Messer aus alter Rohklinge, die ein Lee-Enfild Bajonett werden sollte, mit Handschutz aus Straßenbahnschiene

Geonohl

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Hier zeige ich nun ein Messer, daß ich aus einer Rohklinge fertigte, die ein Bajonett werden sollte.
Messer gesammt mit Scheide P1010149.JPG

Die Klinge wurde in Solingen, von der Firma Hörster hergestellt und konnte wegen des Handelsembargos nicht nach England ausgeliefert werden. Sie werden in Solingen wohl „lange Englische“ genannt. Für Britische Lee-Enfield Gewehre 1906 und 1913? (es gibt zwei Versionen die sich nur in der länge des Ricassos unterscheiden und dabei diese Länge auch eine Änderung der Gesamtlänge ausmacht.)

Ich konnte einige Klingen in verschiedenen Stadien der Fertigstellung bekommen.
(Wenn noch wer welche gebrauchen kann, Ich werde die anderen Klingen im Marktplatz einstellen)
Alle haben einen Knauf, vermutlich aus ungehärtetem C45, der mit zwei Stiften und Messinglot befestigt ist. Es ist noch keine Einfräsung für die Mechanik, im Knauf, vorhanden.

Wegen der Härteunterschiede in Querschnitt vermute ich, dass sie wie andere Blankwaffen in einem Überhitzten Ofen erwärmt wurde, so daß sie außen schnell auf Härtetemperatur kam und der Kern noch nicht Härtetemperatur erreicht hatte. Man findet ein Video mit dem Titel „Herstellung von Blankwaffen“, 1996; Volkskundliche Filmdokumentation vom LVR, Buch/Regie: Alois Döring, nun auch im Internet, es gab es lange nur auf DVD, wo diese Härtung erwähnt wird.

Die Bearbeitung erfolgte hauptsächlich
mit verschiedenen Feilen (die Klinge hat etwa 50HRC, innen weicher als außen, besteht nach Laboranalyse aus C50
(Analyse einer der Klingenrohlinge, dazu zerstört:
C 0,52, Si 0,24, Mn 0,58, P 0,018, S 0,019, Cr 0,13, Ni 0,06, Mo 0,004
Al 0,013, Cu 0,20, Co 0,02, Ti 0,002, Nb 0,004, V 0,006, W<|0,007 also schon aus Schrott erschmolzen- wegen das Kupfergehaltes)

Mit Stahlbohrern in einer elektrischen Handbohrmaschine im Ständer.
Mit Verschiedenen Handsägen (sehr hoher Bügel um die Schiene zu sägen, kleine für den Handschutz.
Mit verschiedenen Sorten Schmirgelleinen, um eine hölzerne Latte gelegt.

Griff anpassen P1012392.JPG Die Schraubenköpfe wurden mit der Bohrmaschine auf einen exakten Durchmesser eines vorhandenen Bohrers gebracht, damit die Senkung im Holz keinen Spalt sichtbar läßt.
Die (vorher sechskantigen) Muttern wurden ebenso Rund gefeilt und mit einem Schlitz versehen, wofür ein Schraubendreher angepaßt wurde.

Das Holz, für die Griffschalen, war Teil eines Schrankes, vermutlich Palisander.

Der gelbe Fleck auf dem Knauf wurde belassen, es scheint etwas Lot vom anlöten des Knaufes zu sein, das aber schon in einer Ebene mit der Knaufoberfläche ist. Hat was individuelles, von den sich sonst sehr ähnlichen Klingen.


Messergriff mit Schinen Ursprung P1010167.JPG Der Handschutz wurde aus einem Teil einer Straßenbahnschiene gemacht.
Zuerst Scheiben von der Schiene absägen, was etwa 2 ¼ Stunde pro Schnitt braucht.



Dann anpassen an das Ricasso der Klinge, feststellen das das monstermäßig schwer ist, auch nach abrunden des Außenumrisses. Also habe ich die Außenseite Kanneliert, mit verschiedenen Schlüsselfeilen und einer Sägekettenfeile . Die Schiene war etwa so schwer zu feilen, wie der gehärtete Teil der Klinge.
Das war nicht genug.

