pebe
Premium Mitglied
- Beiträge
- 6.481
Mongin Navette - Nobel Victorinox aus Frankreich
Ein Victorinox habe ich, seitdem ich denken kann. Als Mini am Schlüsselbund, 3 Pioneer X Zuhause und im Büro und ein Swisstool im Auto.
Weil. Meine Vics sind die Klingen für den Notfall. Und. Ganz wichtig. Die mit Schere.
Denn. Die Schere am Vic benutze ich faktisch ungleich häufiger als die Klinge. Weil ich zum Schneiden meistens ein „richtiges“ Messer in Greifnähe habe. Dies gilt nicht nur für unterwegs, aber dort wird es um so bedeutsamer.
Wollte ich also ein gscheites Messer plus Schere dabei haben, musste ich bislang zwei Messer einstecken.
Am liebsten wäre mir ja ein Pioneer X mit gut 8,5 cm Klingelänge, alles andere angepasst und dann noch mit Titanschalen.
Kann man sich vermutlich irgendwo machen lassen - wenn man eine Rolex zum Eintauschen oder einen Dukatenesel mit Durchfall hat.
Aber von vorne.
Im Jahr 1956 von Jacques Mongin gegründet, wurde dieser von Charles de Gaulle 1965 mit dem Titel Meilleur Ouvrier de France, Handwerker des Jahres, geehrt. Eine Auszeichnung für die Besten der Besten.
Bei Mongin wurden zuweilen auch besonders wertige Teile für andere Messerhersteller hergestellt oder gleich komplette Messer mit Namen einer Luxusmarke - Hermès, Paris ist davon vermutlich die bekannteste.
Vor einigen jahren ging der Meister in den Ruhestand und Schwiegersohn Daniel Margeaux hatte die Werkstatt übernommen, auch dessen Frau Maryline Mongin arbeitete mit.
Die traurige Nachricht. Mongin befindet sich seit dem 7. April 2025 in Liquidation und wenn nicht ein Wunder geschieht, ist es damit mit der originären Werkstatt für immer vorbei.
Mongin war und ist ist weithin bekannt für seine exquisiten Essbestecke und Klappmesser. Eine Geschichte, wie sie uns von Atelier Perceval bekannt vorkommen sollte.
Eine Besonderheit deren Klappmesser ist die Verwendung eines Ringverschlusses. Die Funktionsweise ist ähnlich wie bei einem Backlock, eine Feder im Rücken ankert in der Klinge, wird aber hier durch Ziehen nach oben mittels einem Ring gelöst.
Ich war mir lange unschlüssig, ob ich mit solch einem Ring klarkommen würde und ob die Qualität der Ausführung zum Anspruch passt. Hierzu später.
Weil. Es gibt auch Cran Forcé Modelle, die mit der soliden Rückenplatine schon optisch ein Leckerbissen sind.
Allein. Mongin fertigt leider Cran Forcé nur mit max. 2 Klingen bzw. Werkzeugen.
Da der Korkenzieher von Mongin aus meiner Sicht selbst geschlossen so ziemlich der schönste seiner Art ist, konnte und wollte ich nicht auf dieses Werkzeug verzichten.
Auch war meine Überschrift eher Genusswerkzeug mit Schere, insofern waren die Varianten entweder den Korkenzieher und schon gar nicht die Schere, um die es letztlich ja ging, wegzulassen keine Option.
C'est con, mais c'est comme ça, würde @virgil vermutlich schreiben oder kurz - leider saublöd.
Here we go.
Der Name Navette bedeutet u.a. Schiffchen, wobei mich persönlich diese Form eher an eine ungeschnittene Robusto Zigarre von Cohiba erinnert. 😆
Nun gut, mit Bezug zu einem Luftschiff, wie dem Zeppelin oder vielleicht passender, dem Schiffchen der Weber, passt der Name dann doch.
Jedenfalls. Das große Navette hat imposante 13,2 cm Aussenmaße und wiegt dabei 137g!
Die hochglanzpolierte Klinge aus Z40Cr13 Stahl ist gemessene 9,6 cm lang und 23mm hoch - ein sattes Blatt. Bei den übrigen Werkzeugen muss ich stahltechnisch passen, die Hompage ist nicht mehr erreichbar.
Der Korpus der Navette, also der eigentliche Zeppelin, besteht aus Büffelhorn. Und. Es sind keine Halbschalen, sonder das Horn ist in einem Stück mit ausgefrästem Platz für die Werkzeuge. Integralbauweise!
Es gibt im Inneren folgerichtig keine Liner. Lediglich ein zartes wie kurzes Trennblech zwischen Klinge und Schere.
Büffel am Stück. Selten wie extravagant. Ganz hervorragend!
Der Stahl ist meines Wissens ursprünglich aus Russland, am ehesten vergleichbar mit einem 420 C und bei der allgemein bei Mongin vermuteten sauberen Wärmebehandlung, ein unkomplizierter Allrounder der den angedachten Aufgaben gewachsen ist.
