Messerbastelgeschichten - mal einfach so, mal dann doch anders .....

xtorsten

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manchmal sind die Sachen ziemlich einfach beim Messermachen - man hat eine Idee, das Material im Kopf zusammen, fängt an und es läuft.
So wie hier bisher (und hoffentlich auch weiter;)):
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Das Messer unten ist ewig alt. Schon damals (noch mit Feile und ohne Bandschleifer oder Standbohrmaschine) bin ich gut vorangekommen. Peter Abel hat mir ein Dreierset (dies ist das letzte der drei) gehärtet. Material war der damals übliche Einsteigerstahl 1.2842 und ich war schon ziemlich stolz wie Bolle, wie schön dünn, schneidfeudig und sauig scharf das kleine Messerchen war - und ist. Holz hatte ich ehedem von bladesandmore und Dhan sagte mir damals, wie schwierig es doch sei. richtig tiefschwarzes Ebenholz zu bekommen. Ich hab dann das eh schon nicht dicke Stück nochmal in der Mitte aufgeschnitten, um zwei recht dünne Schalen draus zu schneiden.

Nur eben ein bisschen zu kurz das Messer, inzwischen in die Jahre gekommen - aber die Form hat für mich immer noch Charme und es wird Zeit für ein größeres sozusagen Schwester-Messer. Nur anderer Stahl bitte (der 1.2842 verliert draußen dann doch zeitig seine Schärfe und man bekommt ja zurzeit viele Stähle in verschiedensten Abmessungen zu guten Preisen).
Ich habe mich für einen 1.2562 entschieden. Man könnte noch alles mögliche andere nehmen, aber ich finde, der Stahl passt zu dem Projekt. Es gibt Feineres, allerdings verfügt der Stahl über eine sehr gute Kantenstabilität und lässt sich dünn ausschleifen - sofern man keinen groben Blödsinn, ist das ein cooles Zeug.
Und ich habe auch noch das letzte Schalenpaar aus dem Ebenholzblock gefunden von damals. Super Sache - und sofern beim Härten nix schief läuft, müsste das zeitig was werden.

Oder ich so einen unsagbaren Blödsinn mache, wie bei der folgenden Pettyklinge, wo ich nach der Härtung so klasse fand, dass man die 65HRC+ Klinge aus 1m in den Holzfußboden fallen lassen kann und das nagelgängige Ding sogar noch richtig ordentlich seitlich flext - das wollte ich unbedingt fotografieren und weil mans aus dem Winkel nicht soo gut sehen konnte, habe ich ein bisschen mehr gedrückt....
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und da läuft's dann schlagartig nicht mehr - so gar nicht mehr und man kann nur noch eine grobe Resterettung machen:
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Mal so, mal anders eben ;)

...also mal hoffen, dass ich das Projekt mal ordentlich zu Ende bringe.
 
Und manche Projekte laufen sowieso eher schleppend.

Das ging mir mit folgendem Design so:
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das Design hat mich unerwarteterweise 'voll abgeholt', wie man so heute zu dagen pflegt.
Ich musste so ein Teil haben (auch wenn der Stahl kacke klang) und habe es bestellt. Der Stahl ist wirklich nicht der Bringer und ergonomisch finde ich es auch nihct sonderlich. Zu kruzer Griff für meinen Geshcmack in Verbindung mit der Griffform. Revers gegriffen nervt mich die kantige Gestaltung des Griffendes hinten.
Also mal ein bisschen mit der Form gespielt und parallel was kleines aus 1.2419 und was größeres aus TNT gebastelt.

Das kleine machte ertsmal einen guten Weg, fand ich:
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...bis ich es dann durch eine wirklich sehr fortgeschritten fixe Idee dann doch ziemlich diletantisch verkitscht versaut habe:
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Hätte ich die Klinge einfach schwarz gelassen und schlicht ein paar einfache G10-Pins da reingesetzt, wäre es optisch um Welten besser geworden. Aber ein feiner Userist es immerhin trotzdem.

