"Reift" eine CPM S90V Schneide

Rorg

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Moin zusammen,

ich hoffe mal, ich werde jetzt nicht ganz für bekloppt erklärt. Ich habe hier in einem Beitrag eine ziemlich gute Erklärung zum Schleifen von S90V gefunden, dass feine Diamantschleifpartikel die harten Karbide mitschleifen, diese aber bei Kontakt mit härterem Material ausbrechen, was aber gut ist (evtl.), da so ein Minisägezahn ensteht im einstelligen µm-Bereich, was gewisse Materialien gut schneidet. Auf dieser Basis kam bei mir die Frage auf, ob eine sauber schliffene S90V Klingt so etwas wie eine Reifezeit hat, d.h.:

1. Sauber geschliffen, schön geschlossene Schneide, Karbide gut mitgeschliffen
2. Klinge in Benutzung, einige Karbide brechen raus, µm-Sägezahn bildet sich.
3. µm-Sägezahn arbeitet dann sehr gut mit weicheren Materialien wie Fleisch, Seile, Knorpel, usw.

Liege ich da komplett falsch oder entspricht das grob dem Schleifen-Gebrauch-Schleifen Zyklus von S90V?
 
Du liegst weder komplett falsch noch komplett richtig. So grob stimmt die Richtung :) Es wird in der Fachliteratur erklärt und auch grafisch dargestellt (R. Landes), wie sich so eine karbidreiche Schneide während der Benutzung verhält. Eine "Reifezeit" gibt es nicht, mit dem ersten Schnitt beginnt der Verschleiß. Die ursprünglich geschlossene Schneide wird recht schnell schartig, es kommen diese sagenumwobenen Karbide zum Vorschein in Kombination mit der "Mikro-Säge" :D und es stellt sich eine, nennen wir sie mal Gebrauchsschärfe ein, die relativ lange erhalten bleibt. So kann man viele große Kartons in Spaghetti verwandeln ;)

Der Verschleiß schreitet weiter voran, der Scheidenstumpf wird immer breiter bis das Schneiden schließlich (trotz der härtesten Karbide) nicht mehr möglich ist. Man kann hier auch vom Schneidenrückgang sprechen.
 
Danke für die Info ich muss mir mal eine Klinge in S90V besorgen und das ausgiebig testen. Meinst du mit "R. Landes" dieses Buch? "Messerklingen und Stahl: Technologische Betrachtung von Messerschneiden"

Es wäre ja eigentlich ziemlich "cool", wenn die Karbide eine sehr spitz zulaufende Form hätten und man die auch noch ausrichten könnte, dann würden die ausgebrochenen Karbide direkt wieder scharfe Karbide freilegen und die Klinge würde noch länger halten, bis die Stärke zu hoch würde und man nachschleifen muss.
 
(...) Meinst du mit "R. Landes" dieses Buch? "Messerklingen und Stahl: Technologische Betrachtung von Messerschneiden"
(...)

Genau dieses Buch meine ich. Es ist vielleicht das einzige Buch in deutscher Sprache das sich wirklich sehr intensiv und detailliert mit der Messermaterie als System beschäftigt.

Versprich dir nicht zu viel von diesen Karbiden. Sie sind zwar wie scharfe Zähne aber manchmal sitzen diese Zähne im zu weichen Zahnfleisch. Sie sind dann ziemlich nutzlos. Wenn du etwas haben willst, was lange schneidet nimm HS-6-5-2 (aka M2 für VSA-Fans). Mit 0,5 bis 1,0 mm Schneidenbasis und 40° bis 50° Schneidenwinkel kann man mit so einem Messer einige Konservendosen in Streifen schneiden und danach noch gut im Holz schnitzen und Seile trennen, obwohl sich das Messer mit dem Daumen stumpf anfühlt. Dies setzt selbstverständlich eine korrekte WB des HS-6-5-2 voraus. Mein liebster Winzling aus HS-6-5-2 (65HRC) macht diese Aktion übrigens auch sehr gut mit.
 
wenn ich den richtigen gefunden habe (zollern), dann sieht der ja recht spannend aus bei der härte, die man erreichen kann. wenn ich das richtig lese, ist das rostender stahl, richtig? ah ne, eher mertens, da steht HS 6-5-2C
 
Ja, HS-6-5-2 (von mir aus auch M2 - weniger Schreiberei :)) ist rostend, aber es ist nicht so schlimm wie der sandgestrahlte C100. Mein kleiner Liebling hatte noch keinen braunen Fleck gehabt und die wenigen Verfärbungen vom Grill-Fleisch ließen sich problemlos weg polieren. Ich möchte übrigens die CPM SXXX V - Stähle nicht schlecht reden, ich halte nur den M2 für den besseren Stahl. Es kann aber auch mit der Art und Weise zusammenhängen wie ich meine Messer nutze und hier geht es nicht um das Schneiden von Dosenblech :hmpf:
 
