Glasritztest [aus: wie lang Schmieden für ein Messer ?]

hobby

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AW: Wie lang Schmieden für ein Messer

Badger hat aber einen schönen und wichtigen Gedanken mit ins Spiel gebracht, nämlich die Wiederverwendung ausrangierter Materialien.
Mancher Schrottplatz kann da als wahre Fundgrube dienen.

Freddie meinte zunächst, dass Schmieden materialsparend sei und da hatte ich bei Peter Abel ein Schlüsselerlebnis:
Aus einem Reststück in Daumengrösse (in vielen Werkstätten werden grössere Reste weggeworfen) schmiedete er mir noch eine ziemlich grosse Spitzerlklinge!

Das Problem bei der Wiederverwertung ist die unbekannte Stahlqualität und auch da hatte ich ein Schlüsselerlebnis:
Aus einem nicht mehr benötigten Klappbett waren zwei Biegefedern übriggeblieben und ich freute mich schon, Federstahl zu Klingen schmieden zu können. Und musste erleben, dass ein Probestück nach der Wasserhärtung noch nicht mal eine Glasflasche ritzen wollte :mad:

Hans
 
AW: Wie lang Schmieden für ein Messer

Ich weiß nicht warum ein Messer nach der Härtung immer eine Glasflasche ritzen soll/muss?
Klar wenn das Material über .4 % Kohlenstoff hat dann, kann das/sollte das, schon sein. Aber die meist verwendeten Messer haben zwischen 48 und 52 HRC und die ritzen kein Glas. (normale Küchenmesser und so manches Jagdmesser)
Ich Denke das wir vergessen wie Dankbar unsere Vorfahren selbst über den einfachsten Baustahl wären, was die daraus machen könnte...
Wenn ich ein Messer mit 56 HRC habe, aus Guten Kohlenstoffstahl, sorgfälltig gehärtet, dann wird es immer noch Rasiermesserscharf, wird zäher und wiederstandsfähiger sein als manch ein Rostfrei Brügel und viel leichter Schärfbar.
Man sollte sich nicht zu sehr von Härte oder Schnitthaltigkeit blenden lassen, im Notfall schärfe ich eben einmal mehr na und...
Mit gefällt der Gedanke das ich nun schon einige sehr brauchbare Messer aus einem Stahl gemacht habe (alte Blattfedern von Stühlen, Betonschneideblatt usw.) den ich nicht einordnen kann und dass ich durch Fehler und Erfolg die richtige Härtemethode herausgefunden habe. Das finde ich für meinen teil wesendlich befriedigender, als wenn ich irgendeinen Stahl kaufe und ihn dann von jemand anderen Härten lasse.
Ich weiß, dass ich aus fast allem was auf den Schrottplatz rumliegt und sich Stahl nennt, ein brauchbares messer machen kann und das macht mir Spaß :irre: und ist eine richtige Herausforderung!
 
AW: Wie lang Schmieden für ein Messer

Aber die meist verwendeten Messer haben zwischen 48 und 52 HRC und die ritzen kein Glas. (normale Küchenmesser und so manches Jagdmesser)
Hallo Hugh,

nicht, dass ich besserwisserisch sein möchte, aber normale Solinger gesenkgeschmiedete rostfreie Kochmesser haben 56 HRC und gute handgeschmiedete Kochmesser fangen normalerweise erst bei 60 an. Ein Küchenmesser muss m.E., bis auf Sonderanforderungen, so scharf (und schnitthaltig) wie möglich sein. Wenn ich Deinen und andere Kommentare richtig interpretiere, scheint das Schmieden von Küchenmessern möglicherweise aufwendiger zu sein als das Schmieden anderer Klingen (das als Laie, ich möchte mein Kochwerkzeug, das Messer, nur möglichst gut verstehen).

