Grobkorn bei rostbeständigen Stählen durch zu lange Haltezeit.

Stahlfriseur

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Hallo zusammen,
ich habe mir schon öfter überlegt rostbeständige Messerstähle mit zähen bzw. federharten Außenlagen zu versehen, um die Klingen bruchfester zu machen.
Konkret: Wenn ich eine Dreilagenklinge aus ATS 34 mit Außenlagen aus 1.4006(x10Cr13) herstelle, sollte die Klinge theoretisch federnde Eigenschaften haben und hochbelastbar sein... da gibts nur einen Haken:

Gehe ich richtig in der Annahme, dass durch die hohen Temperaturen und die langen Haltezeiten bei der WB vom ATS der 1.4006 - da bereits nach kurzer Zeit auf den hohen Temperaturen dessen Karbide gelöst sind - extrem gröbkörnig wird und meine Vorstellung von einer zähelastischen Klinge dahin ist. Oder macht der 1.4006 die 15min auf 1050° ohne Probleme mit?

Und wie siehts bei V2A(1.4301) statt 1.4006 aus. Behält dieser Stahl(da austenitisch) nach dem Härten seine zähen Eigenschaften, oder ist er versaut?

Schon mal vielen Dank an alle - besonders an die Stahlexperten.

Beste Grüße, Martin
 
Das wird aus einem anderen Grund nicht so funktionieren, wie Du Dir das vorstellst.

Keiner der für die Außenlagen vorgesehenen Stähle federt ohne Sonderbehandlung.
Es handelt sich um umwandlungsfreie austenitische Stähle, die besonders zäh sind.

Zähigkeit und Elastizität sind aber eher gegenläufig. Elastizität bedeutet die Fähigkeit, nach einer Verformung wieder in die Ausgangsform zurückzukehren, Zähigkeit bedeutet, ein hohes Maß plastischer, also dauernder Verformung ohne Bruch zu ertragen.

Die austenitischen Stähle sind gut kalt zu verfestigen und können dann ein Mehrfaches der Ursprungsfestigkeit und Federeigenschaften erreichen.
Diese Festigkeitssteigerung verschwindet aber wieder beim Erwärmen, kann also bei der Klinge nicht genutzt werden.

Wesentliche Zähigkeitsverluste sind bei den austenitischen Außenlagen eher nicht zu erwarten. Auch grobkörniger Austenit ist zäh.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Die Antwort kann ich dir jetzt leide nicht geben, aber ich habe selber mit dem Gedanken gespielt.
Meine Überlegungen gingen dann letztendlich dahin, dass wenn ich schon Dreilagenstahl mache, ich dann lieber einen Stahl für die Schneide nehme die auch belastbar ist. Wegen Hauen und so und der mir auch eine feine schneide macht, leichter nachschärfbar usw. wenn ich also die Seiten rostfrei mache (V2A) dann kann ich ruhig ne kleine rostende Schneide rausstehen lassen.
Ich hab nichts gegen ATS34, hab mein erstes richtiges Messer daraus gemacht und das hat mich über 20 Jahre überall hin begleitet. Ich hab auch nichts gegen irgendwelche anderen Rostfreien oder Rostträgen Stähle. Die machen ihren Job wenn man weis was man will.

Meine Überlegung wäre jetzt wenn ich eh Feierschweiße dann hab ich ja sowieso Kornwachstum, bei richtiger WB danach kein Problem, und wenn der nicht härtende stahl viel Crom hat dann würde er ja auch länger brauchen um in Lösung zugehen... denke mal dass es kein Problem wäre.
Cold Steel hat ja seine Dreilagen Messerle mit seiten aus 4034 oder ähnlich versehen.
Aber ich würde eher (und hab es auch schon gemacht) den Rostfreien stahl nach dem Härten einen weicheren Rücken verpassen.Problem ist dann ob er danach am Rücken noch immer volle Rostfreiheit hat????
Dieses Messer aus Australien welches im Linder fred gezeigt wird macht es jedenfalls mit....
Viel Glück und wenn du Experimente machst dann lass mal sehen.
 
Also nach diversen Datenblättern ist der 1.4006 ein martensitischer rostbeständiger Stahl und wird üblicherweise auf 650-850 N/mm² vergütet.
Ich habe geschätzt, dass er bei geringen Querschnitten eine Ansprungshärte von ca. 40-45 HRC hätte. Das müsste doch federn, oder?
Mir wäre auch eine Mischung aus zähen und federnden Eigenschaften recht. Die Klinge soll möglichst hohe Belastungen ohne Bruch und mit wenig plastischer Verformung aufnehmen können.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Hamurra-e
ATS34 ist nur ein Beispiel - es könnte auch jeder andere rostbeständige Klingenstahl sein - die haben leider alle hohe Härtetemperaturen und Haltezeiten.
Differentiell anlassen um den Rücken weich zu kriegen habe ich auch schon Erwägung gezogen - bringt aber nix da diese Stähle ein mehr oder weinger ausgeprägtes Sekundärhärtemaximum haben. Außerdem wäre die Rostbeständigkeit futsch(wie wahrscheinlich auch bein diff. Härten)



Um was es mir hauptsächlich ging ist die Frage, ob martensitische hoch chromlegierte Stähle(bei welchen durch WB keine Kornfeinung zu erreichen ist - die Kornvergröberung durchs Schweißen kann man ja durch Umformen beseitigen) mit geringerem Kohlenstoff- und/oder Chromgehalt wie in der Schneidlage eine ausgeprägte Kornvergröberung bei falscher bzw. nicht ganz passender WB aufweisen.
 
Sorry, man soll immer genau hinschauen, bevor man sich aus dem Fenster lehnt.
Mit der Einordnung des 1.4006 hatte ich unrecht. Es handelt sich in der Tat nicht um einen austenitischen Stahl, sondern um einen härtbaren.
Die Legierung mit etwa 0,1 %C und 12-14 % Chrom läßt allerdings hohe Härten nicht erwarten.
Der Stahlschlüssel geht von ca. 31 HRC als Ansprunghärte aus.
Das kommt mir für Federeigenschaften etwas knapp vor. Die üblichen Manganfederstähle lagen im federharten Zustand bei ca 45 HRC.
Mit 1.4021 oder 1.4024 kämest Du aber schon in die gewünschte Festigkeitszone.
Da diese Stähle ähnliche Härtetemparaturen haben, wie der ATS 34 sollten sie die Wärmebehandlung für die Schneide auch vertragen.

Partiell höher anlassen ist eher nicht zu empfehlen, da die Reserve an Chrom für die Korrosionsbeständigkeit schon knapp ist.

Theoretisch könnte sich Deine Idee also auf dem gewählten Weg verwirklichen lassen.
Ob es Sinn macht ?

ATS 34 ist per se eher verschleißfest als robust. An der Empfindlichkeit der Schneide wird das elastische Mäntelchen nichts ändern können. Das Messer selbst wird sicher nicht so leicht brechen. Wenn man aber verführt durch die zähen Außenlagen grob damit umgeht, wird die Schneide leiden.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
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