Es gibt einen filigranen und perfekt gearbeiteten Klingenheber, der oben klingenbündig abschliesst und seitlich in der Swede liegend, dadurch nicht über die Klinkenflanke hinaus ragt. Clever.
Alles in allem ist das Navette sehr sorgfältig und genau gearbeitet. Angesichts der vielen Details und beweglichen Teile keine leichte Übung, wenn dies wie hier in Handarbeit erledigt wird und nicht wie bei den schweizer Kollegen aus einer CNC Fräse fällt.
Und. Es gibt eine vernietete Schraube, mit der sich der Klingengang einstellen lässt.
Es ist ein ungewöhnliches Messer. Selbst für Burgherren mit Spleen.
Die Ringmechanik funktioniert ausgezeichnet, der Lock sichert bombenfes, kein Spiel und kein Klappern. Entsprechend kräftig muss man an dem Ring ziehen und angesichts der großen und scharfen Klinge, habe ich das erste Mal über den möglichen Sinn einer dritten Hand nachgedacht.
Jedenfalls. Für den angedachten Zweck, eine größere Schere nebst Klinge im Hosensack zu haben, ist es mir am Ende doch zu groß und mit dem Ring sowohl zu sperrig im Platzbedarf als auch im Handling.
Andererseits, mit Hirschhorn und Säge bestückt, war es bekundet das Lieblingsmesser von Ernest Hemmingway - nicht nur Schriftsteller, sondern auch passioniert Großwildjäger. Die feine, präzise Machart von Mongin steht etwas im Gegensatz zur sinnvollen rustikalen Umgebung - könnte man schreiben.
Wie auch immer. Es ist ein Zeitzeuge einer aussterbenden Handwerkskunst und in dieser Bauweise dann eben doch auch ein ganz Besonderer.
Allerdings mag ich kein Messer unbenutzt mangels fehlendem Einsatzgebiet darben lassen.
Noch ist es gänzlich unbenutzt, aber ich überlege, es griffbereit ins Regal zu legen, wo bislang das beste aller Taschenmesser, der Hartkopf Vierteiler, als Haushaltshilfe fungiert.
Die Schere wäre ein echter Zugewinn und viel ausgesuchter kann ein Messer für diese Aufgabe fast nicht sein.
Euch allen ein letztes hochsommerliches Wochenende für dieses Jahr.
grüsse, pebe
Ein Victorinox habe ich, seitdem ich denken kann. Als Mini am Schlüsselbund, 3 Pioneer X Zuhause und im Büro und ein Swisstool im Auto.
Weil. Meine Vics sind die Klingen für den Notfall. Und. Ganz wichtig. Die mit Schere.
Denn. Die Schere am Vic benutze ich faktisch ungleich häufiger als die Klinge. Weil ich zum Schneiden meistens ein „richtiges“ Messer in Greifnähe habe. Dies gilt nicht nur für unterwegs, aber dort wird es um so bedeutsamer.
Wollte ich also ein gscheites Messer plus Schere dabei haben, musste ich bislang zwei Messer einstecken.
Am liebsten wäre mir ja ein Pioneer X mit gut 8,5 cm Klingelänge, alles andere angepasst und dann noch mit Titanschalen.
Kann man sich vermutlich irgendwo machen lassen - wenn man eine Rolex zum Eintauschen oder einen Dukatenesel mit Durchfall hat.
Aber von vorne.
Im Jahr 1956 von Jacques Mongin gegründet, wurde dieser von Charles de Gaulle 1965 mit dem Titel Meilleur Ouvrier de France, Handwerker des Jahres, geehrt. Eine Auszeichnung für die Besten der Besten.
Bei Mongin wurden zuweilen auch besonders wertige Teile für andere Messerhersteller hergestellt oder gleich komplette Messer mit Namen einer Luxusmarke - Hermès, Paris ist davon vermutlich die bekannteste.
Vor einigen jahren ging der Meister in den Ruhestand und Schwiegersohn Daniel Margeaux hatte die Werkstatt übernommen, auch dessen Frau Maryline Mongin arbeitete mit.
Die traurige Nachricht. Mongin befindet sich seit dem 7. April 2025 in Liquidation und wenn nicht ein Wunder geschieht, ist es damit mit der originären Werkstatt für immer vorbei.
Mongin war und ist ist weithin bekannt für seine exquisiten Essbestecke und Klappmesser. Eine Geschichte, wie sie uns von Atelier Perceval bekannt vorkommen sollte.
Eine Besonderheit deren Klappmesser ist die Verwendung eines Ringverschlusses. Die Funktionsweise ist ähnlich wie bei einem Backlock, eine Feder im Rücken ankert in der Klinge, wird aber hier durch Ziehen nach oben mittels einem Ring gelöst.