Gruß Peter
 
AW: Wie lang Schmieden für ein Messer

Dann schau mal in deine Schublade, oder die deines Nachbarn (in deiner werden sicher schon die besseren Messer sein) :hehe:
Wer sich mehr mir Messern beschäftigt wird nach und nach sicher seine kleinen Schätzchen haben. Aber unser lieber Ottonormal Hansel (und ich gestehe auch ich) hat noch die Preiswerten Supermarkt Messerchen in seiner Schublade, auf deren Verpackung hochgepriesen Eisgehärtet/Solingerqualität stand und die bewegen sich fast alle in dem 48-52+- bereich.
Und die sind auch nicht so schlecht, wenn man sie nur regelmäßig schärfen täte. Die wurden auch mit absicht so niedrig gehärtet damit der Heutige Heimkoch/köchin sich nicht verletzen weil sie damit Dosen öffnen oder anderen Gram machen. Lieber biegen als brechen!
Das es immer schon bessere Qualität gab ist klar, aber nur die Profis (und Messerfanatiker) wußten davon und können davon Profitieren... aber selbst bei den Metzgern werden die Billigteile verwendet, weil sie von vornehrein als verschleißwerkzeuge angesehen werden...
was ist die Typische Bewegung eines Fleischers, oder welches Schweinchen hätten sie den gern...
 
AW: Wie lang Schmieden für ein Messer

Hallo Hamura-e

Es gleitet ins o.t. ab, aber ich kann mir einen Kommentar nicht verkneifen:

Erstens ist es in meinen Augen schon fast notwendig, das eine unangelassene (!) Klinge in der Lage ist, Glas zu ritzen. Denn das ist ein deutliches Indiz für eine gelungene Härtung. Die dafür nötige Ansprunghärte von etwas über 60 HRC ist bei Klingengeometrieen selbst mit C 45 zu erreichen.
Zweitens muß oder darf selbstverständlich nicht jedes Messer so hart bleiben. Hier ging es ja aber wohl hauptsächlich um Küchenmesser, japanische eingeschlossen. Bei denen ist eine hohe Härte schon allein deshalb notwendig, weil die oft sehr feinen Schneiden sonst gar nicht stabil genug wären.
Ferner kann man, bei richtiger Materialwahl un WB, auch mit einem Messer über 60 HRC mal hebeln oder Dosen öffnen, ohne Angst vor Bruch haben zu müssen. Es wird meist vergessen, das die Härte an sich längst nicht das Einzige ist, was ein gutes Messer ausmacht...
 
Ich kann da Arno nur zustimmen. Selbst ein Federstahl aus einer (z.B. MB-) Blattfeder hat je nach Härteverfahren eine Ansprunghärte von 65 HRc. Meine Testmesser, die auch eine 90° Biege aushalten mussten, hatten immer Schneidehärten über 58 HRc und sind nie gebrochen.

Für ein Messer, das ausschließlich schneiden soll, finde ich 56 HRc auch nicht hinreichend. Und die Werte, die Du nennst (48 - 52 HRc), die wollen wir doch erst mal belegt haben. Bei mir in der Küche gibt es schon aus Referenzgründen vom alten Aldi-Prügel bis zum 62+ HRc Messer aus (wassergehärtetem) Shirogami alles Mögliche und nach meiner Erfahrung stimmt Deine Aussage über die Härten der Industriemesser nicht. Anfang Februar habe ich noch mal Zeit, in's Labor zu gehen, dann nimm ich ein paar von den wirklich billigen Sachen mit und teste die noch mal.

