Goldgriffspatha

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Eine Goldgriffspatha wird es mal!

Hier der Rohling, ein Rekonstruktionsversuch mit "Schlangendamast".

Vor einigen Jahren hatte ich eine ähnliche Klinge schon einmal geschmiedet und vorgestellt im www.

Dieses zweite Stück ist geglüht, leicht plan geschliffen und leicht angeätzt und bildet so die Grundlage für den noch folgenden Anschliff.
Soweit man bisher erkennen kann, ist die Klinge ohne Fehlstellen geschmiedet.

Es gibt bisher nur wenige bekannte Varianten mit Schlangendamast, das hier ist eine davon. Hierbei schlängelt sich die Schlange über die gesamte Klinge und über die gesamte Kernbreite.

Der Aufbau wurde nach Angaben der Archäologen und deren Untersuchungsergebnissen geschmiedet. Auch die Lagenzahl der Bänder, des Eisenkerns etc. wurden vorgegeben.

Der Schwertkern besteht aus einem Furnierdamast.

Die mittlere weiche Lage(Mittellage) im Kern besteht aus drei Schichten mit je senkrecht stehenden Lagen weichen Eisens(selbst verhütet).

Auf einer Seite der Mittellage befinden sich drei wechselseitig tordierte Bänder.

Auf der anderen Seite der Mittellage befinden sich ebenfalls drei wechselseitig tordierte Bänder.

In diese Bänder eingeschmiedet wurde eine Schlange aus selbst verhütteten Eisen und Stahl. Die Lagen in der Schlange stehen senkrecht.
Die Schlange reicht bis auf die Mittellage im Kern.

Eine Schneide aus senkrecht stehenden Raffinierstahl umsohlt den Schwertkern.

Die Klingenlänge des Rohlings beträgt 800mm plus Angel.
Die Klingebreite an der Schulter beträgt 55mm und 10cm vor dem Ort 50mm.
Der Kern ist an der Schulter 27mm breit.


MfG
Markus Balbach
 

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Mann:eek:

wenn man die Schmiedebeschreibung sorgfälltig liest und halbwegs versteht, läuft einem das Wasser im Mund zusammen.
Alleine die Herrausvorderung sowas zu machen............
Solche Arbeiten faszinieren mich, danke again fürs zeigen Markus, egal wie dein Auftrag lautet ob du nur die fertige Klinge lieferst oder das komplette Schwert mit Montierung etc. zeig uns bitte ein Bild vom Auslieferungszustand!

Tschau Torsten
 
Habe ich das richtig verstanden? Der Kern besteht aus 9 Einzelsträngen und die Schlangen wurden von beiden Seiten bis zum mittleren Kern reingetrieben?:staun:
Hätte das reinschmieden der Schlangen nicht viel mehr das Muster der Torsionen verändern müssen? Wo ist der Trick?

Ciao Sven
 
Hallo Sven,

die Schlange befindet sich auf nur einer Schwertseite, wie bei allen gefundenen Schwertern mit Schlangendamast!

Der Kern besteht also aus insgesamt einer Mittellage(bestehend aus 3 Schichten mit je senkrechten Lagen), 6 Torsionsbändern und einer Schlange.
Also 8 Stränge.
Wenn Du die Mittellage allerdings als drei Stränge zählst, sind es 10 Stränge. Aber die Mittellage wird eigentlich immer als ein Stück gerechnet.
Plus Schneide.
Die Mittellage ist jetzt ca. 0,8-0,9mm durchgehend stark bei einer späteren Klingenstärke von 5mm an der Schulter. Die Klinge jetzt ist dort 5,3mm stark.

Es darf später die Schlange in der geschliffenen Hohlkehle nicht durchbrochen werden. Deshalb wurde die Schlange auch bis zur Mittellage eingeschmiedet.
An Fundstücken hat sich gezeigt, dass manche Klingen nicht in Form geschmiedet wurden, wie bei diesem Stück eben auch.

