Review: K-Sabatier Elegance & Klassik, French cutlery from Thiers

güNef

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Servus,

K-Sabatier „Serie-Elegance“ 8 inch und Carbonstahl Cooking Knife 8 inch

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Moderne und traditionelle Kochmesser aus Japan machen das Gros in meiner Küche aus, vor längerer Zeit schon hat mich die Lust gepackt ein klassisches europäisches Messer mit historischen Wurzeln zu kaufen, dessen Profil seit vielen Generationen Bestand hat und viele asiatische Messerhersteller überzeugt und inspiriert hat, die Grundform zu übernehmen, das heutige Gyuto.

Ich wollte ein Sabatier und zwar eines, das zu 100% in Thiers gefertigt wird, am besten ein alter Familienbetrieb mit eigener Internetseite ohne einen Zwischenhändler bemühen zu müssen.

Meine Wahl viel auf K-Sabatier in Thiers, hier sind aktuell ein paar Modelle zum Aktionspreis zu bekommen, darunter der Klassiker 8 Inch in Carbonstahl mit Messingnieten um 50,- Euro und die „Elegance“-Reihe, zeitgleich preisgesenkt, auch um wohlfeile 50,-Euro für ein 20er Chefmesser.

Also habe ich beide bestellt, zunächst das klassisch-traditionelle Carbon mit Messingnieten und französischem Profil.
Danach das 20er Kochmesser aus der Elegance-Serie die moderner inspiriert ist und dass klassische Sabatier-Profil hinter sich lässt.

Beide Messer kamen in einer einfachen, weißen Pappschachtel ohne Aufdruck, eingewickelt in blankem Papier, mit einem Stück gefalteten Karton als Klingenschutz!

Beide Messer kamen ungeschärft, also nicht stumpf im Sinne eines sorglosen oder nachlässigen Schliffes sondern eben ungeschärft. Keine Schneide, keine Fase nur ein auf den Wasserstein wartender, jungfräulicher Klingenstumpf! Ich war überrascht, sag ich mal.:staun:

Zufall schließe ich aus, da beide Messer aus verschiedenen Stählen und Serien sind und trotzdem gleich stumpf waren!

Ich dachte schon, dass ich beim Kauf irgendwo übersehen habe „mit Schliff“ anzukreuzen aber da war nichts. Es wird einfach ein ungeschärftes Messer ausgeliefert, in meinem Fall deren Zwo!

Das Ausführen des ersten Schliffes ist wohl für den neuen Besitzer vorgesehen, das sollte man wissen bevor man kauft! So etwas ist mir eigentlich nur von wenigen japanischen Herstellern bekannt!

Ein unbedarfter Kunde wird wohl reklamieren, was soll er auch mit so einem Messer anfangen, es schneidet ja nicht zufriedenstellend!

Über die Geometrie der Sabatier’s hört man in der Regel nur Gutes, der Stahl ist niedrig gehärtet, irgendwo zwischen 54° und 56° Rockwell, das Bedeutet häufiges Wetzen und eine geringe Standzeit, aber auch eine unempfindliche Schneide, so sie vom Nutzer richtig angesetzt wird, es gibt ja noch keine. :rolleyes:

Das Elegante zuerst:

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Das Elegance habe ich gleich einer Schanzschen Kur unterziehen lassen, ausdünnen soweit wie möglich und Anschliff leicht ballig gegen Null. Macht für das Messer & Dünnschliff & Porto ca 80,- Euro für ein schönes, französisches Kochmesser mit schneidfreudiger Spitzengeometrie.

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Der Stahl ist Z50C13 mit 54°- 56° Rockwell, die rötlichen Griffschalen sind aus „Coral Spain Pakkawood“, vielen Muelabesitzern wird das bekannt vorkommen.

