Lasergeometrie bei Küchenmessern mit HRC 56 - ein Versuch.

Besserbissen

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Angeregt durch die leidenschaftliche Diskussion (Klick), ob eine Lasergeometrie bei schnödem Chromstahl (so dahin gesagt) Sinn ergibt, habe ich ein Experiment gestartet:

Messer: Victorinox Swiss Modern Officemesser mit 15 cm Klinge. Stahl wird irgendein 1.41... sein. Die Taschenmesserklingen sollen 1.4110 sein.
Bearbeitung: Klinge am wassergekühlten Bandschleifer ausgedünnt. Flext ordentlich über die gesamte Schneide. Dann die Spitze mit Atoma 140 noch etwas dünner und anschließend die gesamte Klinge mit 240 und 2 K Stein überarbeitet.

Geometrie ist jetzt ähnlich wie das Takamura Petty. Flanken habe ich noch nicht hübsch gemacht. Es geht ja in erster Linie um die Performance.

Die Schneide habe ich mit 10 Wechselschüben über einen Dick Feinzug und zum Abschluss 4 Wechselschüben über einen Keramikstab (Work Sharp) angelegt. So mal auf die Schnelle. Rasiert locker, Schneide fühlt sich durch eine Zeitung und über die Kante des Daumennagels gezogen sehr schön glatt an. Also alles kein Highend-Schliff sondern pragmatische Küchenschärfe.

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Geschnitten habe ich eine gute Portion Gemüse für 60 Personen.

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Alles mundgerecht gewürfelt.

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Bei Zwiebeln zeigen sich die Stärken von dünn ausgeschliffen, nicht zu hohen Klingen. Bei großen Mengen hat man trotz der kleineren Klinge keinen Geschwindigkeitsnachteil, weil alles schön an seinem Platz liegen bleibt. Man spart das ständige Sortieren des Gemüses.

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Alles zusammen kurz angebraten:

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Danach habe ich noch 3 große Schweinefilets pariert. Die Schärfe hätte dafür auch noch gereicht. Als Metzgers-Sohn bin ich aber anderes gewöhnt ;) und habe deswegen 10 Wechselschübe je Seite ohne Druck über den Dick Feinzug gemacht, danach war das Messer wieder topfit. Der Stahl ist übrigens mein P/L Tipp - kostet in rund mit 30 cm Länge ca. 43 €.

Unter dem Mikroskop zeigen nach dem Einsatz sich keine großen Ausbrüche aber schon eine feine Microsäge, nach je 5 Wechselschüben über den Keramikstab war die Schneide wieder glatt.

Mein Fazit: Das kann man schon so machen. Wenn es gewetzt werden soll, spielt gerade ein nicht zu hoch gehärtetes, dünn ausgeschlifenes Messer in der Küche seine Stärken aus: Es ist einfach in 0,nix wieder auf Rasurschärfe.

Bei Gelegenheit werde ich die Klinge mal hübsch machen und mit System schärfen. Dann kann ich noch checken wie empfindlich die Schneide ist und ob sie sich umlegt oder ausbricht.
 
Danke für den Versuch! Sehr interessante Erkenntniss, aber wie schlägt es sich im Vergleich zu etwas härterem mit 60 bzw 63-65HRC in Bezug auf Standzeit? Kannst du da aus dem beruflichen Alltag einen Erfahrungswert geben zum z.b. genannten Takamura Petty?
 
Kannst du da aus dem beruflichen Alltag einen Erfahrungswert geben zum z.b. genannten Takamura Petty?
Es gibt sicherlich Stähle, bei denen man mit einem Systemschliff und feinen Steinen eine sehr lange Standzeit erreichen kann. Aber: die Standzeit ist für die Katz, wenn man nicht sorgsam mit dem Messer umgeht. Daher mag ich diese hoch gehärteten Klingen für den Gastro-Einsatz nicht. Ein Messer, dass sich nicht wetzen lässt, fällt für mich raus. Es gibt einfach zu viele Risiken, dass die Schneide trotz hoher Härte schnell abstumpft (Sand im Sellerie, Kontakt zur Edelstahloberfläche, Schaben übers Brett...eben was so passiert, wenn es mal stressig wird.
 
Sehr interessant, danke für das Experiment!
Ich vermute, dass höhere Klingen mehr Probleme bereiten können, weil da größere Hebelkräfte auf die Schneide wirken, wenn nicht perfekt senkrecht aufs Brett geschnitten wird.
 
