Materialabtrag beim Nachschärfen von Kohlenstoff-Stahl

Feivel96

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Hallo Leute,

Ich habe eine Frage zum Materialverschleiß bei regelmäßigem Nachschärfen von Kohlenstoffstahl.
Ich schärfe mein Kohlenstoff-Kochmesser seit dem Kauf immer selbst, meist auf einem 6000er Wasserstein sowie anschließend einigen Zügen auf einem Lederriemen behandelt mit Chrom-Oxid. Bei jedem Schärfen wird ja Material von der Schnittkante abgetragen (der Lederriemen z.B. ist mittlerweile schon dunkelgrau verfärbt), das ist mir natürlich bewusst, allerdings frage ich mich, wieviel Material genau?
Mein Messer ist derzeit 44mm an der breitesten Stelle breit, was dem Optimum für meine Handführung entspricht. Wenn jetzt allerdings in den nächsten Jahren die Breite durch regelmäßiges Nachschärfen auf unter 40mm sinkt, wäre das schon doof. Denn ich habe einen Haufen Geld bezahlt für das jap. Messer und würde es gerne mein Leben lang nutzen.

Hat hier jemand evtl. langjährige Erfahrung im Schärfen und kann mir ungefähre Richtwerte sagen?


Besten Dank und viele Grüße!
 
Moin

Hat hier jemand evtl. langjährige Erfahrung im Schärfen und kann mir ungefähre Richtwerte sagen?

Ein über knapp zehn Jahre wirklich regelmäßig benutzten und entsprechend oft nachgeschärftes Opinel hatte dann noch knapp 2/3 der ursprünglichen Klingenhöhe.

Meine Stecheisen in der Lehre haben pro Jahr gut einen Zentimeter Länge eingebüßt.

Ich kann dir aber verraten, dass das bei rostträgen Stählen nicht anders ist.

Du wirst aber, wenn du nicht regelmäßig kleinere Ausbrüche in der Schneide verursachst, ziemlich lange Spaß an deinem Messer haben. Der Abtrag bei 6000er Steinen ist jetzt nicht soooooo riesig ;)

Gruß
chamenos
 
Um welches Messer handelt es sich denn?

Du könntest auch Material sparen, indem du die Schneide nicht mit Chromox-Leder verrundest, sondern mit Wechselschüben auf dem 6000er entgratest. Kohlenstoffstähle bilden normalerweise keinen hartnäckigen Grat.
 
Um welches Messer handelt es sich denn?

Du könntest auch Material sparen, indem du die Schneide nicht mit Chromox-Leder verrundest, sondern mit Wechselschüben auf dem 6000er entgratest. Kohlenstoffstähle bilden normalerweise keinen hartnäckigen Grat.

Das Messer ist ein japanisches Gyuto aus Aogami #1 Stahl, also sehr hart und schnitthaltig. Daher muss ich das Messer auch nicht wirklich oft schärfen, aber ich hatte letztes Jahr 2 kleinere Ausbrüche, die jeweils einen halben Millimeter gekostet haben.

Was genau sind " Wechselschübe"? Jeweils wechselseitig einen Zug entgegen des Schnitts? Das mach ich sowieso, aber danach gehe ich nochmal kurz auf das Abziehleder, weil ich eigentlich einen balligen Ausschliff der Schneidkante erzielen will (hab mir sagen lassen, dass sich das bei hochwertigen Japanern so gehört).

Meine Stecheisen in der Lehre haben pro Jahr gut einen Zentimeter Länge eingebüßt.
Kochlehre? :D Dann würden mich 1 cm pro Jahr sogar beruhigen, weil du vermutlich etliche Male soviel damit gearbeitet hast, wie ich es tue und auch die Qualität der Messer vermutlich nicht so hoch war bzw. mit dem Messer nicht so pfleglich umgegangen wurde, als wenn du dafür ein paar Hunderter hinlegen hast müssen (wie in meinem Falle).
 
Was genau sind " Wechselschübe"? Jeweils wechselseitig einen Zug entgegen des Schnitts?
Ja, bzw. besser noch in abfallender Anzahl, also im Wechsel 5-4-3-2-1 Schübe. Ich habe noch nie gehört, dass Japaner ihre Kochmesser über ein Chromox-Leder ziehen.

