Grabendolch aus 1. WK von F.Dick

[Adlerauge]

Hallo liebes Messerforum,
ich bin recht neu hier, aber schon lange Messerfreund, am liebsten hab ich die Messer mit denen man Kochen und essen kann.
Mein Favorit sind Japaner und Franzosen.
Nun habe ich von meinem Vater ein Messer bekommen was er selbst irgendwoher bekommen/getauscht hat
was mich echt beeindruckt.
Nach meiner Recherche muss es sich um einen Grabendolch aus dem 1. Weltkrieg handeln. Ich habe die Firma Dick
angeschrieben und ihnen die Fotos geschickt. Sie haben sich netterweise mit meiner Anfrage beschäftigt und konnten aber
zu dem Dolch keine Aussage machen da sie die Art von Griff wohl nie produziert hätten. Die Klinge würde wohl
von 1933 stammen. Kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Wenn man die anderen Garbendolchmodelle aus
dem 1. WK sieht, ist da doch eine sehr große Übereinstimmung zu sehen.
Nun meine Frage, kennt jemand den Dolch oder weiß ob F.Dick damals auch Grabendolche für den 1. WK hergestellt hat.

Freu mich auf euer Wissen! Beste Grüße
Philipp

 

[Abu]

Hi Adlerauge,
die Antwort von Dick war sicher nett, bietet aber mit zweifach „…wohl“, also womöglich, viel konjunktiv und Interpretationsspielraum.

Ich halte deine Recherche für richtig, es ist ein Grabendolch. Und er ist nmM komplett von Dick hergestellt worden, was sollte dagegen sprechen? Viele, auch kleinere Hersteller haben während des 1. WK solche Dolche u.a. für die private Ausrüstung der Soldaten gebaut, ein Beispiel s.u. Das war patriotische Pflicht und Gesinnung.

Eine andere Frage ist, wann DEIN Dolch gebaut wurde, da lässt sich 1933 nicht ohne weiteres widerlegen. Als Grabendolch wäre er dem 1.WK zuzuordnen. Andererseits lässt der hervorragende Zustand vermuten, dass er nie die Gräben und Einsatz gesehen hat. Bis zur Re-Militarisierung Deutschlands mit dem berüchtigten Hoheitszeichen wurde nach 1918 aber durchaus verdeckt wieder auf- und ausgerüstet, bei bürgerkriegsähnlichen internen Straßenkämpfen. In diese Zeit fällt auch die Neu-Registrierung des Klingenstempels von 1922, die erste ist von 1895.

Nur als Ergänzung: Bei meiner kurzen Recherche bin ich in einem Buch auf die grafische Werbung eines Herstellers Dittmar Heilbronn mit gleichem Dolch und Scheide gestoßen. Darin wird der Typ als Patrouillen-Dolch angeboten, „auch als Jagdmesser zu gebrauchen“. Hier kehrt sich der vorgesehene Nutzen um: die ersten Grabendolche waren tatsächlich Jagdmesser, sog. Nicker, privater Ausrüstung.

In jedem Fall ein sehr gut erhaltenes historisches Exemplar mit familiärem Bezug, halte es in Ehren!

Abu

 

[Adlerauge]

Hi Abu,

danke für deine ausführliche Antwort. Das ist sehr interessant was du schreibst. War mir nicht klar dass der Klingenstempel nach 1922
ist. Das spricht wohl dafür dass das Messer wahrscheinlich nicht aus dem ersten WK ist und später produziert wurde.
Auch die generelle Herkunft des Grabendolches als "Jagdnicker" macht ja irgendwie einen makaberen und traurigen Sinn.
Werde auch mal nach dem Hersteller Dittmar Heilbronn recherchieren!

Nun gut, mein Vater hat das Messer zum säubern seiner Bienenkästen benutzt, ich habe es einfach gereinigt und werde es jetzt als
Outdoormesser nutzen.

Beste Grüße und nochmals vielen Dank für deinen Input,

Adlerauge

 

[Abu]

. War mir nicht klar dass der Klingenstempel nach 1922
ist.

