Lederabzug beim Küchenmesser Pro und Contra

ebenezer

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Hallo zusammen,
manche schwören auf das finale Abziehen auf dem Leder -mit oder ohne Poliermittel- sowohl als Finish beim Neuanschliff, als auch als Maßnahme zur Scharfhaltung.
Andere belächeln es, verteufeln es, tun es als Blödsinn ab, oder lehnen es einfach ab. Vermutlich muss man da erstmal differenzieren ob der Anschliff vorher auf einem präzisen System erfolgte, oder frei Hand.
Beim Freihandschliff gefällt mir das Resultat eines Lederabzugs eigentlich schon. Vorausgesetzt natürlich, das Leder ist hart, der Druck nicht zu hoch, der Auflagewinkel gut gewählt, also ein möglicher Verrundungseffekt weitestgehend vermieden.
@Besserbissen spricht immer von einer kurzlebigen Angeberschärfe.
Andererseits sollte diese Politur doch eine sehr geschlossene Schneide produzieren, die geringste Anfälligkeit aufweist.
Gibt es jemanden hier, der schon mal auf mikroskopischer Ebene untersucht hat, wie sich derartige Schneiden im Vergleich zu reinem Steinschliff im Dauergebrauch verändern?
 
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Die Kneipchen meiner "Lebensgefahr" halte ich nur mit dem Leder scharf.
Mehr darf's nicht sein, sie steht nicht so auf scharf.....

IMG_20220604_170014.jpg
 
Kommt darauf an, was man mit "Abziehen" meint. Wenn es darum geht, den Grat zu entfernen (also die ursprüngliche Bedeutung), ist das Abziehen natürlich wichtig: als Abschluss des Schärfen.
Also nach dem feinsten Stein noch ein paar Züge über blankes Leder oder eine Zeitung.

Kurzlebige Angeberschärfe heißt: Das Messer sollte schon nach dem Schärfen auf dem feinsten Stein so scharf sein, dass man mühelos Tomatenhaut, dünnes Papier usw zerteilen kann. Hat man dabei als Abschluss Wechselschübe gegen die Schneide gemacht, kann man ziemlich sicher sein, dass kein Grat mehr vorhanden ist. Das ist eine solide Küchenschärfe.
Durch ein paar zusätliche Züge (mit dem Klingenrücken voran) über Leder oder Zeitung geht dann meist noch ein bisschen mehr: z.B. Zigarettenpapier im Druckschnitt oder Bess 50. Das hält in der Küche bei normalem Einsatz aber keine 2 Minuten, bringt also nichts. Angeberschärfe für Videos.

Ich bin mir auch nicht sicher, wieviel das "Schließen" oder Polieren einer Schneide bringt. Hängt sicher auch vom Stahl und dessen Wärmebahandlung ab. Verschleiß ist immer da, wenn man mit dem Messer arbeitet.

Wichtig für ein Küchenmesser ist eine gute Geometrie, da geht Primär über Sekundär- oder Mikrofase.
Vorausgesetzt natürlich, die Schneide bröselt nicht ständig weg.
 
Die Angeberschärfe finden sich in der Regel oberhalb echter 3.000 JIS.

Und besonders solche deutlich drüber hält auch mit Steinen herbeigeführt an vielen Stählen nur kurz. Wird mit diesen 1 oder 2 Micron Leder nicht nur ein Restgrat entfernt, sondern tatsächlich poliert, ist das auch nicht so gleichmäßig wie geführt. Und hält dann entsprechend besonders kurz.

