Review: Fränkisches Schwert von Paul Chen

OniKudaki

Mitglied
Beiträge
336
Etwa 2 Jahre lang hatte ich ein Fränkisches Schwert von Paul Chen in Gebrauch. Nun ist es verbraucht und wurde schon längst durch einanderes Modell ersetzt. Zeit für einen kleinen Nachruf :) .

Genutzt wurde es als Trainingsschwert im Leichtkontakt: Hohe Geschwindigkeit, moderater Klingenkontakt, leichter Körperkontakt.

Das Chen war mein erstes (Schau)kampftaugliches Schwert. Vorher habe ich nur mit diversen Holzwaffen trainiert (Shinai, Bokken, div. selbstgefertigte europ.Formen).


Beweggründe zum Kauf:

+ vernietete Pommel
+ Klinge aus Federstahl (angeblich 1090)
+ Parierelemente und Pommel aus Stahl
+ sehr leicht mit etwa 1100g
+ im Laden mehrfach verfügbar (ich brauchte 3 Stck.), anfassbar
+ günstiger Preis (damals 139€)
+ eine Scheide wird mitgeliefert, taugt nur zum Transport

Die zumeist tschechischen Konkurrenten waren meist doppelt so schwer, weniger führig, teurer und nur einmal verfügbar.


Erste Eindrücke:
Maße:
Klingenlänge: 76cm
Gesamtlänge:93cm
Im direkten Vergleich mit Schwertern aus dem gleichen Preisgefüge (100-300€) fällt sofort das ausgeprägte Profil der Klinge auf.

3209045539_915df58062.jpg


Die Klingenwurzel ist 6,4mm stark und 44mm breit. Im Schlagbereich verjüngt sich die Klinge auf 4,3mm Stärke bei 27mm Breite.
Die Hohlkehle ist etwa 2mm tief ausgearbeitet.
Die Schlagkante fällt mit 1,6 -2mm etwas schmal aus, die Spitze ist jedoch abgerundet, wie es sich gehört.

Die Klinge ist maschinell poliert, zeigt aber noch Schleifriefen. Nix dolles also, gegen Oberflächenrost reichts aber.
Pommel und Parierstange machen einen stabilen Eindruck (Edelstahl), alles ist wackelfrei gepresst und vernietet.

Der Griff ist mit echtem schwarzen Leder überzogen (beklebt) und färbt deutlich ab.

Der Schwerpunkt liegt etwa 10cm hinter der Parierstange, ist also halbwegs ausgewogen.

Die Klinge übersteht einen Flextest von 60-70° und mehr und federt verformungsfrei zurück.

Erste Klingenkontakte zeigen, dass die Klinge vernünftig gehärtet wurde. Um tiefere Dellen zu erzeugen, muss man schon kräftig zuschlagen. Ausbrüche gab es bei allen drei erworbenen Schwertern über die gesamten zwei Jahre keine.
3208880657_60a17e92c1.jpg


Einsatz
Im Freikampf erweist sich das Chen als recht führig. Auf einer Skala von 1-10 gebe ich ihm eine 6-7. Es ist einigermaßen flink und lässt sich recht gut kontrolliert abstoppen.
Dies ist dem geringen Gewicht von etwa 1100g und dem Schwerpunkt geschuldet.
Verglichen mit höherwertigen Schwertern schwingt die Klinge des Fränkischen Schwertes ziemlich. -Besonders um die Spitze herum.
Die Klinge sollte 4-6cm kürzer sein, dann liesse sich die Spitze besser kontrollieren.

Die Parierstange ist schlicht, aber funktional. Sie schützt die Hand und behindert nicht die Bewegung. Aus Sicherheitsgründen könnten die Enden ein wenig runder ausgeführt sein.

Die Klinge ist so hart, daß eine Feile kaum greift. Um Grat zu entfernen und Dellen zu schlichten, hat mir ein Lidl-Diamantschärfset gute Dienste geleistet.
An den Klingen von Kovex Ars hinterlässt das Chen deutliche tiefe Dellen.

Qualität

Nach recht kurzer Zeit lösten sich die Ecken des ledernen Griffbandes. Darunter kam immerhin ein Holzgriff zum Vorschein.
Nicht so wild. Kann man ja (immer wieder) festkleben.

3209724834_b44eb3614b.jpg


Nach etwa einem halben Jahr fing das Chen an, zu klappern. Die Parierstange lockerte sich. Gut, ein paar Schläge hat sie einstecken müssen, aber nichts wirklich Hartes.
Allerdings hab ich die P.stange öfters zum Blockieren/Einklemmen der gegnerischen Klinge genutzt.

Nach und nach lockerte sich der Griff so weit, dass sich das Schwert nicht mehr gefahrlos nutzen liess.
Sowohl Pommel als auch Parierelement sind lose. Das Griffstück dazwischen sitzt noch bombenfest, es ist nämlich zusätzlich verklebt.
Ohne den Griff zu zerstören, lässt sich die Pommel also nicht neu vernieten. Schade.

3209725326_1b42038b67.jpg


Allerdings frage ich mich, was sich hier wirklich gelöst hat. Der Holzgriff ist weiterhin fest an seinem Platz und bewegt sich nicht. Wackeln tun nur Pommel und P.stange. Hat sich der Erl gereckt?

Fazit
Das Fränkische Schwert ist verglichen mit anderen sicherlich seinen Preis wert.
Solange man nicht beabsichtigt, mit voller Gewalt Klinge gegen Klinge zu schlagen (warum auch?), ist es stabil genug.

Die Griffkonstruktion offenbart jedoch, dass es sich auch hier eigentlich um ein Wegwerfschwert handelt. Sobald sich Pommel und Parierstange lockern -und das werden sie-, muß eigentlich ein komplett Neues her. Eine Reparatur mit neuen Griffschalen ist natürlich möglich, aber in meinen Augen unwirtschaftlich.

Ambitionierte Fechter werden sich wohl an ein hochwertigeres Schwert halten.

Die verwendete Klinge findet man übrigens bei einer ganzen Reihe von Chen-Schwertern verbaut.


Die Fotos gibt es in größerer Auflösung auch unter:
http://flickr.com/photos/34515039@N07/sets/72157612749437668/
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,
ein schöner Bericht.
Allerdings ist es zum wegwerfen zu schade. Für meinen Sohn habe ich günstig ein Schwert mit losem Griff gekauft. Den Griff mit Montierung habe ich dann komplett entfernt. Die Parierstange habe ich etwas gekürzt und genau dem Übergang der Klinge zum Erl angepasst, so dass man fast keinen Spalt mehr sieht. Dadurch ist sie ca. 1 cm weiter zur Klinge hin gekommen. Dann habe ich alles mit UHU endfest eingestrichen und bevor der Kleber abbindet den Pommel neu vernietet. Das war dann besser wie neu und hat jetzt ca. 1 1/2 Jahre gehalten (2x wöchentliches Training).
Ich meine ein Aufarbeiten lohnt sich auf jeden Fall.
Gruss
Roland
 
Allerdings frage ich mich, was sich hier wirklich gelöst hat.
Das frage ich mich auch. Also bevor du es wegschmeißt mach doch mal den Griff runter und ein paar Fotos. Vielleicht kann man da ja noch was retten.
Ein bewährte Klinge wegzuschmeißen würde mir wiederstreben.

Ciao Sven
 
Zurück