Erfahrungsbericht Iaitokauf

propaghandi

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Vorweg:
Ich trainiere nun seit knapp über zwei Jahren Iaido (Muso Shinden Ryu). Obwohl ich schon länger den Kauf eines Iaito ins Auge gefasst habe, bin ich jetzt erst dazu gekommen, vom Bokken aufs Iaito umzusteigen.

Der Kauf des ersten Iaito ist dann doch schon etwas Besonderes und stellt eine kleine Herausforderung dar. Daher möchte ich hier kurz von meinen Erfahrungen berichten. Vielleicht ist es ja dem einen oder anderen eine Hilfe.

Welche Schwertlänge?
Eine meiner ersten Fragen war die nach der richtigen Schwertlänge. Ich bin 1,90 Meter groß und schon früh merkte ich beim Training verschiedener Kata (.z. B. Tsukaate), dass mein Bokken mit knapp 1 Meter Länge zu kurz ist. Doch welche Länge ist für mich passend?
Im Internet sind viele Maßtabellen zu finden, die die korrekte Schwertlänge anhand der Körpergröße empfehlen. Daneben besagt eine Faustregel, dass das Schwert seitlich locker am Griff bei gestrecktem Arm halten soll. Wenn die Spitze nun gerade über dem Fußboden ist, und man das Schwert locker hin und her schwingen kann, ohne das es den Boden berührt, sei die Länge richtig.
Als Anfänger habe ich das (meiner Meinung nach) einzig richtige getan und mich hierbei von meinem Sensei beraten lassen, der mir ein Schwert mit einer Klingenlänge von 2,6 Shaku empfahl (traditionell wird die Klingenlänge im japanischen Längenmaß Shaku (1 Shaku = 30,3 cm) angegeben). Im Dojo waren meine Trainingskollegen dann auch so freundlich, mich probeweise mit einem solchen Iaito trainieren zu lassen und die Länge sagte mir zu.

Nachdem ich nun wusste, welche Maße mein neues Schwert haben sollte, machte ich mich auf die Suche. Dabei fragte ich meine Mit-Iaidoka aus dem Dojo um Rat, las fleißig diverse Foren und Blogs und sichtete das Angebot verschiedenster Online-Händler. Dabei wurde mir immer mehr deutlich, dass günstige Iaito mit einer Länge von 2,6 Shaku hier in Deutschland rar gesät sind. Hatte ich dann einmal ein Schwert in der richtigen Länge gefunden, stellte sich die Frage nach dem Preis. Hier in Deutschland liegt die Preisuntergrenze bei etwa 500 €, wobei der Preis je nach Ausführung auch schnell auf 800 € und auch mehr klettern kann.
Selbst direkt bei japanischen Herstellern (wie z.B. Tozando) kann man diese Preise für sein Wunschiaito mit der favorisierten Koshirae (Montierung) locker ausgeben.

Durch Zufall stieß ich auf ein Angebot aus Großbritannien, das Kurin Stainless Steel Iaito bei ninecircles , welches ich Euch hier nun vorstellen möchte:

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Tsuka (Schwertgriff)

Je länger die Klinge, desto länger auch der Griff eines Iaito. Bei vielen Shops war die Standardlänge des Tsuka mit 8 Sun (24,2 cm) angegeben. Dies erschien mir bei einer Handschuhgröße von 9,5 – 10 doch recht kurz. Der Tsuka dieses Iaito ist mit 27,5 cm (knapp über 9 Sun) jedoch ausreichend dimensioniert, dass ich das Schwert bequem halten kann. Trotz des leicht taillierten Tsuka würde ich die Griffdicke würde als „mittel“ beschreiben, etwas dicker wie mein Bokken.

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Oft hat man die Wahl, ob das Tsuka-Ito (Griffband) aus Baumwolle, Seide oder Leder sein soll. Mein Sensei hat mir zu einer Baumwollwicklung geraten, da eine Seidenwicklung gerade für einen Anfänger zu hart sei und eine Lederwicklung zu teuer.
Die Tsukamaki (Griffwicklung) dieses Iaito besteht aus schwarzer Baumwolle. Da das Iaito ohnehin nur mit Baumwollwicklung angeboten wird, fiel mir die Wahl also leicht. Das Band ist fest und ordentlich gewickelt, das dadurch entstandene Rautenmuster im Zusammenspiel mit der darunter liegenden weißen Same (Rochenhaut) ist relativ regelmäßig und man hat ordentlich Grip, auch bei schwitzenden Händen.
Verbunden wird der Tsuka mit der Nakago (Schwertangel) durch zwei Mekugi aus Bambus. Diese sitzen fest und sind unbeschädigt. Lediglich einer ist nicht ganz plan und schaut ein wenig hervor. Dies beeinträchtigt aber weder die Sicherheit noch die Haptik des Iaito.
Die anderen Beschlagteile des Griffes, wie etwa die Menuki (Dekorelemente unter der Tsuka-Ito in Libellenform), die Fuchi (Griffzwinge) und die Tsuka-Kashira (Griff-Endkappe) sind schwarz brüniert und relativ schmucklos. Ebenso die Tsuba (Stichblatt) mit Bambus-Motiv, die durch die Brünierung recht rau ist, allerdings fest und gerade montiert wurde. Die Seppa (Unterlegscheiben) sind aus Kupfer, die Habaki (Klingenzwinge) aus Messing.

