Gabriel
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Review aus fünf Blickwinkeln:
Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.
Kanetsugu Pro M Gyuto 180mm
Zuerst möchte ich auf Pflaster’s Review dieses Messers hinweisen wo schon viele Erkenntnisse und Informationen zu dem Kanetsugu Pro M Gyuto zu finden sind:
http://www.messerforum.net/showthread.php?122442-Gyuto-Review-Hiromoto-AS-vs-Kanetsugu-Pro-M-vs-Schanz-Custom
Daten und Fakten
(Angaben von JCK)
Klingenlänge: 180 mm
Gesamtlänge: 305 mm
Klingenhöhe am Kehl: 40 mm
Klingenstahl: Molybdenum alloy high carbon stainless steel @ 57 HRC
Schliff: beidseitig with traditional"Hamaguri ba" (Convex edge grind)
Griffmaterial: Black Pakka Wood
Gewicht: 137g (nachgewogen)
Erster Eindruck / Verarbeitung & Finish
Ich sag’s direkt raus: das Messer ist nicht besonders „sexy“, sondern fällt eher in die Kategorie „preiseffizienter Funktionserfüllung“. Manche mögen das, manche stört das. Die Optik ist letztendlich Geschmackssache. Meiner persönlichen Meinung nach gehört das Pro M jedoch zu den optisch unattraktivsten Messern der Klasse. Insbesondere der Griff erzeugt diesen Eindruck, aber dazu später mehr.
Mit 180 mm Klingenlänge ist es für ein Gyuto eher zierlich geraten, die dünne Klinge verstärkt diesen Eindruck. Bekanntermaßen bin ich eher ein Freund größerer Klingenlängen, jedoch habe ich versucht dem Messer dennoch sämtlichen Aufgaben zuzuführen und es ausgiebig zu testen.
Klingengeometrie
Die große Stärke (wie in Pflasters Review schon gezeigt) ist die Klingengeometrie. Der konvexe Klingenschliff auf Null erzeugt eine enorm schneidfreudige Klinge. So etwas ist mir in dieser Preisklasse aus dem japanischen Markt (ohne entsprehende Nachbearbeitung) sonst nicht bekannt. Dementsprechend leicht gleitet das Messer durch das Schnittgut.
Den Möhrentest (Druckschnitt dicker Scheiben einer frischen, großen Biomöhre) besteht das Pro M als einziges Messer, welches diesen Monat zum Test bei mir ist, ohne Knacken!
Verarbeitung
Soweit ich weiß ist das Messer schon seit einigen Jahren im ständigen Einsatz. Aber selbst dies im Hinterkopf, lassen Verarbeitungsqualität und Haptik zu wünschen übrig. Im Vergleich mit anderen Yo-Gyutos ähnlicher Preisklasse - wie z.B. dem Fujiwara FKM, welches ich letzten Monat im Test hatte – ist die Haptik und der optische Eindruck des Materials eher billig. Die Verarbeitung des Griffs weist ebenfalls einige Mängel auf (insbesondere im Übergangsbereich zur Klinge). Das geht in dieser Preisklasse und auch darunter schon doch deutlich besser!
Insgesamt wirkt der Griff auf mich durch seine etwas ungewöhnliche Form nicht unbedingt ergonomischer als der typische Yo-Griff (und nein, bitte keine neue Diskussion zu der Bedeutung dieses Wortes… ). Schlecht in der Hand liegen tut er dennoch nicht.
Das Finish der Klinge dagegen ist meiner Meinung – auch im Detail - nach sehr anständig. Da gibt es – außer dem etwas ungleichmäßigen Kehl – eigentlich wenig zu meckern.
Schnitthaltigkeit und Klingenform
Natürlich stellt sich bei diesem Schliff die Frage einer etwas anderen Art der Schärfeerhaltung. Ich habe das Messer den Schleifmitteln zugeführt, welche ich auch für mein balliges Bark River Bravo 1 (Bark River Compound Kit – feine Seite sowie nachgiebiges Leder mit 1µm Diamantpaste) verwende und war damit in der Lage, mit geringem Aufwand das Messer durchgängig auf einem guten Schärfeniveau zu halten. Auch der sog. „hanging hair“ Test gelang.
Die Schnitthaltigkeit entspricht weitestgehend dem, was man bei einem rostfreien Stahl mit 57 HRC erwarten kann, also eher Mittelmaß - aber durchaus ausreichend. In Kombination mit der dünnen Klinge und dem Schliff ergibt sich eine pflegeleichte Kombination aus einfacher Schärfeerhaltung und guter Schneidfreude.
