fuchs
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Messerrecherche zu „Risse + Wilke“
Einer der Kumpels vom Messerstammtisch Rheinland verfügte schon länger über ein Klappmesser von unbestimmbarer Herkunft. Er verkaufte mir das Stück kürzlich zu einem sehr moderaten Preis, der das Risiko, hier Schrott erwerben, minimierte – zumal das Messer keinen schlechten Eindruck machte.
Seine Informationen dazu waren äußerst spärlich: „irgendwo günstig geschossen, wahrscheinlich ein Prototyp, der nie in Serie gegangen ist, der Schließmechanismus findet sich so ähnlich auch bei Harley Davidson/United Cutlery wieder…“
Das Messer ist ein mittelgroßes Klappmesser von weitgehend konventioneller Konstruktion, das aber doch einige Besonderheiten aufweist. Auf der Klinge steht „Risse + Wilke“, am Klingenfuß „Solingen Germany, ©2000“. Niemand der Messerfreunde hat diese Namen jemals in Verbindung mit Solinger Herstellern gehört.
Auffällig ist das Gewicht von 175g – bei den Maßen erstaunlich:
Länge geschlossen – 11,6 cm
Länge geöffnet – 19,7 cm
Klingenlänge – 8,4 cm
Droppoint-Klinge mit angedeuteter false edge über den gesamten Klingenrücken, großzügig dimensioniert mit 3,5 mm. Das Messer ist aluminiumgrau, Griff und Klinge perlgestrahlt.
Als Öffnungshilfe dient eine ovale geriffelte Scheibe, die auf dem Klingenrücken nicht verschraubt, sondern aufwendig in eine Nut eingelassen, so dass sie bündig oben abschließt. Die Klinge war nicht allzu scharf. Der Versuch nachzuschärfen, brachte nicht viel, weil einerseits der Anschliffwinkel zu stumpf war und andererseits der Klingenstahl recht hart und zäh wirkt.
Das Messer ist ausgesprochen robust gebaut. Der Griff besteht aus zwei Stahlplatinen von 3 mm Dicke, darunter auf jeder Seite eine 1 mm dicke innere Platine, die auf der rechten Seite als Liner fungiert, der bündig mit dem Griff abschließt, breiter Clip rechts, nicht umsetzbar, tip up-Trageweise.
Um das Messer trotzdem bequem schließen zu können, ist die linke Griffseite mit einer runden Daumentaste versehen, die auf einem federnden Ausschnitt der inneren Platine sitzt. Auf der Taste ist ein stilisiertes Wappen ohne Aufschrift. Drückt man darauf, bewegt sich ein kleiner Stempel von 4 mm Länge auf den Liner und drückt diesen nach rechts – das Messer ist entriegelt. Zwar ist so ein einhändiges Schließen nicht möglich, aber die Konstruktion macht das Messer vollkommen unempfindlich gegen unbeabsichtigtes Schließen durch zu festen Druck auf die Griffschalen – ein Versagen beim white knuckle Test ist unmöglich.
Der Liner ist nicht all zu dick, aber ausreichend – ca. 1,5 mm -, das Linermaterial wirkt äußerst stabil, der Liner sitzt ideal im vorderen Viertel der Klinke – spine wack 100% bestanden.
Die Griffschalen sind auf 3 Abstandshalter aus Stahl montiert, die liebevoll gecheckert sind. Interessant ist, dass sie auf beiden Seiten mit Triwing-Schrauben (!) befestigt sind. Die Achsschraube ist ein Inbus.
Das Messer ist überdurchschnittlich gut verarbeitet, Klingenspiel gleich Null. Es ist nicht möglich, die Griffschalen spürbar selbst mit zwei Händen durchzudrücken, sie federn kein bisschen nach innen.
Alles in allem ein interessantes Stück von dubioser Herkunft, durchaus aufwendig gefertigt, aber ganz offensichtlich kein Custom, eher ein Serienprodukt, gebaut für die Ewigkeit – billig war das nicht. Aber unter diesem Namen kam niemals ein Messer auf den Markt. Also eventuell eine Kleinserie für einen privaten Auftraggeber?
Eine Internetrecherche ergab weltweit nur einen einzigen Treffer zu „Risse + Wilke“: ein Iserlohner Kaltstahlwalzwerk.
Meine Mail zum Messer wurde netterweise postwendend beantwortet: In der Tat habe man vor fünf Jahren ein solches Messer als Werbegeschenk fertigen lassen und zwar bei Eickhorn in Solingen. Damit war das Rätsel schon fast gelöst.
Im Moment läuft meine Anfrage an Eickhorn über Stückzahl, Material etc. – Fortsetzung folgt.
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