F. Herder , kleines Springmesser "Fork Brand"

boogerbrain

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Zufällig lief mir ein kleines Messer über den Weg, dem ich nicht wirklich widerstehen konnte ...



... und je länger ich es mir ansehe, desto besser gefällt es mir. Es ist alt - ziemlich alt, würde ich sagen. Funktioniert (nahezu) einwandfrei und scheint unbenutzt - naja, sagen wir, unbeschliffen - zu sein. Sehr schöne Sache. Problem war/ist nur: Ich finde nix weiter darüber. Also habe ich mich an Herder selber gewandt und auch (obwohl es gegen 19:30 Uhr war!) eine superschnelle, nette und sehr hilfreiche Antwort bekommen: Diesen Link hier (ich habe mir die Nutzung des Links extra vom Sender bestätigen lassen) ...

Historie Herder (https://www.dropbox.com/sh/btxb736o8n4asfh/AACbnMfwhwAHkBWrrMrXU0fja/Historie%20Herder?dl=0&subfolder_nav_tracking=1)

... mit vielen interessanten Inhalten (BTW: @cut - vielleicht was für Dich dabei? ;)) - nicht nur Katalogen -, der mich dann auch zu einem ersten Ergebnis brachte:

1EdEJmH.png


Mein Messer entspricht, würde ich sagen, dem Modell "2551" in der Variante "K", was wohl Knochen heißen dürfte. Das Bild ist ein Ausschnitt einer Seite des 190 Seiten umfassenden Holland-Katalogs "1771" - der natürlich nicht von 1771 ist; ich denke, er ist von ca. 1900 oder so; ich muß sagen, es ist UNGLAUBLICH, was die damals so alles produziert haben ... eine ähnliche Abbildung gibt es auch in dem Katalog von 1904:

FkhNTh8.png


Interessant finde ich, daß es 1904 nur zwei Modelle im Katalog gibt. Die Frage wäre dann: Sind es "nur noch" zwei, oder sind es "erst zwei"? Allerdings weicht auch die Form der Hebel deutlich ab - ich vermute aufgrund dieser Hebelform mal, daß der 1904er der ältere Katalog ist und die Hebel irgendwann danach geändert wurden.

Leider hilft mir das insgesamt nur bedingt, denn zum einen haben die abgebildeten Messer andere Logos, und zum anderen weiß ich immer noch nicht, von wann mein Messer sein könnte. Ich tippe aber auch so auf die Kante um 1900/1910 ... und ich wäre ECHT froh, wenn jemand etwas weiß & hier beisteuern könnte/würde.

Ich sehe zu, daß ich die Tage noch ein paar Bilder hier hinzufüge, die das Messer umfassender zeigen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo @boogerbrain ,
leider kann ich dir zum Modell und Alter nichts sagen. Aber, dass du da ein sehr schönes Sammlerstück ergattert hast, ist wohl sicher! Mit deiner Bestimmung „Knochen“ liegst du richtig. Und die Form wird wegen der Kurven gelegentlich Violon/Violine genannt.
Übrigens 👍👍👍 an Herder für DEN Service.

Abu
 
Da das herbstlich-usselige Wetter ein paar Änderungen in der eigentlichen Tagesplanung verursacht hat, kann ich nun ein paar Bilder hochladen; man könnte den späteren Nachmittag durchaus schlechter verbringen ... ;)

Vorab noch ein paar technische Angaben:
- Länge geschlossen ca. 8,5 cm
- Länge geöffnet ca. 15,5 cm
- Länge Klinge ca. 7 cm
- Stärke der Klinge am Ricasso ca. 2 mm
- Material Klinge höchstwahrscheinlich Kohlenstoffstahl
- Griffschalen Knochen
- Backen und Hebel zum Öffnen aus Neusilber

Das "Fork"- (Gabel-) Logo stammt aus dem Jahre 1802 und wurde für den ostindischen Raum verwendet. Das Geschäft von F. Herder hatte einen großen Anteil in Holland und somit dann auch in den (ehemaligen) Kolonien.

