Erfahrungsbericht: Meine ersten Schärfversuche

Arcticfox

Mitglied
Beiträge
59
Hallo allerseits,

nach einigen Wochen erfolgreichen Mitlesens stecke ich mal meinen Kopf hier ins Forum - und hoffe, dass er mir nicht gleich abgehackt wird. :D

Eigentlich war ich ja schon immer der Meinung, dass scharfe Messer das A und O in der Küche sind. Bis vor ein paar Wochen habe ich mich beim Material aber doch eher an Hausmannskost gehalten; bis dato hatte ich Zwilling Professional "S" in der Küche, die gelegentlich mit dem Abziehstahl in Schwung gehalten wurden. Von besseren Messern und Wassersteinen hatte ich gelesen, kannte sie aber nicht aus eigener Erfahrung.

Bis eben vor ein paar Wochen - da habe ich angefangen, mein Küchenwerkzeug ein wenig aufzurüsten. Zunächst in Form zweier Kai Shun Allzweckmesser mit 10 cm bzw. 15 cm langer Klinge (DM-716 und DM-701); passendes Schärfgerät wollte ich auch gleich haben, also nahm ich auf Empfehlung des Verkäufers auch noch einen 300/1000 Kombistein von Kai mit (mit dem ich allerdings nicht so zufrieden bin, dazu gleich noch mehr).

So weit so gut - die Messer machen richtig Spaß, und damit das so bleibt hatte ich ja auch den Stein mitgenommen. Nur leider bis dahin keine Erfahrung damit. Damit ich meine teuren Messer also nicht direkt ruiniere habe ich mir also erst einmal für 2 Euro ein "Asia-Messer" (Santoku-Form) aus dem nächsten Ramschmarkt geholt um damit zu üben: Direkt aus der Packung waren auf der Wate so deutliche Werkzeugspuren vom Schleifen zu sehen, dass man schon fast von einer Mikrozahnung sprechen konnte.

Also ab auf den Stein, und gleich die erste Überraschung für mich: Der Umgang damit gestaltet sich deutlich einfacher als ich befürchtet hatte. Dies mal so für alle Zauderer, die nicht wissen, ob sie sich das zutrauen sollen. ;) Allerdings: Hier im Forum wird gerne mal auf www.messer-machen.de verwiesen, wenn Anfänger nach der richtigen Schleiftechnik fragen. Die Seite enthält eine Menge Wissenswertes, die von Leo beschriebene Technik ist für meinen Geschmack aber zu kompliziert und überfordert einen Anfänger wie mich. Einfacher ist in diesem Fall sicher besser.

Zum Schleifen selbst gibt es nicht viel zu berichten: Ich habe auf der 300er Seite angefangen, bis die "Mikrosäge" verschwunden war, bin dann auf die 1000er Seite gewechselt, und dann fing die Sauerei an: Diese Seite des Kombisteins fühlt sich sehr viel weicher an, fast so als würde man auf einer etwas härteren Seife schleifen (ich hatte am Anfang ständig Angst, ich könnte einen Streifen vom Stein 'runterschneiden). Nach kurzer Zeit hatten sich dann auch Unmengen (nach meinem Empfinden) von Schlamm gebildet. Muss das so sein oder ist der Stein einfach zu weich? Ok, ich weiß, dass es der Schlamm ist, der schärft - aber muss man sich dabei so fühlen wie ein Stukkateur, der gerade seinen Gips anrührt?

Das Ergebnis hat mir auf jeden Fall Mut gemacht: Zwar reicht es noch lange nicht zur vielzitierten Rasur, aber das Billigmesser war nachher auf jeden Fall deutlich schärfer als vorher (ungefähr auf dem Niveau meiner Zwilling-Messer, wie ein Test an einer armen Möhre ergab, die dafür herhalten musste). Das gab mir dann den Auftrieb für den nächsten Schritt: Das Messer war zwar scharf, aber die Wate noch deutlich von dem Glanz entfernt, der an den Kais zu sehen ist, also habe ich mir neben dem ohnehin geplanten Kochmesser (20 cm, DM-706) auch noch einen feineren Stein zugelegt (Naniwa Superstone 3000).

