Es war einmal ein Kabelmesser, ...

corax

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... das mein Vater mir mit den Worten gab: "Hab’ ich beim Aufräumen in der Garage gefunden, ist glaub’ ich noch von Opa." Und das bedeutet vermutlich aus den 1950er Jahren. Im ersten Moment dachte ich: "Oh klasse, für das Alter sieht das Teil ja noch richtig gut aus, das bisschen Rost ist kein Problem..."



... dann wurde aber schnell klar, das Opa mit seinem Sensenwetzstein ganze Arbeit geleistet hatte. Die Klinge war ziemlich verbraucht. (Zum Hersteller des Messers kann ich leider nichts sagen. Es ist lediglich ein „made in Germany“ auf der Klinge zu lesen.)



Also mal sehen was aus dieser "Banane" noch rauszuholen ist. Einige Runden auf dem Schleifstein später kam dabei eine sehr schlanke, aber immerhin wieder gerade Klinge heraus. Der untere Teil zum Kabel entmanteln musste einfach zu Gunsten der Klingenlänge weichen.



Noch etwas geschliffen und poliert sieht das Ganze dann so aus:



Die schlanke Klinge passt jetzt natürlich nicht mehr wirklich zu den Dimensionen des Griffs. Einerseits aus ästhetischen Gründen, andererseits aus rein praktischen Gründen. Im zugeklappten Zustand verschwindet die Klinge komplett im Griff ... sehr unpraktisch.



Da hilft nur eins: der Griff muss schmaler werden. Den schraffierten Bereich habe ich daher entfernt und den Griff insgesamt um 5mm gekürzt.



Neue Griffschalen aus Eschenholz wurden ebenfalls angepasst.



Hier mal ein Gruppenfoto von allen überarbeiteten bzw. neuen Teilen ...



... und probehalber zusammengesetzt ohne Schalen, um zu sehen ob alles passt ... und es passt :).



Beim Zusammenbauen lief es dann leider nicht so glatt. Eine der Griffschalen ist gerissen :mad:.



Also noch mal neue Griffschalen machen,



alles schön vorsichtig zusammenbauen



und das Holz abschließend mit Schmirgelpapier, Stahlwolle und Leinöl behandeln. Fertig ist das Messer ... und die Werkstatt könnte eventuell mal wieder aufgeräumt werden ;).



Hier noch ein paar Bilder vom fertigen Messer...





... und die Maße:
Klingenlänge: 83mm
Klingenbreite: 10mm
Klingenstärke: 2,5mm
Länge offen: 185mm
Länge zu: 102mm
Gewicht: 47g

Viele Grüße und viel Spaß mit den Bildern,
corax
 
Zuletzt bearbeitet:
Wow, toller Bericht, schön bebildert und ein super Ergebnis!

Liebe Grüße,
Stephan
 
Da hast du dir viel Mühe gegeben. Das sieht klasse aus.

Ich habe auch so ein ähnliches Kabelmesser von Otter, ohne Backen. Das habe ich irgendwann als feststehendes Messer aus der Werkzeugkiste meines Vater rausgeangelt. Nachdem der Dreck und Rost weg war konnte man sehen, das es ein Klappmesser war. Es hat mich dann den Rest meiner Jugendzeit begleitet. Leider ist eine Schale gebrochen und eine der Unterlagen von der Niete an der Klingenachse ist weg.

Wenn ich eine Arbeit wie deine sehe, denke ich immer drüber nach, da mal ranzugehen. Aber ich befürchte, dass mit den alten Griffschalen auch ein Stück Erinnerungen verschwindet...

Danke für's Zeigen. Hat mich an vieles erinnert und schmunzeln lassen.

Gruß Th.
 
Servus,

ein Lehrbeispiel was mit Zeit, Wille und etwas Geschick möglich ist.:super:

Der geflügelte Satz"Geld spielt keine Rolle" erscheint hier in völlig neuem Licht, danke für die detaillierte Präsentation und viel Spaß beim Werkstatt saubermachen.:D

Gruß, güNef
 
wunderbarer Bericht! das animiert zum "selber machen" und eine bessere Erklärung als dein Bildermarathon kann man sich kaum wünschen. Danke dafür!
Und das Ergebnis ist auf jeden Fall wunderschön geworden.

