Nachmittagsmesser - Wie viel Zeit benötigt man für ein einfaches Messer?

hippi

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Hallo zusammen,

immer wieder höre ich, wie schnell andere Messermacher ihr gutes Stück fertigstellen.
Bei mir dauert es immer Ewigkeiten. Alleine das Finish (80er, 120er ... 400er), Härten, wieder schleifen ....

Jetzt wollte ich einfach mal ausprobieren, wie ein Messer aussieht, für welches ich nur einem Nachmittag Zeit habe.

Ausgangsmaterial war eine Autofeder.
Um schneller zu sein, habe ich mit dem Bandschleifer (250er) gefinisht. Den Fehler auf der linken Klingenseite (kein durchgängiges Schriftbild) bekam ich mit dem Bandschleifer nicht mehr heraus. Irgendwann hatte ich Angst zu verschlimmbessern und habe es gelassen.
Beim Schärfen wurde der Anfang mit dem Schleifstein gemacht (sehr vorsichtig, ständig in Eiswasser getaucht) und der Rest mit einem Lansky-set. Hier habe ich der Klinge vielleicht ein wenig Härte genommen.
Zeit für einen Griff aus Holz war natürlich nicht vorhanden. Aber das war von Anfang an klar.

Die Lederscheide wurde am nächsten Tag genäht. Ich hätte die Maße für ein Schnittmuster vorm Anlassen nehmen sollen, dann wäre auch die Scheide am selben Tag fertig geworden.

Habt ihr irgendwelche Tricks um den Ablauf zu beschleunigen?
Für Tipps und Hinweise bin ich immer dankbar!

Grüße
Oliver

P1030960.jpg P1030961.jpg P1030962.jpg P1030963.jpg
 
Hallo Oliver -
schöner Ansatz!
Kurz ein paar Tips zum Nachmittegamesser:
- Form: Die ist gut für schnelle Messer. Ich würde das nächste Mal etwas mehr Ricasso stehen lassen.
Sauber Ausschmieden spart viel Schleifarbeit am Griff und an der Klinge!
- Schliff: Nur noch die Klingenform und die Klingenflanken schleifen.
Die Qualität der Bänder trägt entscheidend zum schnellen und sauberen Arbeiten bei.
Wenn Du mit einem 60er Cubitron II von 3M anfängst, dann mit einem 120er (Cubitron!) verfeinerst
und nach der WB mit einem Satinierband (Scotch Brite) drübergehst, bist Du ruckzuck fertig.
- Schneide: DMT Diamantsteine ist schonender als der Schleifbock und rabiat schnell wenn die Vorarbeit (Flankenschliff)
sauber gemacht wurde.
- Griff: Vor der WB noch vorn und hinten am Griff eine Bohrung setzen für die Griffwicklung - Leder, Paracord, ...
- Die Scheide aus einem Stück falten - spart die halbe Nahtstrecke und dem halben Keder.
Das git ein einfaches rustikales Messer mit Charakter ohne "quick and dirty" zu wirken.
Herzliche Grüße aus Stuttgart,
Jost
 
...
Habt ihr irgendwelche Tricks um den Ablauf zu beschleunigen?
Für Tipps und Hinweise bin ich immer dankbar!
Nimm ein HSS-Kreissägeblatt, meist ist es M4/1.3343/44, schleife es mit Zwischenkühlung an, schärfen, fertig, Härten schon mal gespart. Kann direkt beim Finish weitergehen... Wenn es so ein Messer werden soll, wie auf dem Bild, scheint es auszureichen. Aber für anspruchsvollere Messer, ist das wohl eher suboptimal.

Im Ernst:
Warum soll man sich ein knappes Zeitlimit setzen ? Nur zum Spaß, dann wäre es in Ordnung, kann man mal machen.
Aber um Arbeitsschritte zu verbessern, einzusparen oder seine Arbeitstechnik insgesamt zu optimieren, sollte man besser vorher überlegen, wie man was macht. Die Arbeitsgeschwindigkeit kommt von selbst nach einiger Übung und evtl. auch nach Fehlschlägen. Aber rein auf Geschwindigkeit zu achten, ist ganz allgenein wohl nicht der richtige Weg. Mit wenig Erfahrung schnell zu Arbeiten, ist eine üble Fehler- und auch Gefahrenquelle für einen selbst.