Achim
 
So jetza aba...
Klar sollte ein Messer welches richtig gehärtet ist, und dessen Stahl das kann, auch Glasritzen, Ist natürlich Zeichen von richtiger WB.
Und das ein Messer mir 60HRC bei entsprechender WB eine Menge aushält will ich doch garnicht bestreiten :hehe:

Nein mir ging es vielmehr darum das mir so langsam ein Licht aufgeht :ahaa:
Zu den ersten Messern die ich als Junge verwendet habe zum Schnitzen und Bogenbauen gehörte ein einfaches Fruchtmesser/Schälmesser und das wahr mit Sicherheit kaum Härter als 50HRC hat aber alles mit gemacht, hat sich auch ständig verbogen und geschärft hab ich es an Oma's Wetzstein.
Mir wird einfach langsam immer klarer, dass ich in die Leistungsfalle getippt bin. Höher, weiter, schneller...
Jahrelang hab ich mich von einem Hype zum nächsten führen lassen und am ende stehen einfache Fakten. z.B. der Wald und Wiesen stahl 4034 ist bei richtiger WB ein Superstahl. (Betonung auf richtig)

Zitat von Arno
Es wird meist vergessen, das die Härte an sich längst nicht das Einzige ist, was ein gutes Messer ausmacht...

Genau darum geht es mir! Wie wir in Romans Buch schon gesehen habe können die Wenigsten das ganze Potenzial der SUpertuperextrasauscharfstähle eh nicht nutzen, was kümmert es eigentlich einen Vitrinensammler was sein Messer wirklich kann, wenn er es eh nicht benutzt :confused:
Klar verstehe ich die Faszination mit dem WENN ICH WOLLTE DANN KÖNNTE ICH AUCH... ging mir ja auch so :hmpf:

Warum ich mich an dem Glasritzen angestoßen habe, ganz einfach, Hoppy hat ein Messer gemacht, vielleicht war der Stahl eben nur ein C30 und ist vieleicht nur 50 Hrc hart geworden, aber daraus kann man noch immer ein Messer machen das schneidet.
Ich habe ein Buch über Messer des Mittelalters und die waren zum Teil nur aus Eisen, wurden aber benutzt und das recht viel...
Soll jetzt kein Angriff sein, mir ist das eben plötzlich klar geworden wie verwöhnt wir in mancher Hinsicht Sinn... Ich ja auch!!!:irre:
Und als letzter Fakt meinerseits:
Ich habe schon seit Jahren keine einziges Produktionsmesser gesehen das ich kaufen oder besitzen wollte. Die Messer der Hoppymache und auch der Profis hier sind mir Wesentlich lieber als jeder Busse oder Strider oder oder oder
Einzige Ausnahme:
Kabar Bowie, da gefällt mir das Preis-Leistungsverhältnis

Ps. habe erst vor kurzen auf einer Seite die Küchenmesser angepriesen hat, in der Beschreibung gelesen, Messer auf 52HRC gehärtet. Und die Messer waren nicht Billig...
Werde die Seite suchen und wenn ich sie wieder finde dann herein stellen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Hugh,

offenbar sind Küchenmesser und Gebrauchsmesser zwei völlig verschiedene Baustellen. Es ging mir in meiner Ursprungsfrage nicht um Vitrinenmesser. Bei der Zubereitung von Essen ist der Unterschied zwischen weichem und hartem Stahl jedoch enorm. Eine harte dünne Klinge verletzt die Zellstruktur der Lebensmittel kaum, Beispiele sind Zwiebelschneiden ohne Weinen und Fleisch oder Fisch schneiden ohne Reißen und Ausfransen. Küchenmesser aus Stahl in den 50ern müssen halt ständig nachgeschärft werden (ständig ist eine Frage des Anspruchs) und es gibt auch Probleme bei manchen Klingengeometrien, wie es Arno schreibt.

Für Eintopf genügen natürlich auch einfache Messer, aber stumpfe Küchenmesser bergen ein hohes Verletzungsrisiko. Es ist zwar OT, aber meine Meinung ist, dass billige stumpfe Küchenmesser die Freude am Kochen verleiden, die Folge ist die Hinwendung zu Convenienceprodukten.

Gruß Peter

p.s., wegen der Härte:
http://www.wuesthof.de/DE/geschmiedete-messer-im-detail.asp
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich sag doch nichts gegen Gut und Besser!
Und ich werde mir auch immer das Beste besorgen das ich kann, und mit schafes Messer, weniger Verletzung, ist doch Klaaaaaaar...
Das ist doch Basic!