Das Schöne bei den weichen Stählen ist, dass das Finish leicht von der Hand geht ;-) Abschluss mit Matador Körnung 240.

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Hier erkennt man auch die wirklich kleine Schneidfase. Winkel ist 17,5 Grad je Seite:

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4 K Venev als Abschluss. Geschärft mit TS Kadett.

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Das Takamura hatt übrigens 128 Ootb. Hatte ich mal interessehalber getestet. Hier der Vergleich der Spitzen (links Takamura, rechts Vic):

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Kehl Takamura:

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Kehl Vic (wobei ich zum Kehl hin immer etwas weniger ausdünne. Macht da hinten ja keinen Sinn):

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Das Takamura hatt übrigens 128 Ootb.
Die schärfen ja auch nur bis Naniwa Chosera 3k. 😋

Danke für den Test und die investierte Zeit und Arbeit, Torsten. Ich habe schon ein bisschen damit gerechnet, dass soetwas kommt 😉. Dennoch rechne ich dir deine Praxisversuche im Namen des Forums hoch an.

Jetzt könnte man natürlich noch beide Klingen in identischem Winkel bis 0,1 Micron Diamant Lapping Film ausschleifen und dann die Schärfe messen.. Ach und hast du inzwischen nicht zufällig auch ein Rasterelektronenmikroskop in Betrieb genommen? 🤣😋
 
Wenn du sowas mal in groß probieren willst: Ich hab ein 23cm Wüsthof, dass recht heftigen Kontakt mit dem Bandschleifer von Jürgen Schanz hatte und seitdem noch weniger genutzt wird also vorher.
 
Jetzt teste ich nicht, früher hab ichs hin und wieder gemacht.

Zu dem Test: es wurde nix gemacht. Anders zu sagen weiche Sachen geschnitten, die auch Blech nicht stumpf machen.

Jedoch voll richtig bemerkt, dass mit Messer hin und wieder immer was passiert. Und zwar mechanische Beschädigungen macht die Schärfe kaputt, nicht die Arbeit selbst.

Und da sind wir schleiftechnisch beim Schneidwinkel um 40- mehr oder weniger qualifizierte Nutzung oder bei 42 Grad (Normalbenutzer). Auch Laser sind hier unnötig bis schädlich- 0,3mm über Schneidfase sinnvoll.

In dem Test fällt aber Missbrauch, was bei normalen Benutzer unbedingt reinnehmen muss.
 
Die Ausgangsfrage war nicht, ob Laser sinnvoll sind. Dass ein sehr dünner Schliff, egal welcher Stahl, empfindlicher als ein robuster ist, ist offensichtlich.
Das Spektrum der Zutaten finde ich für den Test ausreichend. Harte Brotkruste oder Kürbis sind für ein Petty mit sehr dünnem Schliff in jedem Fall zu extrem und untypisch.
Wobei z. B. die Vic Konditorsäge auch einen dünnen Schneidenwinkel hat (max 12 Grad insgesamt, da einseitig) und auch mit größeren Belastungen durchaus gut klar kommt.
 
Moin,

Wenn ich @suntravel‘s Testreihe im Nachbarforum richtig folgen kann, werden die maximalen Schärfewerte (Bess Test) überhaupt nicht mit den üblichen Schleifwinkeln erreicht, sondern erst, wenn die Schneidwinkel auf mindestens 12 Grad per Seite reduziert werden.

Ein Aogami, dass er auf 12 Grad per Seite umgeschliffen hatte, erbrachte einen besseren Wert (30 Bess Gramm) als eine übliche Rasierklinge. Leider gab es keinen Versuch hierzu mit einem Standard Solinger in diesem Schleifwinkel.

Mit Versuchsaufbau bis Shapton 30k und 0,1my diamond lapping film im Normalschleifwinkelbereich:

„Bei dem Shiro bin ich auch nach mehreren Versuchen nicht unter 71g gekommen, bei V23 wars der erste Anlauf und bei 3 Messungen 50-52g, wo der Shiro auch eigentlich hätte landen sollen, aber auch so beides Werte von frischen Rasierklingen.“

Klingt für mich so, als hätte das Stahlgefüge, also Stahlsorte und deren Wärmebehandlung, Einfluss auf die Maximalschärfe.