Wir haben einige Rekonstruktionsstücke auch für andere Typen von Schlangenschwertern geschmiedet. Je nach Machart verziehen sich die Bänder neben der Schlange mehr oder weniger. Hier eben weniger bis gar nicht!

Das Bild unten zeigt z.B. einen Ausschnitt einer anderen furnierten Spatha mit Schlangendamast, bei der die Schlange ebenfalls auf einer Seite, dort aber nur im Bereich des mittleren Bandes eng über die gesamte Klinge verläuft. Die Hohlräume der Schlangenbögen wurden mit selbsverhütteten "Eisenzwickel" verfüllt!
Auch bei diesem Aufbau gibt es verschiedene Möglichkeiten der Machart.





MfG
Markus Balbach
 

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Hallo Markus
Ich sitze sprachlos hier vor dem Bildschirm!
Besser kann man es nicht machen...............



Wer schon mal geschmiedet hat kann vielleicht erahnen was für Schwierigkeiten bei solch einem Stück auftreten können.
Ich schließe mich Thorstens Bitte nach mehr Bildern an.
 
Hi, sieht total geil aus dein Rohling. Eine Frage hab ich zu der Schneide.

Eine Schneide aus senkrecht stehenden Raffinierstahl umsohlt den Schwertkern.

Auf dem Foto sieht das fast wie Damast aus. Hast du Stähle mit versch. c-gehalt verschweißt oder ein Stück Rennstahl homogenisiert. Woher kommt diese deutliche Zeichnung?

Gruß Jannis
 
Ich habe gerade deinen anderen Schlangendamast (Bild in Beitrag 3) gefunden.
Auch wieder eines von den Fotos die viiel zu klein sind.

Hast du dich beim "Eisenzwickel" verschrieben?
Google hat nur einen Treffer, nämlich dieses Thema hier:)

Wieviel Eisen hast du denn verhütten müssen um genug Eingangsmaterial für das Homogenisieren zu haben?
War das Erz aus eurer Gegend?

Ciao Sven
 
Hi, sieht total geil aus dein Rohling. Eine Frage hab ich zu der Schneide.



Auf dem Foto sieht das fast wie Damast aus. Hast du Stähle mit versch. c-gehalt verschweißt oder ein Stück Rennstahl homogenisiert. Woher kommt diese deutliche Zeichnung?

Gruß Jannis

Hallo Jannis,

die Schneide beim Fundstück hatte ebenfalls eine leichte Zeichnung bedingt durch einen geringen unterschiedlichen Kohlenstoffgehalt in sich.
Wir haben C60 und C70 für die Schneide verwendet.
Auf dem Foto kommt das etwas zu stark zum Vorschein. Bei der später harten Schneide sieht man es kaum. Auch wird vermutlich die Schneide nicht mitgeätzt werden.

MfG
Markus Balbach
 
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Hast du dich beim "Eisenzwickel" verschrieben?
Google hat nur einen Treffer, nämlich dieses Thema hier:)

Wieviel Eisen hast du denn verhütten müssen um genug Eingangsmaterial für das Homogenisieren zu haben?
War das Erz aus eurer Gegend?

Ciao Sven

Hallo Sven,

die Bezeichnung "Zwickel" stammt von Herrn Paysan vom Württembergischen Landesmuseum.
Herr Paysan untersucht Schwertfunde.

Wir haben einige Kilo Luppenmaterial da. Das sollte noch für viele "Zwickel" usw. reichen.
Im und um den Ort hier gibt es große Erzvorkommen. Im Ort selber befinden sich 5 Erzgruben.
Wir verhütten also heimische Erze.

Den ersten Rennofen haben wir 1993 auf Reise geschickt.

Markus Balbach
 
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Auf welche Zeit datiert man das Original? Und wem wird es zugeordnet?

Kommt das Zwickel vielleicht von abzwicken (abtrennen).
Also abgetrennte Teile einer Luppe?

Wieviel Stahl hattet ihr ungefähr vor dem Falten und ausschmieden?
Und wie schwer ist der Rohling jetzt?