Aber ob Vitrienen Messer oder Küchenmesser, beide sollten erstmal schneiden und das tut ein einfacher und weniger harter Stahl auch, nur eben nicht so lange, dafür tut es mit nicht weh, wenn ich den mit dem Stahl abziehe oder mit Quikscharf bearbeite.

Das ein Besseresmesser mehr vergnügen bereiten kann beim Arbeiten und das ein Profikoch usw den Unterschied gewaltig merkt ist doch klar.
Ich habe einfach eine persönlich Feststellung gemacht, entweder mach ich in Zukunft alle meine Messer selber, dann ist es so wie ich es will, oder ich nehme einfach was da ist und komm auch damit zurecht...:steirer:
 
hallo hugh,

So jetza aba...
Klar sollte ein Messer welches richtig gehärtet ist, und dessen Stahl das kann, auch Glasritzen, Ist natürlich Zeichen von richtiger WB.

das ist nur ein zeichen, daß die HÄRTUNG erfolgreich war!

da kann bei der kompletten WB einiges schiefgelaufen sein:
-nichteinhalten der korrekten schmiedetemperatur
-überhitzen beim normalisieren
-nicht einformen
etc,etc,...

auch dann wird die klinge nach richtigen härten glas ritzen,aber wegen der `eingebauten` fehler ( zu große karbide, grobes gefüge...)
bei der ersten belastung (zb. beim flextest etc ) versagen.

mfg

gerhard
 
Danke redcloud :D

Ich werde in Zukunft nur noch Romane schreiben in denen alle für und wieder und eventualitäten berücksichtig wurden :glgl:

Muss man denn das Offensichtlige bis zum erbrechen ausweiten?

Also wenn ... ein... Messer... richtig ...gehärtet ist, dann ... kann es... auch... Glasritzen.... aaaaaaber auch.... ein Messer.... dass nicht.... richtig... gehärtet ist... kann... vielleicht...muss aber nicht... Glasritzen...... fazit sagt der Glasritztest nichts über die ....Waaaahre qualität eines Messers....aus... :steirer:

So jetzt sind wir wieder am Anfang...

Nehmt doch bitte nicht alles so Bierernst, auch ich esse nicht so heiß wie ich Koche! Was mich auf meinen Hunger zurück bringt und darum werde ich jetzt mit meinem 1€ Messer Möhren schneiden und Zwiebeln quetschen und mach mir ne Suppe...
Nix für ungut :steirer:
 
Hallo Hugh

Erstmal:

Deine Aussagen zeigen mir deutlich, dass Du die Zusammenhänge nicht nur verstanden hast, sondern dass Du auch beginnst, die z.B. in Romans Buch angesprochenen Fakten auf die Praxis zu übertragen :super:

Das ist auch wichtig in Bezug auf die angesprochene Problematik mit der Ausdrucksweise:
Ich habe beim Glasritzen von einer gelungenen HÄRTUNG gesprochen und auch Redcloud hat richtigerweise nochmal betont, das damit nicht die gesamte WB gemeint war. Man muß dazu also keine Romane verfassen, braucht aber aufmerksame Leser...

Auch ich sehe keinen Sinn darin, rostende Messer aus Hochleistungsstählen mit feiner Geometrie zu machen, wenn diese dann doch in der Spülmaschine landen und keiner weiß, wie man sie schärft.
Ebenso habe ich einige der üblichen Gurken in meiner Küche im Einsatz. Die werden halt nach jedem Einsatz kurz über den Stahl gezogen und gut is.
Meine Guten dagegen haben eben ihre speziellen Einsatzgebiete und werden entsprechend behandelt.
Wenn mich auf einem Markt jemand darum bittet, ihm ein einfaches Essmesser zu schmieden, möchte er nicht den ganzen Tag drauf warten, nicht viel bezahlen und trotzdem ein gutes Messer. Öl zum Härten habe ich da normalerweise nicht dabei. Also kommt C 45 mit relativ grober Geometrie zum Einsatz, gehärtet in Wasser (bitte trotzdem nicht machen, man kann es wohl nicht oft genug sagen) und nach Farbe angelassen. Warum? weil `s geht! Und im Regelfall sind die Leute dann trotzdem ganz begeistert, das das Teil besser schneidet, als das in diesem Fall sogar teurere Messer aus Federstahl vom Tschechen (die teilweise echt gute Schmiede sind, aber die Sache mit der WB...).