Schleifst du das Messer flach auf der Primärfase auf Null aus? Solche spitzen Schneidwinkel sind recht empfindlich für Ausbrüche bei europäischer Schneidtechnik mit Brettkontakt.
 
Ja, bzw. besser noch in abfallender Anzahl, also im Wechsel 5-4-3-2-1 Schübe.
Nur um sicherzugehen: Schübe heißt, dass ich das Messer mit der Schnittkante voraus über den Stein schieben soll - also wenn die Schnittkante von mir weg zeigt, dann drücken, andersrum ziehen?
Normalerweise schärfe ich mit vor-und-zurück-Bewegungen und am Ende ziehe ich jeweils wechselseitig ein paar mal ab (Schnittkante zeigt von mit weg=ziehen und andersherum).

Schleifst du das Messer flach auf der Primärfase auf Null aus? Solche spitzen Schneidwinkel sind recht empfindlich für Ausbrüche bei europäischer Schneidtechnik mit Brettkontakt.
Nein, auf keinen Fall. Ich schleife nur die Sekundärphase, die Primärphase lasse ich komplett außen vor, schon allein damit die Patina nicht runtergeht. Der Winkel der Sek.-Phase liegt ca. zwischen 10-15 Grad (nie gemessen). Ich habe mir extra auch ein Schneidebrett mit sehr weichem Holz aus Japan mitgebracht, um möglichst keine Ausbrüche zu haben. Der Verkäufer in dem Messerladen, wo ich das Messer gekauft habe, sagte mir aber, dass in den ersten paar Nutzjahren des Messers immer mal wieder kleine Ausbrüche entstehen, später dann aber nicht mehr. Habe zwar nicht verstanden, warum genau das so sein soll, aber der Laden hat eine lange Tradition und die wissen, wovon sie reden und was sie tun, insofern glaube ich das einfach mal.
Schneiden tu ich meistens übrigens mit einer Ziehbewegung, Wiegeschnitt und schiebenden Schnitt nutze ich eher selten.
 
Nur um sicherzugehen: Schübe heißt, dass ich das Messer mit der Schnittkante voraus über den Stein schieben soll - also wenn die Schnittkante von mir weg zeigt, dann drücken, andersrum ziehen?
Jo. Ziehende Bewegungen in Richtung Klingenrücken erzeugen einen neuen Grat, statt den vorhandenen zu minimieren, das macht als abschließende Bewegung keinen Sinn.

10-15° wären mir persönlich zu instabil für Küchenmesser (wobei der Schneidenwinkel durch den Einsatz des Chromox-Leders mit der Zeit normalerweise größer und damit stabiler wird), insbesondere bei sprödem Stahl.

Bei Messern, die mit dem Bandschleifer geschliffen wurden, gibt es eine Art Defektschicht mit gröberen Riefen, die zu Ausbrüchen an der Schneidkante führen kann, wenn man sie dort nicht (auf Steinen) abträgt.

Natürlich wird das Messer mit den Jahren im Bereich der Schneide auch dicker, wenn man nur Material von der Sekundärfase abträgt und das Messer nie ausdünnt. Das führt automatisch zu einer stabileren Klingengeometrie, die weniger anfällig für Ausbrüche ist.
 
Jo. Ziehende Bewegungen in Richtung Klingenrücken erzeugen einen neuen Grat, statt den vorhandenen zu minimieren, das macht als abschließende Bewegung keinen Sinn.

So habe ich das nie gesehen, macht aber voll Sinn. Den Tipp werde ich mal beherzigen, danke dir! Dann werde ich wohl auch das Abziehleder weglassen, denn dort funktioniert eine schiebende Bewegung zur Schnittkante wohl eher nicht. Ich gewh davon aus, dass ich dort auch einen neuen Grat ausbilde, wenn ich Richtung Klingenrücken ziehe? Oder ist der Schliff dann so fein, dass das keine Rolle mehr spielt?
 