grüsse, pebe
 
Zuletzt bearbeitet:
„Bei dem Shiro bin ich auch nach mehreren Versuchen nicht unter 71g gekommen, bei V23 wars der erste Anlauf und bei 3 Messungen 50-52g, wo der Shiro auch eigentlich hätte landen sollen, aber auch so beides Werte von frischen Rasierklingen.“
Wenn ich jetzt wiedermal lesen muss "niedriglegierte C-Stähle lassen sich aufgrund ihres feinen Gefüges besonders scharf ausschleifen!", verweise ich auf dieses Zitat – in dem der Shirogami gegen den Vanadis 23 abkackt. 😃👌
 
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„Bei dem Shiro bin ich auch nach mehreren Versuchen nicht unter 71g gekommen, bei V23 wars der erste Anlauf und bei 3 Messungen 50-52g, wo der Shiro auch eigentlich hätte landen sollen, aber auch so beides Werte von frischen Rasierklingen.“
Hast du mal nen link?

Als erstes fällt mir dazu Wastls Austausch mit Dieter (oder war es Dimm?) ein. Shirogami kann ziemlich zickig sein. Und @suntravels Experimente sind immer einen Blick wert.
 
Wenn ich jetzt wiedermal lesen muss "niedriglegierte C-Stähle lassen sich aufgrund ihres feinen Gefüges besonders scharf ausschleifen!", verweise ich auf dieses Zitat – in dem der Shirogami gegen den Vanadis 23 abkackt. 😃👌

Schon richtig - aber da ging es im Vergleich nicht um PM Stähle sondern eher um die einfachen Chrommonster?

grüsse, pebe
 
im Vergleich nicht um PM Stähle sondern eher um die einfachen Chrommonster?
In der aktuellen Diskussion aufjedenfall. Aber davon unabhängig hält sich ansonsten doch die Mär vom einfachen Kohlenstoffstahl, der besonders scharf wird, sehr hartnäckig. Dabei fehlt nur die Ergänzung, dass niedriglegierte C-Stähle verhältnismäßig einfach auf Angeber-Schärfe zu bringen sind. Insbesondere im Vergleich zu hochlegierten und karbidreichen Stählen.

Mit Know-how und entsprechendem Equipment lässt sich das Ganze dann offensichtlich sogar umkehren, wie Uwe Suntravel gezeigt hat.
 
Servus,

ich habe schon vor Jahren mal geschrieben, das so manche „Standardlektüre“ auf die man sich beruft, an einigen Stellen nicht mehr dem Stand der Möglichkeiten entsprechen. Geführte Systeme mit Druckentlastung in Kombination mit guten Schleifmitteln und viele Feldversuche haben gezeigt, das so manche damals gültige Aussage und Feststellung es heute nicht mehr ist.

Gruß, güNef
 
Die Ausgangsfrage war nicht, ob Laser sinnvoll sind. Dass ein sehr dünner Schliff, egal welcher Stahl, empfindlicher als ein robuster ist, ist offensichtlich.
Das Spektrum der Zutaten finde ich für den Test ausreichend. Harte Brotkruste oder Kürbis sind für ein Petty mit sehr dünnem Schliff in jedem Fall zu extrem und untypisch.
Wobei z. B. die Vic Konditorsäge auch einen dünnen Schneidenwinkel hat (max 12 Grad insgesamt, da einseitig) und auch mit größeren Belastungen durchaus gut klar kommt.

Hi,
später schreibst Du, dass die weiche Klinge nicht so anfällig ist wie eine Harte. Dann kommt dazu eine dünne Geometrie- und wir haben dann ein Widerspruch. Eine deformierte weiche Klinge ist nicht einfach zu schärfen. Das ist aber jetzt nicht so wichtig.

Eine härtere Klinge bei 63-65 HRc kann wesentlich robuster sein (besonders die Schneide). Wichtig ist wie die Härte erreicht wurde.

Das mit beständigen Schneidwinkel um 12 Grad ist eine Sage. Man muss Winkel tatsächlich messen und die Schneidenspitze bei einem Winkel um 12 Grad muss für Schleifstein vollständig erreichbar sein.
In dem Fall können auch die Spitzen von der Säge Lebensmittel reisen, gegen Schneidbrett treffen und sich dabei abstumpfen. Die Schneide zwischen Zähnen bleibt dabei geschönt und länger scharf.
 
Wenn aber ein Messer unkontrolliert benutzt wird, auf Teller geschnitten wird, dann nehme ich auch eine "weiche Klinge" aus 420-Stahl. Wenn die sowieso beschädigt wird, dann kann man die einfacher umschleifen oder nachschärfen.

Ps: ich bin mit Dir einig.
 
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