei der geziegten Klinge wäre das Anschweissen evtl. auch eine Lösung.
Den Erl dann vielleicht noch ein wenig weiter zur Klinge hin vorgeschliffen, damit die reparierte Bruchstelle nicht direkt am Übergang sitzt.

Danach aber unbedingt neu Härten incl. Normalisieren.
Der Stahl muss durch die Gefügeumwandlung durch um ein feines Gefüge zu erhalten. Nur ein bischen Glühen beseitigt nicht das grobe Gefüge.

Damit wäre das Messer zu retten.

Peter
 
Also erstmal vielen Dank für die Resonanz.
Sorry, dass ich nicht gleich antworten konnte. Ich war auf 'ner Wehrübung (Da gabs kein Internet).

Also das Gefüge kann ich nicht mehr besser fotografieren.

Das Messer ist schon entsorgt. Schweissen kommt für mich nicht in Frage, da ich es leider nicht kann.

Ich bin ja froh, dass es mir nicht alleine so geht. Ich macht halt einfach ein neues und dann sehen wir weiter.

Achso zur Wärmebehandlung der Klinge: 10-15 Minuten bei ca. 900°C, dann abgeschreckt in vorgewärmten ca 100°C heissem Öl. Da habe ich die Klinge dann noch ca. 2 Stunden drin liegen lassen.

Die Idee mit differentiellen Härten gefällt mir gut, ich hab' das aber noch nie probiert. Mal sehen, ob ich das hinbekomme.

Gruß

Heiko Dörr
 
Heiko, das Anlassen hättest Du bei anderen Temperaturen machen müssen, ca. 180 bis 200 Grad. Und 900 Grad ist was viel für solche Stähle beim Härten, vor allem bei der dünnen Geometrie und der relativ langen Haltezeit, da wächst das Korn.
Also zwischen 770 und 800 Grad bei Feilen, und dann nicht lange halten, ca. 5 Minuten sollten reichen, dann ab ins Öl und bei 200 Grad anlassen. Würd ich bei kleinen Feilen mal so machen, die sind oft aus Stahl mit höherem C als die großen, und wenns keine Markenfeile ist, ist sie ohnehin oberflächengehärtet. Also die Markenfeilen bis ca. 16 cm sind wohl die besten, haben viel Kohle. Allerdings ist das mit der Wärmebehandlung nicht ganz so einfach, oben das sind Richtwerte. Wende Dich mal an Claymore oder Uli Hennike. Ich denke da an Ulis beeindruckende Klinge aus einer Feile, die er mal vorgestellt hat und auch in Solingne am 1. Mai vorgezeigt hat. Da zeigt sich echt, das Roman Recht hat mit "Feile rulz".
 
Hallo Herbert,

Danke für die Tipps zur Wärmebehandlung.

Ich habe noch reichlich Gelegenheit zum Üben. Da mir der Präzisionsflachstahl ein wenig zu teuer zum Schmieden (üben) ist, habe ich mir ein Sortiment alte Feilen (so um die 60 Stück) besorgt.


Weitere Versuche werden gepostet :hehe:

Gruß

Heiko
 
60 alte Feilen! Du Glücklicher. Aber denke daran, Feilenstahl mit seinem hohen Kohlenstoffgehalt ist sehr anspruchsvoll mit der Wärmebehandlung. Leonardo 75 hier aus dem Forum hat mal eine umgeschmiedete alte Feile bewußt extremen Wärmebehandlungen unterworfen und dann die Klingen gebrochen, Sehr interessant, das Gefüge in seinen Ausprägungen zu sehen. Vielleicht nimmst Du auch mal eine alte Feile, schmiedest sie um zu einem Flacheisen, trennst sie auf in einige gleiche Stücke, die sich aber noch einspannen und biegen lassen, und machst ein paar Experimente in der Art. Da lernt man am meisten.
Zum Schmieden würde ich auch keinen Flachstahl nehmen, es sei denn, Du brauchst Mn für einen Damast zur Zeichnung. Ich sause manchmal mit Blaumann und Säge auf den Schrottplätzen herum. Da findet man oft super Rohmaterial.
 
Zurück