Nein, das Leder entfernt den Grat, die Schneidkante wird beim Abziehen (je nach Druck und Winkel mehr oder weniger tief) ins Leder gedrückt und dadurch (mehr oder weniger) verrundet (oder halt garnicht getroffen :glgl: ) Einige hier stehen drauf, andere kritisieren den einhergehenden ("unnötigen") Materialabtrag an der Schneidkante usw.

Wenn ich freihand einen Grundschliff anbringe, z.B. wenn die Schneide kleinere Ausbrüche hat, nehme ich einen gröberen Stein um 1000 JIS um die Schneidfase zu erneuern und einen feineren Stein um 3000 bis meinetwegen 6000 JIS (maximal) um die Schneide feiner zu schließen und den Grat zu minimieren. Das war's, mehr mache ich nicht. Wenn die Schärfe der Schneide nur aufgefrischt werden muss (Touch-Up), nehme ich nur den feinen Stein.

Getreu nach dem Grundsatz, je weniger Schleifmedien desto weniger Fehlerquellen.
 
Ich kann einen 6000er Grat nicht mit den Fingern erfühlen, es sei denn, er ist viel zu groß. Du musst halt sicherstellen, dass du über die ganze Klingenlänge die Schneidkante durchgeschliffen hast, wie du das machst, bleibt dir überlassen (Erfahrung, Wattepad, Eddingmethode, Mikroskop, Lupe, winkelgeführtes System ...).
 
Hi,

erst mal muss man sich entscheiden, wie Du diese jap. Messer benutzen möchtest.
Wenn Du schon freihändig schärfst, dann kann man davon ausgehen, dass Du keine Experimente mit kleinen Schneidwinkeln machst. Also ich gehe von Schneidwinkel zwischen 40-50° aus.

Gerade nach dem Kauf MÜSSEN lieber die Messer praktisch immer umgeschliffen werden, da:
1) die Winkel zu klein sind.
2) Schärfqualität zu niedrig ist.
3) Es bleibt meistens durch grobe mechanische Vorbehandlung „Defektschicht“- also stahl mit Mikrorissen, beginnendem Lochfraß und…

Damit beginnen zu schneiden bedeutet häufig mehr oder weniger tiefe Ausbrüche.

Auch wenn Du mit diesen Messer nichts machst, beginnt häufig gerade die Schneide kaputt zu gehen. Die rostet tief, man sieht dann Scharten und Unebenheiten einfach nach den 5-10 Jahren Liegezeit.

Nach dem sachgemäßen Umschärfen nach dem Kauf verliert man letztendlich dann viel weniger Stoff von einer Schneide.

Wie viel dann die Klinge an Stoff verliert- dass hängt vom Arbeitsumfang an. Ein Profi-Koch kann binnen einer Woche so viel schneiden, wie die Anderen auch in 40 Jahren Benutzung nicht schneiden…
 
IMHO Zuhause wenn man nur alleine Messer benutzt, wenn man die absichtlich oder unabsichtlich nicht kaputt macht, dann muss man die nur ein Mal nach dem Kauf schärfen. Danach kann man nach Lust und Laune die Messer auswählen, die mehr Spaß bei einer oder anderer Arbeit machen.
 
Wenn das Ziel ist, möglichst wenig vom Messer wegzuschleifen, dann empfehle ich, bei Scharten oder kleineren Ausbrüchen nicht die gesamte Schneide zurückzusetzen, sondern zu ignorieren und ganz normal weiterzuschärfen. Dann werden sie nach und nach weggeschliffen. Bei Küchenmessern sollte das kein Problem sein.

Ansonsten hilft auch immer, den Schleifwinkel über die Zeit möglichst konstant zu halten. Einmal zu steil geschärft und schon fehlen wieder ein paar Zehntel-mm an der Schneide.

Die Eddingmethode + Lupe eignet sich auch gut, um zu erkennen, wann man weit genug geschärft hat. Wenn man solange schleift, bis sich ein Grat aufwirft, hat man eigentlich schon zuweit geschliffen.


Viele Grüße
Mico
 
Wenn man die Schneidkante mit dem Schleifstein trifft, was ja eigentlich das Ziel des Schärfvorgangs ist, wirft sich immer ein Grat auf, den sollte man nur nicht unnötig vergrößern.
 
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