Das hat alles seine Berechtigung. Aber auch meine C45 Marktmesser werden nach dem Härten an der Flasche getestet. Wenn die nämlich nicht wenigstens leicht ritzen, sind sie nach dem Anlassen meist erst recht zu weich und landen gleich wieder im Feuer... ist allerdings noch nicht oft vorgekommen.

Ansonsten hat Redcloud absolut recht, der Ritztest sagt nur sehr wenig bis gar nichts über die Klingenqualität aus. Im dümmsten Fall ritzen da nämlich grobe, nicht eingeformte Karbide, die durchaus in einer 45 HRC Grundmasse eingebettet liegen können. Natürlich nur bei übereutektoiden Stählen.

Der Test wird noch weiter relativiert, wenn man z.b. weiß, dass selbst die härteste Schneide nicht ohne Weiteres ritzt, wenn man sie, was man sollte, vor dem Härten leicht abgerundet hat. Ferner gibt es durchaus härteres und weicheres Flaschenglas...

In diesem Sinne sind wir also nicht wieder am Anfang, sondern ich finde, es wird gerade erst so richtig spannend :p

Übrigens meinte Roman mal zu mir, auch er habe noch nie mehr als 56 HRC bei einem Serienküchenmesser gemessen. Ich hoffe, ich habe das noch richtig im Kopf.
 