Mit dem Superstone fühlt sich das Schleifen auf jeden Fall ganz anders an als beim Kombistein von Kai, was meinem Eindruck nach nicht nur an der feineren Körnung liegt. Zudem gefällt mir das etwas größere Format deutlich besser. Damit fängt die Wate dann auch wunderschön an zu glänzen, und mit dem Ergebnis war ich mehr als zufrieden: Wieder einmal musste eine Möhre zum testen herhalten, die sich noch einmal besser schneiden ließ als bei meinem letzten Versuch. Derart ermutigt habe ich auch gleich noch mein gutes altes SAK geschärft - herrlich. :)

Und damit... habe ich mich noch immer nicht an die Kais herangewagt. ;) Also habe ich mir erst einmal eines meiner Zwillinge vorgenommen, und das war ein echtes Aha-Erlebnis: Das Messer ist deutlich schärfer geworden als es jemals war und saust nun mit dem gleichen "Sssst" durch die Möhren wie das nagelneue Kai, was mich für einen winzigen Augenblick zweifeln lies, ob die Ausgabe für die neuen Messer überhaupt nötig war - aber was ist schon wirklich nötig? ;)

Ein Vergleichstest mit dem älteren DM-701 fiel erst einmal ernüchternd aus: Das war zwar immer noch scharf, glitt aber doch nicht mehr so spielend durch die Möhre wie ich das gerade noch bei den anderen Messern erlebt hatte. Also einmal tief durchgeatmet und dem Messer ein paar Striche auf dem Superstone gegönnt - und welche Erleichterung: Nicht nur, dass ich die Klinge nicht ruiniert habe, es flitzt nun wieder genauso leicht durch die Möhren wie die anderen Messer.

Fazit: Man darf sich den Umgang mit Wassersteinen ruhig zutrauen. Mit nur ein wenig Übung läuft man auch nicht Gefahr, seine teuren Messer zu verschandeln, sondern hat im Gegenteil ein sehr effizientes Werkzeug um diese in Schuss zu halten.

Den Kombistein werde ich wohl als halben Fehlkauf verbuchen und unter "Erfahrung" abheften. Die grobe Seite ist meiner Meinung nach ok, aber die feine ist mir entschieden zu weich. Stimmt meine Einschätzung hier? Könnte ein anderer Stein vielleicht angenehmer in der Handhabung sein?

Eines ist sicher: Mich hat es gepackt. Ich werde mir vermutlich noch einen neuen Stein zulegen. Und sehr wahrscheinlich auch noch ein neues Messer. Und neue Möhren.
 
Könnte ein anderer Stein vielleicht angenehmer in der Handhabung sein?


Hallo Articfox

Du hast ja selbst schon geschrieben,daß dir der Naniwa besser liegt.Wenn du nur mit widerwillen ans Schleifen gehst,weil dir der Stein nicht liegt ist das auch nichts.

Die Naniwa sind sowieso gute Steine.
Nur bei ganz billigen Naniwasteinen wie man sie öfter in den Auktionshäusern steigern kann,ist manchmal schlechte Ware dabei.


Gruß William
 
Hallo Arcticfox,

ich finde Deinen Beitrag klasse, weil er schön zeigt, dass man alles lernen kann wenn man sich nur einfach mal traut!

Die Bindung des Schleifsteines kann man weder als gut oder schlecht bezeichnen. Es kommt auf den Anwendungszweck drauf an!
Je härter der Stahl, desto weicher muss der Stein sein.
Wenn Du mal einen 1.2519 mit 64HRC schleifst (der aufgrund seiner Wolframkarbide zur ohnehin schon hohen Härte zusätzlich nochmal Verschleissbeständiger ist) dann wirst Du den vielen Schleifschlamm sehr zu schätzen wissen :super:

Schnitte in den Stein passieren nur, wenn der Winkel nicht eingehalten wird, was mit etwas Übung minimiert werden kann.