Danke für die Info, bei dir merkt man die Begeisterung zum Thema :) Bei mir was das ganz einfach. Ich jage und bin genervt von meinen Serienmessern, die meisten liegen zwischen 10 und 100 Euro, dass man die ständig nachschleifen musst, teilweise nach einer Wildsau. Ich liebe scharfe Messer, ich habe totalen Spass dran, wenn man sich damit quasi rasieren kann, nur wenn das dann ruck zuck verschwindet, dann kann ich auch ein Mora kaufen und ein AccuSharp. Mora, weil nix kostet und dann ist man auch nicht so traurig, wenn der AccuSharp mal wieder spanend schärft. Also will ich mir jetzt mal ein gutes Messer bauen, allerdings will ich nicht anfangen zu schmieden, sondern mir den Rohling aus Blech wasserstrahlen lassen usw. Ich fand die Karbide recht interessant, wenn man bedenkt, dass man durch den ganzen Knorpel muss und Schloss aufbrechen usw. und hier und da auch mal was Sand und Erde dran ist. Rostfrei hat auch teilweise was mit den Hygienevorschriften zu tun.
 
Tjaaaa... Als Jäger solltest du wissen wie und wo es lang zu gehen hat. Ich (nix Jäger) habe auch einige Wildschweine auf meinem Konto und wir wissen beide, dass ihre Knochen und die unheimlich keratinreichen Borsten (incl. Sand und Matsch) ein echter Messerkiller sein können. Mit M2 liegst da auf jeden Fall richtig. Ich erinnere mich noch als jemand mit einem M2-Messer ein "rostfreies" Mora in Streifen geschnitten hat. Das war 'ne Freude! Weitere Stahlempfehlung von mir wäre D2, S290, M390. S290 ist ein PM-Stahl, sprengt beinahe die Rockwell-Skala (69-70 HRC) und sollte 10 Wildschweine ohne Nachschärfen schaffen.
 
du machst mich feddisch, jetzt ist meine Liste bzgl. Stähle länger geworden. Zwei Fragen:

1. Was ist ein "Schnellarbeitsstahl"?
2. Kriegt man den S290 überhaupt noch gut geschliffen bei der Härte?

Statt D2 hatte ich den Niolox auf der Liste.
 
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Moin Rorg,

hier mal einen Blick reinwerfen. Ankerson testet seit Jahren Messerstähle auf ihre "edge retention" ...

Dabei aber nicht vergessen, daß das nichts aussagt über die toughness (Zähigkeit) des Stahls. Also - was lange gut schneidet, kann dennoch fix ausbrechen. Draußen im Feld sehr unerfreulich, wie ich finde. Hier die Balance zu finden, wäre der Weg ....

Wenn Du mal googelst unter "steel comparison", findest Du reichlich Grafiken. Da hast Du einen guten Überblick über "Edge Retention" bzw. "Wear resistance" und "Toughness" verschiedener Stähle.

Gruß R'n'R
 
Schnellarbeitsstahl, auch HSS ist auch als Warmarbeitsstahl bekannt, so bis 400°-600° (ganz grob). HSS wird hauptsächlich für Metallbearbeitung eingesetzt (z.B. Bohrer). Der S290 ist ein pulvermetallurgischer HSS.

Über das von @Rock'n'Roll angesprochene Ausbrechen der Schneide muss man sich prinzipiell weniger bzw. keine Sorgen machen, wenn der Umgang mit dem Messer stimmt aber Klingenausbrüche im Gelände sind und bleiben desaströs. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass ein Jäger sein Messer nicht so exzessiv benutzen wird wie ein wild gewordener Bushcrafter :)
 
Moin,

M2 ist ein stinknormaler Toolsteel, der etwa in der Liga von A2 und D2 spielt. Heute kaum noch gebräuchlich und wahrlich nix Besonderes. Etwas schnitthaltiger als D2. Aber selbe Liga.

Deutlich bessere Schnitthaltigkeit - bei etwa gleicher Toughness - zeigt der CPM S90V. Fundamental bessere Toughness - bei etwa gleicher Schnitthaltigkeit - sehen wir bei CPM 3V. Nicht umsonst werden Bark River Knives zunehmend mit Klingen aus CPM 3V anstatt A2 gefertigt. Ein vorzüglicher Stahl :)

Bei den Jerzeedevils gibt es informative Bildchen dazu!

