Merkwürdige Oberfläche bei C105

painless potter

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Ich weiß, die Überschrift ist komisch, aber ich wußte nicht, wie ich das sonst beschreiben soll.

Ich habe ein Messer aus C105 gemacht, das jetzt nach der Endpolitur seltsame Zeichnungen auf der Oberfläche hat. Die Fotos zeigen es ganz gut. Die Bilder sind absichtlich überblitzt, da man nur so die Veränderungen sieht. Da ich hier viel rumexperimentiert habe und dabei sicher Fehler gemacht habe, würde ich gern wissen, was ich hier dem Stahl angetan habe.

Ausgangsmaterial war runtergeschmiedeter und gewalzter C105 von Achim Wirtz, den ich noch planschleifen ließ in einer professionellen Schleiferei.

1. Versuch:

Da ich eine Hamon versuchen wollte und dachte, das Zahntechnikerlötmasse genau das Richtige sei, habe ich es damit versucht. Der Gipsmantel war allerdings so dick, das er im Ofen die Temperatur direkt von 820 auf 700 Grad weggesaugt hat. Aus Angst vor Entkohlung durch eine zu langsame Aufheizung bis wieder auf 820 Grad habe ich es wieder herausgenommen, dabei ist der Gipsmantel zerplatzt. Das war also der erste Wärmestreß für die Klinge.

2. Versuch:

Diesmal habe ich den Gipsmantel dünner gemacht und die Anfangstemperatur des Ofens auf 860 Grad gestellt. Der Wärmeverlust nach Einlegen des Härteguts war so, dass die Temperatur auf genau 820 Grad fiel und dort blieb. Also nach ca. 5 Minuten genau nach Anleitung kurz ins Wasser und dann ins warme Öl. Schon im Wasser flog mir der Gipsmantel um die Ohren, dann ging es sofort ins Öl. Nach dem Anlassen war die Klinge weich, die Spitze ließ sich leicht umlegen... 2. Streßphase für die Klinge.

3. Versuch:

Nun dachte ich mir "Sch**ß auf Hamon" und wollte ganz normal Härten. Temperatur 840 Grad, weil ich gemessen habe, das mein Ofen etwas zu viel Temperatur anzeigt, die tatsächliche etwa 10-15 Grad niedriger ist.
Also gehärtet in warmem Öl, anlassen, Klinge ritzt Glas und PP ist beruhigt.
Seltsamereise war der Zunder nach dem Ölabschrecken deutlich mehr oberhalb der alten Hamonlinie, die deutlich als Zunderlinie sichtbar war! Versteht das einer? Entkohlung des Schneidenbereichs evtl.?

Nach dem Finish zeigen sich besagte Zeichnungen. Es sind keine Erherbungen oder Vertiefungen, weil sie bei Schmirgel 400 nicht zu sehen sind, sondern erst nach Politur. Komischerweise sieht man trotz der zweiten WB eine angedeutete Hamonlinie wie ein leichter Nebelschatten.

Leider habe ich von der Metallurgie wenig bis Null Ahnung, ich hätte gern gewusst, was hier passiert ist. Es ist eigentlich nicht wirklich wichtig, weil man es so ja nie wieder machen würde, trotzdem wurmt es mich irgendwie.

Das man für einen Hamon Feuerbeton nimmt weiß ich, ich wollte es halt probieren.

Bin gespannt, was die Fachleute sagen.

PP
 

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Hallo PP,

gleiches Problem hatte ich auch mit einem Küchenmesser. Ausgangsmaterial war ein Stück eines großen Kugellagers. Ich habe es flach geschmiedet und dann zum Messer weiter verarbeitet.
Nach dem Härten habe ich einen Härtewert von 67 HRC gemessen. Also kann man davon ausgehen, das es 1.3505 oder ähnliches Material war.
Nach dem Finish kamen dann diese seltsamen "Wolken" zutage, wie sie auch hier auf Deinen Fotos zu sehen sind.

Ebenfalls ratlos.
Gruß Klaus
 
Schade, das niemand etwas Hilfreiches dazu sagen kann, außer "hatte ich auch schon mal". Trotzdem danke, klaus123.

Ich habe eben hier im Forum den Begriff "alloy banding" gefunden.

http://www.messerforum.net/showthread.php?p=605749#post605749

Könnte es sich bei mir durch die mehrmaligen Wärmen um den gleichen Effekt handelt? Vielleicht wissen die Stahlgurus hier im Forum was dazu?

Ich habe die Klinge zwar inzwischen mattiert, aber hätte trotzdem gern mehr gewußt.

PP
 
Also ich hatte dieses Alloy Banding vor einigen Wochen auch als Ergebnis gefunden, weil ich ein Damastartiges Wellenmuster auf einer 1.2842 Klinge gefunden habe. Mich wundert aber, dass das bei einem reinen Kohlenstoffstahl vorkommt wie dem c105 da ich gelesen hatte, dass es dafür nunmal auch "alloy's" braucht, wie z.B. den Mangangehalt im 1.2842.
Ich hätte nicht gedacht, dass das von den Erklärungen her bei C105 auftreten kann (wobei nat. jeder Stahl Beimengungen anderer Elemente hat, logisch).
 