Geschnitten wurde in dem Monat der Testdauer alles Querbeet… Gemüse, Obst, Kräuter, Fleisch und Fisch. Das Messer wurde ca. für 15 Mahlzeiten für 1-4 Personen benutzt. Als Schneidunterlage kam zu 95% ein Kirschholzbrett zum Einsatz, einen Abend etwas intensiverer Nutzung erfolgte (ausnahmsweise, da unterwegs) auf einem Bambusbrett. Insgesamt habe ich das Messer einmal auf dem Compoundkit abgezogen und zweimal auf dem Diamant-Leder (+ einmal vor Weiterversand). Probleme mit Klingenausbrüchen gab es nicht.
180mm sind für ein Gyuto meiner Meinung nach zu kurz. Ja man kann damit arbeiten. Dennoch stößt man schon bei vielen Aufgaben auf Grenzen. Beispielsweise wollte ich für die Zubereitung von Shabu Shabu ein Rinderhüftfilet in dünne Scheiben zerteilen. Normalerweise mit meinem 240mm Sujihiki oder entsprechendem Gyuto kein Problem. Mit dem Pro M trotz der scharfen dünnen Klinge jedoch keine einfache Aufgabe, da hätte ich mir zumindest noch 2-3cm mehr gewünscht. Ähnliche Erfahrungen habe ich beim Kräuter schneiden im Wiegeschnitt gemacht. Dort konnte ich ebenfalls nur eine geringere Menge als üblich gleichzeitig verarbeiten. Die Klingenform an sich jedoch empfinde ich als durchaus alltagstauglich und für die meisten Arbeiten gut geeignet.
Im Vergleich mit dem 240mm Hiromoto AS Gyuto wirkt das kleine Pro M schon leicht verloren
Fazit
Die Klinge des Pro M überzeugt durchaus! Das ist mein persönliches Fazit zu dem Messer in Kurzfassung. Jedoch erkauft man sich die Klinge mit einem nicht übermäßigen günstigen Preis (Tojiro DP3 HQ und Fujiwara FKM sind doch deutlich günstiger) sowie dem suboptimalen und unschön verarbeiteten Griff. Wer jedoch ein schneidfreudiges pflegeleichtes Messer sucht und mit dem Griff leben kann, dem kann ich das Messer durchaus empfehlen.
Zum Abschluss: vielen Dank fürs Testen dürfen!
Gruß, Gabriel
Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.
Kanetsugu Pro M Gyuto 180mm
Zuerst möchte ich auf Pflaster’s Review dieses Messers hinweisen wo schon viele Erkenntnisse und Informationen zu dem Kanetsugu Pro M Gyuto zu finden sind:
http://www.messerforum.net/showthread.php?122442-Gyuto-Review-Hiromoto-AS-vs-Kanetsugu-Pro-M-vs-Schanz-Custom
Daten und Fakten
(Angaben von JCK)
Klingenlänge: 180 mm
Gesamtlänge: 305 mm
Klingenhöhe am Kehl: 40 mm
Klingenstahl: Molybdenum alloy high carbon stainless steel @ 57 HRC
Schliff: beidseitig with traditional"Hamaguri ba" (Convex edge grind)
Griffmaterial: Black Pakka Wood
Gewicht: 137g (nachgewogen)
Erster Eindruck / Verarbeitung & Finish
Ich sag’s direkt raus: das Messer ist nicht besonders „sexy“, sondern fällt eher in die Kategorie „preiseffizienter Funktionserfüllung“. Manche mögen das, manche stört das. Die Optik ist letztendlich Geschmackssache. Meiner persönlichen Meinung nach gehört das Pro M jedoch zu den optisch unattraktivsten Messern der Klasse. Insbesondere der Griff erzeugt diesen Eindruck, aber dazu später mehr.
Mit 180 mm Klingenlänge ist es für ein Gyuto eher zierlich geraten, die dünne Klinge verstärkt diesen Eindruck. Bekanntermaßen bin ich eher ein Freund größerer Klingenlängen, jedoch habe ich versucht dem Messer dennoch sämtlichen Aufgaben zuzuführen und es ausgiebig zu testen.
Klingengeometrie
Die große Stärke (wie in Pflasters Review schon gezeigt) ist die Klingengeometrie. Der konvexe Klingenschliff auf Null erzeugt eine enorm schneidfreudige Klinge. So etwas ist mir in dieser Preisklasse aus dem japanischen Markt (ohne entsprehende Nachbearbeitung) sonst nicht bekannt. Dementsprechend leicht gleitet das Messer durch das Schnittgut.
Den Möhrentest (Druckschnitt dicker Scheiben einer frischen, großen Biomöhre) besteht das Pro M als einziges Messer, welches diesen Monat zum Test bei mir ist, ohne Knacken!
