Höhere Standzeit der Schneide nach Wasserstein im Vergleich zu Wetzen mit Schleifstab

mico

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Liebe Schneid- und Schleiferfahrene,

das von mir täglich für alles benutzte Santoku aus HAP40 pulvermetallurgischem Dreilagenstahl schärfte ich bisher nur einmal jährlich auf Wassersteinen und ansonsten fast täglich mit dem Keramikwetzstab. Ich hatte bisher den Eindruck, dass mein Messers aufgrund seiner Härte (ca. 65 HRC) keine feine Schneide lange behält und deshalb oft mit dem Keramikstab abgezogen werden muss. Die Klinge habe ich sehr fein ausgeschliffen mit ca. 6° Winkel zwischen den Messerflanken, die Schneidenwinkel selbst hat ca 30°. Die Schneide direkt über Schneidfase ist 0,1mm dick.

Kürzlich habe ich mit meinem Messer seid langem mal wieder das volle Schärfprogramm auf Wassersteinen absolviert und habe bewusst danach auf das regelmäßige Nachschärfen mit dem Keramikstab verzichtet. Jetzt erlebe ich, dass ich sogar drei Wochen danach noch immer ein sehr scharfes Messer habe, das ohne das tägliche Abziehen auskommt. Langsam wird es aber wieder Zeit, die Schärfe auf dem Naniwa 8000 wieder aufzufrischen. :hehe:

Dadurch komme ich zu dem Schluss, dass sich das tägliche Abziehen mit dem Keramikstab negativ auf die Standzeit der Schneide auswirkt, bzw. die Behandlung auf Wassersteinen die Standzeit der Schneide positiv beeinflusst.

Habt ihr ähnliche oder vielleicht gegenteilige Erfahrungen mit sehr harten Messerstählen gemacht?
Ich würde mich freuen, wenn ihr etwas davon schreiben würdet.


Viele Grüße aus Bremen
Mico
 
Zuletzt bearbeitet:
Moin Mico,

also ich kann deine Erfahrungen ganz und gar nachvollziehen. Natürlich beeinflusst das Finish der Schneidphase erheblich nicht nur die Schärfe, sondern auch die Standzeit und Stabilität der Schneidfase. Der Stahl deines Messers ist mir nicht bekannt, deshalb spreche ich da eher allgemein. Aber für ein Messer dieser Art würde ich keinesfalls einen Keramikschleifstab verwenden (und nein... auch nicht den hier von vielen heißgeliebten Sieger). Warum? ...

Ganz einfach, weil ich dadurch punktuelle Last auf einen sehr kleinen Bereich der Schneidfase wirken lasse (selbst wenn ich vorsichtig bin), wodurch der Druck erheblich höher ist als beim Finish auf Steinen oder Ledern wo die Schneidfase flächiger aufliegt. Das stört nicht nur das Finish der Schneide sondern bietet auch eventuelle Angriffspunkte für Mikroausbrüche etc. Dazu kommt noch, dass die Körnungen vieler Keramikstäbe relativ grob sind im Vergleich, was natürlich ebenfalls mehr Angriffsfläche für Abnutzungen jeder Art erzeugt.

Geht es dir darum eine umgelegte Schneide wieder aufzurichten (was ich bei der Härte eher unwahrscheinlich finde), dann kann das somit natürlich funktionieren. Irgendwann kommt es aber zur lokalen Materialermüdung des Stahls... es muss also wieder "frischer" Stahl an die Schneide und somit muss das Messer auf den Stein.

Also ja... man kann Messer mit solchen Schleifstäben scharf halten. Bei extrem dünn ausgeschliffenen Messern mit feinen Schneiden und hartem Stahl wäre es aber nicht meine erste Wahl.

Prinzipiell verbesserst du eigentlich die Standzeit mit dem besseren Finish der Schneidfase. Bei zu hohem Finish verlieren manche Schneiden allerdings an "Biss", welche z.B. für Gemüse meiner Meinung nach nicht unwichtig ist. Natursteine bieten hier meiner Meinung nach einen relativ guten Ansatz - oder auch entsprechend behandelte Leder - um einen guten Kompromiss zwischen hohem Finish und trotzdem erhaltendem "Biss" zu erreichen.