Wie immer: Ferndiagnosen sind problematisch.
Was ich auf den Bildern sehen kann, ist eine im wesentlichen parallel zur Schneide verlaufende helle Zone und im übrigen, zur Schneide hin verstärkt, ringförmige Strukturen.
Die ringförmigen Strukturen sehen auf den ersten Blick stark nach Korngrenzenzementit aus. Das wäre recht negativ und Du müßtest es eigentlich an einer schlechten Schärfbarkeit und mangelnden Stabilität der Klinge feststellen können. Sie würde beispielsweise bei seitlicher Belastung- Ziehen über einen harten runden Körper- knistern und kleine Ausbrüche zeigen.
So wie Du die Wärmebehandlung geschildert hast, ist ein so negatives Ergebnis aber eigentlich nicht zu erwarten.
Die helle Zone, die parallel zur Schneide läuft, scheint diese Ringelchen nicht zu haben. Wäre meine Diagnose richtig, so müßte dort der Stahl feinkörniger sein.
Was Du zur Klärung noch machen kannst, wenn Du auf eine Analyse mit Feinpolitur, Ätzen und Betrachten unter dem Mikroskop verzichten willst: Sind die unterschiedlichen Zonen gleich hart, oder ergeben sich da Unterschiede ?.

Sollten sich Probleme mit der Leistung zeigen, wäre ein Normalglühen, Weichglühen und erneutes Härten zu empfehlen.
Funktioniert sie so, wie Du Dir das vorgestellt hast, nimm es einfach als optisches Phänomen und sage, das sei das erwünschte Ergebnis der noch geheimen PP-Härtung.

Freundliche Grüße
U. Gerfin
 
Hallo painless potter,

wie U.Gerfin schon sagte ist eine Ferndiagnose schwierig, aber es ist noch etwas anderes vorstellbar:
Wenn Deine Lötmasse Gips bzw. Baryt-haltig ist (wie z.B. sowas), dann ist vorstellbar, dass die Sulfate im dicken Gipsmantel zu Sulfid (durch den Kohlenstoff im Stahl) reduziert wurden und dann den Stahl geschädigt haben.
Bei oxidierenden Bedingungen könnte auch eine beginnende Zersetzung des Gips zu SO3 Deinen Stahl angeätzt haben, obwohl das eigentlich erst bei höheren Temperaturen geschieht und Du auch sagst, dass keine Vertiefungen sichtbar sind, also eher ersteres.
Schau mal hier auf S.150-151 Punkt 14,15.
Ich denke mal, gipshaltige Massen sind in Verbindung mit Stahl eher ungeeignet.

Gruß

MythBuster
 
Solche ähnlichen Strukturen hatte ich auch schon öfters auf selektiv gehärteten Klingen.
Diese waren sehr sorgfälltig von mir poliert worden teilweise taten sich da auch kleine Schlieren auf und bildeten eine zwar ungewollte aber hübsche Strucktur.

Ich hatte damals für mich selbst die Erklärung das dieser moderne Stahl, bei mir war es C80, zwar erschmolzen worden war aber das sich da wohl doch irgendwie Ablagerungen oder Entmischungen gebildet hatten.
Unsere "modernen" Stähle sind vieleicht manchmal auch weniger sauber als wir zuerst glauben.
 
So, jetzt aber mal wieder einen dicken Dank an die letzten Antworter!

@MythBuster:

genau um die genannte Lötmasse handelt es sich. Allerdings kam sie im Schneidenbereich, wo die Quaddeln auch zu sehen sind, nicht in Kontakt zum Metall. Ich habe aber diese Korrosionen, die du beschreibst durch die Sulfate nach dem Abplatzen des ersten Gipsmantels schon beobachtet und wieder herausgeschliffen. Die Masse ist also weder von ihrer Zusammensetzung noch ihrer Haltbarkeit für Hamonhärtung geeignet. Aber es war einen Versuch wert, hätte ja das Ei des Kolumbus sein können. Auftragen ließ sie sich jedenfalls super...:p

@D.Kraft:

Deine Antwort beruhigt mich.

@U.Gerfin:

Klar, Ferndiagnosen sind immer kritisch, besonders aus der Distanz :)lach:) daher habe ich versucht, möglichst genau zu beschreiben was geschehen ist. Qualitätseinbußen zumindest an der Schneide habe ich nicht beobachtet, der Glasritztest zeigte durchgehende Härte an der Schneide.
Für eine genaue Analyse ist es mir jetzt nicht wichtig genug, zumal ich ja verständlicherweise nicht vorhabe, dieses Verfahren erneut genauso anzuwenden. Das mit der geheimen Härtung war echt gut, leider habe ich mich oben ja schon verplappert!:D
Ich habe vom gleichen Stahl aus der gleichen Produktion noch 2 Stücke, wo ich nochmal einen Hamon versuchen werde, diesmal aber mit Feuerbeton von P. Abel.

Das oben genannte Messer ist mitlerweile halb fertig, gelangt natürlich nicht in den Verkauf und wird von mir demnächst ausgiebig getestet.

Vielen Dank nochmal an Alle

Nils
 
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