Verarbeitung
Soweit ich weiß ist das Messer schon seit einigen Jahren im ständigen Einsatz. Aber selbst dies im Hinterkopf, lassen Verarbeitungsqualität und Haptik zu wünschen übrig. Im Vergleich mit anderen Yo-Gyutos ähnlicher Preisklasse - wie z.B. dem Fujiwara FKM, welches ich letzten Monat im Test hatte – ist die Haptik und der optische Eindruck des Materials eher billig. Die Verarbeitung des Griffs weist ebenfalls einige Mängel auf (insbesondere im Übergangsbereich zur Klinge). Das geht in dieser Preisklasse und auch darunter schon doch deutlich besser!
Insgesamt wirkt der Griff auf mich durch seine etwas ungewöhnliche Form nicht unbedingt ergonomischer als der typische Yo-Griff (und nein, bitte keine neue Diskussion zu der Bedeutung dieses Wortes… ). Schlecht in der Hand liegen tut er dennoch nicht.
Das Finish der Klinge dagegen ist meiner Meinung – auch im Detail - nach sehr anständig. Da gibt es – außer dem etwas ungleichmäßigen Kehl – eigentlich wenig zu meckern.
Schnitthaltigkeit und Klingenform
Natürlich stellt sich bei diesem Schliff die Frage einer etwas anderen Art der Schärfeerhaltung. Ich habe das Messer den Schleifmitteln zugeführt, welche ich auch für mein balliges Bark River Bravo 1 (Bark River Compound Kit – feine Seite sowie nachgiebiges Leder mit 1µm Diamantpaste) verwende und war damit in der Lage, mit geringem Aufwand das Messer durchgängig auf einem guten Schärfeniveau zu halten. Auch der sog. „hanging hair“ Test gelang.
Die Schnitthaltigkeit entspricht weitestgehend dem, was man bei einem rostfreien Stahl mit 57 HRC erwarten kann, also eher Mittelmaß - aber durchaus ausreichend. In Kombination mit der dünnen Klinge und dem Schliff ergibt sich eine pflegeleichte Kombination aus einfacher Schärfeerhaltung und guter Schneidfreude.
Geschnitten wurde in dem Monat der Testdauer alles Querbeet… Gemüse, Obst, Kräuter, Fleisch und Fisch. Das Messer wurde ca. für 15 Mahlzeiten für 1-4 Personen benutzt. Als Schneidunterlage kam zu 95% ein Kirschholzbrett zum Einsatz, einen Abend etwas intensiverer Nutzung erfolgte (ausnahmsweise, da unterwegs) auf einem Bambusbrett. Insgesamt habe ich das Messer einmal auf dem Compoundkit abgezogen und zweimal auf dem Diamant-Leder (+ einmal vor Weiterversand). Probleme mit Klingenausbrüchen gab es nicht.
180mm sind für ein Gyuto meiner Meinung nach zu kurz. Ja man kann damit arbeiten. Dennoch stößt man schon bei vielen Aufgaben auf Grenzen. Beispielsweise wollte ich für die Zubereitung von Shabu Shabu ein Rinderhüftfilet in dünne Scheiben zerteilen. Normalerweise mit meinem 240mm Sujihiki oder entsprechendem Gyuto kein Problem. Mit dem Pro M trotz der scharfen dünnen Klinge jedoch keine einfache Aufgabe, da hätte ich mir zumindest noch 2-3cm mehr gewünscht. Ähnliche Erfahrungen habe ich beim Kräuter schneiden im Wiegeschnitt gemacht. Dort konnte ich ebenfalls nur eine geringere Menge als üblich gleichzeitig verarbeiten. Die Klingenform an sich jedoch empfinde ich als durchaus alltagstauglich und für die meisten Arbeiten gut geeignet.
Im Vergleich mit dem 240mm Hiromoto AS Gyuto wirkt das kleine Pro M schon leicht verloren
Fazit
Die Klinge des Pro M überzeugt durchaus! Das ist mein persönliches Fazit zu dem Messer in Kurzfassung. Jedoch erkauft man sich die Klinge mit einem nicht übermäßigen günstigen Preis (Tojiro DP3 HQ und Fujiwara FKM sind doch deutlich günstiger) sowie dem suboptimalen und unschön verarbeiteten Griff. Wer jedoch ein schneidfreudiges pflegeleichtes Messer sucht und mit dem Griff leben kann, dem kann ich das Messer durchaus empfehlen.
Zum Abschluss: vielen Dank fürs Testen dürfen!
Gruß, Gabriel