Fragen über Fragen;)

Ciao Sven
 
Sven,

der Klingenrohling hat ein Gewicht von exakt 1786 Gramm.
Wir haben für die Klinge vorab einige Schmiedeversuche unternommen. Die Probestücke wurden teils zerschnitten um z.B. die Einschmiedetiefe der Schlange zu ermitteln usw..
Überhaupt muss man sich so einen Klingenaufbau erarbeiten. Ein kurzes Kernstück mit einer Schlange ist noch einfach, aber das auf Schwertlänge zu schmieden ist was ganz anderes und nicht vergleichbar.
Die Zeit für solch ein Rekontruktionsversuch mit den Schmiedeproben vorher, der Eisenverhüttung usw. kann man nicht berechnen.
Das Stück würde keiner mehr bezahlen wollen.
Eine Angabe über die verwendete Stahlmenge kann ich nicht mitteilen, da das nicht festgehalten wurde.

Die Klinge stammt aus 5. Jahrhundert.
Es gibt nur eine Grabnummer. Man vermutet in solchen Gräbern mit Goldgriffspatha alemannische Adlige, wobei ich da selber nichts zu sagen kann, also nicht weiß.

Die "Zwickel" sind tatsächlich kleine Stückchen, welche in die offenen Schlangenbögen nach dem Verschweißen der Schlange im und auf den Kern, eingelegt und wieder verschweißt wurden.
Diese Art der Herstellung ist auf Grund der Untersuchungergebnisse eine Tatsache. Aber es ist nur eine so geschmiedete Klinge bekannt.
Es gibt, wie schon gesagt, auch einige andere Schlangendamastvarianten.

MfG
Markus Balbach
 
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Die Zeit für solch ein Rekonstruktionsversuch mit den Schmiedeproben vorher, der Eisenverhüttung usw. kann man nicht berechnen.
Das Stück würde keiner mehr bezahlen wollen.

Das war vermutlich auch früher schon so. Von daher würde es mich wundern, wenn solche Schwerter in größerer Zahl gefunden werden.
Ich glaube auch nicht, das es zu irgendeiner Zeit viele Schmiede gegeben hat die so etwas zustande brachten.

Die Variante mit der eingeschmiedeten Schlange erscheint mir schwerer als die Zwickel-Methode. Obwohl ja beide ihre Fallstricke haben.
Ist das so?

Gibt es Hinweise, ob die Schlange durch Gravuren zusätzlich hervorgehoben wurde?

Ciao
Sven
 
Absolut tolle Klinge, Markus. Besondeers schön finde ich: egal was da noch für ein Griff drankommt, Gold oder was weiß ich, diese Klinge wird das gesamte Stück immer dominieren.

Ich kann mir auch denken, warum die alten Eisenklopper die Schlange nur einseitig bis zur Mitte eingelegt haben....
 
Hallo,

hier mal ein Bild der fertigen Schlangenspatha.

Auf dem ersten Bild ist es die untere Klinge. Ausschnitte der Klinge sind auf Bild 2 und 3 zu sehen.
Die Schlange wurde in eine vorher geschmiedete Nut in den Klingenkern über die volle Kernbreite bis zur Kernmitte eingeschmiedet.

Die obere Klinge des ersten Bildes zeigt eine vor einigen Jahren von mir geschmiedete andere Variante. Dort wurde eine Schlange mit engeren Bögen in einen nicht vorgenuteten Kern, wie beim Originalfund komplett über die mittlere Bahn und bis zur Hälfte je über die erste und dritte Bahn geschmiedet.

Das Bild 4 zeigt eine Schlangenspatha, Bild 5 einen Ausschnitt dieser, welche in originaler Breite und Stärke aber nicht in der Länge für ein Landesmuseum geschmiedet wurde.
Über die schmiedetechnische Herstellung dieser Schlange hatte Herr Paysan in Solingen im Klingenmuseum seinerzeit einen Vortrag gehalten.
Hier kurz Folgendes dazu:
Die Schlange befindet sich nur zwischen dem ersten und dritten Band.
Die Schlangenbögen wurden mit "Eisenzwickeln" verfüllt und im Feuer verschweißt.