Auch SB1 hält sich sehr gut bei Belastung und neigt nicht zu Ausbrüchen. Wenn es denn rostig sein darf, wäre meine Empfehlung 1.2442 oder 1.2519 :) :)

R'n'R
 
danke, da hab ich jetzt wieder was zum denken :) ich wollte mit dem messer keine batoning-meisterschaften fahren, dafür gibts äxte, ha! hat jemand erfahrung bzgl. der zähigkeit von s90v? ist der, wenn gut gehärtet, relativ schlagempfindlich? ich habe jetzt auch einen elmax superclean gefunden, hat ein paar ähnlichkeiten mit dem s90v, langsam wirds kompliziert. um preise habe ich mich noch garnicht gekümmert.
 
Wenn Du Dir die Grafiken im post 12 bei den jerzeedevils angesehen hast, dann kannst Du Dir die Frage nach der Zähigkeit von S90V beantworten. Doll ist das nicht. So, wie z.B. bei S30V. Und da hatte ich bereits Ausbrüche. Wie auch bei S110V. War nix "Wildgewordenes" :distracted:. Nur harte Stöckchen schnitzen. Also sowas wie Knochen ....

Gruß R'n'R
 
Moin,

wie ich angedeutet habe, halte ich aus guter persönlicher Erfahrung neben CPM 3V auch Niolox aka SB1 für einen sehr guten Stahl, der was abkann. Ich selbst habe diverse Messer mit einer Klinge aus SB1 - für die Küche, Fixed und Folder. Ganz besonders intensiv genutzt habe ich das Schanz DPPK2 Old School Custom, das mich trotz seiner sehr fein ausgeschliffenen Klinge noch nie enttäuscht hat. Weder bezogen auf die Standzeit, noch bezüglich der Zähigkeit. Null Ausbrüche trotz intensiver Holzbearbeitung.

Der Stahl kann gegebenenfalls RICHTIG was ab. Ist auch was für wildgewordene Outdoor-Fuzzis, wie dieses Video anschaulich zeigt :joyous: ...

R'n'R
 
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(...) War nix "Wildgewordenes" :distracted:. Nur harte Stöckchen schnitzen. Also sowas wie Knochen ....

Gruß R'n'R

Das klingt nicht gut...

Aber schon mal ein Wildschweinchen (oder irgendein Wild) aufgebrochen/zerlegt? Man weiß schon wo die Knochen sind und niemand hat das Bestreben daran zu schnitzen, nur die Knochenkontakte sind halt unvermeidbar... Der Rest ist eigentlich ganz normales Schneiden. Wenn z.B. der Kopf abgetrennt werden muss, wird bis zur Wirbelsäule mit dem Messer eingeschnitten, danach tritt schon mal ein Beil oder eine Säge in Aktion.
 
Hallo

Wenn ich das so lese...geht es eigentlich nicht um den Stahl,sondern um die Arbeit die zu verrichten ist....mit der entsprechenden Standzeit/Schärfe/Stabilität.

Und wenn ich lese Wildschweine zerlegen....dann ist der Schliff wohl die Crux....er sollte meiner Meinung nach ballig sein.

Ich nutze neben Fjällraven F1,Barkriver Gunny CP MV3,Pohlforce Mike( Niolox)..Und hab diverse Messer in SB 1 von Schanz.

Und nur durch den Anschliff ist das F1 mit VG10 Stahl....einem Pohlforce gnadenlos überlegen.

Wen von den vielen genannten Stählen mit den gestellten Aufgaben+ hygienevorschriften ein Messer entstehen soll....wäre meine Wahl...der SB1 Stahl mit einem Anschliff "ballig auf Null"...

gruss knifeaddict
 
Wen von den vielen genannten Stählen mit den gestellten Aufgaben+ hygienevorschriften ein Messer entstehen soll....wäre meine Wahl...der SB1 Stahl mit einem Anschliff "ballig auf Null"...

Das unterschreibe ich gern. Im Bedarfsfall ließe sich sehr leicht noch eine Mikrofase anbringen :fat: ...

R'n'R
 
danke für die ganzen aspekte. ich wollte es relativ einfach halten. für mich ist der am weitesten verbreitete schliff der flachschliff, da dieser bei wasserstein, lansky oder was auch immer auf einem ebenen schleifmittel beruht, der standard ist. leicht ballig habe ich, sofern ich das jetzt sehe, bei schleifbändern, richtig?

Knochenkontakt lässt sich eigentlich, wenn man mit dem messer komplett aufbricht, kaum vermeiden, da du das brustbein durchsäbelst und auch das schloss aufhebelst.

Rock'n'Roll: Was ist eine Mikrofase?
 
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