Natürlich ergeben 10.000k mit Diamant, Synthetik, Natur oder Leder auch ein unterschiedliches Schleifbild mit unterschiedlichen Vor- wie Nachteilen. Es sind aber alles zunächst abrasive Methoden - die generell funktionieren.

grüsse, pebe
 
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Bei meinen Schnitzmessern und auch Küchenmessern habe ich zumindest den Eindruck, dass es etwas bringt, wenn ich sie nach dem Schleifen an der Tormek auch noch mit der Lederscheibe behandle. Ich bin mir aber darüber im klaren, dass Leute die mehr Aufwand nicht scheuen vielleicht auf anderem Wege viel bessere Ergebnisse erzeugen.
Ich mache das bei Küchenmessern auch oft freihand weil es schneller geht und ich so immer gut schneidendes Werkzeug habe.
Allerdings: wie bereits erwähnt kann man das sicher auch besser machen.
Und mir ist tatsächlich aufgefallen, dass man beim Abziehen am Leder auch viel falsch machen kann.
Zumindest ich kann das😃
Und dann ist das mit dem Leder halt voll daneben.
 
Wichtig für ein Küchenmesser ist eine gute Geometrie, da geht Primär über Sekundär- oder Mikrofase.
Da hast Du recht, und genau da sehe ich die Crux und auch ein gewisses Potenzial fürs Leder.
Das Leder ist aufgrund einer gewissen Nachgiebigkeit winkeltoleranter.
Das heißt, jemand, der beim Freihandschliff ungeübter ist, und den Winkel nicht so gut trifft, dem gelingt es eventuell auch nicht, den Grat auf dem Stein richtig zu entfernen.
Das gelingt auf dem Leder zuverlässiger. Und auch ein Touchup gelingt auf dem Leder mit Polierpaste eine Zeitlang recht gut.
Das heißt: Könner brauchen kein Leder, aber Leuten mit weniger Könnerschaft kann es ein Stückweit helfen.
 
Im Laufe der Jahre wird man ja auch entspannter und sieht nicht mehr alles so dogmatisch - die Meisten von uns jedenfalls ;-)

Es geht beim Einsatz der Küchenmesser ja um das Verhältnis des Schärfaufwands, den man betreibt zu der Zeit, in der man das Messer benutzt ohne genervt zu sein, dass es zu stumpf ist. Wie man das erreicht, ist ja völlig egal. Und auch die Zeitabstände des Nachschärfens sind egal wenn es nicht stört, ab und zu über einen Wetzstahl oder Leder oder was auch immer zu gehen. Das ist ja schließlich schnell erledigt.

Und wer lieber schärft als zu schneiden, kann auch jeden Abend bei Mondschein über die JNats streicheln und sich an der kurzen Endboss-Schärfe freuen. Da werfe ich im Glashaus auch nicht den ersten Schleifstein.
 
Dogmen sind eh unsinnig.
Letztendlich geht es ums Verstehen, was passiert und daraus dann für sich die richtigen Schlüsse und Entscheidungen zu ziehen.
Manchmal macht man sich ja im Kopf ein scheinbar schlüssiges Bild, das dann im Abgleich mit den Bildern anderer nicht bestehen kann.
 
Moin @ebenezer

1. Bitte diesen Teil nicht so ernst nehmen !
Wurde dem Leder jetzt dämonische , frevelhafte Kräfte zugeschrieben ? Und wer das macht kommt in die Hölle ?
Bibelzitate dazu habe ich jedenfalls hier noch nicht gelesen.

Und ich gebe dir recht...mit System ist nochmal anders.
Da braucht es einfach keine Pasten. Es wurde schon von einigen Leuten hier und an anderer Stelle getestet was besser geht....also bessere Standzeit.
Da sehen Pasten gegen den sauberen V Schliff einfach kein Land...dazu sind Tonnen von Gemüse und co geschnitten worden...
Diese Erfahrung habe ich auch gemacht ...nicht nur mit einem Messer
Und ein tolles Mikroskopbild hilft dann nicht mehr , wenn die Tomate nicht mehr geschnitten werden kann .
Die Praxis hat das bewiesen....