Damit kein Missverständnis aufkommt, den Stempel gab es seit 1895, er wurde 1922 re-registriert!

Abu

 

[cut]

Damit kein Missverständnis aufkommt, den Stempel gab es seit 1895, er wurde 1922 re-registriert!

Abu

Hier eine historische Webung von Friedrich Dick aus dem Jahr 1901 mit der auf dem Grabendolch verwendeten Marke:

Grüße
cut

 

[fshamburg]

Hallo Adlerauge, Du hast da ein hervorragend erhaltenes, zwischen 90 und 120 Jahren altes, nicht häufig zu findendes Sammlungsstück. Glückwunsch dazu. Bitte öle es gut ein und auf keinen Fall benutzen, vielleicht als Brieföffner 😀

 

[Adlerauge]

Hallo zusammen, ich war leider länger nicht online und freue mich über eure Teilnahme an meiner Frage.
Danke für eure Beiträge und Informationen.
Werde das gute Stück gut pflegen und erhalten.
Noch eine Information meinerseits. Vor zwei Wochen hat mich ein Familienmitglied von "Dick" angerufen
um mir persönlich Auskunft darüber zu geben dass die Firma wohl keine "Grabendolche" für den 1. Weltkrieg und generell
fürs Militär hergestellt hat. Da Dick anscheinend erst später in die Messerproduktion/Vertrieb übergegangen
ist und eigentlich, wie das Mitglied "Cut" ja netterweise in der historischen
Werbung gezeigt hat, aus der Feilenproduktion kommt.
Der Mitarbeiter meinte bei meinem Dolch könne es sich eventuell um ein Musterstück handeln.

 

[cut]

... Noch eine Information meinerseits. Vor zwei Wochen hat mich ein Familienmitglied von "Dick" angerufen
um mir persönlich Auskunft darüber zu geben dass die Firma wohl keine "Grabendolche" für den 1. Weltkrieg und generell
fürs Militär hergestellt hat. Da Dick anscheinend erst später in die Messerproduktion/Vertrieb übergegangen
ist und eigentlich, wie das Mitglied "Cut" ja netterweise in der historischen
Werbung gezeigt hat, aus der Feilenproduktion kommt.
Der Mitarbeiter meinte bei meinem Dolch könne es sich eventuell um ein Musterstück handeln.

Die ergänzende Information eines "Dick" Familienmitglieds erscheint mir aus mehreren Gründen nicht schlüssig zu sein:
Die in post #5 abgebildete F. Dick Werbung aus dem Jahr 1901 beschreibt als Fertigungsprogramm ausser "Präcisions-Feilen" explizit "Stahlwaaren und Werkzeuge für Metzger, Köche und Haushalt". Der Begriff Stahlwaaren umfasste damals bei einschlägigen Anbietern Messer.
Die von F. Dick zumindest im Jahr 2007 auf der homepage veröffentlichte Firmenhistorie (damals von mir abgerufen unter dem link
http://www.dick.de/navigation/decrypt.php?paf=../object/2145.htm) beschreibt für 1889 "Metzgermesser":
"... Company History
1778 Johann Friedrich Dick founded a file manufacturing workshop in Esslingen.

1873 Paul Friedrich Dick took over the company. Start of sharpening steel production.

1878 Construction of a small factory in Esslingen, 20 employees, first file production machine.

1889 Move to the new plant in the Kollwitz/Fleischmannstrasse in Esslingen, 100 employees. Completion of separate file manufacture from the smallest watchmakers file to the largest square file (over 45 cm in length), start of the manufacture of additional special tools, butcher knives and cleavers ... "

Ergänzend diese leider stark verpixelte F. Dick Werbung aus dem Jahr 1899 mit einer Aufzählung der Herstellung weiterer Messertypen und Einsatzbereiche:

Der in diesem thread vorgestellte "Grabendolch" ist ein typisches Exemplar, das in identischer Ausführung (oder mit minimalen Abweichungen) von vielen Herstellern in Deutschland gefertigt wurde. Er wurde vorrangig von Soldaten privat erworben.

Grüße
cut

 

[cut]

.. irrtümlich doppelt gepostet und deshalb von mir gelöscht.