Liebe Grüße

Nandger
 
Hallo!

Schöner Bericht; erinnert mich an meine ersten Schleifsessions...:p

Den Kai-Kombistein kenn ich zwar nicht, aber die starke Schlammbildung kann auch daher kommen, dass mit zu starken Druck geschliffen wurde (das war zumindest mein Anfängerfehler). Der richtige gleichbleibende Schleifwinkel, weniger Krafteinsatz und etwas mehr Geduld schonen Stein und Schneide. Rasieren sollte dann (trotz Kai-'Edelstahl' ;)) problemlos möglich sein.
 
Danke für alle Antworten. Bei der Frage nach dem Schleifstein wollte ich vor allem sichergehen, dass die 1000er Steine nicht immer so starke Auflösungserscheinungen zeigen, bevor ich etwas anderes bestelle.

@Knothole: Von Widerwillen kann aber keine Rede sein. Ich habe vor allem den Wunsch, die "Sauerei" beim Schleifen etwas einzugrenzen. ;)
 
Ein paar Tage später und ein paar Erfahrungen reicher. :)

Ich habe mir mittlerweile den 1000er Superstone zugelegt, und der fühlt sich doch deutlich anders an - von Schlammschlachten wie beim Kai Kombistein bin ich damit jedenfalls weit entfernt. ;)

Auch die Ergebnisse haben sich verbessert. Mein nächstes Versuchsobjekt war ein 15 cm Seki Magoroku Allzweckmesser, das als Geburtstagsgeschenk für meinen Vater gedacht war. Der Versuch hat sich gelohnt: Ich habe die Klinge tatsächlich zum rasieren bekommen; zwar noch etwas ruppig, aber immerhin. Mein Onkel konnte jedenfalls kaum damit aufhören, Streifen um Streifen vom Geschenkpapier herunterzuschneiden: "Das macht Spaß - schenkst Du mir auch so eins?" :D

Wesentliche Erkenntnis in dieser Runde: Ein Messer richtig scharf zu bekommen, dauert seine Zeit. Man sollte ruhig seine Zweifel ("das kann doch jetzt unmöglich noch schärfer werden") über Bord werfen. Es wird noch schärfer. ;)
 
Hallo!
Toller Bericht,find es klasse wenn sich ein Neuling ans schärfen seiner Messer rantastet.Hast alles richtig gemacht,besonders mit den kauf eines Übungsmessers,damit die Hemmschwelle etwas zu verschleifen
fällt.Hab genauso angefangen und nie bereut.Es geht nichts über scharfe Messer in der Küche und die Möglichkeit sie jederzeit
nachzuschärfen zu können,wirst sehen es wird immer besser!!!
GRUSS:p:IET
 
Guten Tag Arcticfox,
mit dem Selberschleifen hast Du den wichtigsten Schritt getan.

Wenn ein Stein zu sehr schlämmt und Du den Eindruck hast Du kämst damit nicht zurecht kann es natürlich am Winkel und am Anpressdruck liegen. Das sind die naheliegendsten Sachen.
Wenn man es ändert und es immer noch nicht funktioniert, hast vielleicht nicht Du sondern das Messer ein Problem mit diesem Stein.

Ich habe unter meinen Schleifsteinen auch einen 1000er Japaner. Er schlämmt auch sehr leicht und manche Messer und dieser Stein kommen einfach nicht zusammen. Allerdings gibt es wiederrum andere Messer die sich hervorragend auf ihm schleifen lassen. Das ist nur durch das Mittel des Versuchs herauszufinden.

Was die Steine betrifft, je größer der Stein ist, je besser. Mit Korngrößen zwischen 300 und 3000 müßte eigentlich alles im Normalbereich abgedeckt sein. Nach dem 3000 kann man schon das Leder benutzen, das reicht dann gewöhnlich für Gebrauchsmesser.

Viele Grüße
Roman M.
 
Zurück