Hallo,
es ist nicht ganz korrekt, dass Knochen durch zu starkes Entfetten spröde wird.
Knochen besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten: mineralischen Bestandteilen, Kollagen (Eiweiß) und Fett. Das Mineralische Gerüst bringt grob gesagt die Härte, das Kollagen bringt eine gewisse Elastizität und dichtes Gefüge. Fett stört anfangs nur optisch (Fettflecken), früher oder später werden mit Hilfe von Mikroorganismen oder durch Autoxidation aber stets auch Säuren freigesetzt, die sowohl das Kollagen als auch die Mineralsalze angreifen und dadurch die Festigkeit des Knochens und die Schönheit der Oberfläche angreifen.
Daher kann man einen Knochen einmal gar nicht genug entfetten.
Das Problem liegt woanders: Die meisten Entfettungsmittel (sehr langes Kochen, Kochen mit Soda oder anderen Alkalien, eiweißlösendes Spülmittel...) greifen neben Fett auch das Kollagen an. Nach der Zerstörung des Kollagens bleibt nur noch das spröde und poröse Mineralgerüst übrig. Die Kunst ist also, möglichst alles Fett rauszukriegen und gleichzeitig das Kollagen möglichst zu schonen.
Ich empfehle, die Gelenksköpfe mit dem schwammigen Knochenmaterial (wo man das Fett nie rauskriegt) großzügig abzuschneiden und die Röhren dann mechanisch so sauber wie möglich von Sehnen und Knochenmark zu befreien. Anschließend ca. 30 min. kochen. Den Knochen ins kalte Wasser geben und mit dem Wasser gemeinsam aufheizen. (Schroffe Temperaturwechsel bringen leicht Haarrisse, die man anfangs nicht bemerkt, die aber später sehr lästig sein können.) Nach dem Kochen wieder nicht zu schroff abkühlen und mittels einer Bürste innen gut mit Geschirrspülmittel ohne Eiweißlöser (kann auch schon im Kochwasser sein, Achtung: Schaumbildung!) ausbürsten, mit einem Messer außen die Sehnenansätze usw. abschaben, bürsten, spülen. Dann langsam und gleichmäßig trocknen. Das gibt allerfeinsten Knochen bester Qualität.
Auch die Entfettung mittels organischer Lösungsmittel, gewöhnlich heiß angewendet, bringt ausgezeichnete Ergebnisse. Das ist aber alles ungutes Zeugs.
Bleichen mit Wasserstoffperoxid schädigt immer auch Fett (prinzipiell positiv, Fett sollte aber ohnehin schon weg sein) und Kollagen (negativ!). 30%ige Lösung ist ziemlich brutal und wird wohl je nach Dauer der Anwendung eine verschieden dicke Schichte am Knochen schädigen. Wenn man überhaupt bleichen will wendet man gewöhnlich eine warme, etwa 3%ige Lösung an und bleicht nur so lange wie unbedingt nötig.
Knochen von Jungtieren mit wenig Mineralstoffen und viel Kollagen sind übrigens dichter und elastischer als solche von Alttieren und wurden daher auch von professionellen Beinschnitzern stets mehr geschätzt. Die Knochen der heutigen Mastrinder sind durchwegs sehr gut geeignet. Wegen ihrer geraden Form und meist dicken Wandstärke sind Mittelfuß- und Mittelhandknochen sehr gut geeignet, Oberschenkel ist auch gut verwendbar. Unterarm, Unterschenkel sind etwas mehr verwachsen, der Oberarm ist sehr unförmig, dafür oft auch starkwandig.
Lie Grü,
Norbert