Härteverfahren bei Schwertern?

brille

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Beim Stirnabschreckversuch zeigt es sich, dass die Härte vom zuerst abgeschreckten Teil zum letzten, eingetauchtem Abschnitt abnimmt.
Werden Schwerter auch in einem bestimmten Winkel (Mit der Spitze nach unten, Waagerecht oder z.B. 45°) und Zeitabhängig abgeschreckt?
Man könnte sich vorstellen, dass so das vordere, "meistgenutzte" Drittel härter sein kann, als der Rest.
Müsste dann ja auch bei japan. Schwertern z.B. an der Hamon zu sehen sein, oder?
Alles natürlich entkoppelt von dem Klingenrücken, der sowieso weicher sein muss.
Oder die Frage zusammengefasst: Gibt es einen gewollten Härteunterschied von der Spitze zur Parierstage/Tsuba?
 
Klar, kann man alles machen. Hängt vom Stahl ab. Wenn man die modernen hochlegierten Lufthärter nimmt, klappt das nicht so gut, aber bei den von uns ja so bevorzugten "rostenden" geht das. Man muß sich nur die ZTU Schaubilder ansehen, da sieht man, bei welcher Abkühlgeschwindigkeit welche Gefügebestandteile entstehen und wie hart die jeweils sind. Bei einem C 60 muß man die Chose in etwa 1 sekunde von 800 auf 500 Grad abgekühlt haben um volle Härte zu bekommen, bei 1.2436 reichen 1500 Sekunden. Man muß sich im Klaren darüber sein, dass man die Härteunterschiede dadurch erhält, dass man ein anderes Gefüge (meist Bainit statt Martensit) einstellt. Wenn Du eine lange schlanke Klinge nimmst und nur die Spitze zum Stechen härtest, dann kann das Dings sich biegen.
Wenn Du nur die Schneide hart und den Klingenkörper zäh haben willst (das "echte" differentielle Härten, wird auch bei Äxten und Beilen so praktiziert) dann geht das ähnlich, eintauchen der Schneide, aber nicht zu früh wieder raus, sonst läßt der heiße Restkörper die Schneide vielleicht zu stark an. Oder mit Lehm abdecken (siehe Katana und Co.)
Aus dem Stirnabschreckversuch sieht man gut, wie tief die Härte geht, und im Zusammenhang mit dem jeweiligen ZTU Schaubild kann man sehen, wie man die Abkühlgeschwindigkeiten steuern muß in den Teilbereichen. Beim Stirnabschreckversuch hat man ja brutale Abkühlung an der Stirnfläche, und nach innen immer langsamere. Das ist dann ein nicht angelassener Zustand. Anlasseffekte kommen noch obendrauf.
Verwirrt oder informiert? Bin gerne zu weiteren Auskünften bereit. Praktiker dieser Methoden sind z.B. (und nicht ausschließlich) Claymore.
 
Nein, ich bin nicht verwirrt. Ich mache den Stirnabschreckversuch regelmäßig mit meinen Studenten im Rahmen ihrer Praktika.
Was ich wissen wollte, ist ob es eine Abschreckmethode (Winkel, Zeit) für Klingen gibt, die einen gewollten Härteunterschied längs der Klinge verursacht, oder ist das totaler Blödsinn, weil nicht notwendig?
 
Im Video von Manfred Sachse wird eben dies gezeigt. Das Schwert wird beim Härten mit der Spitze voraus ins Öl getaucht, um einen Härteverlauf von der Spitze (härter) zur Angel (weicher) zu erreichen. So ein Härteverlauf ist schon an europäischen Schwertern nachgewiesen worden. Wobei das jetzt nicht heissen muss, dass alle europäischen Schwerter so gehärtet wurden.

Tschüss
Tobias
 
das eintauchen von schwertern mit der spitze vorraus ist darin begründet, dass die klinge sich durch das abkühlen zusammenzieht, was u.u. einen verzug zur folge hat. taucht man die klinge spitze voran senkrecht ein, ist ein verzug der klinge weniger warscheinlich, als wenn man sie mit einer der schneiden eintauchen würde. (ich gehe hier mal von einem europäischen zweischneidigen, symmetrischen typus aus. mit dem verzug meine ich eine auslenkung der spitze aus der symmetrieachse)
 
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