Zum Auffrischen der Schärfe zwischendurch benutze ich bei meinen Küchenmessern (kommt drauf an was für eins mit was für einem Stahl und wofür ich es benutze und wie abgenutzt es ist usw. ...) entweder einen jap. Naturstein (Ohira in meinem Fall), ein Naniwa SS 10.000, ein Abziehleder mit 1µm Diamantpaste oder eins mit Chromoxid... alles in Kombination mit ein paar Zügen über ein blankes Leder.



Gruß, Gabriel
 
@Gabriel:

Danke für die Bestätigung meiner Beobachtung! Ich kann auch berichten, dass es mir bisher nicht möglich war, umgebogene Teile der Schneide nach kleinen "Andötzern" aufzurichten. Es gab jedesmal Ausbrüche. Ich kann mir schon vorstellen, dass es bei der Anwendung von Schleifstäben aufgrund des häufigen Durchwalkens der Wate zu Materialermüdung kommt und die feine Schneide dann im Mikrobereich ausbricht.

Was das regelmäßige Abziehen betrifft, so habe ich zwar auch den Naniwa SS 10000, dachte aber, dass dieser einen zu geringen Abtrag hat, um für mein Küchenmesser einen nennenswerten Effekt zu erzielen, und verwendete deshalb den Naniwa SS 8000 ohne weiteren Sprung auf das Leder. Ich lasse das Ledern weg, weil ich eine Schneidenverrundung befürchte, die beim nächsten Abziehen verhindert, dass ich die Wate mit dem Stein erreiche. Ein Stein 8- oder 10-tausender Körnung trägt ja nur wenig ab.
 
Ich habe ähnliche Erfahrung mit einem AS 64° gemacht.
Sobald der Wetzstab ins Spiel kommt, generiert dieser erstmal mit 2,3 Zügen wieder eine tolle Schärfe. Aber dieses muss dann in immer kürzeren Intervallen gemacht werden und nach relativ kurzer Zeit hält die Schärfe kaum noch, das Messer muss alsbald wieder geschliffen werden.
Frische ich dagegen nur mit einem 8k Stein auf, hält der Schliff im Gesamten wesentlich länger. Ich habe mir das mal unter 200facher Vergrösserung angeschaut:der Wetzstab reißt da so richtig was auf, sieht aus wie ein umgepflügter Acker.
Der SB1 mit 61° ist da schon gutmütiger dem Wetzstab gegenüber,obwohl auch dieser Stahl nochmal einiges länger hält nur mit Stein.
Das Carbonnext wiederum...hält wahrscheinlich auch länger bei der "nur Stein- Behandlung", harmonisiert aber trotzdem sehr gut mit dem Wetzstab und bleibt damit ne ganze Ecke länger scharf wie die beiden anderen.

Ich hätte ja deswegen auch am liebsten einen dünnen, 6 cm x 25 cm grossen feinen Stein, den ich auf ein Holz mit Stiel aufkleben würde und in der Profiküche mal als Hybrid verwenden könnte.
 
Ich hätte ja deswegen auch am liebsten einen dünnen, 6 cm x 25 cm grossen feinen Stein, den ich auf ein Holz mit Stiel aufkleben würde und in der Profiküche mal als Hybrid verwenden könnte.

Ich nehme in der Profiküche meinen/meine Abziehsteine in die Hand zum schärfen, nimm einfach einen Splash and go Stein (alla GBB, die gibts auch in 25*6cm :)) jeden Tag 10-30 Sekunden und gut is, über ein halbes Jahr locker.

Tipp:Naniwa Chosera/Professional 5000, der ist perfekt geeignet, eine absolut ausreichende Schärfe (und ich mag es scharf in der Gastroküche) und einfach schnell genug! Meistens benützt mann doch eh nur 1-2 Messer (wobei ich auch Zwiebeln und Knoblauch mit einem 30cm Schwert schäle), dann noch einen Ausbeiner der 1mal in der Woche drüber geschoben wird. Dauert nicht lang und ist einfach gut.

Grüße Wastl.
 