Nun sind wir also mitten in der Qualitätsdiskussion. Das bisher erarbeitete Ergebnis, daß der Glasritztest nicht alles aussagt, ist wohl einstimmige Meinung. Er dient auch nicht zur Feststellung einer Superqualität, sondern dazu, herauszufinden, ob die Härtung überhaupt erfolgreich war. So gut wie jeder Kohlenstoffstahl oder leicht legierte Werkzeugstahl mit mehr als 0,5 % C erreicht in den kleinen Abmessungen einer Messerklinge die erforderliche Härte. Wenn ein solcher Stahl nach dem Härten den Test nicht besteht, ist etwas schiefgelaufen. Denkbar ist ein Unterschreiten der Härtetemperatur- dann hätte man nicht gehärtet, sondern weichgeglüht-,weiter kommt eine zu deutliche Überschreitung der korrekten Temperatur in Betracht, mit der Folge übertriebener Restaustenitbildung und dadurch verminderter Härte, auch eine zu starke Oberflächenentkohlung ist denkbar. Gerade letzteres kommt wohl häufiger vor, als man denkt. Ich höre immer wieder von Härtungen von Stählen mit hohem Härtepotential, die nicht hinreichend hart geworden sind. Beim Nachfragen höre ich dann, daß sie 8 Stunden weichgeglüht worden sind. Meistens wird dann noch die Meinung geäußert, das könne nicht zu einer Entkohlung geführt haben, weil man kaum Verzunderung festgestellt habe. Das ist leider genau falsch. Entkohlung kann der Verzunderung weit vorauseilen oder ohne Verzunderung eintreten.
Hat nun eine Klinge den Glasritztest bestanden, so heißt das noch lange nicht, daß sie gut ist. Sie kann bei unzulänglicher Wärmebehandlung grobkörnig sein und ist dann zwar hart, aber brüchig. Dem Glasritztest muß sich also eine weitere Prüfung anschließen. unabdingbar für feine Schneiden ist der "Buckeltest"- die Schneide wird mit leichtem Druck über eine glatte, harte runde Oberfläche gezogen und muß dabei eine elastische Verformung ohne Ausbrüche zeigen. Sie muß sich auch extrem scharf einstellen lassen, ganz gleich, ob dies für den späteren Verwendungszweck erforderlich ist. Eine Klinge, die nicht "buckelt" oder nicht wirklich scharf wird, hat im Laufe ihrer Fertigung eine Schädigung erlitten. Wenn man die Stabilität testen will, bietet sich auch der von Achim angeführte Biegeversuch an oder man kann die Klinge, wie das Hans Peter (hpkb) gemacht hat, mit unterschiedlichen Schneidwinkeln in einen Nagel oder Ähnliches einschlagen. Ich fand seine Ergebnisse auch in Bezug auf die Stahlwahl für unterschiedliche Anwendungen sehr aufschlußreich.
Wenn man mit einem Stahl genau bekannter Legierung arbeitet, kann man sich an die Härteanleitungen halten und wenn man da sorgsam vorgeht, wird man keine Enttäuschungen erleben. Man kann aber auch bewußt von den anerkannten und empfohlenen Methoden abweichen und mit ein bißchen Risikobereitschaft noch zusätzliche Leistung herauskitzeln. Das setzt Wissen und Nachdenken voraus- macht aber gerade deshalb die Sache besonders interessant.
Ein Beispiel: Habt Ihr Euch mal überlegt, wie bei den induktionsgehärteten Feinsägen in den Zahnspitzen Härten von 70-72 HRC bei guter Zähigkeit zustandekommen ? Am Stahl kann es nicht liegen, da es sich um einfachen - höchstens leicht mit Nickel legierten C-Stahl handelt. Des Rätsels Lösung liegt in der Härtung von höherer Härtetemperatur bei sehr schneller Erwärmung. Die blitzschnelle Erwärmung durch die Induktion verhindert Kornwachstum und auch die Restaustenitbildung wird weitgehend unterdrückt. Das kann man ohne entsprechende Anlagen nicht exakt kopieren, man kann dem Ziel aber nahekommen. Ich stelle immer wieder fest, daß aus dem Schmiedefeuer möglichst schnell erhitzte Kochmesser besser schneiden, als im Ofen korrekt behandelte. Da sollte man sich also durchaus mal trauen, ein bißchen zu experimentieren.
Ein anderes Beispiel wäre für Arno sicher sehr interessant: Härtung in den Bereich des Zwischenstufengefüges oder eines Gemischs von Martensit und Zwischenstufengefüge. Das ist nicht so ganz einfach, in Dr. Verhoevens exzellenter Arbeit über die Wärmebehandlung von Messerstählen aber nachzulesen.
Es ist noch eine weitere Frage angesprochen worden, die immer wieder mal auftaucht und für Unsicherheit sorgt. Recycling-ja schön, aber dann weiß man doch nicht, um was für einen Werkstoff es sich handelt. Das ist grundsätzlich richtig, aber eben nur grundsätzlich. Aus dem Verwendungszweck läßt sich recht sicher auf die Legierung- mindestens auf die Kategorie- schließen. Findet man etwa Kugellagerringe, so gibt es gar nicht so viele Möglichkeiten- entweder handelt es sich um die gängigen Wälzlagerstähle, je nach Größe mit steigendem Legierungsanteil an Chrom, rostfreie Wälzlager oder Schnellarbeitsstahllager. Diese drei Gruppen sind nach dem Funkenbild recht sicher zu unterscheiden.
Feilen, auf denen ein Herstellername zu finden ist, sind aus Kohlenstoffstahl oder leicht legiert. Da kann man beim Härten nicht viel falsch machen.
Sägen werden in der Regel aus Kohlenstoffstählen mit 0,7-0,8% C gefertigt. Oft haben sie Zahnspitzen aus Stellit oder HSS- Das ist einfach festzustellen und die Spitzen muß man eben wegschleifen. HSS- Sägen kann man am roten Wolframfunken sicher erkennen.
Das nur mal als Beispiel, wie man sich mit einfach und billig zu beschaffenden Werkstoffen helfen kann, ohne Qualitätseinbußen hinnehmen zu müssen.
MfG U. Gerfin
 