Das bedeutet ja nicht , das Pasten als Schärfmittel nicht funktionieren . Bei balligen Schneiden oder Rasiermessern sind die auch sehr praktikabel
Und wer die nutzen möchte...bitte ...geht ja...aber halt nicht so gut , wie der saubere V-Schliff

Gruss

Micha
 
Ich bin mir auch nicht sicher, wieviel das "Schließen" oder Polieren einer Schneide bringt. Hängt sicher auch vom Stahl und dessen Wärmebahandlung ab.
Mit Leder habe ich nichts am Hut aber auf die aufgeworfene Fragestellung möchte ich kurz eingehen. Ich schleife vergleichsweise viele verschiedene Messer mit unterschiedlichen, oftmals hochlegierten Stählen und nutze die Klingen mitunter sowohl für abrasives Schnittgut wie Kartonagen oder "missbräuchlich" beim Holzhacken mit Querbelastung.

Was ich bei den hochlegierten (und mutmaßlich versiert wärmebehandelten) Klingenstählen immer mal wieder bewusst wahrnehme: Wenn ich beim Schärfen besonders akribisch war – also "Defektschicht" mit grobem Diamantschleifmittel großzügig abgetragen und immer wieder die Riefen vom vorherigen Stein vollständig entfernt bis zur Spiegelpolitur mit 12k JIS inkl. System und Druckkontrolle – hält die Schneidkante über die gesamte Länge erheblich länger eine zufriedenstellende Schärfe, sodass es mich im Vergleich fast wundert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei einem ähnlichem Repertoire an Klingen habe ich die gleichen Erfahrungen wie Daniel gemacht.

Auch dann, wenn ich mit WE nur Diamantsteine mit reichlich Zügen anwende und mit einem einzigen keramischen Stein mit max. 6k abschließe. Insofern ist die geschlossene Schneide bei mir weit vorn, vor allem wenn bei Kochmessern permanent mit dem Dick Micro nachgestreichelt wird.

Leder an Kochmessern mit sehr dünnen Fasen als touchup ist unter‘m Strich eher schwieriger gut hinzubekommen als mit einem Stein - meine praktische Sicht.

grüsse, pebe
 
Letztendlich geht es ums Verstehen, was passiert und daraus dann für sich die richtigen Schlüsse und Entscheidungen zu ziehen.
Das ist der Punkt... Aus der Sicht von jmd. der noch nicht so lange in der Messerwelt unterwegs ist.
Als Newbie findet man auf den einschlägigen Seiten nach einer Google Suche oftmals die Empfehlung Leder+Paste. Finde ich durchaus okay. Bedienung ist einfach, Zeitaufwand gering, Kosten ebenfalls mehr als vertretbar.
Wenn man allerdings über den Zeitpunkt hinauskommt kommt, dass das eigene Skillset beim Schleifen z.B. auf Banksteinen besser wird, dann lässt sich über das entgraten auf dem Stein definitiv eine bessere Standzeit generieren. Das muss man leider erstmal ausprobieren, oder es in fachkundiger Quelle nachlesen ...

Gruß
 
Auch dann, wenn ich mit WE nur Diamantsteine mit reichlich Zügen anwende und mit einem einzigen keramischen Stein mit max. 6k abschließe. Insofern ist die geschlossene Schneide bei mir weit vorn, vor allem wenn bei Kochmessern permanent mit dem Dick Micro nachgestreichelt wird.

Leder an Kochmessern mit sehr dünnen Fasen als touchup ist unter‘m Strich eher schwieriger gut hinzubekommen als mit einem Stein - meine praktische Sicht.
Was ich an Steinen als lästig empfinde ist, dass man sich mit dem Thema trocknen beschäftigen muss.
Selbst Splash and Go Steine sind davon nicht völlig ausgenommen.

Ich beobachte dieses Thema sehr interessiert, da man sich bei einem Leder mit Paste keine Gedanken über das trockenen machen muss.
Kennst du zufälligerweise Steine in dem Bereich 3000 JIS aufwärts, bei denen man das nicht machen müsste? Die also auch unter diesem Aspekt eine bessere oder gleichwertige Alternative zum Leder sind?
Die man also im Idealfall einfach abwischt und dann ist es wieder gut.
 