Nochmal: rein zum Spaß OK, aber nicht ernst- oder dauerhaft. Es dauert so lang wie es dauert. Man kann auch die WB nicht verkürzen, das muss gründlich gemacht werden. Zeit spart man mit guten Werkzeugen, Materialien und überlegten Arbeitsschritten, aber sicher nicht durch weglassen oder vereinfachen...

Es gibt auch Leute, die nehmen lieber 2min-EP anstatt 5min-EP oder Endfest300 für ihre Griffschalen, weil sie dann durch das 2min EP glauben, 3min gespart zu haben. Weil das musste ja in der Mittagspause quasi im Vorbeigehen erledigt werden... Dafür sitzen sie dann 8-10h an anderen Winzmessern um die Klinge in drei Richtungen zu satinieren... [sic!] das ist hier irgendwo sogar überliefert... :rolleyes:

Gruß Andreas
 
Vielen Dank für die Tipps!
Ich habe mich übrigens beim Messermachen nicht abgehetzt, es war einfach mal ein Spaß mit Experimentiercharakter, den ich nicht regelmäßig wiederholen werde :)

@Jost
Mir ist nicht ganz klar, was du mit "mehr Ricasso stehen lassen" meinst. Den Griff "dicker" schmieden, so dass der Übergang deutlicher herauskommt?

Welchen DMT Stein würdest du empfehlen? Grob oder ExtraGrob?

Grüße
Oliver
 
Hi Oliver -
der Griff braucht nicht dicker sein. Ich würde an der Stelle, wo der "Griffbogen" (unten Richtung Schneide) den Ansatz der Schneide 2 bis 3 mm später beginnen lassen. Der 4-kantige Teil zwischen Griff und Schneide also etwas größer ist. Das ist die Stelle, an der das Messer unter anderem in der Scheide fixiert wird.
Von den DMT habe ich schwarz, rot und grün. Wenn man danach noch aufs Leder geht (ballige Schneide), "rasierts" und ist dennoch robust.
Herzliche Grüße,
Jost
 
@Jost
Herzlichen Dank für deine Erläuterung!
Jetzt habe ich es verstanden und wieder einmal viel dazu gelernt!
Viele Grüße
Oliver
 
Sorry, aber mal ganz ehrlich: was willst Du mit dem Messer?

Die Verarbeitung ist mehr als mangelhaft, es sieht so aus, wie es ist: einfach nur "schnell schnell" mal ein Messer gemacht.

Hast Du vor, einen Rekord im Messermachen aufzustellen?

Tut mir leid, aber ich sehe keinerlei Sinn darin, mal eben an einem Nachmittag ein komplettes Messer zu machen.
Wenn man ein handwerklich gutes Produkt anfertigen will, braucht das nun mal seine Zeit.
Wenn man nur mal so auf die Schnelle was machen will, sieht es so aus, wie das hier gezeigte Messer.

Das ist bestenfalls etwas für die Werkzeugkiste, den Abfalleimer oder für die Rubrik "so sollte man es nicht machen".

Nichts für ungut

Erich
 
Sorry, aber mal ganz ehrlich: was willst Du mit dem Messer?

...Hast Du vor, einen Rekord im Messermachen aufzustellen?

Tut mir leid, aber ich sehe keinerlei Sinn darin, mal eben an einem Nachmittag ein komplettes Messer zu machen.
...

Was er damit wollte hat er doch hingeschrieben:

"immer wieder höre ich, wie schnell andere Messermacher ihr gutes Stück fertigstellen.
Bei mir dauert es immer Ewigkeiten. Alleine das Finish (80er, 120er ... 400er), Härten, wieder schleifen ....

Jetzt wollte ich einfach mal ausprobieren, wie ein Messer aussieht, für welches ich nur einem Nachmittag Zeit habe."
 
Es ist schade zu beobachten wozu der "Sammelwahn" und die "Perfekten Messer ohne den hauch eines Kratzers" geführt haben.
Ich kann nach wie vor nicht verstehen wozu ich ein Messer bauen soll, das hochglanzpoliert, ohne Kratzer und Makel ist. Für mich ist ein Messer ein Gebrauchsgegenstand, und als solches wird es auch behandelt.
Da bin ich wohl etwas eigen.