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Saya (Schwertscheide)

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Die Saya ist schwarz in Ishime-Technik (matt mit Lacksprenkeln) und von einfacher Bauart (z.B. keine Shitodome in der Kurigata). Es sind keine Kratzer oder Dellen im Lack, das Koiguchi („Karpfenmaul“, Öffnung der Schwertscheide) scheint aus Horn zu sein. Die Saya sitzt fest am Habaki und passt zur Klinge, die ruhig in der Saya läuft.
Als Zubehör zur Saya lag ein billiges Baumwoll-Sageo (Schwertband) in schwarz bei. Dies habe ich bereits, wie auf den Fotos zu erkennen ist, durch ein qualitativ höherwertiges ersetzt.


Klinge:

Erst einmal die technischen Daten:

Klingenlänge: 2,6 Shaku (78,8 cm)
Klingenstärke: ca. 7 mm
Gewicht (ohne Saya): 950 Gramm
Schwerpunkt (ab Tsuba): 16,5 cm
Sori (Klingenkrümmung): ca 2,7 cm
Kissaki (Klingenspitze): chu-kissaki (mittelgroß)
Bohi : hisaki agari (über Yokote (Gratlinie an der Klingenspitze) hinauslaufend)
Mune (klingenrücken): mune hikushi (Klingenrücken stumpfwinklig)
Hamon (Härtelinie): imitierte wellenförmige Hamon (Notare/Midare)

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Für ein Stahliaito mit einer solchen Klingenlänge ist das Schwert erstaunlich leicht. Mein Sensei war jedenfalls ein klein wenig erstaunt. Dazu trägt vielleicht auch die Balance bei (Schwerpunkt bei 16,5 cm ab Tsuba).
Ob und inwieweit die ausgeprägtere Sori (Krümmung) bei meinem Iaito von Vor- oder Nachteil ist, vermag ich mangels Vergleichsmöglichkeit und Erfahrung noch nicht zu beurteilen. Ich komme jedenfalls gut damit klar.
Auch das sonstige Schnittverhalten ist gut und ausgewogen. Das Iaito schneidet gerade, stabil und mit hellem Pfeifton, beim Tenouchi (Eindrehen der Hände) stoppt das Schwert zuverlässig und ohne flattern.


Fazit:

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Es ist ein einfaches aber solides Schwert, bei dem mich vor allem das Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugt hat. Wen die schlichte Montierung stört und wer lieber jedes Detail der Koshirae (Art der Tsukamaki, Form der Menuki und der Tsuba, bis hin zur Lackierung der Saya) selbst entscheiden und für sich zusammenstellen will, der ist mit diesem Iaito möglicherweise nicht richtig bedient.
Wer jedoch ein einfaches und sauber verabeitetes Anfängeriaito mit Stahlklinge sucht, für den dürfte dieses Übungsschwert vielleicht eine Überlegung wert sein.
Für mich als Iaido-Anfänger steht der Aspekt des Übens im Vordergrund und ich hoffe, dass mich das Iaito die nächsten Jahre auf meinem „Weg des ganz Dabei-seins" begleiten wird.

Danke fürs Reinschauen! :)

PS: Zur besseren Übersicht hier noch eine Übersicht über die Bestandteile eines Katana

PPS:
@ Moderatoren: Obwohl das Iaito rechtlich keine Waffe sondern ein Sportgerät ist, habe ich den Testbericht in diesem Unterforum gepostet. Falls das unpassend war, bitte verschieben. Domo!
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin schon länger im Besitz eines ninecircles Iaito und kann mich dem Ersteller anschließen. Erstklassige Verarbeitung, aber die Klingen haben ihren Preis.

Wem übrigens das sensationell geringe Gewicht des Iaito zusagt,
dem kann ich das Shoden Shinken mit Bohi empfehlen,
das habe ich nämlich auch und hat fast identische Bewegungswerte.
Der Balancepunkt ist sogar noch etwas mehr bei der Hand.
Außerdem ist es scharf genug um die Armhaare spielend zu rasieren :super:
 
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