Handschutz von Seite P1012389.JPG Nach langem Überlegen dann mit Bohren, Feilen (mit schlüsselfeilen) um die Löcher zu erweitern, Sägen mit einer mini Bügelsäge, Feilen und Schleifen eine menge Material entfernt.
Für das jetzige Aussehen wäre es einfacher einen konischen Blechstreife in dies Form zu biegen. Naja, Versuch macht kluch.


Nach dem Anpassen wurde der Handschutz und die Klinge mit 3mm durchbohrt und mit umgenutztem Drahtstift über Senklöchern vernietet. (Da keine 75° Senker zu finden waren, wurde ein Zentrierbohrer verwendet.)


Handschutz mit Lötnaht P1010158.JPG Die Dünnen Spalten wurden mit Lötzinn ausgefüllt, dafür wurde vor dem Vernieten schon Lötwasser, auf die danach nicht mehr zugänglichen Stellen, gestrichen.

Die Innenfläche es Handschutzes, die Kehle im Knauf und die Hohlkehle in der Klinge wurde mit Kaltbrünierung (Ballistol Schnell-Brünierung) geschwärzt.
Die Schiene hat ganz leicht eine satt schwarze Farbe angenommen, die Klinge und der Knauf brauchten zwei Anstriche und sind nie so dunkel geworden. Vermutlich wegen der anderen Zusammensetzung, Schienen haben ja immer viel mehr Mangan.


Messergriff von Rücken P1010154.JPG Das Nervenaufreibenste war die Riffelung als Daumenauflage am Klingenrücken, auf dem Handschutz und auch das Lot durchschneidend. Ein Grund dafür war auch, den scheinbar breiteren Lötspalt dort zu verdecken, da die Klinge in dem Bereich schon einen leicht gerundeten Rücken hatte.
Trotz äußerster Konzentration bin ich einmal etwas abgerutscht, aber es fällt kaum auf und das Ergebnis ist auch sehr rutschfest.
Ich hätte nur das Holz abschrauben sollen, diese ist zu spröde um gut so feine Rauten stehen zu lassen.



Die Klinge wurde im einige Millimeter gekürzt weil offenbar die äußerste Spitze beim vorschleifen zu warm geworden war. Auf jeden Fall war sie nach etwa 5mm viel härter und kaum noch feilbar.

Die Oberflächen sind nun mit 600 Schmirgelleinen, der stumpfgenutzt und mit Öl verwendet wurde, geschliffen.
Die Klinge habe ich mit Zugfeilen mit einer feinen Mühlsägenfeile gut glätten können, auch wenn sie zur Spitze so hart wird, das ich feste aufdrücken musste.
Die Klinge wurde dazu auf ein in den Schraubstock geklemmtes Eichenholz, an der Angel gespannt, sonst hätte sie zu stark gefedert. Beim Bearbeiten der Spitze wurde passend Stücke von harter Pappe untergelegt damit die nicht federt.

Die Scheide wurde aus den Sperrholz einer kleinen Werkzeugkiste gemacht die schon eine aufgeleimte Kante hatte, dazu eine Leitstange einer Silvesterrakete, wo der Klingenrücken hin zeigt und ein anderes Brettchen aus Vollholz für die andere Seite.
Dazu noch zwei Bunde, aus mit Holzleim getränktem Nähgarn.
Die zukünftige Eigentümerin will eine Scheide selber nähen, aber zum Transport und vielleicht als Kern für jene Scheide, wollte ich diese einfache Holzkonstruktion machen.
Sie sitzt sehr gut, liegt an den Seitenflanken der Klinge an, und ist sehr nah, an der Schneide, kein Klappern oder herausrutschen. Mit der Zeit wird es wohl leichtgängiger werden.

Das Messer hat nun 577g,
538mm ist die Gesamtlänge,
402mm die Klingenlänge und
die Scheide wiegt 80g.

(Analyse der Bajonettrohklingen für Britische Enfield Gewehre (1914?) :
C 0,52, Si 0,24, Mn 0,58, P 0,018, S 0,019, Cr 0,13, Ni 0,06, Mo 0,004,
Al 0,013, Cu 0,20, Co 0,02, Ti 0,002, Nb 0,004, V 0,006, W<|0,007 )

Für diesen Beitrag hab ich nun etwa 4 Stunden gebraucht, man oh man. Aber Was sind deine Verbesserungsvorschläge?

Ergänzt um Bearbeitungsbeschreibung, einige Fehler berichtigt.
Hier nun der Bau in Bildern:
Kanelierung P1012388.JPG Klinge mit erstem Griff neben Rohklinge P1012387.JPG Griff anpassen P1012392.JPG Griff anpassen, vom Rücken P1012390 (2).JPG Griff anpassen von schneide P1012391 .JPG Handschutz von Seite P1012389.JPG
 

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Ich habe das gebaut, als Belohnung für Eine die mir mal geholfen hat. Hat nun "Ewig" gedauert.
Aber für was könnte ich so ein Teil verkaufen?
Wahrscheilich nur für 1€ Stundenlohn, ;) . Ich würd aber gern eine Einschätzung haben.
Allein das Feinschleifen der Hole, mit passendem Holzstück um das Schleifleinen gelegt war, hat wohl 10 Stunden oder so gedauert (ist ja auf beiden Seiten). Mit Maschine in wenigen Minuten, aber so.. naja, ebener ist es sicher, als freihand an der Maschine, aber das sieht ja doch keiner. War ja auch ein Versuch, was so funktioniert.
Schreibfehler korrigiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wahnsinns Aufwand, prima Ergebnis! :super:

Du hättest Dir Nerven und Zeit erspart, wenn Du anstatt der vielen Handarbeit mehr Maschinen eingesetzt hättest. Ich glaube kaum, dass man das dem Endprodukt angesehen hätte. :)
Alles in allem ist Dir Dein Projekt sehr gut gelungen, wobei ich gerne die Scheide noch in Vollendung sehen würde.
Hoffentlich stellt Dir/uns die neue Besitzerin entsprechende Fotos nach Fertigstellung zur Verfügung. ;)
 
Wahnsinns Aufwand, prima Ergebnis! :super:

Du hättest Dir Nerven und Zeit erspart, wenn Du anstatt der vielen Handarbeit mehr Maschinen eingesetzt hättest. Ich glaube kaum, dass man das dem Endprodukt angesehen hätte. :)
Alles in allem ist Dir Dein Projekt sehr gut gelungen, wobei ich gerne die Scheide noch in Vollendung sehen würde.
Hoffentlich stellt Dir/uns die neue Besitzerin entsprechende Fotos nach Fertigstellung zur Verfügung. ;)
-Ja, irgendwie wollte ich es ohne viel Maschinen machen.
Nach dem Umzug und so kann ich auch nicht mehr so viel machen und müsste zu nem Freund in die Werkstatt.
-Ja, hoffe ich auch, aber vielleicht macht sie ja ganz was eigenes.
Ich wollte da nicht zu viel Arbeit reinstecken, weil ich nicht genaus weis was sie vor hat.
-Arbeit habe ich mit nicht notiert, aber mit dem herumprobieren (ich hatte die Flächen des Handschutzes schon recht schön. Befor ich die Gewichtsreduzierung machte, die Klinge hatte ich auch schon recht weit, dann einige Zeit nichts drann gamacht und grade da hatte ich feuchte Luft im Keller, und musste Rost wegschleifen :argw:). 100 Stunden können es schon gewesen sein:irre:.
Die Oberflächen sind nun mit 600 Schmirgel der stumpfgenutzt und mit Öl verwendet wurde, geschliffen.
Die Klinge habe ich mit Zugfeilen mit einer feinen Mühlsägenfeile geglättet.
 
Ahoi - ehe ein Mod-Kollege schimpft, das Du ein Marktplatzangebot hier teaserst.
Für die unheimliche Arbeit, die Du Dir gemacht hast, geht das mMn voll i.O.

Weitermachen
Gruß Excalibur
Danke. :super:
Ich muss endlich einige Sachen verkaufen, die bei einem Freund Platz wegnehmen (noch mehr Klingen, Werkzeug was ich da eingelagert habe...), und bin auch grad sehr knapp bei Kasse :rolleyes: , und möchte gern was fürs Einlagern geben können.
 
Ergänzung: Der Gewichtsmittelpunkt liegt 1,5cm vor dem Handschutz, und etwa 1mm in der Schneide.
 
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