Wir sind uns inzwischen einig, daß es d i e Härte der Katanaklinge nicht gibt und nicht geben kann.
Wir Westler neigen nun allerdings dazu, alles möglichst mit Zahlen und kontrollierbar haben zu wollen.
Ich finde deshalb die Frage auch durchaus legitim.
Man wird auch einen gewissen Rahmen festlegen können.
Gehen hier mal von der theoretischen Seite aus und schauen, was uns das sagt.
Die klassischen Klingen sind in aller Regel aus sehr reinen Erzen erzeugt und nach dem Reduktionsvorgang in der tatara, dem Aussortieren geeigneter Stücke, dem Schmieden und mehrfachen Verschweißen aus einem recht homogenen, sehr reinen Stahl.
Das wird oft -verkaufsfördernd- als Qualitätsmerkmal gerühmt. Mit der Härte und Belastbarkeit hat die Reinheit des Stahls aber nichts zu tun.
Er muß von Schädlingen wie Phosphor, Schwefel u.ä. möglichst frei sein. Wäre er aber ultrarein, bestünde also nur aus Eisen und Kohlenstoff, so wäre er nur mit extrem schneller Abschreckung härtbar und litte unter der Gefahr des Grobkorns. Ich will das hier nicht weiter ausführen, man kann es aber etwa bei Pendray/Verhoeven nachlesen.
Die große Reinheit des japanischen Schwertstahls ermöglicht es aber, die Härtung sehr differenziert vorzunehmen.
Der C-Gehalt des Schneidenstahls ist bekannt-es würde auch keinen Sinn machen, hier Geheimnisse haben zu wollen, da die Überprüfung ja kinderleicht ist.
Er liegt in der Regel zwischen 0,5-0,8 % C, wobei dem Vernehmen nach die modernen Schwertschmiede eher zu den niedrigeren C-Werten tendieren-vergl. etwa Joshindo Joshihara.
Ein reiner C-Stahl in Wasser abgeschreckt, wird bei 0,5-0,6 % C auf ca 63 HRC anspringen, bei 0,7-0,8 % ist als Ansprunghärte ca 65 HRC zu erwarten.
Im sinnvollen Bereich um 200 Grad angelassen ergäben sich Einsatzhärten zwischen 55-62 HRC.
Das gilt für reine C-Stähle ziemlich allgemein, ob sie nun in Japan hergestellt wurden oder sonstwo.
Der erfahrene Schmied weiß sehr genau, welchen Teil der Schneide er gehärtet hat-wie tief die Härtezone zum Klingenrücken hin reicht- und was er der Klinge deshalb zumuten kann.
Mal logisch: eine schmalere Härtezone auf relativ weichem Rücken kann härter belassen werden, weil sie besser schockgedämpft ist, bei einer weiter reichenden Härtung sollte man eher ein bißchen mit der Schneidenhärte heruntergehen.
Die Tricks- etwa wann die Klinge aus dem lauwarmen, warmen oder gar heißen Wasser herausgezogen wird- auf Umgebungstemperatur, zischwarm oder gar noch zartgelbe Anlaßfarben bildend- spielen für die Vermeidung von Härterissen eine gewisse Rolle, für die Härte nach dem Anlassen dagegen kaum. Unterschiedliche Ansprunghärten beim gleichen Stahl egalisieren sich nämlich recht stark beim Anlassen, sodaß nach dem Anlassen auf gleiche Temperatur eine Klinge, die mit 67 HRC angesprungen ist, nicht mehr härter sein wird als eine aus identischem Material, die auf 63 HRC angesprungen ist. Wer das vertiefen will, sei auf die entsprechende Stelle bei Haufe "Die Werkzeugstähle und ihre Wärmebehandlung" verwiesen.
Die Schneidenhärte einer gut gemachten Katanaklinge kann man also mit großer Sicherheit zwischen 55 und 62 HRC, vermutlich näher beim Mittelwert 57-60 HRC ansiedeln.
Beim Klingenrücken hätte ich da größere Schwierigkeiten: Durch die Abdeckung wird der sehr umwandlungsfreudige Stahl zu langsam abgekühlt, um noch martensitische Strukturen zu bilden. Ebenso kann bei diesen Stählen kein Zwischenstufengefüge entstehen.
Das festeste Gefüge, das entstehen kann, wäre also feiner Perlit- früher als Sorbit und Osmondit eines besonderen Namens gewürdigt. Ein solches Gefüge kommt aber sicher nicht auf 40 HRC, sondern ist deutlich weicher.
Das deckt sich auch mit der Leichtigkeit, mit der ein japanischer Schwertschmied in einem Film die Klingenflanken graviert und mit Erzählungen durchaus fachkundiger Leute, wonach sich japanische Schwerter bei einem leichten Verkanten bei der Schneidprüfung plastisch verformt- zu deutsch- verbogen haben.
Fazit: Die Schneide ist so hart, wie man es von einem vernünftig behandelten reinen C-Stahl erwarten kann, der Rücken ?-eher weich.
Wenn bei modernen, kommerziell gefertigten Katanaklingen die Rückenhärte mit 40 HRC angegeben wird, so stimmt das sicher- für eine Täuschung wäre das zu einfach zu überprüfen. Es handelt sich dabei aber mit einiger Sicherheit um eine andere Wärmebehandlung als bei den klassischen Klingen.
Allzu sehr sollte man das auch gar nicht vertiefen wollen: Die Kostbarkeit des japanischen Schwerts liegt nicht in seinen überlegenen mechanischen Eigenschaften- das ist Humbug- sondern in seiner Vollkommenheit als Kunstwerk.
Von einem Rembrandt kratzt man auch nicht die Farbe ab, um die Malweise zu analysieren.
MfG U. Gerfin