Das Zweite nahm einen besseren Verlauf von Anfang an:
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Die Härtung lief gut und das Ergebnis kann sich auch sehen lassen - ich habs ja schonmal gezeigt hier:
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ergonomisch gut, feine Schneide, cooler Stahl - ein interessantes und gutes Messer. Aber schon auch von der Größe eine wuchtige Klinge. Und in ein paar Details will ich das nochmal anders haben. Insgesamt auch nicht so ein Schwung. Letzten Endes folgt die Form aber der Funktion, das geht nunmal nicht anders - auch wenn die Ästhetik dann leidet oder deutlich andere Formen annimmt. Nachher sieht man oft gar nicht, was man da noch mal alles (und wenn nur ein kleines bisschen) geändert hat oder wie man vom Material oder der Form gestruggelt hat. Bei dem roten Messer oben war eigentlich zwischendrin schon Grenadill als Schalenmaterial gesetzt und ich wolllte Bohrungen durch die Schalen machen, wie beim Waxahachie-Original.

...wie schon gesagt, ich war noch nicht zufrieden damit und habe die Form (in nun schon deutlicher Abwandlung) doch noch einmal in einigen Punkte aufgegriffen. Also Schablone gemacht und diesmal 1.2419.05 als Stahl auserkoren (den hatte ich noch nicht verbaut und genutzt - die Neugier ist groß):
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auch da - so viel kann ich schon sagen - habe ich inzwischen einige Änderungen gemacht und bin weiter gekommen. Aber dazu morgen dann mehr.
...es gibt eben Projekte, da macht und tut man, überlegt sich was, wirft es wieder über den Haufen und das Ganze zieht sich einfach. Und dann besser man doch nochmal nach.
 
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Inzwischen bin ich schon mal da angekommen - ich war mäßig zufrieden. Plumpe Form irgendwie noch. Die ausgeprägte Schleiferkerbe hat mich schon Zrit und Nerven gekostet und zwischendurch dachte ich, ich hätte es bereits unrettbar versaut. Ich wollte von der kleinen, halbrunden Kerbe weg, denn dadurch tritt optisch immer die einfache Flachstahlkonstruktion hervor.

Mal sehen, ob diese Variante am Ende besser wirkt - aber vlt. ist das auch eine dieser Detailsachen, die nur ich in erster Linie sehe.

Aber auch in der Draufsicht bin ich (noch) nicht glücklich:
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Das ist ein ganz schön dicker Klopper für so eine Klingenlänge (80-85mm Schneide). Als Jagdmesser vlt. manchmal nicht schlecht, aber sowas baue ich an sich nicht - das gibt's Zuhauf als Fertigmesser.
Der Übergang zum Anschliff am Ricasso war bei der Kontrolle dann auch nicht ordentlich genug auf einer Seite.

....an sich also fast fertig, aber ich wollte nochmal ran.

Das Ricasso also nochmal in den Fokus:
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Schon besser.

Die Schneiflanken vor allem am Rücken (die Schneidkante war ja unten schon in Ordnung mit rund 0,4mm Stärke) mit einer Mühlsägenfeile wieder ordentlich verkratzt. Und die Rückenlinie auch nochmal nach geschliffen/ zurückgesetzt, sodass der ausgeprägte Buckel weitest gehend verschwunden ist.
Resultat auf jeden Fall eine deutlich harmonischere Verjüngung der Klinge zur Spitze - immer noch sehr robust, aber es ist ein Messer und kein Donnerkeil mehr:
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Und weiter auch due Griffhöhe am Übergang zum Fingerstop etwas reduziert. Natürlich muss dann auch alle Bearbeitungsspuren von Neuem wieder beseitigt werden (nicht nur Kratzer, sondern auch Dellen), damit das dann hübsch aussieht:
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...da sind dann Ruck-Zuck zwei, drei weitere Stunden in der Werkstatt weg .

Am Ende des Tages dann noch ein bisschen Erllöcher und Griffmaterial - also Qual der Wahl - gespielt:
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Oder doch statt drei Pins und vier Löcher anders herum?
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...dabei habe ich die Micarta-Schublade noch gar nicht durchgeschaut.

Auf jeden Fall sieht die ganze Klinge so schon harmonischer aus von Schwung. Vorne am Hechtsäbelansatz muss ich nochmal gucken, ob das nicht noch etwas spitzer und schlanker werden sollte.

Wahrscheinlich wird es keins der obigen Griffmaterialien, sondern ein anderes, hartes und dichtes Holz und drei Löcher mit vier Pins - noch bin ich allerdings nicht 100%ig sicher.

Wie schon zu Beginn dieser Projektvorstellung geschrieben: dieses Ding zieht sich irgendwie (und ich hoffe inständig, dass das ein richtig gutes Ende nimmt und kein Projekt der Verschlimmbesserung ;))

By the way: über die großen Löcher im Erl (und dann auch im Griffmaterial) kann man ästhetisch denken was man will - von der Gewichtsverteilung wird sich das merklich harmonisierend auf das Handling auswirken bei dem rund 3,5mm starken Stahlstück.
Insofern nimmt mir hier die Funktionalität die ästehtische Entscheidung ab.
 
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Eine interessante und spannende Lektüre deiner Gedanken zur Entstehungsgeschichte einiger Messer. Ehrenrunden inklusive. Danke für die Dokumentation! Und hoffentlich ein abschließendes Gelingen nach deinen Vorstellungen. Wobei sich die Vorstellungen im Laufe eines Prozesses durchaus ändern dürfen, auf das passende Endergebnis kommt es an. Da bist du mit dem „roten Micarta-Bowie“ schon mal optisch dicht dran, so aus meiner Sicht.
Mein unmittelbarer Gedanke: Gut, dass ich nur Messer nutze und nicht selbst baue!!! Daher gilt meine Hochachtung all den Messermachern, die sich das zutrauen und machen.

Übrigens „Verschönern und Verschlimmbessern“: Eine ganze Branche lebt davon und manche müssen mit den Ergebnissen leben - nennt sich Schönheitschirurgie! Bei einem Messer ist ein Fehlgriff doch verkraftbar.

Abu
 
Danke für die Rückmeldungen und Abu: die von Dir genannte Branche hatte ich nun nicht sofort im Kopf ;) ...da ist das bisschen Messerbastelei ja schon richtig harmlos gegen :)

ich erzähle mal ein bisschen weiter: ich habe zum einen Geld versenkt heute (Schleifband für Handschleifen in Korn 150 war alle, Bohrer in 14 und 16mm wollte ich für den Erl haben, ein neuer Senker war fällig und ich wollte für die Pins Kohlefaser schwarz in 3 und 4mm haben). Zack - 150€ weg!
...Messermachen frisst dann doch auch Geld, wenn man spezielle Sachen machen möchte (große Löcher bohren ist nicht billig) und wenn man nicht mehr einzelne Schleifmittelbögen fragwürdiger Qualität aus dem Baumarkt zu Hause dann mühsam in Streifen schneiden möchte.
So eine 50m Rolle zum Abreißen - zumal Qualität von VSM oder so - ist einfach eine saupraktische Sache, wenn man das häufiger macht.

kurz und knapp: dann habe ich die Spitze nochmal überarbeitet, gebohrt und bisschen Kleinkram gemacht:
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etwas ausführlicher dann: planen, messen anreißen, körnen:
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und dann wird gebohrt von klein auf groß - 3mm, 6mm, 8mm, 12mm bzw. 14mm in der Mitte. Jede Menge Schneidöl und knapp über 0° bei mir in dem Teil der Werkstatt, wo der Bandschleifer und die Bohrmaschine steht. Trotzdem - ich wollte weiter machen.

Auf dem ersten Foto obven sieht man neben den Löchern im Erl und dem wahrscheinlichen Material für die Schalen - Eisenholz - auch die leicht überarbeitete Spitze. Etwas weiter nach hinten gezogen der Hechtschnabel und die Rückenlinie vorne noch einmal leicht weiter nach unten gezogen. Eher Feinschliff, aber für mich jetzt nochmal etwas harmonischer. So bleibt es! Und im Detail wird natürlich geschliffen und vor dem Härten soweit alles fertig gemacht, was sich im harten Zustand nur sehr schlecht erreichen lässt. Dabei dann sollten die Kanten auch Kanten bleiben und alle Rundungen einen gleichmäßgen Schwung ohne Dellen oder so bekommen:
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Schluss für heute und demnächst dann gehts ans Härten dieser und der 1.2562 Klinge.