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Finish:

Sehr ordentlich im Hinblick auf den Kaufpreis, der Kropf ist schon ab Fabrik sauber überschliffen und poliert, der Klingenrücken ist blank und gebrochen, jetzt auf meinen Wunsch auch noch verrundet.
Die Griffschalen sind formidabel versäubert, dazu aufpoliert und um einiges voluminöser als der Griff vom Carbon-Sabatier. Das Serienfinish vom Klingenblatt ist ohne Tadel. Die optische Überarbeitung von Jürgen Schanz tut ein Übriges und hebt das Elegance nochmal ein paar Treppchen höher (gerundeter Klingenrücken, überpolierter Kropf und ein noch schöner geschliffener Klingenspiegel)

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Nach seinem Besuch in Stutensee ist das Sabatier „Elegance“ ein wirkliches Top-Kochmesser, sowohl optisch als auch funktionell. Das Klingenblatt wurde über die gesamte Höhe abgeschliffen und zur Spitze hin stark ausgedünnt der Sabatier-Schriftzug ist rückstandslos verschwunden beide Seiten sind jetzt blank.

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Der Schnitt/Die Geometrie:

Es schneidet so wie alle Messer die Jürgen optimiert hat, nämlich fantastisch. Hier kann die originale Geometrie nicht mehr mit. Ich habe das Messer ordentlich genutzt um die Schneidkantenstabilität auszuloten und an ihre Grenzen zu bringen und schneide nach wie vor auf Bambusbrettern.

Ich wollte wissen ob die Schanzsche Schneide zu empfindlich für den „weichen“ Stahl ist und sich bei intensiver Nutzung rasch umlegt und ständig wieder aufgerichtet werden muss?

Nun, die Schneide hält. Das K-Sabatier ist zwar „nur“ zwischen 54° und 56° Rockwell gehärtet, aber durch den geänderten Schneidenwinkel und den balligen Anschliff erhöht sich die Schneidkantenstabilität und wirkt so einem raschen Umlegen der Schneide entgegen.
Dadurch wirkt das Messer nicht so schnell „stumpf“ wie die Serie und es muss die Schneide nicht so häufig mit einem Wetzstahl wieder aufgerichtet werden.

Hier bringt also eine Überarbeitung nicht nur eine enorme Verbesserung der Schneidfähigkeit sondern indirekt auch eine leichte Verbesserung der Standzeit/Robustheit der Schneide.

Die Klinge ist in Richtung Spitze hauchfein ausgeschliffen, der Vergleich mit dem klassischen Sabatierprofil spricht Bände.

Die Schneide zieht ihren Bogen vor dem Kropf, es wird also einige Zeit dauern bis sie durch das Schärfen hinter den Kropf wandert. Wer normale Haushaltsmengen kocht wird nicht so schnell in die Verlegenheit kommen, den Kropf etwas abzunehmen. Das Messer wiegt stolze 212 Gramm (Küchenwaage) das ist in erster Linie dem soliden Kropf und dem wuchtigen Griff geschuldet, an der Klinge liegt das nicht (mehr)! Der Umstieg von einem federleichten Wa-Gyuto musste sich erst setzten, dann nach kurzer Eingewöhnung mag ich das satte Gefühl sogar.

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Die Rückenlinie von der Klingenspitze bis zum Griffende der Elegance-Serie biegt sich leicht durch und ist nicht wie das klassische Sabatier in einer Flucht.

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Fazit:

Die Elegance-Serie zu kaufen und dünnschleifen zu lassen war mal wieder mehr Lust und Spielerei als Notwendigkeit und Bedarf. :teuflisch

Was dabei rauskommt ist wie so oft nach einer Schanzschen Kur, ein Wolf im Schafspelz. Kein Prestigeobjekt aus Japan, kein Kanji auf der Klinge, ein oller Kropf, viel Chrom und Glanz mit reichlich Speck an den Hüften,
aber das Teil schneidet jetzt wie Hölle und hat ein absolutes vorzeigbares Top-Finish. Wenn das Design gefällt dann gibt’s um ca 80,- Euro ein Kochmesser das weit mehr bietet als der Preis vermuten lässt.
Hat mir mal wieder Spaß gemacht aus dem Messer das Maximum rauszuholen zu lassen. Ich bin dann selbst immer gespannt ob und wie sich das Ergebnis auswirkt.