3dD8bsp.jpg


Wie man unschwer sehen kann, findet sich im Logo neben der Gabel auch noch das bekannte Pik-As wieder, das Herder seit 1727 verwendet.

In der Gesamtansicht der Rückseite sieht man, daß die Klinge ziemlich genau 180° geöffnet ist - wenig Abnutzung. Ich habe schon einige deutlich neuere Springer mit deutlich abenteuerlicheren Klingenstellungen gesehen.

gwYn1bp.jpg


Die Aufsicht im geschlossenen Zustand zeigt, daß die Herder'schen Angestellten ihr Werk verstanden: Sehr schöne mittige Ausrichtung; soll ja mitunter in Solingen auch anders vorgekommen sein ...

hjXmQLy.jpg


Der Hebel zum Öffnen ist zierlicher als die, die man von Weltersbach, Hubertus usw. kennt, und schön (auf beiden Seiten gleich) ausgeformt. Paßt dadurch, daß er nicht so klobig is, sehr gut zum eher zierlichen Gesamterscheinungsbild.

zG3VZ16.jpg


Auf dem Ricasso war offensichtlich ebenfalls noch eine Prägung angebracht; man sieht noch ein "N" - vermutlich (na sowas) von "Solingen". Ist mir gerade erst beim Betrachten der Bilder aufgefallen ...
Der Öffnungsmechanismus selbst birgt keine Geheimnisse: Die Feder ist klar erkennbar. Ich bin sehr froh, daß sie noch intakt ist :)

r0z1qgJ.jpg


In der genaueren Ansicht des Rückens ist zu erkennen, daß - anscheinend - ein Metallstreifen ("Platte" wäre wohl etwas zuviel des Guten) über die ganze Länge gelegt wurde: Ich vermute, aus rein optischen Gründen, zur Steigerung der Eleganz, wenn man das so sagen kann. Dadurch wird ein sehr ruhiger und glatter visueller Eindruck erzeugt.

fixsDMk.jpg
 
Interessantes Detail, gerade festgestellt: Die Springfeder ist nicht wie bei den meisten anderen Springmessern innen in eine Kerbe am unteren Ende des Erls eingeschoben, sondern besteht - hm, wie soll ich's sagen - mit diesem aus einem Stück; wenn sie bricht, kann man da also nix tauschen. Ich versuche mal, das noch mit einem Foto zu präzisieren ...
 
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So, here we go ... ich hoffe, man kann es erkennen:

7iM10kR.jpg


Und hey, die anderen Fotos waren noch schlechter ... das, wo man hier draufschaut, innendrin im Messer, ist die Springfeder und der "Erl".

Wenn ich das richtig sehe, besteht dieses Messer im Prinzip aus einem "Kasten", gebildet aus dem, was im allgemeinen die Liner sind, sowie dem "Metallstreifen", wie ich es oben - unwissend - genannt habe. Ich denke, man kann sich das vorstellen wie ein Mercator-Messer: Rücken und "Liner" sind aus einem Stück gekantet (ähnlich wie ein U-Profil), und die in das "U" eingesetzte Springfeder bildet dann auch gleich den "Erl"-Abschluß.

Strange - aber vermutlich ziemlich preiswert herzustellen. Somit gehe ich davon aus, daß das Messer ein "Billig-Export-Ramsch" der damaligen Zeit war :LOL:. Bin aber trotzdem froh, es gefunden zu haben.

Leider kamen keine weiteren Rückmeldungen dazu - ich gehe also mal ganz kackfrech davon aus, daß ich eine absolute Rarität geschossen habe, die allen anderen (und dem enormen Wissenspool des MF) unbekannt ist/war. :cool::
 
Hallo werter Kollege @boogerbrain,
Nur eine Kleinigkeit: die „Fork“-Brand ist tatsächlich ein Leuchter mit vier Armen., also eher „Candelaber“-Brand.😜

Abu
 
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