"Europaner" aus Raffinierstahl

Arno Eckhardt

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Hallo Ihr

Meine Küchenmesser mache ich meist aus Material, welches von meinen Schwertklingen übrig bleibt. Da ich ein großer Freund von Raffinierstahl bin, ist kürzlich was extra feines dabei abgefallen: Ein Stück Raffinierstahl aus C 105 W1 mit 10.000 Lagen.

Was liegt da näher, als ein Küchenmesser draus zu machen?
Ich versuche dabei in letzter Zeit gerne, die Vorzüge japanischer Messer (asymmetrische Griffe, durchgehende Schneide ohne Fehlschärfe) mit europäischen Einschlägen (Flachschliff, ebenfalls feine Klingen, aber einfacher zu schärfen, als z.B. asymmetrische Geometrieen) zu verbinden.

Dabei ist dieses Messer herausgekommen:

goldregenges.jpg


Gehärtet wurde, wie immer bei meinen Küchenmessern, "frei Hand" differentiell im Schmiedefeuer.
Für den Griff habe ich Goldregen ausgesucht (leider etwas zu dünn das Stück, liegt aber trotzdem noch gut in der Hand) und mit einem feinen Abschluß aus Ebeholz versehen. Ich mag es gerne schlicht. Außerdem wollte ich die, leider noch nicht in allen Details sichtbare, Stahlstruktur nicht "totschlagen".

Damit nix drückt, habe ich die bei Japanmessern übliche "Fingerfase" am Klingenende angeschliffen, was selbt bei so dünnen Klingen merklich bequemer ist:

goldregendet.jpg


Diese Klinge wurde auch nicht geätzt, um das Hamon sichtbar zu machen, sondern ich habe mich mal wieder in stundenlanger Kleinarbeit der Japanpolitur gewidmet. Die ist allerdings noch lange nicht perfekt (wie auch meine bilder, aber es wird schon besser :rolleyes: ), was aber zum Großen Teil auch daran liegt, dass mir noch ein paar teure Steine fehlen...Ja, zugegeben, auch etwas Geduld...

Das Ding ist geradezu höllisch scharf, selbst für meine Begriffe... Haarespalten ist jedenfalls weniger, als kein Problem. Ich bin da selbst ein wenig erschrocken :confused:

Dieses Messer werde ich in absehbarer Zeit noch zu Albino zum ausgiebigen Testen schicken, würde mich aber schon jetzt über Kommentare freuen.

Ach ja, die Daten:

Klingenlänge: knapp 21 cm
Klingenbreite: 33 mm
Klingenstärke: 3 auf 2 mm auslaufend
Gewicht: 112g
 
Zuletzt bearbeitet:
hallo arno
sehr schönes messerchen:super:
goldregen ist doch wirklich ein schönes holz.was ist genau rafinirstahl und wo bekommt man so was?
und kannst du noch ein foto machen wo man die stahl struktur und den hammon ein bisschen besser sieht?
auf jedenfall gelungene arbeit
grüsse
hano
 
Das Messer sieht toll aus

„Ein Stück Raffinierstahl aus C 105 W1 mit 10.000 Lagen“- nach dem Raffinieren bleibt da ca. 0.6- 08C ?
 
Hallo Hano

Ja, Goldregen ist was feines!
"Raffinierstahl" ist sozusagen die "Urform" aller Stähle mit genauer definierten Eigenschaften: Vorsortierte und durch häufiges "Falten" homogenisierter Stahl aus dem Rennfeuer.

Mit den Photos bin ich wie gesagt noch am Üben. Ich werde versuchen, in nächster Zeit noch ein oder zwei Bilder nachzuliefern, die etwas Struktur zeigen und vor allem das Hamon an der Spitze, das sieht nämlich fast so aus, wie bei einem Katana und zeichnet insgesamt ziemlich scharf (Materialbedingt). Sowas ist halt leider selbst für Profiphotographen eine schwierige Übung...
 
Hallo Dimm

...das hängt davon ab, wie das Feuer ist und wie genau und schnell man arbeitet. Ich habe mein Feuer und meine Technik inzwischen so getrimmt, dass sich der C Verlust sehr in Grenzen halten sollte. Ich glaube nicht, dass ich weit unter 1% gelandet bin. Ich schweiße auch erheblich kühler, als die Japaner. Das Fehlerrisiko ist dabei größer, aber wenn alles gut geht, verliert man auch nicht so viel C. Die japanischen Schwertschmiede fangen zugunsten geringer Fehlerquoten deshalb auch mit ca. 1,5% C an...
Außerdem muß ich bei reinem Ausgangsmaterial keine großen "Luftlöcher" wie bei einem Paket aus Bröseln von Tamahagane zubrutzeln :ahaa:
 
Hallo Arno,

ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich die Erklärung der Klinge ganz verstanden habe. Ist die rechte Seite ballig und die linke flach, oder ist die linke Seite nur weniger ballig? Die zweite Variante ist auch bei modernen japanischen Messern durchaus üblich.