Alle drei Schlangenspatha besitzen im Kern unter der Schlange eine Mittellage und auf der anderen Kernseite 3 wechselseitig tordierte Bänder.

Selbst die Mittellage der Spatha für das Landesmuseum besteht aus einer gewissen Anzahl hochkant stehender Schichten.

Bei jeder Klinge wurde selbstverhüttetes Material und unlegierte Kohlenstoffstähle verwendet.

Grundsätzlich sind diese drei Herstellungsmethoden von in Klingen eingelegten Schlangen bekannt.

Bei allen drei Varianten wurde die Schneidleiste zuletzt aufgesohlt.

Bei allen drei Klingen wurde der Klingenaufbau nach original Fundstücken übernommen und eingehalten.

Auf dem vierten Bild in der Schneide sind keine Fehler, nur oberflächliche Zunderstellen vom Raffinieren.



Mit freundlichen Grüßen
Markus Balbach


PS: Winterschmiedetreffen am 22.12.10 nicht vergessen!!
 

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Hallo Markus,
eine traumhafte Arbeit!!!
Mehr bleibt wohl nicht zu sagen, wenn es einem vor Begeisterung die Sprache verschlägt!

Liebe Grüße
Kilian
 
Respekt......... das ist eine richtig tolle Arbeit schön das dass Teil fertig geworden ist.:super:

Besteht eine Chance das Stück mal live zu sehen bzw auchin die Hand zu bekommen ?
 
Ich bin ehrlich gesagt mehr verwundert über den Detailreichtum der Oberfläche. Es heißt ja nur japanische Schwerter besitzen eine Politur welche Schweißstrukturen/Stahltextur hervorhebt. Und hier sehe ich ein europäisches Schwert aus selbst verhüttetem Raffinierstahl der ebenfalls so viele Feinheiten zeigt.

Frage an Markus - ist das alles geätzt? Oder kommen die wunderschönen Details bereits beim Grundschliff hervor? Bin von der Schönheit der Oberfläche restlos begeistert!

PS: Nimmt Schmiede Balbach auch Seelen als Pfand für ihre Erzeugnisse? :hehe:
 
Hallo Gregorius,

bei den fertigen Klingen konnte man schon gut nach dem Feinschliff den Damastaufbau erkennen.
Noch besser sichtbar haben wir das dann mit natürlichen Säuren aus der Küche (Essig/Citronensäure) gemacht.
Eine Steinpolitur wäre sicher möglich und auch gut geworden.
Der Kunde hat die Klingen selber dann wohl geätzt, ich weiß es nicht genau, da ich nur die Bilder bekommen habe ohne weitere Auskunft über die Oberflächenbehandlung.
Den plangeschliffenen Schwertrohling hatte ich in Fe3Cl gelegt um die Struktur sichtbar zu machen.

Bei anderen Schwertklingen von uns aus vergleichbaren Stahlsorten geschmiedet, hatten wir selber Ätzversuche unternommen.
Bei diesen verwendeten Stahlsorten war kaum bis keine Tiefenätzung mit Schwefelsäure, Salzsäure und Fe3Cl erziehlbar.

Von daher bin ich der Meinung, dass die damaligen Schwertklingen oberflächlich vermutlich ebenfalls nicht tiefgeätzt waren.

Als Ausnahme können da nur die indonesischen Götterwaffen oder andere aus Meteoriteneisen und Stahl geschmiedete Klingen genannt werden.

MfG
Markus Balbach


Winterschmieden hier am 22.12. nicht vergessen!!
 
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Hallo,

ich bin ein Bisschen sprachlos ob solcher Arbeit.

Gibt es zu der Grabnummer einen Austellungskatalog oder Fundbericht?

Schöne Grüße.
 
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