Hallo Ulrich

Da Du es angesprochen hast:

Mit Herberts letztem Beitrag zum Thema "Einführung in den kleinen Stahlschlüssel", die Federstähle betreffend, hat sich glaube ich meine letzte, drängendste Frage zu diesem Thema (im Zusammenhang mit Zwischenstufengefügen) geklärt. Wie Üblich war es nur ein kleiner Satz in diesem umfangreichen Dokument. Ich weiß jetzt also, was Sache ist und lebe ohnehin auch ohne dieses Wissen schon lange sehr gut. Was beweißt, dass man nicht notwendigerweise ein Metallurgieexperte sein muß, um brauchbare Klingen herzustellen. Aber ich kann jetzt endlich wieder ruhig schlafen!

In diesem Sinne vielen Dank an Dich und an Herbert :super:
 
unabdingbar für feine Schneiden ist der "Buckeltest"- die Schneide wird mit leichtem Druck über eine glatte, harte runde Oberfläche gezogen und muß dabei eine elastische Verformung ohne Ausbrüche zeigen. Sie muß sich auch extrem scharf einstellen lassen, ganz gleich, ob dies für den späteren Verwendungszweck erforderlich ist.

Ich habe ein paar mal unterschiedliche Klingentests gesehen.

Zu diesem Test würde ich sagen:
Man kann es so machen, dass gerade Schneidenspitze nicht „sehr stark“ beansprucht wird.
In dem Fall können einige 65- Harte Klingen das überstehen.

Sollte dann Winkel zwischen Metallröhre und Klingenfläche vergrößert werden, treten dann kleine Ausbrüche bei meistens Klingen.
Nur „die Besste“ können das „überleben“.

Wenn man dann die Schneide unter Mikroskop untersucht, kann man auch bei „Sieger“ mehr oder auch weniger Ausbrüche sehen.
D. Test ist also für praktisch jede Klinge nicht ganz unschädlich.
 
Ansonsten hat Redcloud absolut recht, der Ritztest sagt nur sehr wenig bis gar nichts über die Klingenqualität aus. Im dümmsten Fall ritzen da nämlich grobe, nicht eingeformte Karbide, die durchaus in einer 45 HRC Grundmasse eingebettet liegen können. Natürlich nur bei übereutektoiden Stählen.

Genau das gibt mir schon seit einiger Zeit zu denken. Wie würde denn der Ideale Werkstoff für Messer aussehen?
So wie ich es verstehe ist Wootz doch nichts anderes als Bewusst gesteuerte Karbid Ketten und Vernetzungen die in einer Zähen Grundmasse gebettet sind. Richtig?

Für mich wäre das Ideale Material eine Federharte, Zähe Grundmasse in dem Sehr Harte Verschleißfeste Blättchen eingebettet sind, ähnlich wie Schuppen, mit der zähen Grundmasse dazwischen. Wenn dieses jetzt entlang der Schneide so gelegt ist, dass sich die zähen Grundmasse zu erst abnutzt, dann würde man einen sehr feinen (je nach größe der Partikel) Sägezahnung bekommen. Wenn nun der Verbund stark genug ist dann wird man sehr langanhaltende schärfe erlangen.
Soviel zur Theorie...
Meinungen, Ideen...
 
hier ein bekennender armierungseisenflachklopfer.

das sagt eigentlich schon alles.. (;

im ernst: ich habe nicht die möglichkeit, ein mässer zu härten. geschweige denn, die härte dann zu messen.. ich hab auch schon "klingen" (einige von euch würden das nicht als klingen betrachten, deshalb die "") gehärtet, die glas geritzt haben..

aber um auf armierungseisen zurückzukommen: das eine messerchen daraus macht engelslockengleiche hobelspäne aus trockenem (weich) holz, die sich perfekt zum feuermachen eignen.. und das macht freude.
und wenn ich ein messer alle paar tage abziehen muss (bei gebrauch..) dann ist das keine belastung, sondern eine freude.

lort, der freude an lowtech hat.
 