Von der gewünschten Anwendbarkeit (kein Trocknen notwendig, einfach abwischen und gut ist es) gehört der Sinterrubin zu der Aufzählung. Bitte bedenken: Das Schliffbild liegt laut des Tests von @knifeaddict bei ca. 1.000. Auch wenn 3.000 darauf steht.
 
Moin

@Greycap den Sinterrubin hatte ich von @BertDasBrot zum Testen...der kennt den also.

Wenn Öl...dann kann ich den Surgical Black Arkansas empfehlen...die besten gibt es von Preyda

Ölsteine (https://www.boker.de/messerschaerfer/oelsteine?p=1)

Nicht ganz billig , aber lohnt. Das ist ne absolut glatte Kachel , wirklich erstaunlich was man damit hinbekommt.
Ich hab meinen im Dauerverleih , kann bei Bedarf mal ne Review schreiben

Gruss

Micha
 
Andererseits sollte diese Politur doch eine sehr geschlossene Schneide produzieren, die geringste Anfälligkeit aufweist.

Es kommt nach meiner Erfahrung darauf an "wann" und "wie" das Leder benutzt wird.

Habe ein Lederplättchen auf Aluträger für die geführten Schleifgeräte (z.B. Ruixin) und wenn ich geführt mit den Shaptons oder Diaplättchen arbeite und das ganze vielleicht auch mal bis z.B. 5K oder 8K durchziehe, dann sieht die Schneide unter dem Mikroskop völlig gratfrei aus und sie wirkt optisch geschlossen, wie poliert. Wenn ich das Ganze bis 1K schleife, auch immer seitenwechselnd bis zu gratfrei, und dann danach das Leder geführt (ein paar Abzüge) mit Paste nehme ist es 1.) nicht besser im Ergebnis und 2.) ist die Schneide nicht so perfekt wie mit dem 3K oder 5K oder feineren Steinen.

Eigentlich kann ich mir auch nicht vorstellen, dass der Streichriemen mit Paste beim Abziehen eine so große Wirkung hat, dass die Politur eine geschlossene Schneide produziert - es sei denn, man macht das durchaus etwas ausdauernder um eine Polierwirkung zu erreichen. Selbst bei meiner Maschine mit der Lederscheibe und Paste brauche ich schon echt lange um eine Schneide zu polieren, zumindest wenn man das Mikroskop bemüht zur Kontrolle.

Auch deswegen denke ich, dass man beim Streichriemen/Leder unterscheiden sollte zwischen "Abziehen zum Grat entfernen" und "Polierwirkung zum Schließen der Schneide"
 
Danke für die vielen Hinweise. Ein wenig schade, dass es an und für sich nur zwei Arten von Steinen bekannt sind, die sich so verhalten.
Beide kriegt man leider auch scheinbar nicht in sehr breit.
Dann ist es aber leider so wie es ist.

Ich würde mich über eine feinere Ergänzung zu dem Sinterrubin freuen.
Da die allgemeinen Erfahrungen eher einen Stein empfehlen werde mich wohl Mittelfreistig zwischen dem Spyderco Fein/Ultrafein und dem Hard Black Arkansas entscheiden müssen.
Der Surgical Black ist mir eindeutig zu teuer in der großen Variante bzw. ist diese auch nicht wirklich zu bekommen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Habe ein Lederplättchen auf Aluträger für die geführten Schleifgeräte (z.B. Ruixin) und wenn ich geführt mit den Shaptons oder Diaplättchen arbeite und das ganze vielleicht auch mal bis z.B. 5K oder 8K durchziehe, dann sieht die Schneide unter dem Mikroskop völlig gratfrei aus und sie wirkt optisch geschlossen, wie poliert. Wenn ich das Ganze bis 1K schleife, auch immer seitenwechselnd bis zu gratfrei, und dann danach das Leder geführt (ein paar Abzüge) mit Paste nehme ist es 1.) nicht besser im Ergebnis und 2.) ist die Schneide nicht so perfekt wie mit dem 3K oder 5K oder feineren Steinen.
Fotos hast Du nicht zufällig davon gemacht, oder?
 
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