Ich nehme in der Profiküche meinen/meine Abziehsteine in die Hand zum schärfen, nimm einfach einen Splash and go Stein (alla GBB, die gibts auch in 25*6cm :)) jeden Tag 10-30 Sekunden und gut is, über ein halbes Jahr locker.

Grüße Wastl.

Lässt du den Schleifschlamm dann auf dem GBB wenn du jeden Tag abziehst ... reibst du ihn an..... oder benutzt du ihn einfach so `?
 
Genau so wäre es am besten, denke ich mir auch.
Allerdings arbeite ich in mehreren Küchen und will nicht auch noch immer nen Stein mitschleppen.
Vielleicht läuft es aber irgendwann doch noch darauf hinaus.
Beim Zoll liegt jetzt auch ein 8k Keramicstab. Viel Hoffnung auf Verbesserung habe ich zwar nicht wirklich, aber ich wollte dem nochmal ne Chance geben.
Ich habe auch schon mal tatsächlich eine Edge Pro Version des S GS 4K auf eine Holzlatte geklebt und als Hybrid versucht...ist mir doch zu klein.
 
Ich hab mal mit einem Koch gesprochen, der jeder Tag viel Fleisch schneidet.

Der benutzt apex edge pro und nur synthetische Steine. Schneidwinkel so um 36°.

Ich habe viel experimentiert. Auch die besten Messer (Klingen aus Feilen) zeigen bei 30° Schneidwinkel unter Mikroskop kleine Ausbrüche. Diese Ausbrüche sind beim Zerschneiden von feinen Hüneknochen unvermeidlich. Die Scharten entstehen oft, wenn man Fischgräte mit einer Klinge trifft. Diese Ausbrüche haben die Große, die mit einem Abziehstein nicht zu beseitigen sind.

Bei einem Schneidwinkel von 36° verschwinden o.g. kleine Ausbrüche, Schneidhaltigkeit steigt. Schneidwinkel von 36° passen für jede Stahlsorte.

Es wäre möglich, dass für Feilen und Kugellagerklingen Schneidwinkel z.B. von 34° notwendige Stabilität gebracht hätten, ich habe aber keine Zeit gehabt um das zu prüfen.

Als Abziehsteine nehme ich Arkansas von unterschiedlichen Sorten, da dabei wenig Schmutz entsteht und die Steine schon ziemlich universal sind. Mit apex edge schleife ich nur das Teil einer Klinge, das auf dem Schleiftischrand sich befindet. Außerhalb vom Schleiftisch zu schleifen ist nicht sinnvoll, da Schleifwinkel da sich verringert, die Schneide ohne einer Unterstützung von Schleiftischrand verformt sich plastisch und dünne biegsame Klingen bereiten auch entsprechende Schwierigkeiten.

Was Schneidhaltigkeit angeht, nach einem großen Kochtopf (um 3-5L) mit Kartoffel, Möhren, Zwiebel und Fleisch spaltet die Klinge z.B. von Kato- Kochmesser noch Haare (nicht gut). Nach 5 solche Töpfe und Abziehen mit Arkansas klappt Haare spalten sehr gut.

PM- Klingen sind IMHO nur für Benutzer sinnvoll, die Grundlagen des Schärfens (Schneidwinkel richtig bestimmen und halten, Drückkontrolle) gut beherrschen.
So die Klingen (auch aus CPM10V), die ich von einigen Benutzer und auch direkt von Messermacher bekam, zeigten beim Testen (Seil schneiden) gleiche Ergebnisse wie chinesische Klingen aus 420-er Stahl.
Was ich damit sagen möchte: wenn Klingengeometrie und Schleifen nicht stimmen, schneidet aus "Superstahl" nicht.
 
Nochmal für alle, die einen Wasserstein am Stiel suchen - ich benutze den "Arkansas Superstick".
Das ist kein normaler Keramikstab, sondern kann auf den gewünschten Feinheitsgrad abgerichtet werden und besteht aus einem Arkansas-Kunststein. Wahrscheinlich könnte man auch eine Seite flachschleifen, wenn man es so will.

Es gibt sogar einen eigenen Thread zu diesem Schleifstab: Das ist ein Keramikstab

viele Grüße
Mico
 
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