Das Messer macht einen sehr guten Eindruck, schade, dass ich nicht Albino heiße.

Gruß Peter
 
Hallo Peter

Die Klinge ist "ordinär-europäisch" flachgeschliffen und auf beiden Seiten leicht ballig, also nicht asymmetrisch (hoffe ich jedenfalls). Deshalb auch der Begriff "Europaner" :hmpf:

Wenn du lieb bist, kannst Du das Teil aber gerne testen, auch, wenn Du nicht Albino heißt :p

Dauert halt noch ein Bischen...
 
@ Arno:

Ich bin ja auch eher Küchendiletant (schneidtechnisch gesehen).
Ich arbeite immenoch mit meinen 20zig Jahre alten WMF Messern.
(die nebenbei gesagt mit100,- bis 130,- DM das Stück für mich recht teuer waren)
Aber dein Messer sieht wirklich fantastisch aus. :super:
Das macht echt Lust auf neue Küchenmesser.

Grüße
 
Hallo Ihr

@Peter:

Danke, alles klar, ich mail dir morgen zurück.

@Albino:

Ich bin mindestens so gespannt wie Du. Ehrlich!
 
ein echt klasse Ding,

ich mag Messer lieber ohne Lametta, dafür mit schöner Maserung. Also ist Dein Teilchen genau mein Geschmack!

Herzlichen Glückwunsch, ich denke, Albino wird uns dann die Einzelheiten aus Kochsicht erläutern!

Grüße
mart
 
Hallo Arno,

tolles Messer hast du da gemacht.

Noch eine Frage zum Raffinierstahl. Bringt das Raffinieren, des ansich ja sehr reinen Ausgangsstahls, technische Vorteile für die Anwendung als Schwert oder Messer. Oder machst du das hauptsächlich der Optik wegen.

Tschüss
Tobias
 
Hallo Tobo

Gute Frage....

Ich neige dazu, dem Roman Recht zu geben, der es prinzipiell für unsinnig hält, einen bereits reinen Stahl durch "traditionelles" Falten wieder zu verunreinigen...

Andererseits sind kleine Schlackeneinschlüsse im Mikrometerbereich nun wieder auch nicht sooooo schlimm...

Warum ich das mache? weil ich keinen Lieferanten für Renneisen oder Tamahagane (an letzterem arbeite ich aber) habe und weil ich ja versuche, möglichst traditionell zu arbeiten. Die Stahlstruktur rauszuholen, geht bei so hochlagigen Stählen sowieso nur noch mit Japanpolitur, die ich selbst wie gesagt nicht beherrsche und die nur wenige Leute bereit sind, zu bezahlen...

Bei Küchenmessern aus rostendem Material ist eine Japanpolitur auch nur sehr bedingt sinnvoll, weil `s im Gebrauch sowieso anläuft...

Kurz: Eigentlich alles Spielerei und Forschung, aber ich spiele halt gerne und außerdem möchte ich von Albino wissen, wie "schlecht" so ein Material nun tatsächlich im Gebrauch "abschneidet" :ahaa:
 
Hallo Mart

Nicht wirklich. Spiegelpolitur ist dabei nur die Vorarbeit (die man komplett von Hand machen muß, weil `s sonst die Sruktur verschmiert und die Klinge weicher werden könnte). Die "Japanpolitur" holt mit den letzten Schritten zusätzlich noch die Stahlstruktur und die Härtungsdetails heraus. In dem vorgestellten Messer sind allerdings noch deutlich zuviele Kratzer drin, als das man wirklich viel sehen würde. Ich werde evtl. noch versuchen, mit einem Strukturpolierstein drüber zu gehen, aber eigentlich lohnt das wie gesagt nicht und ich müßte erst wieder ca. bei Korn 1000 anfangen...
 
hallo arno
wenn du an tamahagane kommst sagst du mir bitte bescheid.ok?:super:
grüsse hano
 
Für die Herstellung von Tamahagane(Bild) wird Eisensand verwendet.
Wir bauen dafür eckige Öfen und das Ganze ist schon eine etwas andere Geschichte als die Verhüttung von Erz.

Arno, dann wünsche ich Dir ein gutes Gelingen auf dem Weg zum eigenen Stahl!

Bezahlbar sind allerdings solche z.B. Kochmesser dann aus Tamahagane kaum mehr.
Ist aber egal, machen muss man so etwas unbedingt mal!

Gruß Markus

www.schmiede-balbach.de
 

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