Herzlichen Glückwunsch ... und bitte mehr davon :hehe:
 
Großartig, was Du da noch alles aus dem alten Messer rausgeholt hast! Bei einem direkten Vorher-Nachher Vergleich fällt es schwer zu glauben, dass es sich um dasselbe Messer handelt.

Gruß,
Carsten
 
Hallo zusammen und vielen Dank für das tolle Feedback!

@virus3
... Leider ist eine Schale gebrochen und eine der Unterlagen von der Niete an der Klingenachse ist weg. ...

In so einem Fall nehme ich immer ein passendes Stück Messing-Rundmaterial (z. B. den gewindefreien Teil einer Messingschraube), in das ich stirnseitig ein Loch für die spätere Klingenachse bohre. Anschließend säge ich dann eine entsprechend dicke Scheibe von der Messinstange ab und setze sie in die Griffschale ein. Nach dem Vernieten der Klingenachse wird dann alles plangeschliffen. Die gebrochene Schale könnte man eventuell kleben, falls du noch alle Teile hast. So könntest Du die Optik und alle Originalteile dienes Kabelmessers erhalten.

Viele Grüße
corax
 
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Echt krass! Ein tolle Vorstellung und Dokumentation.:super:

Vielen Danke fürs zeigen und die Mühe, aus alt mach neu! :)
 
Das hat sich auf jeden Fall gelohnt, das Messer sieht besser aus als neu! Dem sieht man ganz und garnicht mehr an, dass das mal ein popeliges Kabelmesser war.
Der neue Klingenschliff ist sehr gut gelungen, auch die Umgestaltung des Griffes finde ich sehr ansprechend. Es hat jetzt einen leicht mediterranden Flair, meinen Glückwunsch dazu:super:
 
Auch von mir ein Dankeschön für die Präsentation und Lob für diese Arbeit (aus unberufenem Munde, denn so schöne Restaurierungen sind mir noch nicht gelungen).

Rainer
 
Hallo
Viel Arbeit und ein Messer mit Seele wieder salonfähig gemacht :super:

Danke fürs Zeigen .

Gruß aus dem Neckartal ... Norbert
 
Es fallen mir zu deiner Arbeit gleich mehrere Gedanken ein:

1 - Zuerst finde ich es prima und es gefällt mir sehr, dass du keine Kosten - Aufwand - Nutzen - rechnung gemacht, sondern das alte Teil liebevoll wieder zu einem "neuen Leben" erweckt hast. Viele alte Dinge wandern in unserer Wegwerfgesellschaft zu schnell in den Müll, statt repariert, restauriert und wieder gebraucht zu werden.

2 - Du hast wirklich feine Arbeit geleistet und aus dem alten Eisen ein schönes "neues" Messer daraus gemacht.

3 - Jetzt ist es nicht nur das alte Messer deines Opas sondern auch das neue Messer seines Enkels. Liegt nicht nur nostalgisch wertlos in der Ecke, sondern wird gebraucht.

Opa wäre stolz auf dich ;).

Viel Freude damit,

R.
 
Vielen Dank für die netten Worte! Es freut mich, dass Euch meine kleine Bildergeschichte gefällt.

... so und jetzt erstmal ein paar Vitamine, ist ja schließlich wichtig bei dem Wetter :lemo:...



Viele Grüße
corax
 
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Auch mir hat der Bericht sehr gefallen. Die gute Laune sprüht förmlich heraus, auch das Unglück mit dem Riss wurde nicht verschwiegen. Dass es schön und verdienstvoll ist, so ein Messer zu überarbeiten, ist klar. Wenn dann auch noch so eine schöne Arbeit dabei herauskommt, dann macht das doppelt Spass.
Hab das gern gelesen, und werde heute abend mal in alten Grabbelkisten suchen, ob sich da nicht nochwas findet.....
 
Wirklich beeindruckend! :super:

Ich schließe mich der Mänge an und finde deine Präsentation in der Gesamtheit wirklich sehr gut. Es ist dir klasse gelungen das Klappmesser deines Opas zu restaurieren.
Es ist beinnahe nicht zu glauben, dass es dasselbe Messer ist im Vorher-Nacher-Vergleich. Leider könnte ich als Neuling so etwas nocht nicht schaffen, aber wie man immer so schön sagt "Übung macht den Meister". ;)
 
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