Gegrüßt seist du Bruder der Armierung :super:
Meine ersten MEsserchen waren auch aus Armierstahl, in einem Erdloch mit Holzkohle, später Opi's Kohle aus dem Keller, erhitz (mit Fön) und mit Kompizange, Hammer und Eisenbahnschiene zurecht geklopft.
Das hat Spaß gemacht und ich werde es nie vergessen...tja die erste vergisste man nie...
Von Härten hatte ich damals keine ahnung darum sind sie auch alle abgebrochen :hmpf:
Ich glaub ich werde bald mal wiede Brachialteile Schmieden, das macht einfach mehr Freude :glgl:
 
das mit der schine kenn ich doch.. :D
und holzkohle auch. mittlerweile habich umgesattelt auf steinkohle.. mein patenonkel (götti^^) hat im keller ein paar hundert liter gefunden, wie praktisch.
erdloch ist ziemlich geil. habich auch schon gemacht. es ging um ein stromunabhängiges system mittels soner billigst-schlauchboot-zweiwegepumpe. funktioniert gut, zumal der erdboden die hitze zusammenhält.

die mobile-einweg-feldesse.. ein klappstpaten, die pumpe, ein wasserrohr und klebeband.
 
Hallo Ihr

Uiuiui, jetzt muß ich wohl doch nochmal ran:

Im Prinzip ist die Überlegung mit den Karbiden etc. schon soweit richtig. Der Vergleich mit dem Wootz ebenso (auch, wenn ich diesen bei meinem Posting nicht im Hinterkopf hatte).

So ganz einfach ist die Sache, wie so oft, nun aber auch wieder nicht bzw. man sollte sie sich nicht so einfach machen.

Wie bereits gesagt ging es hier ursprünglich um Messer, die gewisse Anforderungen erfüllen. Also halbwegs feine Schneiden mit einer dem Handwerk anstehenden Leistung.

Die Größe und Anzahl der Karbide spielen dabei auch eine ganz wesentliche Rolle (bitte nochmal bei Roman nachlesen, ich fürchte, da klemmt `s noch am Verständniss).
Karbidreiche Stähle oder solche, mit großen Karbiden in verhältnismäßig weicher Matrix sollten in meinen Augen generell (in Bezug auf Messerklingen) als ungünstig gelten, egal, ob man nun auf Armierungseisen rumkloppt (was völlig o.k. ist), oder auf einem modernen Flachstahl mit bekannter Zusammensetzung. Warum? Weil ganz einfach, und das ist hier der Punkt, es genauso einfach, wenn nicht sogar einfacher ist, gleich was "vernünftiges" zu machen.

Der angesprochene "Verbund" zwischen Karbid und Matrix wir im Regelfall einfach nicht ausreichen, um feine Geometrieen (die schneiden wie Gift) überhaupt zuzulassen.

Mag sein, dass "offene" Schneiden recht "bissig" sind. Aber sie bleiben das in der Regel nicht lange (auch das lässt sich bei Roman nachlesen). Und sind gleichzeitig schlecht zu schärfen. Es kann in meinen Augen kaum das Bestreben eines Messermachers sein, diesen Weg zu gehen (von Ausnahmen und Kompromissen abgesehen), wenn es, meist sogar mit geringerem Aufwand, auch gaaaaanz anders geht...

Ritzt ein Messer z.B. aus dem hervorragenden Material 1545 (C 105 W1) nur Glas auf Grund unzureichender Wärmevorbehandlung, so hat man einfach 90% des vom Stahl mitgebrachten Potentials schlicht verschenkt. Siehe Ulrichs letzten Beitrag.
 
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