Das von hippi gezeigte Messer ist sicherlich keine Schönheit. Aber was viel wichtiger ist. Es funktioniert mit Sicherheit.
Ich würde keinen Moment zögern und das Messer zum Camping, in den Wald oder sonstwo mitnehmen.

Aber das ist nur meine Meinung, die meisten Messer die gezeigt werden darf man sowieso nur mit Samthandschuhen und im reinraum anfassen.

@Hippi

Ich finds gut, das ist ein Messer für den "harten" Einsatz :D
 
Das "schnelle" Messer gewinnt definitiv keinen Schönheitspreis - falls ich Richter bin.
Aber scharf ist es, und bisher hat es im täglichen (normalen!) Einsatz auch seine Schärfe gut behalten.

Was mich wirklich erstaunt: Das Feedback aus meinem Bekannten-/Verwandtenkreis (alles keine Messermacher) ist durchaus positiv. Meine "schönen" Messer scheinen irgendwie zu normal zu sein. Bei diesem sieht man aber die "Schmiedespuren"; so etwas hat keiner zuhause. Dank fehlender Griffschalen ist es zudem (auch mit der Scheide) superflach und leicht.
Inzwischen hat sich auch schon ein Liebhaber gefunden und den Besitzer gewechselt.

Grüße
Oliver
 
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Was mich wirklich erstaunt: Das Feedback aus meinem Bekannten-/Verwandtenkreis (alles keine Messermacher) ist durchaus positiv. Meine "schönen" Messer scheinen irgendwie zu normal zu sein.
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Hm... vielleicht schätzt man die Leute, die sich nicht wie die meisten Forumiten vorzugsweise mit der Herstellung von Messern befassen auch einfach nur falsch ein. Wenn dieses "quick and dirty" Messer in deinem Umfeld positive Rückmeldungen erzeugt, dann hat dein Umfeld evtl. einfach nur eine gesunde Einstellung oder ist auch genau das Gegenteil: von Prospekten, Katalogen oder sogar den berüchtigten Reportagen "fehlgeleitet". Irgendetwas in die Richtung vermute ich da.

Wenn sie deine anderen Messer möglicherweise zu normal einschätzen, haben sie vielleicht Scheu, sie zu benutzen und betrachten sie eher als Vitrinenstücke oder Vorzeigestücke, sozusagen "Leistungsnachweise". So ein rauhes oder grobes Finish erleichtert es, sich nicht unbedingt "zu beherrschen" oder übervorsichtig zu sein.

Das Feedback hier war ja auch nicht wirklich nur negativ, vermutlich wusste niemand so recht, was Du mit der Frage eigentlich herausfinden wolltest. Ich wusste es zumindest nicht so genau. Ich habe es auch schon erlebt, dass "messeraffine" Leute, denen man ein selbstgemachtes Messer in die Hand drückt, sich scheinbar geziert haben, es rundherum anzusehen, weil es möglicherweise nicht ihren gewohnten Maßstäben entspricht. So war wenigstens mein Eindruck auf Treffen.

Gruß Andreas
 
Es ist schade zu beobachten wozu der "Sammelwahn" und die "Perfekten Messer ohne den hauch eines Kratzers" geführt haben.
Ich kann nach wie vor nicht verstehen wozu ich ein Messer bauen soll, das hochglanzpoliert, ohne Kratzer und Makel ist. Für mich ist ein Messer ein Gebrauchsgegenstand, und als solches wird es auch behandelt.

Hmm. Messer ist für Dich ein reines Werkzeug, oder? Hmm.
Ich hab hier ne Kiste mit Werkzeug. Also echtes Werkzeug. Steckschlüsselsatz, Maulschlüssel, Ratschen - was man so hat. Als ich das gekauft habe, hatte nichts davon Kratzer, keinen Makel und alles ist schön poliert? Wo kaufst Du Dein Werkzeug?