Jetzt kommen wir zum K-Sabatier Carbon Klassiker:

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Finish:

Die Verarbeitung ist auch hier sehr ordentlich, der Griff ist nicht ganz so akribisch versäubert wie beim Elegance aber es ist immer noch alles im grünen Bereich. Es gibt weit schlimmer angepasste Griffschalen. Der Griff ist kleiner, dünner und verläuft knapp vor der Klinge kegelförmig in den Kropf. Das begünstigt natürlich einen Pinch-Grip, die Hand rutscht förmlich in die richtige Position. Ausgebremst wird das nur von Kropf, der ist zwar schmal, aber die Kanten sind nicht sauber gebrochen, nach längerem arbeiten spürt man das auch. Das Griffmaterial ist aus POM, einem recht unempfindlichen und hochtemperaturbeständigen Kunststoff! Der Klingenrücken ist gebrochen.

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Der Schnitt/Die Geometrie/Der Stahl:

Ich habe einen Grundschliff angesetzt und eine bemüht saubere Schneidfase geschliffen.

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Trotz Rasierschärfe hat das Serien-Carbon im Schneidverhalten deutlich das Nachsehen gegen die ausgedünnte Klinge. So ein Vergleich ist natürlich unsinnig und albern, macht aber Spaß!

Das Klingenprofil ist beim 8 inch (knapp 20cm) Chefmesser sehr schlank gehalten, mit 37mm an der höchsten Stelle. Die Klinge ist meines Wissens aus XC75 Kohlenstoffstahl nach französischer Normung (AFNOR) einem günstigen und für Kochmesser gut geeignetem Stahl, als Gewicht nennt die Küchenwaage 176 Gramm!

Der Stahl ist sehr reaktiv und bildet sofort eine intensive bläuliche Patina aus, die allerdings kaum riecht und nicht schmeckt.

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Der Carbonstahl lässt sich wie erwartet leicht schleifen, die Härte liegt bei 54°-56° Rockwell. Das es hier Standzeitgrenzen gibt ist klar, aber durch die leichte Schärfbarkeit sehe ich hier kein Problem und hohe und stabile Standzeiten braucht ernsthaft nur der Profikoch.

Ich hatte jetzt schon einige sehr dünne, schneidfreudige Messer in Händen und weiß also was geht. Indirekt vergleicht man alles was man in die Hände bekommt mit dem besten Schnitt den man abgespeichert hat. Insofern ist es schon schwierig hier einigermassen objektiv zu urteilen.

Fazit:

Ich halte das K-Sabatier in der Kohlenstoffausführung um 50,- Euro für ein lässiges Messer, es ist leicht zu schärfen und wird gleichzeitig richtig schön scharf!
Ich sag mal so, für ein historisches Serienmesserdesign um 50,- Euro kann man über die Schneidfähigkeit wirklich nicht klagen, aber und um ein Beispiel zu nennen, an ein Herder 1922 ranzukommen reicht es nicht ganz. Ich vermute mal, dass K-Sabatier-Carbon Liebhaber ein höheres Durchnittsalter aufweisen als Käufer von modernen Japanmessern. ;) Es ist ein solides Messer ohne wirkliche Schwächen. Ein Wetzstahl wird gebraucht, die 8 inch Klinge hat ein sehr schmales Profil und einen genauso schmalen Griff, also eher für kleine Hände geeignet. Wer solch ein Messer als Hauptmesser nützen will, dem empfehle ich eine 10 inch Klinge. Meine Frau aber mag das schlanke Messer besonders gern wegen der Form und Größe und hat jetzt auch keine Aversionen mehr gegen eine Patinaklinge.

Geht doch! :D

Gruß, güNef
 
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