....so long (y)
 
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Danke, für deinen Bericht aus dem Alltag eines Messermachers, Torsten. Ich bin froh, dass es mir nicht alleine so geht. "Freud und Leid" liegen beim Messermachen eng beieinander. Aber selbst wenn man denkt, dass ein Projekt völlig "vergeigt" ist, ist es um so schöner, wenn man dann doch noch einen Weg gefunden hat ein brauchbares Ergebnis zu erzielen. Für mich macht es den Reiz beim Messermachen aus, sich immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen, auch wenn die Ergebnisse nicht immer gleich gut ausfallen. :D::

Gruß
Matthias
 
Guten Abend zusammen!

Heutiges Geplauder: fixe Ideen bzw.: das muss doch irgendwie noch gehen!

Teil 1 begann gestern: Härten der beiden Klingen. Die stabilere aus 1.2419.05 für 8min bei 820°C in den Ofen und dann ab ins handwarme Pflanzenöl für 30s. Die Klinge kam pfeilgerade aus dem Bad und wanderte direkt in die Tiefkühltruhe zum möglichts vollständigen Umwandeln.

Dann die dünne Klinge aus 1.2562. Dünn ist immer beim Härten eine vage Sache. Das wenige Material zieht sich gerne in eine Richtigung - vor allem, wenn noch Spannungen im Material sind. Z.B. von der Schlagschere. Und: dünn heißt auch, dass die Spitze sehr dünn ist und viel früher als der massivere Erlbereich auf Temperatur ist und ggf. überhitzt mit größerem Gefüge. Dann noch wird der 2562 als wasserhärter angegeben, was bedeutet, dass man schnell runterkühlen soll und nicht lang runbummelt vom Ofen ins Bad.
Immer gut, wenn man vorher mal Härteproben macht - der 2562 lässt sich nämlich sorgenfrei auch in Öl abschrecken und sonderlich überhitzungsempfindlich scheint er den Bruchproben mit samtigem Bruchbild bei 860° für 8min nach auch nicht zu sein (und ab 840° wird er schon richtig gut hart - Glashärte!)
....also kommt die dünne Klinge für 8min bei 845° in den Ofen und ab ins Öl - nur leider nicht gerade wieder raus:
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Und war dann auch sehr schnell von der Umwandlung, sodass direktes Richten nicht mehr funktionierte. Also auch ab in den Froster und heute dann beide Klingen erstmal bei 180-190° 2x1h angelassen.

Zum Richten dann war ich ob der hohen Härte (die Feile rutschte einwandfrei über alle Teile der Klinge) etwas skeptisch und nun kommt die fixe Idee ins Spiel: Glühen mit dem Brenner des Erlbereich, um hier partiell die Sprödogkeit rauszunehmen - der vordere Teil des Erls bereits fest im kalten Schraubstock um den Wärmeübergang zur Klinge zu verhindern:
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Die eigentliche Klinge blieb tatsächlich kalt (und die Feile rutscht immer noch) und nach einigen vielen Schlägen mit dem Richthammer ist die Klinge nun wieder soweit gerade, das es weiter gehen kann:
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Teil 2: Energie- bzw. Materialsparen.

Grundsätzlich zeigt die Erfahrung, dass man da gerne auch alles versauen kann. Wenn das Stück knapp bemessen ist, tut man gut daran, eine ordentliche Klinge zu machen statt zwei, die dann beide zu klein sind.

Ärgerlich immer, wenn an sich doch zwei vollwertige Klingen aufgezeichnet werden können. Nur kann man so knapp dann nicht schneiden in der Regel. Bei 5mm Blechstärke kommt man mit einer Laubsäge nicht gut voran ( und die läuft auch gerne mal aus der Spur), mit ner PUK kommt man nicht weit genug rein und Löcher bohren bedeutet locker 2mm Verlust.

Ich hab's dann heute mal mit dem Dremel und einer (bzw. eher so 5-6) superdünnen Trennscheiben für den kritischen Bereich probiert:
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definitiv nix für ganze Klingen, aber da ich nur das eine Stück A2 (1.2363) hier habe, war es das wert am Ende:
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Manchmal klappt's dann doch - und zwei Reststücke für Härteproben sind auch noch abgefallen. Kein schlechter Tag beim Basteln ;)
 
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