AW: Max. Temperatur bevor dem Stahl was passiet
Hallo !
mal ne Antwort: Zwischen plus 20 und 95 Grad C passiert auch dem empfindlichsten Stahl nichts.
Das wird allerdings nicht viel weiterhelfen.
Was meinst Du mit "passiert" ?.
Ich stelle mal eine Auswahl von Reaktionen zusammen, die bei gehärteten Stählen temperaturabhängig eintreten können.
Bei sehr tiefen Temperaturen verspröden die meisten Stähle. Abhilfe schafft eine sehr exakte Wärmebehandlung auf feines Korn und in schweren Fällen Zulegieren von Nickel.
Härtet man ohne Anlaßbehandlung, so riskiert man nicht nur Bruch bei Beanspruchung, sondern schon durch innere Spannungen.
Eine erste Reaktion auf Erwärmung gibt es bei ca 95 Grad, wo der nach dem Härten entstandene tetragonale Martensit in den-gleich harten aber zäheren- kubischen Martensit umwandelt. Dies ist mit einer Verkürzung verbunden, spielt also für die Behandlung von Endmaßen eine gewisse Rolle.
Stähle mit viel Restaustenit können durch Auskochen etwas härter werden, bei Ziehmatrizen wird Auskochen auch schon zur leichten Zähigkeitssteigerung eingesetzt.
C-arme unlegierte Stähle können schon durch Anlassen bei 150 Grad so weich werden, daß sie für vernünftige Schneiden nicht mehr zu brauchen sind.
Wenn es nicht gerade um extreme Härte geht, vertragen alle Stähle ein Anlassen bis 200 Grad, genügend C vorausgesetzt.
Unlegierte und leicht legierte Stähle haben im Bereich zwischen 200 und 300 Grad einen Zähigkeitsabfall, insbesondere im Schlagverdrehversuch.
Richtig gehärtete Schnellarbeitsstähle erreichen ihr Optimum an Härte und Zähigkeit erst im Sekundärhärtemaximum nach Anlassen bei ca 550 Grad und darüber.
Ein Sekundärhärtemaximum tritt bei mit Sonderkarbidbildnern legierten Stählen nach Härten von hohen Temperaturen auf, wenn auch meist nicht so ausgeprägt wie bei den Schnellarbeitsstählen.
Bei langsamem Abkühlen nach dem Anlassen bei ca 475 Grad zeigen Stähle ohne Nickel-und/oder Molybdänbeigabe einen deutlichen Zähigkeitsverlust.
Man sieht an dieser bei weitem nicht vollständigen Aufzählung, daß bei unterschiedlichen Temperaturen im gehärteten Stahl eine Menge passiert. Das Bild würde sich noch deutlich erweitern und verkomplizieren, wenn man unterschiedliche Ausgangszustände nach dem Härten-viel/wenig Restaustenit, Martensit-Bainitgemisch, Bainit der unteren/oberen Stufe- mit in die Betrachtung einbeziehen würde.
Als Faustregel kann man aber- und so einfach soll es ja wohl sein- sagen, daß Stahl auch nicht empfindlicher ist als der Mensch- 42 Grad C kann er jedenfalls aushalten.
MfG U. Gerfin