Ich war mir lange unschlüssig, ob ich mit solch einem Ring klarkommen würde und ob die Qualität der Ausführung zum Anspruch passt. Hierzu später.
Weil. Es gibt auch Cran Forcé Modelle, die mit der soliden Rückenplatine schon optisch ein Leckerbissen sind.
Allein. Mongin fertigt leider Cran Forcé nur mit max. 2 Klingen bzw. Werkzeugen.
Da der Korkenzieher von Mongin aus meiner Sicht selbst geschlossen so ziemlich der schönste seiner Art ist, konnte und wollte ich nicht auf dieses Werkzeug verzichten.
Auch war meine Überschrift eher Genusswerkzeug mit Schere, insofern waren die Varianten entweder den Korkenzieher und schon gar nicht die Schere, um die es letztlich ja ging, wegzulassen keine Option.
C'est con, mais c'est comme ça, würde @virgil vermutlich schreiben oder kurz - leider saublöd.
Here we go.
Der Name Navette bedeutet u.a. Schiffchen, wobei mich persönlich diese Form eher an eine ungeschnittene Robusto Zigarre von Cohiba erinnert. 😆
Nun gut, mit Bezug zu einem Luftschiff, wie dem Zeppelin oder vielleicht passender, dem Schiffchen der Weber, passt der Name dann doch.
Jedenfalls. Das große Navette hat imposante 13,2 cm Aussenmaße und wiegt dabei 137g!
Die hochglanzpolierte Klinge aus Z40Cr13 Stahl ist gemessene 9,6 cm lang und 23mm hoch - ein sattes Blatt. Bei den übrigen Werkzeugen muss ich stahltechnisch passen, die Hompage ist nicht mehr erreichbar.
Der Korpus der Navette, also der eigentliche Zeppelin, besteht aus Büffelhorn. Und. Es sind keine Halbschalen, sonder das Horn ist in einem Stück mit ausgefrästem Platz für die Werkzeuge. Integralbauweise!
Es gibt im Inneren folgerichtig keine Liner. Lediglich ein zartes wie kurzes Trennblech zwischen Klinge und Schere.
Büffel am Stück. Selten wie extravagant. Ganz hervorragend!
Der Stahl ist meines Wissens ursprünglich aus Russland, am ehesten vergleichbar mit einem 420 C und bei der allgemein bei Mongin vermuteten sauberen Wärmebehandlung, ein unkomplizierter Allrounder der den angedachten Aufgaben gewachsen ist.
Es gibt einen filigranen und perfekt gearbeiteten Klingenheber, der oben klingenbündig abschliesst und seitlich in der Swede liegend, dadurch nicht über die Klinkenflanke hinaus ragt. Clever.
Alles in allem ist das Navette sehr sorgfältig und genau gearbeitet. Angesichts der vielen Details und beweglichen Teile keine leichte Übung, wenn dies wie hier in Handarbeit erledigt wird und nicht wie bei den schweizer Kollegen aus einer CNC Fräse fällt.
Und. Es gibt eine vernietete Schraube, mit der sich der Klingengang einstellen lässt.
Es ist ein ungewöhnliches Messer. Selbst für Burgherren mit Spleen.
Die Ringmechanik funktioniert ausgezeichnet, der Lock sichert bombenfes, kein Spiel und kein Klappern. Entsprechend kräftig muss man an dem Ring ziehen und angesichts der großen und scharfen Klinge, habe ich das erste Mal über den möglichen Sinn einer dritten Hand nachgedacht.
Jedenfalls. Für den angedachten Zweck, eine größere Schere nebst Klinge im Hosensack zu haben, ist es mir am Ende doch zu groß und mit dem Ring sowohl zu sperrig im Platzbedarf als auch im Handling.
Andererseits, mit Hirschhorn und Säge bestückt, war es bekundet das Lieblingsmesser von Ernest Hemmingway - nicht nur Schriftsteller, sondern auch passioniert Großwildjäger. Die feine, präzise Machart von Mongin steht etwas im Gegensatz zur sinnvollen rustikalen Umgebung - könnte man schreiben.
Wie auch immer. Es ist ein Zeitzeuge einer aussterbenden Handwerkskunst und in dieser Bauweise dann eben doch auch ein ganz Besonderer.
Allerdings mag ich kein Messer unbenutzt mangels fehlendem Einsatzgebiet darben lassen.
Noch ist es gänzlich unbenutzt, aber ich überlege, es griffbereit ins Regal zu legen, wo bislang das beste aller Taschenmesser, der Hartkopf Vierteiler, als Haushaltshilfe fungiert.
Die Schere wäre ein echter Zugewinn und viel ausgesuchter kann ein Messer für diese Aufgabe fast nicht sein.
Euch allen ein letztes hochsommerliches Wochenende für dieses Jahr.
grüsse, pebe
Zuletzt bearbeitet: