Messer aus Uchatius Bronce bzw. Stahl-Bronce

lacis

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Ich habe zu Weihnachten ein paar alte Erbstücke weitergereicht bekommen.

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Obwohl der Werkstoff hier in diesem Beitrag von torel schon einmal erläutert ist und das Thema auch in dem Thread "Ist Kohlenstoffstahl geschmacksneutral" eine Rolle spielte, hätten die Bilder in beide Beiträge nicht reingepasst. Deshalb habe ich mir erlaubt, mal einen neuen Thread zu eröffnen.

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Dank Messerforum und Internet weiß ich jetzt schon, dass es sich um eine kaltverfestigte Bronzelegierung handelt, die verwendet wurde, weil sie - anders als Kohlenstoffstahl - nicht mit Fruchtsäuren reagiert. Haupteinsatzgebiet waren wohl sogenannte Obstmesser, von denen man mit Hilfe von Google einige finden kann.

Trotzdem hätte ich noch einige Fragen, bei denen mir vielleicht der eine oder andere helfen kann:

1) Kann man das Alter dieser Messer Anhand des Stils oder der Werkstoffverwendung genauer eingrenzen? In der Familie meiner Schwiegermutter weiß leider niemand was über die Herkunft. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Modelle, die sich sowohl in Klingenform als Klingenprägung unterscheiden. Der Griff könnte massives Perlmutt sein. Ich habe Google zwar eine ganze Reihe ähnlicher Messer finden können, aber das gleiche Modell nicht.

2) Wie pflegt man diesen Werkstoff, um die "Abwaschspuren" zu beseitigen, ohne die Legierung zu beschädigen? Könnte man die Messer auch schärfen?

Und wie immer schon vorab vielen Dank!
 
Um nicht gleich ne Verwarnung wegen off topic zu bekommen ;) . Klar kann man die Messer schärfen. Man kann alles schärfen. Und solange man damit nicht auf dem Teller rumkratzt, wird die Schärfe auch gut halten. Ich möchte nicht wissen, wie diese Legierung gegen billige Küchenmesser aus meist ungehärtetem Stahl abschneidet. Ich vermute mal, so schlecht nicht.

Aber was ich ja eigentlich sagen wollte :) Saugeile Messer. Sagenhaft. Dagegen würde ich das ganze heutige Designpreistrallala in die Rundablage werfen.

Pitter
 
Und solange man damit nicht auf dem Teller rumkratzt, wird die Schärfe auch gut halten.

Auch wenn es mir das Herz zerreißt, - da muss ich dich leider enttäuschen.:)

Ich hatte mal eine Anfrage von einer praktizierenden Druidin (jaja, sowas gibt es:D) eine Anfrage nach einem Bronzemesser mit Birnholzgriff.

Bronze deshalb, weil bestimmte Heilkräuter nicht mit einer Stahlklinge "geerntet" werden dürfen. (Wir erinnern uns an Miraculix, die Misteln und seine Goldsichel).

Also schnell auf dem Flohmarkt ein paar solcher Messer mit kaputten Heften für unglaublich wenig Geld gekauft, nette Griffe aus gut abgelagerter Birne dran und dann das erste geschärft.
Man bekommt diese Bronze gut scharf, - hat sich aber nach dem dritten Kräuterstengelchen auch wieder erledigt.
Klar. Um einen Apfel zu zerkleinern reicht es immer noch, - die Dinger sind ja auch sehr dünn, - aber einen Schnitt in Papier kann man vergessen.
Ich habe dann mit einer winzigen Nadelrundfeile eine Art Wellenschliff reingemacht. Das funktioniert ganz gut.

Was ich aber immer noch mal probieren möchte ist, ob man diese Bronzemesserchen eventuell auf "Schärfe dengeln kann", - also einfach kalt "ausschmieden"

@lacis
zur Pflege: probier einen Stofflappen und eine feine Polierpaste. Elsterglanz z.B.

Gruß
chamenos
 
Danke für die bisherigen Hinweise und freut mich, dass die Messer gut ankommen. Mir gefallen sie auch...

Als ich gerade nochmal die Bilder betrachtet habe, ist mir aufgefallen, dass ich eine wesentliche Info (nicht absichtlich) unterschlagen habe. Deshalb habe ich noch mal schnell ein Foto gemacht:

uchatius_006.JPG


Die Gesamtlänge beträgt ca. 17 cm, die Klingenlänge ca. 8,5 cm. Ausgewachsen würden sie mir noch besser gefallen...
 
Trotzdem hätte ich noch einige Fragen, bei denen mir vielleicht der eine oder andere helfen kann:

1) Kann man das Alter dieser Messer Anhand des Stils oder der Werkstoffverwendung genauer eingrenzen? In der Familie meiner Schwiegermutter weiß leider niemand was über die Herkunft. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Modelle, die sich sowohl in Klingenform als Klingenprägung unterscheiden. Der Griff könnte massives Perlmutt sein. Ich habe Google zwar eine ganze Reihe ähnlicher Messer finden können, aber das gleiche Modell nicht.

2) Wie pflegt man diesen Werkstoff, um die "Abwaschspuren" zu beseitigen, ohne die Legierung zu beschädigen? Könnte man die Messer auch schärfen?

1) Wie gesagt, die Begriffe Stahlbronce/Uchatiusbronce werden seit den 1870er Jahren verwendet. Mit dem Aufkommen des rostfreien Messerstahls seit Anfang der 1920er Jahre war ein passenderes Alternativmaterial für Obstmesser gefunden. Vielleicht gab es die Bronzemesserchen ein paar Jahre länger, da der rostfreie Messerstahl anfangs vergleichsweise teuer war. Wenn man aber bedenkt, dass die Käuferschaft der vornehmen Messerchen eher großbürgerlich und gut betucht war, dürfte der Preis hier keine Rolle gespielt haben. Sie ist wohl recht schnell auf rostfrei umgestiegen.

Die mit Dreizack und Stahlbronce gekennzeichneten Messer sind der Solinger Firma Ed. Wüsthof zuzordnen. Die in einem Katalog der Firma aus den dreißiger Jahren abgebildeten ca. 50 Sorten Obstmesser (unterscheiden sich hauptsächlich durch die Griffgestaltung) sind alle mit "rostfrei" markiert, was meine obige Annahme stützt, dass Bronze max. bis Anfang der 20er Jahre dafür verwendet wurde.

2. Poliermittel (mit weichem Baumwolltuch angewendet) würde ich nur allerfeinstes verwenden, da die Bronzelegierung vergleichsweise weich ist. Elsterglanz kenne ich nicht. Ich würde jedenfalls Wiener Kalk empfehlen, mit dem sich auch Silber kratzfrei polieren lässt
 
Obstmesser

Die Messer mit der Klingenmarkierung UCHATIUS-BRONCE sind offenbar die älteren Ausführungen der hier vorgestellten Obstmesser:

1895 stempelte Ed. Wüsthof Besteckmesser überwiegend mit der Bildmarke von 2 gekreuzten Pfeilen, Obstmesser hatten nur eine Markierung STAHLBRONCE in einer Umrandung - jedoch zeigt ein Musterbuch aus 1895 nur 2 Obstmessermodelle mit "Steakmesser-ähnlichen" Klingen (und nicht mit den Griffen der in diesem thread vorgstellten Messer) - alle anderen Obstemesser haben eine mittelspitze Klinge.

1904 zeigt ein Musterbuch von Ed. Wüsthof exakt das hier vorgestellte Obstmesser mit Artikel-Nummer 4770:
der Griff wird als Perlmutt beschrieben, die Klingenmarkierung zeigt die Bildmarke des Dreizack neben der 2-zeiligen Markierung STAHL- BRONCE.
Zur selben Zeit bietet Ed. Wüsthof bereits Obstmesser mit Klingen aus "REIN-NICKEL" an, diese verdrängen offenar schnell die Ausführungen aus STAHL-BRONCE.
1922 zeigt ein Musterbuch von Ed. Wüsthof nur noch wenige Obstmesser mit Klingen aus STAHL-BRONCE, auch das hier vorgestellte Modell gehört 1922 nicht mehr zum Lieferprogramm.

Ab den 1930er Jahren werden von Ed.Wüsthof auch Obstmessermit Klingen aus rostfreiem Stahl angeboten.

Grüße
cut
 
Herzlichen Dank an alle für die schnellen und aussagekräftigen Ausführungen!

Ich schlussfolgere, dass die älteren Messer aus der Zeit zwischen 1985 und 1904 stammen müssten, die neueren wahrscheinlich aus der Zeit zwischen 1904 und 1922. Infos reichen mir. Vielen Dank!

Von einem der sechs Messer ist der Griff großflächig abgesplittert. Die Bruchstelle zeit, dass es sich offenbar tatsächlich um massives Perlmutt handelt.
 
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