Pitter
 
Mein Werkzeug ist nicht poliert..... Polierte Steckschlüssel gibt's bei Go On :glgl:
Ist nunmal meine Meinung, ein Messer ist für mich ein Werkzeug! Klar versucht man zum zeigen einen möglichst schönes Bild zu erzeugen, aber ich finde es falsch nur noch Augenmerk auf Kratzer und Makelfreie Optik zu legen. Dann kann ich auch aus der Fabrik kaufen.
Ich hätte Bauchweh wenn meine Messer in der Vitrine verstauben müssten.

Kann aber jeder sehen wie er will, das ist nur meine Meinung.
Ich hab halt auch den Luxus nur das zu bauen was mir Spass macht, und ich MUSS keinen Kundenkreis befriedigen. Ist sicherlich ein Unterschied.

Die Messer die ich bisher veräußert habe, waren alle optisch nicht perfekt, aber genau das fanden bisher durchweg alle "Freunde/Kunden" das entschiedenste.
 
Zuletzt bearbeitet:
Werden Kratzer und Maken jetzt schon zum Symbol für Handarbeit?

Das würde ich als "Handwerker" nämlich weit von mir weisen, wer zum präzisen und sauberen Arbeiten keinen Bock hat
soll das bitte auch so schreiben, und das nicht zur Kunstform erklären.

*ich* hab 1983 eine Lehre als WZM begonnen und gelernt immer 100% abzuliefern,
Kratzer, Macken oder Ungenauigkeiten wurde da nicht toleriert.
Unser Meister konnte Werkstücke so Zielsicher in die Spänemulde befördern wie Michael Jordan Basketbälle in den Korb,
aus jeder beliebigen Position der Lehrwerkstatt.

War Scheißpeinlich wenn auf das "plöng" der ganze WZB geschaut hat wer da Mist gebaut hat,
das wolltest du nicht 2mal haben.


Ich kann auch teure Customs benutzen, wenn da nen Kratzer vom benutzen rankommt ist das halt so,
wäre der schon vom Macher drin wäre ich angepisst.
In einen Cayenne macht Porsche doch auch keine Kratzer damit es den Leuten leichter fällt damit zu fahren.
 
Hi,

Ich misch mich jetzt auch mal in diese Diskussion ein:

Ich kalkuliere mal:

Messer aus dem Flachstahl "ohne" Griff Klinge 8 bis 10cm ges 20 bis 21cm
Messerumriss vor bohren, Feinumriss mit Bandschleifer 1H (Meine Standbohrmaschine ist Schrott)
Messerschliff per Bandschleifer bis P180 1H
Feinschliff Händisch bis P800 1H

Härten (muss ich außer Haus lassen)

Feinschliff händisch bis P1200 0,5H
Politur per Politurscheibe ("Gebrauchsglanz") 0.15H
Schneidfase anlegen (Landsky) 0.15H

Macht ohne Härten knapp 4H

So würde ich es mal mit meine Erfahrung einschätzen (ich bin Hobbybauer!).


Zum Thema Werkzeug, Hochglanz-Finish, Schmuck, Kunstwerk, oder wie auch immer.

Ich sehe das Thema etwas anders.
Einen Gegenstand nur rein "gebrauchsorientiert" zu gestalten und auszuführen ist eher eine neuzeitliche Erscheinung.

Früher gab es (außer vielleicht in Ausnahmefällen) kaum einen Gebrauchsgegenstand der nur zweckorientiert hergestellt wurde.
Ein "geschmücktes", hochwertiges, über die reine Funktion hinausgehendes Design war völlig normal, so konnte jeder sehen von welchem Meister das gute Ding geschaffen wurde.

Erst als das Handwerk durch Industrieproduktion ersetzt wurde und die Arbeitszeit wesentlich teurer wurde kam schmuckloses Design "in Mode".

Was in diesem Zusammenhang interessant ist:
Warum wird selbst bei reinen Gebrauchsgegenständen in neu und gebraucht unterschieden, wenn es doch nur um die Funktion geht?

Für mich jedenfalls kann auch ein Gebrauchsmesser ein "ordentliches" Finish haben, der Unterschied im Zeitaufwand (siehe oben) spielt da bei mir, und vor allem bei einem Hobby keine Rolle.

Mit freundlichen Grüßen

Roman aus Linz
 
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